Was ist eigentlich "Weihnachten"?

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niels
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Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von niels »

eine Umfrage im Frühstücks-TV eines deutschen Privatsenders brachte ans Licht, das ein "großer" Teil der Deutschen nicht weiß, warum das Weihnachtsfest überhaupt gefeiert wird. Bei der Umfrage wurden beliebige Passanten bei "Weihnachsteinkäufen" in der Fußgängerzone angesprochen.

Antworten waren z.B:
"Da wurde doch Gott geboren", "da haben Josef und Maria ein Kind gezeugt" bis hin zu vielen "das weiß ich eigentlich nicht".

In den Medien wie dem Produktmarketing ist Weihnachten heute in erster Linie das Fest des Konsums, vom Essen bis zu den Geschenken. Während die Luxemburger ca. 650 Euro pro Geschenk investieren, tun die Deutschen "nur" 150,- Euro pro Geschenk ausgeben - im Mittel werden wohl um die 5 Geschenke von jedem gekauft.

Goldene Zeiten für Produzenten wie die Einzelhändler.

Die Menschen selbst sind im "Weihnachtsstreß". Von Ruhe und "geistiger Erbauung" ist keine Spur geblieben - eher das Gegenteil. Immer mehr Menschen wollen keine Weihnachten mehr, weil das Fest schlicht als "Konsumterror" empfunden wird.

Was war bzw. ist Weihnachten eigentlich wirklich? In Geschichtsbüchern findet man, das die Kirche das (aus ihrer Sicht) "heidnische" Wintersonnenwende-Fest nicht mehr dulden/haben wollte und deshalb am Vortag das Fest der "Geburt des Christkindes" einführte (wann war das eigentlich genau?). Angeblich feierten die "Heiden" die (Wieder-)Geburt des "Lichtkindes" in der Nacht zum 25.12, was die Kirche in die eigene Geschichte umstrickte.

Christus (also Jesus) - wenn er denn gelebt hat - selbst muß allen hitorischen Überlegungen nach im Frühjahr bis Anfang Sommer geboren worden sein. Der "Geburtstag von Jesus" kann es also nicht sein.

Den roten Mantel des Weihnachtsmannes hat Coca Cola erfunden (vorher war der wohl weiß bzw. hieß der Mann anders.).

Was also ist "Weihnachten" genau und warum drehen die Menschen dafür so am Sender? Warum feiern die einen "heilig Abend", während die anderen den 25. tagsüber feiern (davon auch viele ohne Geschenke, nur z.B. zusammen essen)

Ist es / seit wann ist es Mittel zum Zweck - ebenso wie Halloween ein Marketing"-Gag" war?

Ich verstehe das nicht - umso mehr interessiert mich der "ethnosoziale" Hintergrund. Ich finde auch, das Menschen einige Riten und Bräuche haben sollten, aber diesen verstehe ich gar nicht...
Heinrich5

Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Für viele Menschen ist Weihnachten ein Höhepunkt des Jahres, aus welchen Gründen auch immer, aus privaten oder geschäftlichen, aus ideellen oder materiellen, oder aus beiden. Für nicht wenige löst Weihnachten gemischte, eher peinliche Gefühle aus. Für einige hat Weihnachten überhaupt keine Bedeutung oder sogar eine rein negative, diese haben oftmals dafür nur noch Hohn und Spott übrig und veranstalten eine Jahresabschlußfeier (zu der auch die Lebensabschnittspartner mitgebracht werden dürfen) oder sie feiern gar eine Anti-Weihnachts- Party.
Andere feiern Weihnachten im althergebrachten heidnischen Sinn als Lichtfest, als Fest der Winter-Sonnenwende, die die Tage wieder länger werden läßt und das Licht zurückbringt.

Der Grund für diese unterschiedlichen Einstellungen zu diesem Ereignis ist wahrscheinlich dessen unterschiedliche inhaltliche Auslegung und äußere Gestaltung sowie die unterschiedliche Entwicklung der ethischen Orientierung der einzelnen Menschen.

Sinnentstellung durch konfessionelle Institutionen, Sinnentleerung durch kommerzielle Inanspruchnahme sowie Missbrauch zu Erziehungszwecken und Verkitschung haben das Weihnachtsfest für viele in Frage gestellt. Bei Umfragen können heute die meisten weder die christliche, noch die ursprüngliche Bedeutung erklären.

Wörterbüchern ist zu entnehmen: Weihnachten kommt von ze den wihen nahten, zu den heiligen Nächten, dem Winterfest der Germanen vom 26. Dezember bis 6. Januar.

Das christliche Weihnachtsfest wurde als Fest der Geburt Christi im Morgenland erst am 6. Januar gefeiert; seit 354, zuerst in Rom, am 25. Dezember an Stelle des heidnischen Festes der Sonnenwende, des "Sol invictus" als welcher z.B. auch Mithras bezeichnet wurde.

Mithra oder Mithras war eine altpersische Gottheit, ein Lichtgott (sol invictus, unbesiegte Sonne); Beschützer der Wahrheit und des Rechts. Sein Kultus (Mithraismus) verbreitete sich seit dem 1. Jahrhundert über das ganze römische Reich, erlag aber dann dem christlichen Jesuskult, der ihm außerordentlich ähnlich war (Taufe, Konfirmation, Abendmahl, Trinitatislehre, der 25. Dezember als Geburtstag des Mithras, der ihm geweihte Sonntag). Kultstätten (Mithräen) gab es auch in Deutschland, bei Frankfurt und Heidelberg.
Die Kirche hat absichtlich im vierten Jahrhundert das Geburtsfest Christi auf die Wintersonnenwende angesetzt. Sie gab und gibt damit ihrem Glauben Ausdruck, daß Christus die wahre Sonne unseres Lebens ist. Der Mythus der Sonnenwende ist tot! Der Glaube an Christus lebt! Was nützt uns die Tatsache, daß sich die Sonne wieder tapfer aufwärts kämpft? Hat noch niemand bei hellem Sonnenschein geweint oder gesündigt? Es braucht eine andere Sonne, die dem Unglück und der Schuld des Menschen zu Leibe rückt! Joseph Ernst Mayer, röm.-kath. Stadtpfarrer, Weihnachten 1955 im Wiener Rundfunk
Ursprünglich war Weihnachten also ein altes naturbezogenes Fest unserer Vorfahren. Es bezog sich auf die geweihten Nächte der Wintersonnenwende. Es waren die längsten Nächte und die kürzesten Tage des Jahres.

Mit der Christianisierung unserer Vorfahren und der damit verbundenen Christianisierung ihrer heidnischen Feste wandelten die Missionare auch das Weihnachtsfest zum Fest der Geburt von Jesus, dem Christus.

Das kann (sollte) aufgeklärte Menschen aber nicht davon abhalten, den alten Brauch mit altem Namen weiterhin zu pflegen oder wieder erneut aufzugreifen und die Tage der längsten Nächte der Besinnung auf die uns tragende Natur zu weihen oder zu widmen.

Siehe auch:

http://forum.eichsfeld.net/viewtopic.php?f=10&t=1083

Gruß,
Heinrich5
Heinrich5

Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Weihnachtsrummel

Süßer die Kassen nie Klingeln

Weihnachten ist also heute zunächst einmal ein Fest der Christen. Gefeiert wird die Geburt Jesu Christi. Auch wenn er nicht Weihnachten geboren ist. Es ist der Höchste Feiertag der christlichen Kirchen.

Es ist aber immer wieder erstaunlich zu sehen, mit welcher Selbstverständlichkeit auch Gottlose, Atheisten und Nichtchristen dieses Fest mitfeiern, einen Weihnachtsbaum aufbauen und wie sie sich sogar beschenken. Was glauben diese denn nun wirklich?

Das jüdische Passa Fest, die islamischen Feste oder den islamischen Ramadan machen sie doch auch nicht mit. Wir haben doch inzwischen auch mehr als zwei Millionen Muslime in Deutschland und bei denen könnte man ja als Gottloser auch mitfeiern.

Dabei ist schon selbst bei den Christen der christliche Hintergrund des Weihnachtsfestes in den Hintergrund getreten.

Im Vordergrund stehen die Geschenke unter dem geschmückten Weihnachtsbaum und das Festessen. Einmal im Jahr gehen einige sogar noch in die Kirche zur Christmette.

Weihnachten ist zum regelrechten Stress geworden. Es werden die Geschäfte geplündert, überall finden Angstkäufe statt, gekauft werden dann kurz vor dem Fest noch die letzten Ladenhüter.


Allseits frohe Weihnachten!
Heinrich5
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niels
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Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von niels »

hallo Heinrich5,

vielen Dank für Deine detail- wie aufschlu0reiche Ausführung.

Ja, Sommer wie Wintersonnenwende sind auf unserem Planeten die wohl zwei "herausstechenden" Daten im Jahr. Schon der frühe Mensch hat einen Bezug zu beiden Daten entwickelt. Wer heute noch etwas Naturbezug lebt, wird vielleicht das Gefühl an solchen "besonderen" Nächten / Tagen mehr oder weniger spüren. Es scheint manchmal als seien solche Termine nahezu "fest" im Menschen wie anderen irdischen Lebewesen "verankert" - mehr oder weniger bewussst.

An solchen Tagen / Nächten scheint eine "besondere Stimmung" in der Natur - wie (früher vielleicht intensiver) im Menschen "anwesend" zu sein. Das bewusste Erleben der Wieder- und Abkehr der Sonne - und damit des aktiven Lebens - kann eine intensive Erfahrung sein.

Ich selbst freue mich auf die (meistens) zusätzlich freien Tage und die (leider immer weniger werdende) Ruhe in der Umgebung / im Ort.

Auf der Südhalbkugel übrigens feiert man "Weihnachten" (dort ist ja zudem Sommersonnenwende) nicht als "heilig Abend", sondern am 25. Trifft sich "traditionell" die ganze Familie zum Beisammensein und gemeinsamen Mittagessen, auch wenn man sich sonst das Jahr über nicht sieht. Weihnachtslieder spielen dabei ebensowenig eine Rolle wie große Geschenke. In vielen Familien (d.h. in denen die ich erleben konnte) gibt es gar keine. Auch das Essen ist meist nicht besonders opulent. Hauptsache ist das Zusammensein der Familie oder mit Freunden.

Aber auch z.B. in Australien findet der "Weihnachtmann" durch Marketinginitiativen der Konsumwirtschaft langsam mehr "Publikum", was eigentlich irre ist, weil ein Mann im dicken Mantel mit Schlitten bei dort 40" und mehr im Schatten snicht ganz passt. In Kapstadt hängen zum Dezember (in der prallen Sommersonne) beleuchtete, überdimensionale Schneekristalle über der Fußgänger( und Einkaus-)zone - zu beachten scheint die aber niemand, vielleicht auch weil sie niemand als Schnee identifizieren kann - den kennt ja fast niemand dort persönlich.
Heinrich5

Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Es ist aber immer wieder erstaunlich zu sehen, mit welcher Selbstverständlichkeit auch Gottlose, Atheisten und Nichtchristen dieses Fest mitfeiern, einen Weihnachtsbaum aufbauen und wie sie sich sogar beschenken. Was glauben diese denn nun wirklich?
Ich erinnere mich, in der Wendezeit Amateuraufnahmen von einer Kleinbildkamera gesehen zu haben, welche über eine „Bescherung“ am „Heiligabend“ in einer Familie der Nomenklatura aus Politbüro und ZK in Wandlitz berichtet hat. Da lagen Geschenke unterm Weihnachtsbaum, von dem der Rest des Volkes nur träumen konnte (Intershop und Japan-Importe). Wenn ich mich jetzt nicht irre war das Familie Krenz, ich weiß das aber jetzt nicht genau. Ist aber auch egal.

Was mich aber dabei am meisten verwundert hat, das war dieses Verhalten des Mitfeierns dieser Genossen Funktionäre (Persönlichkeiten des Partei- und Staatsapparates, wie es damals so schön hieß) am christlichen Heiligabend.

Dabei hätte man doch so einfach vom „Großen Bruder“ für die Genossen den Ersatzweihnachtsmann, bzw. Ersatznikolaus, das „Väterchen Frost“ übernehmen können.

Es gab in der DDR schon Bestrebungen auch Väterchen Frost bei uns heimisch zu machen.

Väterchen Frost als Ersatz für den westlichen Weihnachtsmann?

Die Gestalten der russischen Märchen stammen zu einem großen Teil aus der vorchristlichen slawischen Mythologie. Götter wurden bei den Slawen in vorchristlicher Zeit fast ausschließlich in der Natur verehrt und so naturverbunden sind auch die immer wiederkehrenden Charaktere in russischen Märchen. Tiefer sind diese Personen beschrieben, als man es von Gestalten aus mitteleuropäischen Märchen kennt und anders als Rotkäppchen, Dornröschen oder dem gestiefelten Kater tauchen sie alle in einer ganzen Reihe von slawischen Märchen auf.

Die Rolle von Väterchen Frost (russisch: Ded Moros) hat sich in der russischen Geschichte mehrmals komplett gewandelt, wenn auch später. Was selbst mancher Russe nicht weiß - ursprünglich war Väterchen Frost wirklich so etwas wie die sagenhafte Personifizierung des Winters. Also genau das, was der Russland-unkundige Mitteleuropäer vermuten würde.

Wir älteren Ossis wissen, dass Väterchen Frost in Russland ähnlich wie Christkind und Weihnachtsmann zum Jahresende Geschenke bringt und dem letzteren von Jahr zu Jahr ähnlicher wird. Wie kommt es dazu?

Ursprünglich brachte zum russischen Weihnachten der Nikolaus die Geschenke. Als die Kommunisten die Macht errangen, war ihnen dieser wie alle aus dem Christentum stammenden Volksbräuche ein Dorn im Auge. Und so nutzten sie in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts ihre Macht.
Der Nikolaus wurde als Geschenkebringer also einfach von einer alten Mythengestalt abgelöst, der Geschenketag auf Neujahr verlagert. Dies setzte sich durch und ist noch heute so. Nachdem das neue Russland ab Anfang der 90er zwangsläufig an Weihnachten unter die Knute Hollywoods fiel, änderte sich jedoch das traditionelle Väterchen und wurde dem US- Santa Claus immer ähnlicher. Der eisgraue Pelzmantel wird oft rot, aus schlittenziehenden Schimmeln werden Rentiere und so mancher unkundige Schreiberling setzt das Väterchen wieder mit dem Nikolaus gleich, den er doch verdrängen sollte.
In russischen Märchen spielt Ded Moros aufgrund deren Alters noch heute seine traditionelle Rolle und wird auch in russischen Märchenfilmen so dargestellt.

Siehe auch hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%A4terchen_Frost

Gruß,
Heinrich5
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Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Christus (also Jesus) - wenn er denn gelebt hat - selbst muß allen hitorischen Überlegungen nach im Frühjahr bis Anfang Sommer geboren worden sein. Der "Geburtstag von Jesus" kann es also nicht sein.
Ach so, ob Jesus gelebt hat, lässt sich nicht feststellen. Aber sein Geburtstag lässt sich historisch auf das Frühjahr datieren. – Ich bin gespannt, welche „historischen Überlegungen“ das sein sollen.

Geschenke werden eingekauft, um anderen damit eine Freude zu machen. Sonst würde man sich nämlich diesen Rummel sparen. – Jesus ist der Grund aller Freude. „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.“ (Joh. 1,9) so steht es schon bei Johannes, ein Text mit Sicherheit älter als unser Weihnachtsfest, ebenso wie die anderen Texte, die Weihnachten gelesen werden.

LG Christel
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Heinrich5

Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Ob Jesus tatsächlich gelebt hat, ist bis heute immer noch nicht bewiesen.

Über sein angebliches Geburtsdatum wurde erst ab dem 2. Jahrhundert nach dem Beginn der Zeitrechnung von christlichen Theologen spekuliert.

http://de.wikipedia.org/wiki/Geburt_Christi

Das Geburtsdatum Jesu wird im Neuen Testament nicht genannt und war den Urchristen unbekannt. Doch bereits im 2. Jahrhundert ist ein wachsendes Interesse daran feststellbar. Dabei spielte das Frühlingsäquinoktium am 25. März eine besondere Rolle. Für dieses nahm man den ersten Schöpfungstag und den Tag des Kreuzestodes Christi an.

Der vor 221 schreibende Julius Africanus bezeichnete den 25. März als Datum seiner Passion als auch seiner Empfängnis, was bei einer exakt neunmonatigen Schwangerschaft Marias zu einem Geburtstag am 25. Dezember führen würde.

In Ägypten gab Clemens von Alexandria[9] jedoch schon zu Beginn des 3. Jahrhunderts einen Tag zwischen Ostern und Pfingsten als Geburtstermin an. In den ältesten christlichen Kalendern, zum Beispiel im Osterkanon des Hippolyt von Rom, De pascha computus aus dem Jahre 222, wurde Jesu Geburt und sein Tod auf den 14. Nisan gelegt.[10]
Der Ursprung dieses Datums liegt nach Strobel in einer jüdischen Haggada, die Isaak, das Vorbild Christi in der frühen Kirche, ebenfalls am 14. Nisan geboren sein lässt. Hippolyt kannte also das Datum des 25. Dezember als Geburtstag Jesu sicher noch nicht.
Eine entsprechende Stelle in seinem Danielkommentar ist als spätere Interpolation erwiesen.
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Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Hallo Heinrich,

immerhin gibt es Zeugnisse. Auch der Umstand, dass Jesus als hist. Gestalt von den Juden nie bestritten wurde, trotz Konflike mit Christen, kann als Hinweis dienen.

Es ist ja auch nicht sehr sinnvoll über das Geburtsdatum eines Menschen zu spekulieren, der nie geboren wurde.
Eine Hypothese, die Du bereits nanntest, verweist tatsächlich auf Weihnachten.

Wie auch immer, die Symbolik spielt da sicher mit eine Rolle. Ab Weihnachten werden die Tage heller, das Licht kommt in die Welt.

Das christliche Weihnachten wird solange gefeiert werden, solange es Christen gibt. – Sollte es eines Tages keine Christen mehr geben, bleibt vielleicht das Fest an diesem Datum, aber es wird einen anderen Inhalt haben.

LG Christel
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Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von niels »

Immerhin kommt das Wort "Weihnachten" afaik aus der Katholischen Kirche, daher spielt es schon eine Rolle. Afaik war das Feiern der Wintersonnenwende als solche von der Kirche - sagen wir mal "ungern" gesehen und man hat die Menschen auf Weihnachten und das "Christkind" umerzogen. Man kann sich maximal darüber streiten, wie "ferwillig" das erfolgte.

Heute aber feiern in Europa fast alle Menschen "Weihnachten" und eben nicht Wintersonnenwende oder was auch immer - die Christen darunterwerden immer weniger (vor allem wenn man die noch abzieht, die mit der Kirche nie was zu tun hatten, aber an "Weihnachten" - weil es "Tradition ist" - in die Kirche gehen ("das gehört ja zum Weihnachtsfeeling wie Weihnachtslieder und Schnee dazu..."). Lange nicht alle Europäer sind (noch) Christen.

Demnach wird bzw. würde es "Weihnachten" auch dann noch geben, wenn es keine Christen mehr geben sollte so wie es die Wintersonnenwende über tausende Jahre früher zelebriert wurde. Vielleicht kommt ja - nach Coca Cola demnächst Google auf eine neue Geschäftsidee mit einem neuen Namen und neuer "Tradition".

Interessant finde ich nur die (immer größer werdende) Ähnlichkeit der Form, mit der Nicht-Christen wie sehr viele Christen "Weihnachten" feiern. Ähnliches findet man in keiner anderen Religion (m.W.). Der Konsumterror zum Jahresende ist wohl die für alle sichtbarste "Tradition" die fast alle anzustecken scheint.
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Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Nun, es spricht einiges dafür, dass hier einwandernde Germanen geprägt von römischer Kultur und christlicher Verkündigung das Fest bereits mitbrachten. Als Bonifatius (* 672/675 † 5. Juni 754 oder 755 http://de.wikipedia.org/wiki/Bonifatius) hier missionierte begann er nicht bei Null. Er traf u.a. auf Menschen, die sich bereits als Christen verstanden.

Das Fest als solches ist viel älter. Dazu gibt es einen Konzilsbeschluss aus dem Jahre 381.
Zum allgemeinen kirchlichen Feiertag im deutschen Sprachraum wurde Weinachten erst 813 durch eine Mainzer Synode erhoben, also lange nach der Christianisierung durch Bonifatius.

Das Wort „Weihnachten“ ist ein deutsches Wort. In anderen Ländern heißt das Fest anders.
Die Herkunft des Wortes laut wikipedia (13.12.09, 11:30 Uhr) http://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachten#Wortentstehung
Der früheste Beleg für den Ausdruck Weihnacht stammt aus dem Jahr 1170: „diu gnâde diu anegengete sih an dirre naht: von diu heizet si diu wîhe naht.“ („Die Gnade (Gottes) kam zu uns in dieser Nacht: deshalb heißt diese nunmehr Weihnacht.“)[2] Aus der gleichen Zeit (1190) stammt das Gedicht des bayerischen Dichters Spervogel: „Er ist gewaltic unde starc, der ze wihen naht geborn wart: daz ist der heilige krist.“[3]

Der Erste Wortteil weih wird von weich = heilig, gotisch weihs, althochdeutsch wîh, mittelhochdeutsch wîch abgeleitet. Das Wort ist also mit Heilige Nacht zu übersetzen. Einige Sprachforscher leiten wîh ab von *wich-a-z als Partizip passiv zur Wurzel wîq (weichen), so dass es sich um ein von der Herde abgesondertes Opfertier handele, und verweisen auf das lateinische victima und dessen Sippe.
Hat also nichts mit einem Sonnenwendefest zu tun!
Da Weihnachten ein christliches Fest ist, stirbt es mit den Christen.

LG Christel
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Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von niels »

na,
dann weiß ich endlich, wem wir den alljährlichen Konsumterror mit verstopften Städten, den roten Coca Cola Weihnachtsmann, die Sage vom "Christkind", die "Event-Tradition" eines Kirchbesuchs (wie im Zirkus...), wie die alljährliche Gewichtszunahme des Großteils der Menschen in Europa und den USA zu verdanken haben.

Nein, mal ehrlich:
Die Wintersonnenwende (wie auch Frühjahrspunkt und Sommersonnenwende) spielte schon für die frühe Menschheit eine große Rolle und wurde seit vielen tausend Jahren von verschiedensten Menschen auf verschiedenste Weise zelebriert.

Ähnlich wie für Ostern (von dem heute nur noch ungefähres Datum und die Eier geblieben sind) wurden von der damaligen katholischen Administration solche "besonderen Termine" mit hauseigenen Festivitäten belegt bzw. "überschrieben", so wie Coca Cola ab ca. um 1900 halt den zuvor i.d.R. / meist weiß angezogenen Mann zur Zeit des Jahreswechsels zum roten Weihnachtsmann vermarktete.

Man kann schon unterstellen, das die Erfinder im Umkehrschluß eine sukzessive Verdrängung derart (z.B. "heidnischer") Tradittionen mehr oder weniger zum Ziel hatte - das ändert aber nichts an der Entstehung von "Weihnachten" per Beschluß der katholischen Administration. Erst viel später landeten Menschen z.B. auf Feuern oder in der Folter, wenn sie "zu sehr" an "heidnischen Traditionen" festhielten - geduldet jedenfalls wurde das irgendwann kaum mehr. Das führte dann - nicht nur bei den missionierten "Urvölkern" - zu seltsamen "Mischformen" der "neuen" wie der "alten" Kultur.

Sicher mag es auch "ein paar" Christen auf dem Planeten geben, die das Fest als "eigentliches Weihnachtsfest" - so wie es die Kirche vorsah oder "meinte" - feiern. Tatsächlich wird der Begriff auch von denen vorbehaltlos verwendet, die mit Kirche und Christus gar nichts am Hut haben. Für die Kirche ist und bleibt es ein (mehr oder weniger) erfolgreicher Marketing-Coup, vor allem da sie heute die (ungefragte) Unterstützung der Wirtschaft hat.

Sicher, "Weihnachten" wird es solange geben, wie es Christen gibt - ebenso wie es die Jugendweihe solange gibt, wie es deutsche Kommunisten gibt oder Ramadan für die Moslems. Ich habe alle diese Traditionen (passiv - aber vor Ort) miterleben "dürfen". Ramadan z.B. wird Entgegen der Andersgläubigen im jeweiligen Land mehr oder weniger "konsequent" durchgezogen - so bekommt man in vielen offiziell "islamischen" - und zudem meist heißen - Ländern kein Essen, ja nicht mal Wasser zu kaufen/trinken, bevor die Sonne untergeht (ähnlich wie noch vor nicht allzu ferner Zeit während der Fastenzeit im "Christentum"). Die Religionsführer nahmen/nehmen offenbar an, das alle Menschen im Land DER Religion zu folgen haben.

Von Freiwililligkeit war - jedenfalls ab dem Mittelalter - selten die Rede. In "christlichen" Ländern hat sich dies auch erst vor wenigen Jahrzehnten (z.B. mit dem 2. Vatikanischen Konzil) - aber vor allem der durch die Menschen selbst betriebenen Demokratisierung - stark relativiert, wenn auch nicht wirklich (wie häufiger behauptet) neutralisiert. Die christliche Kirche genießt z.B. in Deutschland - gegenüber anderen Lebens- und Glaubensformen - nur noch "wenige" (aber heute wieder kritische) Sonderrechte. Die aktuelle "Kirchturm vs Minarett"-Debatte zeigt das noch verbliebene Dilemma der Gleichbehandlung (aber dazu haben wir hier den eigenen Thread...).

Aber mich würde nicht wundern, wenn das Fest "Weihnachten" irgendwann nur noch von ein paar Christen gefeiert wird, während die Masse der Menschen einem neuen Fest bzw. Namen hinterherläuft, den irgend eine Firma oder Szene "entwickelt". Tendenzen dahin sieht man ja heute schon (Bsp.: Halloween). Die christliche "Fastenzeit" macht ja schon heute kein Nicht-Christ mehr mit (und nur noch wenige Christen), was wohl daran liegen dürfte, das die "Tradition" weniger konsumorientiert funktioniert und aktive Disziplin fordert. Mag aber auch sein, das gerade damit findige Geschäftemacher irgendwann einen neuen "Hype" aufziehen (z.B. "Wellness"), dem die Massen hinterherrennen.

Mich stört das - bis auf die erschwerten Verkehrsbedingungen in den Städten - nicht und die freien Tage nutze ich für Zeit mit der Familie wie mich selbst (wozu ich sonst kaum komme). "Weihnachten" feiern wir schon lange nicht mehr. Ähnlich scheint es immer mehr Deutschen / anderen Europäern zu gehen. Für viele Deutsche allerdings ist Weihnachten einfach nur Streß, so das (nach einer Umfrage m.W. der Kirche) ein guter Teil kein "Weihnachten mehr haben wolle"...
Heinrich5

Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zitat Christel
Da Weihnachten ein christliches Fest ist, stirbt es mit den Christen.
Weihnachten findet auch dann noch statt, wenn der christliche Hintergrund in Vergessenheit geraten ist.

Zum Beispiel Weihnachten in China (für andere fernöstliche Länder wie Japan usw. gilt das auch)

Im 1,3 Milliarden Volk spielt das Christentum keine Rolle und ist vielen Chinesen sogar unbekannt.
Trotzdem gewinnt das Weihnachtsfest auch in China zunehmend an Bedeutung, allerdings ohne christlichen Hintergrund.
Weihnachten in China? Ein Widerspruch, denkt man zuerst. Aber nein, auch hier wird seit den 90er Jahren Weihnachten gefeiert – mit zunehmender Intensität, in unterschiedlicher Form und Ausprägung, doch mit Genuss. Wie kann das aussehen – Weihnachten in China? Wahrscheinlich wie in vielen anderen entwicklungsgeschulten Ländern, in denen der zunehmende Wohlstand einen großen Nachholbedarf in Sachen Internationalisierung und Anerkennung hervorruft.

Chinesische und westliche Traditionen vermischen sich
Um Internationalität zu demonstrieren, werden in China häufig die deutlichsten Insignien der westlichen Welt verwendet und gelegentlich bis zur Unkenntlichkeit übersteigert – wunderbar zu erfahren um die Weihnachtszeit, wenn Weihnachtsbäume, Weihnachtsmänner, Glocken aller Größen, schrille Lichterketten und Weihnachtskarten zum Vorschein kommen. Manchmal mit einer Vermischung westlicher und chinesischer Traditionen: Dann thront „Merry Christmas“ leuchtend über spielenden Hundewelpen, um indirekt zu signalisieren, dass auch bald das chinesische „Jahr des Hundes“ (2005) beginnt.

Ein Grund, warum der Weihnachtsmann so schnell aufgenommen wurde, liegt sicher in der Symbolik der Farbe Rot, die im traditionellen chinesischen Kontext als Glücksfarbe gilt.
http://www.daad-magazin.de/06530/index.html
Christel
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Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Niels, das Mittelalter ging von ca. 500 – ca. 1500. Im Mittelalter war die Mehrzahl der Deutschen noch heidnisch geprägt.
Da gab es hierzulande noch Menschenopfer für die heidnischen Götter.
Es war ein Prozess und ich denke nicht, dass er mit massiven Kämpfen oder ständigen Verfolgungen einher ging.

Ich glaube auch nicht, dass Weihnachten mit Gewalt eingeführt wurde. Feste wirken durch ihre Ausstrahlung.
Heinrich5 hat geschrieben:Weihnachten findet auch dann noch statt, wenn der christliche Hintergrund in Vergessenheit geraten ist.
Nein!

Und wenn Du es außer fett noch groß schreibst, Nein!

Ich sprach vom Fest „Christi Geburt“, welches man hier Weihnachten nennt.
Ich sprach von einem christlichem Fest, nicht von einer Form.

Das ist ebensowenig dasselbe wie Jugendweihe und Konfirmation.

Die Form des Weihnachtsfestes strahlt aus. Was sagt das schon, wenn der Inhalt nicht mehr da ist?
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
Heinrich5

Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

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Christel schrieb:
Ich sprach vom Fest „Christi Geburt“, welches man hier Weihnachten nennt.
Ich sprach von einem christlichem Fest, nicht von einer Form.
Dann sprichtst Du hier am Thema vorbei, denn das Thema lautet, "Was ist eigentlich Weihnachten"? und nicht "Was ist das Fest Christi Geburt"?

Christi Geburt wird in der Kirche in der Christmette und in den christlichen Gottesdiensten an den Weihnachtsfeiertagen gefeiert.

Danach wurde aber hier nicht gefragt.

Ausgangsthema war:
eine Umfrage im Frühstücks-TV eines deutschen Privatsenders brachte ans Licht, das ein "großer" Teil der Deutschen nicht weiß, warum das Weihnachtsfest überhaupt gefeiert wird. Bei der Umfrage wurden beliebige Passanten bei "Weihnachsteinkäufen" in der Fußgängerzone angesprochen.
Bei den meisten Menschen wird Weihnachten nicht mehr mit der Feier von Christi Geburt in Zusammenhang gebracht. Das ist ein Fakt, welchen auch Christen zur Kenntnis nehmen müssen.
Heinrich5

Re: Was ist eigentlich "Weihnachten"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zitat Christel:
Niels, das Mittelalter ging von ca. 500 – ca. 1500. Im Mittelalter war die Mehrzahl der Deutschen noch heidnisch geprägt. Da gab es hierzulande noch Menschenopfer für die heidnischen Götter.
Es war ein Prozess und ich denke nicht, dass er mit massiven Kämpfen oder ständigen Verfolgungen einher ging.
Die Kirchengeschichte sieht aber anders aus:

Beginn der Zwangschristianisierung

743 - 744 n. Chr. kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Franken und Sachsen, als Karlmann, einer der Söhne des fränkischen Hausmeiers Karl Martell (714 - 741) in dem ihm zugesprochenen Alemannien die renitenten Sachsen zum Gehorsam zwang. Karlmann zog gegen Theoderich, den Herrn des abgefallenen südlichen Sachsenlandes und verheerte es. Angenommen wird, dass Theoderich vorübergehend auf der Aseburg (?), Oseburg (?) Hoch-Seeburg (?) (Die heutige Hasenburg bei uns im Eichsfeld) seine Wehrburg hatte, die Karlmann im Sommer 743 n. Chr. eroberte. Nachdem Theoderich versprochen hatte, künftig treu ergeben zu sein, beließ Karlmann ihm die Burg. Kurz darauf wieder wortbrüchig geworden, eroberten 744 die Franken erneut dessen Feste und führten ihn als Geisel fort. Das geschah zu Lebzeiten des Bonifatius (672 - 754).
300 Jahre danach (1068/69) wird Asenberg erstmals als salisch-fränkische Reichsburg König Heinrichs IV. beurkundet. Asenberg, eine der Burgen in König Heinrichs IV. Reichsburgenkette, diente dem Schutz seines Harzkrongutes wider die rebellischen Sachsen. Die auf germanischer Wallanlage errichtete Doppelburg auf dem 7 ha großen und fast 500 m hohen Plateau des Einzelberges verlor nach Heinrichs IV. Tod 1106 ihre Reichsburgbedeutung. Ihre Randlage im thüringisch-sächsischen, aber auch fränkischem Interessengebiet, unterstreicht, vom 8. bis 11. Jahrhundert eine Geschichtsträchtigkeit, wie sie aufgrund von Funden und den Annalen des Hersfelder Klostermönches Lambert einmalig ist.

Ihr historischer Wahrheitsgehalt reiht sich in die Geschichtsschreibung eines Ehrhard (770 - 840) ein, der zugleich Baumeister und Gelehrter an der Hofschule Karls des Großen war, und der die "Vita Caroli Mangni" verfasste, die Lebensbeschreibung des Kaisers. Er scheute sich nicht, Wahrheiten über die ungestüme Zwangschristianisierung seines Herrn wider unsere Altvordern niederzuschreiben:

"Das Frankenvolk hatte nie einen langwierigeren und blutigeren Krieg als den gegen die Sachsen geführt. Die Sachsen sind, wie fast alle deutschen Stämme, von Natur unbändig, dem Götterkult ergeben, Hasser unserer Religion und sehen in der Übertretung und Schändung göttlichen und menschlichen Rechts nicht Ehrloses. Zuweilen waren sie soweit gebändigt und zermürbt, dass sie versprachen ihren Dämonenkult aufzugeben. Aber sooft sie auch bereit waren, waren sie auch stets gewillt, all das wiederumzustürzen, so dass sich kaum beurteilen lässt, wozu sie mehr hinneigten."

Überliefert ist, dass Karl der Große in den unterworfenen sächsischen Gebieten nie etwas ungestraft durchgehen ließ. Strafexpedition folgte auf Strafexpedition. Sie gipfelten darin, dass seine Krieger 10.000 Sachsen , Mann mit Weib und Kind, aus ihren Stammesgebieten beiderseits der Elbe wegführen und auf fränkische Gaue verteilen mussten.

Bonifatius sanftere Christianisierung mag auf ihn als Missionar zutreffen, nicht jedoch auf die Frankenkrieger, die, bevor sie das Kreuz auf den germanischen Kultbergen errichteten, mit dem Schwert eine blutige Gasse dorthin schlugen. Nicht von ungefähr wurden im 8. Jahrhundert die Franken auch "die bösen Alanen" genannt, von Kaiser Valentinian wegen ihrer Verwegenheit als "Franken" bezeichnet, was in der attischen Sprache soviel wie "Wilde" bedeutete Das jedenfalls berichtet der unbekannte Autor des "Liber Historiae Francorum" (Buch der Geschichte der Franken) im 7. Jahrhundert.

In einem 33 jährigen Glaubenskrieg wurden mit "Gottes Hilfe" von den Franken unter Karl dem Großen tausende Sachsen erschlagen. Es wurde von den Sachsen nicht eher abgelassen, bis sie entweder als Besiegte sich der christlichen Religion unterwarfen oder gänzlich ausgerottet sein würden. Man kämpfte gegen Heiden. Das rechtfertigte alles. Klerikerscharen begleiteten die Schlächter. Mancherlei Wunder geschahen. Und nach jedem Feldzug schleppte man reichen Raub mit heim. Noch unter Karl entstanden etliche Bistümer. Weiter wird das geraubte Gebiet der Sachsen an Bischöfe und Äbte verteilt, werden Missionssprengel geschaffen, Kirchen gebaut und Klöster geschaffen. So auch Kloster Fulda, dessen Abt Sturmi noch kurz vor seinem Tode auf der sächsischen Eresburg kirchlich und militärisch das Kommando hatte. Die sächsische Grenzfeste Eresburg (heute Obermarsberg an der Diemel) war ein sächsisch - heidnisches Heiligtum (die Irminsul, Irminsäule, nach dem sächsischen Gott Irmin, vermutlich identisch mit dem germanischen Gott Saxnoth / Tiwas) wurde 772 von den Franken vernichtet. Nachdem die Christen diese Kultstätte gänzlich verheert, den heiligen Hain verbrannt, die Säule vernichtet hatten, zogen sie mit den dort aufgestapelten Weihgeschenken, reichen Gold- und Silberschätzen, davon.
Im Jahr 782 wurden 4500 gefangene Sachsen, eng zusammengedrängt wie Tiere in einem Schlachthaus und umgeben von ihrem eigenen Adel, der sie ausgeliefert, auf Befehl Karls des Großen niedergehauen, mit abgehackten Köpfen in die Aller geworfen, mit der sie in die Weser und dann ins Meer trieben. Dieser Krieger, Eroberer, Mörder, Räuber und Ehebrecher mit etlichen Konkubinen, welche ihm acht uneheliche Kinder bescherten, wurde wegen seiner Verdienste für Kirche und Glauben 1165 Heilig gesprochen.

782 wurde von Karl die "Capitulatio de partibus Saxoniae" und 797 das "Capitulare Saxonicum" erlassen. Von den vierzehn die Todesstrafe verhängenden Bestimmungen der Capitulatio, betreffen 10 allein Vergehen gegen das Christentum, wobei sich Karl an der Missionsmethode der Fuldaer Mönche zur Vertilgung des Heidentums mit rücksichtslos durchgeführten Massentaufen unter vollständiger Vernichtung heidnischer Heiligtümer orientierte.

Hier ein Auszug aus diesen Gesetzen:

3. Wenn jemand gewaltsam in eine Kirche eindringt und in ihr etwas raubt oder stiehlt oder die Kirche in Brand steckt, so sterbe er des Todes.
4. Wenn jemand das heilige vierzigtägige Fasten aus Missachtung des Christentums nicht hält und Fleisch isst, so sterbe er des Todes....
7. Wenn jemand nach heidnischer Sitte den Leib eines verstorbenen Menschen durch Feuer verzehren lässt und seine Gebeine zu Asche brennt, so sterbe er des Todes.
8. Wenn jemand künftig im Sachsenvolk ungetauft sich verstecken möchte und unterlässt, zur Taufe zu kommen, weil er Heide bleiben will, so sterbe er des Todes.
10. Wenn jemand gemeinsam mit Heiden etwas gegen Christen plant und mit ihnen in Feindschaft gegen die Christen zu verharren sucht, so sterbe er des Todes. Und wenn jemand diesem selben Verbrechen gegen den König und das christliche Volk zustimmt, so sterbe er des Todes.

Befohlen wurde: Taufe im ersten Lebensjahr, Kirchenbesuch an allen Sonn- und Feiertagen, Ablegen des Eides in den Kirchen, ja sogar die Einhaltung der kirchlichen Ehegesetze. Man forderte strenge Bußen für leichteste Vergehen. Der Zehnte vom Ertrag des Grundbesitzes und von allem Erwerb war von nun an der Kirche zu geben. Außerdem musste jede Kirche zwei Hufe, also zwei Bauerngüter erhalten, sowie von je 125 Einwohnern einen Knecht und eine Magd, wodurch die Masse der Sachsen noch stärker ausgebeutet wurde als jemals zuvor.

Die Zwangschristianisierung war also ein Prozess der mit massiven Kämpfen und ständiger Verfolgung einherging bis alles Heidnische mit Stumpf und Stiel ausgerottet war.

Gruß,
Heinrich5
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