Lediglich die Hälfte?

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Christel
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Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Einst war das menschliche Denken ganzheitlich. Die Menschen fragten nach Ursprung und Sinn der Welt…, gleichzeitig fragte man nach innerweltliche Ursachen und Wirkungen.

Mit der frühen Neuzeit beginnt eine naturwissenschaftliche Revolution. Zunehmend gewinnt das Denken in innerweltlichen Ursachen und Wirkungen (naturwissenschaftliches) Denken an Bedeutung. Heute wird mitunter Wissenschaft gesagt, auch wenn ausschließlich Naturwissenschaften gemeint sind.
Von der Naturwissenschaft erwartet der Mensch heute vielfach die Beantwortung aller Fragen.

Ein Produkt dabei ist der Biologismus:
Die umwälzende Entwicklung der Naturwissenschaften in der Neuzeit hat es mit sich gebracht, daß Konzepte naturwissenschaftlicher Forschung häufig auch auf andere Bereiche des Denkens und Wissens übertragen werden. Von Biologismus spricht man, wenn Phänomene eine Deutung durch biologische Tatsachen, Theorien und Modelle erfahren. In der Biologie ermittelte Gesetzlichkeiten werden dabei als einheitliche Gesetze der realen Welt verallgemeinert und gleichsam zu durchgehenden "Weltprinzipien" erhoben. http://www.spektrum.de/lexikon/biologie ... ismus/8707
Ein junger Zweig ist die Soziobiologie:
Wilson definierte Soziobiologie 1975 als „die systematische Erforschung der biologischen Grundlagen jeglicher Formen des Sozialverhaltens bei allen Arten sozialer Organismen einschließlich des Menschen“. Diese Definition bedarf aus 2 Gründen der Präzisierung: Zum einen zeigen auch Arten, die nicht in Gruppen leben und somit nicht i.e.S. „sozial“ sind, Sozialverhalten, und zum anderen beschäftigen sich auch andere Disziplinen wie etwa die Neurophysiologie oder dieVerhaltensgenetik mit „biologischen Grundlagen“ des Sozialverhaltens. Anders als die genannten Disziplinen befaßt sich die Soziobiologie jedoch nicht mit den sog.proximaten Ursachen des Verhaltens, also den Mechanismen der Verhaltenssteuerung und der Verhaltensentwicklung. Ihr Ziel ist ebenso wie das der Verhaltensökologie die Erforschung der ultimaten Ursachen (biologischer Zweck) des Verhaltens. Sie fragt also nach der Funktion von Verhaltensweisen oder ihrer biologischen Angepaßtheit (Anpassungswert; Adaptationswert). Soziobiologie läßt sich daher definieren als „die Wissenschaft von der biologischen Angepaßtheit des tierlichen und menschlichen Sozialverhaltens“ (E. Voland). http://www.spektrum.de/lexikon/biologie ... ogie/62267
Ich das nun alles, wie manche meinen? Oder ist das lediglich die Hälfte der Wirklichkeit?
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mar
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von mar »

Huhu Christel, gibt es einen Unterschied zwischen dem Fragen nach Ursprung und Sinn und dem Fragen nach Ursachen und Wirkungen? Wie unterscheidest du innerweltlich von "außerweltlich"? Kannst du da eine Grenze ziehen? Gibt es zwischen innerweltlich und "außerweltlich" einen kausalen Zusammenhang?
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niels
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von niels »

Wie unterscheidest du innerweltlich von "außerweltlich"? Kannst du da eine Grenze ziehen? Gibt es zwischen innerweltlich und "außerweltlich" einen kausalen Zusammenhang?
Diese Frage finde ich auch höchst interessant, zumal sogar die deutsche Rechtssprechnung bzgl. der ja immer noch existierenden Privilegierungen bestimmter, irrationaler Überzeugungssysteme - auf dieser "Unterscheidung" beharrt. Z.B. "definiert" ein münchner Rechtspfleger den "Unterschied" zwischen "Religion und Ideologie", das sich Ideologie mit dem "Diesseits" befasse während Religions sich mit dem "Jenseits" befasse.

Streng kausal betrachtet (was ja eigentlich Bedingung für jedwede juristische Definition ist) bedeutet dies letztlich nur, das sich Religion mit dem befasst, was (momentan bzw bisher) für den Menschen nicht erkennbar ist, während "der Rest" der ideologie obliegt. Demnach zeichnet Religiösität (juristisch) allein die Irrationalität aus, welche ununterscheidbar zu jedweder willkürlichen Behauptung oder Annahme mit unbegründbarem Wahrheitsanspruch ist. Zwar kennt auch die Ratio bzw. die Wisenschaft irrationale Behauptungen oder Annahmen, mißt diesen aber evidenzfern keinen Wahrheitsanspruch zu.

Religion wäre demnach etwas ohne fundierten Grund für (uneingeschränkt) wahr zu behaupten und für wahr zu halten. Tatsächlich aber trifft dies ebenso auf manche Überzeugungen zu, die bis dato nicht als "Religion" behauptet werden, wenngleich dort die uneinegschränkte Wahrheitsbehauptung nur einen Grenzfall einnimmt.

Ergo: Um nach dieser deutschen Rechtsinterpretation privilegiert zu werden, muß man nur stur und fest behaupten, das etwas uneingeschränkt wahr ist, wobei die Wahrheit aber nicht rational erfassbar sein darf, denn damit verlöre man das Privileg.

Welch Abschätzung, ja gar welch Haß an der Vernunft spricht da aus religiös-vernebelten Gemütern...
Christel
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von Christel »

mar hat geschrieben:gibt es einen Unterschied zwischen dem Fragen nach Ursprung und Sinn und dem Fragen nach Ursachen und Wirkungen?
Ja!
Beispiel, ein einfacher kausaler Zusammenhang:
Ursache: Du hast den ganzen Tag nichts gegessen.
Wirkung: Was ist haben, Du hast Hunger.
Das ist keine Frage nach dem Sinn.
Sinn ist was anderes, siehe: http://www.lesekost.de/deutsch/au/HHLAU08.htm
mar hat geschrieben: Wie unterscheidest du innerweltlich von "außerweltlich"? Kannst du da eine Grenze ziehen? Gibt es zwischen innerweltlich und "außerweltlich" einen kausalen Zusammenhang?
"außerweltlich" wäre die Frage nach dem Ursprung unserer Welt. Sie ist nun mal nicht ewig. Sie entstand mit dem Urknall. Der Verzicht aufs Jenseits, wäre der Verzicht auf die Hälfte.

Aber ich merke, ich habe es zu einfach formuliert. Wenn wir (und das geschieht oft) Wissenschaft mit Naturwissenschaft gleichsetzen, dann verzichten wir auch auf die Hälfte der Wissenschaft. Unsere Wahrnehmung verengt sich.
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Christel
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Niels, von „Nichts“ kommt „Nichts“.

Es muss etwas geben, was ewig existiert. Die Materie, wie es einst der Materialismus annahm kann es nicht sein. Sie bildete sich erst nach dem Urknall.
Man kann also berechtigt fragen: Was ist sonst der Ursprung?
niels hat geschrieben:Welch Abschätzung, ja gar welch Haß an der Vernunft spricht da aus religiös-vernebelten Gemütern...
Das zeugt nur von einem absoluten Wahrheitsanspruch!
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mar
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von mar »

Huhu Christel, hier ein Gegenbeispiel. Beobachtung: Ich habe Hunger, wenn ich länger nichts gegessen habe. Ursprung: Organismen, die nicht genug gegessen haben, sind gestorben und konnten sich nicht fortpflanzen. Es macht Sinn anzunehmen, dass meine Vorfahren ein Hungergefühl entwickelt haben, damit sie nicht vergaßen, ab und zu was zu essen. Das ist, finde ich, eine sinnvolle Erklärung des Hungergefühls. Hast du eine bessere? befriedigendere? Andere?

Die Unterscheidung zwischen innerweltlich und außerweltlich erscheint mir problematisch. Wenn Gott als Schöpfer etwas erschafft, dann hat das eine weltliche Wirkung, deren Ursache im Willen Gottes liegt. Das ist eine kausale Beziehung zwischen Gott und der Welt. Damit wird Gott zwangsläufig zum Teil dieser Welt und ihren ursächlichen Verknüpfungen. Wie aber kann man Jenseits und Welt voneinander abgrenzen, wenn beides miteinander interagieren soll? Wenn man mal postuliert, dass die Physik alle Phänomene untersuchen kann, die ursächlich miteinander verküpft sind, wie kann es das Jenseits schaffen, sich der Physik zu entziehen?

Von Nichts kommt Nichts: Christel, du hast da ein kleines dualistisches Problem. Nichts und Etwas bedingen sich gegenseitig. Du kannst weder vom Nichts sprechen ohne es von Etwas abzugrenzen, noch kannst du von Etwas (dem All, Universum, was auch immer) sprechen, ohne im Hintergrund eine Vorstellung von Nichts zu haben.
Christel
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Ursache und Wirkung, Anlass und Reaktion sind einfache kausale Zusammenhänge. Du hast zusätzlich nach dem Sinn des Hungergefühls gefragt.

Wenn Du Dir einen Garten anlegst, dann gibt es Ursache und Wirkung… Du bist die Ursache des Gartens, nicht umgekehrt.
Du wirkst in Deinem Garten. Du wirst damit aber nicht Teil des Gartens. Was immer Du tust, Du wirst nicht Pflanze, nicht Baum…
Du unterscheidest Dich davon und Du musst auch nicht permanent im Garten leben.

Meine Aussage enthält keinen Dualismus:
Christel hat geschrieben:„Nichts“ kommt „Nichts“
Den Dualismus hast Du ins Spiel gebracht: „Nichts und Etwas“.
Nur, weil es uns gibt, können wir uns vorstellen, dass es uns nicht gibt.

Gäbe es uns nicht, gäbe es NICHTS, dann könnten wir zwar all das nicht fragen.
Es würde jedoch nichts daran ändern, dass es NICHS gibt.

Wieso gibt es überhaupt etwas?
Was ist die Ursache, der Urgrund?
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mar
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von mar »

Huhu Christel, kausale Zusammenhänge sind nicht immer einfach. Oft sind sie so komplex, dass wir sie nicht mehr vollstgändig beschreiben können. Siehe Ökologie, Nervensysteme, Klima, soziale Interaktionen. Trotzdem können wir davon Modelle machen, die sich in der Praxis bewähren (oder auch nicht). Soviel zum Thema "einfach".

Ich verstehe immer noch nicht, wieso du Sinn und Ursache in verschiedene Bereiche der Welt einsortierst (innen und außen?). Wenn ich nach der Ursache des Hungergefühls frage (Woher kommt es? Warum existiert es?) und eine Antwort darauf finde, dann habe ich auch die Frage nach dem Sinn befriedigend beantwortet. Von daher kommt es mir so vor, als ob das grunsätzlich die gleiche Fragestellung ist. Du meinst aber, ich habe bei der Frage nach dem Sinn etwas hinzugefügt, was in der Frage nach der Ursache nicht enthalten war. Was genau ist es, von dem du meinst, ich hätte es zusätzlich hinzugefügt?

Ich und der Garten. Das ist wohl als Gleichnis für Gott und die Welt zu verstehen. Zunächst aber was anderes: "Du bist die Ursache des Gartens, nicht umgekehrt." Diese Feststellung teile ich nicht. Ich sehe da jede Menge Wechselwirkungen. In der Menschheitsgeschichte waren Gärten manchmal notwendig um die Menschen am leben zu halten. Das erklärt, warum ich Freude am Garten habe. Ohne diese stammesgeschichtliche Vorgeschichte würde ich vermutlich nicht auf die Idee kommen einen Garten anzulegen. Das Konzept Garten wäre mir völlig fremd. Der Garten bestimmt auch, was ich wahrnehme (feuchte Erde, Blumengeruch) und nimmt damit Einfluss darauf, was ich erfahre, denke und bin. Ohne den Garten wäre ich nicht ich, sondern jemand anderes. Und als letztes: Ich kann im Garten Kartoffeln anbauen, die mich satt machen. Von daher kann ich genauso gut sagen: Was ich bin (und dass ich bin), ist eine Wirkung des Gartens.

Jetzt zum Gleichnis: Um in dem Garten zu ackern, muss ich Muskelkraft anwenden. Ohne physikalische Interaktion geht das nicht. Deshalb kann ein Physiker studieren wie ich und der Garten sich wechselseitig ändern und beeinflussen. Wie schafft es aber Gott (oder wer auch immer) einen Garten anzulegen, sich aber der Beobachtung durch den Physiker vollständig zu entziehen? Warum ist der Physiker für mich als Gärtner zuständig, nicht aber für kausale Eingriffe aus dem Jenseits?

Den Dualismus habe ich in's Spiel gebracht, weil du darüber stolperst. Mal von einer anderen Seite aufgezogen: Wenn du glaubst, die Zeit habe mit dem Urknall begonnen, ist es sinnlos danach zu fragen, was vor dem Urknall war. Wenn du glaubst, dass Universum (oder die Menge aller multiplen Universen) sei begrenzt, dann ist es sinnlos, zu fragen, was außerhalb des Universums liegt. Wenn du glaubst, dass es Etwas gibt, dass sich vom Nichts unterscheidet, dann ist es sinnlos zu fragen, wie Etwas aus Nichts entstanden ist. Etwas und Nichts bedingen sich gegenseitig. Wenn du anfängst das Nichts vom Etwas abzugrenzen und ein absolutes Nichts, von dem nichts kommen kann, zu postulieren, dann geht bei diesem Abstraktionsschritt die Bedeutung dessen, was du sagst verloren. Was bleibt ist semantische Verwirrung. Und diese Verwirrung beruht darauf, dass du Nichts und Etwas dualistisch für unabhängige Entitäten hälst. :)

Ups, viel zu lang.
Christel
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Wenn Du in Ursache und Wirkung Deinen Lebenssinn findest. Wenn Dir das reicht, dann will ich Dir nicht widersprechen.
Für alle, die es interessiert,
ich wies bereits auf etwas anderes hin: http://www.lesekost.de/deutsch/au/HHLAU08.htm
Hier noch eine Buchempfehlung: Frankl, Viktor E.: Das Leiden am sinnlosen Leben : Psychotherapie für heute http://www.herder.de/details?k_tnr=4859
mar hat geschrieben:Jetzt zum Gleichnis: Um in dem Garten zu ackern, muss ich Muskelkraft anwenden. Ohne physikalische Interaktion geht das nicht. Deshalb kann ein Physiker studieren wie ich und der Garten sich wechselseitig ändern und beeinflussen.
Sorry, von „ackern“ schrieb ich nichts!
Meine These war, Du legst den Garten an und wirkst in ihm. Wie ließ ich völlig offen.
Um einen Garten anzulegen, brauchst Du ein Grundstück. Du musst Dir eins aussuchen, es kaufen… Dann wirst Du erst mal planen, zeichnen… Für die praktische Arbeit kannst Energie, Technik, andere Arbeitskräfte einsetzen... Hier bist Du völlig frei. Ob ein Physiker an Dir feststellen kann, dass Du einen Garten angelegt hast, bezweifle ich. Selbst ein Arzt wird da nicht drauf kommen können.
mar hat geschrieben:Wie schafft es aber Gott (oder wer auch immer) einen Garten anzulegen, sich aber der Beobachtung durch den Physiker vollständig zu entziehen? Warum ist der Physiker für mich als Gärtner zuständig, nicht aber für kausale Eingriffe aus dem Jenseits?
Der Gegenstand der Physik ist die unbelebte Natur, also der Garten, Bodenzusammensetzung…
Der Gegenstand der Biologie ist die belebte Natur, also die Gartenpflanzen und Tiere…

Sorry, wie soll jemand Untersuchungsergebnisse über einen „Gegenstand“ liefern, den er gar nicht untersucht hat?
mar hat geschrieben:Wenn du glaubst, die Zeit habe mit dem Urknall begonnen, ist es sinnlos danach zu fragen, was vor dem Urknall war. Wenn du glaubst, dass Universum (oder die Menge aller multiplen Universen) sei begrenzt, dann ist es sinnlos, zu fragen, was außerhalb des Universums liegt.
Nicht wenn man in Gott wirklich den Schöpfer von unserem Raum und unserer Zeit sieht.
Das große Glaubensbekenntnis formuliert „aus dem Vater geboren vor aller Zeit“.
Gott ist damit weder Teil unseres Raumes, noch Teil unserer Zeit. Sondern existiert völlig unabhängig davon.
mar hat geschrieben:Etwas und Nichts bedingen sich gegenseitig.
Nur in Deiner dualistischen Denkweise. - Das habe ich bereits erläutert.
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von mar »

Huhu Christel, mein Ziel war, Dich zum Nachdenken darüber zu bringen, ob Dein Ansatz, die Welt in Hälften einzuteilen, fruchtbar ist. Deine These ist, dass Ursprung und Sinn in der einen Hälfte und Ursache und Wirkung in der anderen Hälfte unterzubringen sind. Meine Gegenthese ist, dass jede Frage nach Ursprung und Sinn (woher? wozu?) sich auf Ursachen und Wirkungen bezieht. Auch religiöse Antworten (Schöpfung, Gottes Wille) sind kausale Erklärungen. Andersherum gibt es auch aus dem Feld der Naturwissenschaften Erklärungen wie Urknall und Evolution, die manchen Menschen als Ursprungs-Mythologien zusagen.

Du stellst Ursache und Wirkung dem Lebenssinn gegenüber, als ob es für Jeden ohne weitere Erklärung evident sei, dass dort ein riesengroßer Unterschied bestünde. Ich würde da eher von proximaten und ultimaten Ursachen sprechen, die ein Kontinuum bilden, dass keine Grenze hat, an der man es in zwei Hälften aufbrechen kann. Manche Menschen bevorzugen ultimate Ursachen (Schöpfung, Urknall), Andere finden ihren Lebenssinn in ganz proximaten Dingen (ein freundliches Gespräch, Sonnenschein auf der Nase). Wenn ich gemein wäre, könnte ich behaupten, dass Menschen, die in ihrem direkten Lebensumfeld leiden, eher dazu neigen, sich ersatzweise ultimaten Erklärungen zuzuwenden (Gott).

Viktor Frankl finde ich ziemlich hybrid. Einerseits schreibt er ein Buch "Man's Search For Ultimate Meaning", anderseits schreibt er in genau diesem Buch etwas wie "…being human means being confronted continually with situations, each of which is at once a chance and a challenge, giving us a ‘chance’ to fulfill ourselves by meeting the ‘challenge’ to fulfill its meaning. Each situation is a call, first to listen, and then to respond", was ich als eine symphatische Beschreibung der Zufriedenheit mit Sinn im Naheliegenden lese. Und dann schreibt er so etwas ungeheures wie "Es ist keine Schande sein Ziel nicht zu erreichen, aber es ist eine Schande kein Ziel zu haben", und stellt Menschen damit ganz untherapeutisch und unbarmherzig zum Schämen in die Ecke. Leere und Bedeutungslosigkeit sind aber für eine Reihe Menschen (insbesondere die in den orangen Roben) ganz ehrenwerte und wichtige Erkenntnisse. :)

Garten: Selbst wenn ich Energie, Technik, andere Arbeitskräfte einsetze, gibt es eine physische Interaktion zwischen mir und diesen Kräften, die beobachtbar ist. Du hast nur die Ursachenkette verlängert. Wie ich Physik im weitesten Sinne verstehe, habe ich oben gesagt; such mal nach dem Begriff Postulat. Wenn du glaubst, dass ein Gebet eine Interaktion ist, die eine Wirkung hast, oder wenn du an die kirchliche Heilslehre glaubst (Erlösung durch Christi wirklich sehr drastisches physisches Opfer), wie wirkt hier das Jenseits in das Diesseits hinein, ohne beobachtbar zu sein? Diese Frage wirst du (glaube ich) nicht lösen, wenn Du darauf beharrst, des Jenseits und Diesseits in verschiedenen Hälften dieser Welt residieren. Ob ein Gegenstand bereits untersucht wurde ist hier nicht relevant. Relevant ist, ob er prinzipiell beobachtbar ist, oder ob er sich jeder Beobachtung entzieht (und trotzdem irgendwie wirksam sein soll ...).

Beim Konzil von Nicea (Glaubensbekenntnis) ging es um die Frage der Wesengleichheit von Gott und Jesus. Ich werbe hiermit um Dein Verständnis dafür, dass mir die Vorstellung erhebliches Kopfzerbrechen bereitet, dass etwas, das "weder Teil unseres Raumes, noch Teil unserer Zeit" ist, so brachial intensiv mit der diesseitigen Hälfte der Welt interagieren kann, dass es gort angenagelt an einem Holzkreuz um's Leben kommt.

Wow, laaaaang. Du siehst, wie ich die Diskussion mit dir schätze. *lol*
Christel
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Hallo, mar Du hast meinen Ansatz nicht verstanden.
1. Das Thema wurde in Frageform formuliert „Lediglich die Hälfte?“
Es lädt somit ein, pro und kontra zu diskutieren.

2. Anhand von Beispielen, versuchte ich zu illustrieren, das der naturwissenschaftliche Focus
höchstens die Hälfte der Wirklichkeit wiederspiegelt und folglich unsere Wahrnehmung stark einengt, reduziert. Wir sehen so lediglich die Hälfte, oder?

Ich habe nichts dagegen, wenn Du Deinen Lebenssinn lediglich an Ursache und Wirkung (rein naturwissenschaftlich) festmachst. Egal, ob wir die Sinnfrage global stellen oder persönlich, die Antwort wird immer subjektiv sein.

Akzeptiere bitte auch, dass mir persönlich das zu wenig ist. Meine (auch) subjektive Antwort sieht anders aus und liegt ganz sicher nicht auf naturwissenschaftlicher Ebene.

a)
Viktor E. Frankl lasse ich selbst sprechen:
„Es war nicht zuletzt die Lektion, die
ich aus Auschwitz und Dachau mit
nach Hause nehmen konnte: dass diejenigen
noch am ehesten fähig waren,
sogar noch solche Grenzsituationen zu
überleben – diejenigen, sage ich, die
ausgerichtet waren auf die Zukunft, auf
eine Aufgabe, die auf sie wartete, auf
einen Sinn, den sie erfüllen sollten.“9
Mehr: http://www.bucer.de/uploads/tx_org/mbstexte147_a.pdf
b)
Jedes „Objekt“ „entzieht“ sich der Beobachtung, wenn es gar nicht beobachtet wird.
Wissenschaften definieren sich durch ihre Methoden und durch ihre Objekte / Gegenstände.
Sind bestimmte Naturerscheinungen Gegenstand einer Naturwissenschaft, kann man nicht erwarten, dass sie nebenher Aussagen über Gott macht. – Ausgenommen man setzt Gott mit der Natur gleich. Das ist jedoch weder im jüdischen, noch im christlichen, noch im islamischen Gottesverständnis der Fall.

Mar, Du kannst gern darauf bestehen, dass es nur die Natur (nur den Garten) nur das Diesseits gibt.
Du kannst damit das Jenseits und somit den Gott der Juden, Muslime und Christen verneinen.
Du kannst jedoch nicht verlangen, dass auch andere meinen, diese Welt (der Garten) wäre alles.


c) Mar, Du hattest die These aufgestellt:
mar hat geschrieben: Wenn du glaubst, die Zeit habe mit dem Urknall begonnen, ist es sinnlos danach zu fragen, was vor dem Urknall war. …
Meine Antwort lautete und lautet, das haben wir Christen doch schon immer geglaubt:
>> Das große Glaubensbekenntnis formuliert „aus dem Vater geboren vor aller Zeit“.<<

Man spricht dabei nicht einfach vom Konzil von Nizäa, sondern vom Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel http://www.ekd.de/glauben/nizaea_konstantinopel.html
Es stimmt es ging dabei um die Wesensgleichheit Christi mit Gott. War der Sohn vor der Zeit, vor dem Urknall, dann war der Vater auch vor dem Urknall, vor der Zeit.

Wir Christen haben immer Gott als unabhängig von der Zeit, von der Welt, der Schöpfung bekannt. Gibt es einen Anfang, dann ist es sinnvoll nach dem davor zu fragen und so haben Menschen seit Jahrhunderten / Tausenden von Jahren gefragt.

Übrigens, die Urknalltheorie stammt von dem Theologen, Priester und Astrophysiker Georges Edouard Lemaître. http://de.wikipedia.org/wiki/Georges_Lema%C3%AEtre
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von mar »

zu 1) Nun, Christel, Du hast das pro und ich habe das contra gegeben. Wenn Du nicht auf dein pro festgelegt werden willst, dann hör auf mir mein contra anzulasten. :)

zu 2) Sind Sinnfragen immer subjektiv? Ich denke nein. Die meisten Menschen ziehen Befriedigung daraus, in diesen Fragen Übereinstimmung mit Anderen zu erzielen. Warum würden wir sonst darüber diskutieren?

zu 2a) Was hälst du davon, den Ausschwitz- und Dachau-Opfern, die still und resigniert ihr Leben aufgegeben haben, zuzurufen: Schande, Schande, Schande, ihr hattet nicht genügend Ziele?

zu 2b+c) Gibt es nur das Diesseits? Du schiebst mir ein faules Ei unter, das ich nicht gelegt habe. Ich meine: Wenn du die Welt in Diesseits und Jenseits aufteilst, dann stellt sich die Frage, wie diese beiden Hälften miteinander interagieren können ohne die Regeln zu verletzen, die wir im Diesseits gefunden haben. Kann sein, dass Dich diese Frage nicht juckt und dass du deshalb die Diskussion an dieser Stelle abbrichst. Micht juckt sie. Und ich glaube, es gibt auch Muslimische, Christliche und Jüdische Denker, die sich intensiv damit beschäftigt und herumgeplagt haben. Du machst es Dir vielleicht etwas einfach, wenn du statt ein Argument zu bringen einfach auf das Glaubensbekenntnis verweist. Nunja, selbständiges Denken zu fördern ist vielleicht nicht die herausragende Tugend der Kirchen. Glaube, Hoffnung und Liebe sind ja auch Tugenden. Ist vielleicht eine Frage der Prioritäten. *g*

--

Edited to add, kleinlautes p. s.: Bei den oben genannten Denkern habe ich mich geirrt. Man sollte halt nicht soviel glauben, sondern lieber erst hinschauen. Was ich hiermit nachreiche. Kann sein, dass es ein paar Theologen gibt, die in ihrem stillen Kämmerlein an ihrem Gewissen verzweifeln und dann nicht den Mut haben die Konsequenzen zu ziehen. Aber alle die sich öffentlich geäussert haben (und die ich jetzt nochmal nachgeschlagen hab) wurden ins Abseits diffamiert, exkommuniziert oder exekutiert. Tut mir leid. Gott sei ihren armen Seelen gnädig.
Christel
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Hallo mar,
zu 1) es wäre sehr schön, wenn Du Dich selbst zum Thema zu positionieren würdest! Dies vermisse ich bei Dir weitgehend. Bisher hast Du Dich mehr zu mir, statt zum Thema positioniert.

Zu 2) Nicht jede Diskussion zielt auf Übereinstimmung, dazu ist die Welt viel zu vielschichtig. Meist gibt es sowieso nicht die eine richtige Antwort.

Es gibt Meinungen über „Sinn“, bei denen man sagen kann, diese Gruppe sieht das so, die andere so. Deine bisherige Positionierung zu dieser Frage zeigt einen gewissen Szientismus. Darüber werden wohl die wenigsten Menschen ihren Lebenssinn bestimmen. Ich schätze, die meisten Menschen sehen ihren Lebenssinn eher im sozialen Bereich z.B. in der Familie. Menschen, die an Gott glauben, können darüber hinaus möglicherweise einen endgültigen Lebenssinn in Gott sehen.

Aber letztlich ist die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens eine existenzielle Frage! Daher wird sich ein Mensch, der sich diese Frage stellt, nicht mit oberflächlichen allgemeinen Antworten begnügen können. Jeder Mensch (Subjekt) kann die Frage nur für sich selbst beantworten. Daher bleibe ich dabei, die Antwort nach dem Sinn ist subjektiv.

Zu a) Viktor Emil Frankl, wer kennt diesen Neurologen, Psychiater und Begründer der „Dritten Wiener Schule der Psychotherapie“ nicht?
Als Juden wurden er, seine Frau und seine Eltern am 25. September 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Sein Vater starb dort 1943, seine Mutter wurde in der Gaskammer von Auschwitz ermordet, ebenso sein Bruder Walter[2], seine Frau starb imKZ Bergen-Belsen. Frankl wurde am 19. Oktober 1944 von Theresienstadt nach Auschwitz gebracht[3] und einige Tage später in das KZ-Kommando Kaufering III und am 5. März 1945 in das Lager Türkheim, ein Außenlager des KZ Dachau, transportiert. Am 27. April 1945 wurde er in Türkheim von der US-Armee befreit.[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Viktor_Frankl
Das alles spricht für sich. Daher muss ich Deine abartigen …, unsinnigen Unterstellungen gegen seine Person nicht weiter kommentieren.

zu b) + c) hast Du zwar einen längen Absatz gewidmet. Argumente zur Sache konnte darin leider nicht entdecken!
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Lediglich die Hälfte?

Ungelesener Beitrag von mar »

Huhu Christel,

Subjektivität von Sinnfragen: Du meinst, jeder Mensch könne diese Fragen nur für sich selbst beantworten. Ich meine, dass jeder Mensch in ein soziales Gefüge eingebunden ist, das es ihm erst ermöglicht, Konzepte wie Sinn und Existenz zu entwickeln und zu verstehen. Ein Adam ohne Eva und Nachkommen hat keine Sprache, mit der er Sinnfragen stellen könnte. Er isst höchstens Äpfel, weil er hungrig ist. Warum meinst du, gibt es Institutionen, die für sich in Anspruch nehmen, auf Sinnfragen Antworten zu geben? Sind die in Dogmen formulierten Antworten der römischen Kirche rein subjektiv?

Victor Frankl: Er sagt (1) "es ist eine Schande kein Ziel zu haben" und (2) "diejenigen [die] noch am ehesten fähig waren, sogar noch solche Grenzsituationen zu überleben [waren] [....] ausgerichtet [....] auf eine Aufgabe." Was ist nun mit denen, die nicht überlebt haben? Hatten sie keine Aufgabe? Lebten sie dann in der Schande kein Ziel zu haben?

Mein Szientismus: Wenn du die Wahrnehmung von feuchter Erde und Blumengeruch, ein freundliches Gespräch und den Sonnenstrahl auf der Nase als Szientismus bezeichnen möchtest, dann müssten wir uns mal darüber unterhalten, was du als Szientismus verstehst. :)

Zum Thema: Du wünschst dir, dass ich mich positioniere. Ich hatte geschrieben: "Deine These ist, dass Ursprung und Sinn in der einen Hälfte und Ursache und Wirkung in der anderen Hälfte unterzubringen sind. Meine Gegenthese ist, dass jede Frage nach Ursprung und Sinn (woher? wozu?) sich auf Ursachen und Wirkungen bezieht." Findest du, da habe ich mich nicht eindeutig genug positioniert? Dewseiteren vermisst du ein Argument zur Sache. Nun, ich formuliere Argumente manchmal gern als Frage, anstatt sie dem Gesprächspartner als Friss-oder-stirb-Aussage um die Ohren zu hauen. Mein Argument ist die Inkonsistenz einer in Hälften geteilten Welt: "Wenn du die Welt in Diesseits und Jenseits aufteilst, dann stellt sich die Frage, wie diese beiden Hälften miteinander interagieren können ohne die Regeln zu verletzen, die wir im Diesseits gefunden haben." Was verstehst du an diesem Argument nicht? Kannst du das als Frage formulieren und mir damit die Möglichkeit geben, mich besser verständlich zu machen?
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