Christel hat geschrieben:Hallo Niels, was Du schreibst ist in sich logisch. Wie jedes logische System basiert es auf Voraussetzungen, die als gegeben angenommen werden.
Nicht ganz,
ich nehme mal an, das Du mit "System" eher etwas wie ein" Modell" meinst. Ein "logisches Modell" basiert - das ist richtig - i.d.R. auf Parametern / "Eingangswerten". Aber wie diese konkret aussehen / ausfallen ist für das System - oder besser "Modell" - selbst zweitrangig. Ein Modell beschreibt Zusammenhänge mehr oder weniger genau mit in etwa: "wenn -> dann". Hinzu kommt der Faktor der Wahrscheinlichkeit bzw. Genauigkeit, den man dem Modell zuschreibt - ggf. auch für bestimmte Parameterfenster.
Ja richtig, wer reflektiert trifft oft Entscheidungen.
Entscheidungen werden auch ohne bewusste Reflektion / Beobachtung getroffen (z.B. eben per "Nachahmung" oder gar (pseudo-)zufällig.
Wie diese aussehen bleibt offen, denn viele Faktoren beeinflussen Entscheidungen, z.B. die Menge der zur Verfügung stehenden Informationen oder wenn sich ein Mensch zwischen seinem Gewissen und seiner Karriere entscheiden muss. Im Extremfall ist das eine Entscheidung zwischen dem eigenen Tod und dem Leben als wohlhabende mächtige und geachtete Person.
Ich verstehe nicht ganz, wie Du auf dieses Beispiel kommst oder wir jemand derartige Schlüsse wahrscheinlicher über bewusste Reflektion / Beobachtung als per Nachahmung treffen wird.
Außerdem, wer reflektiert kommt nicht zwangsläufig zu einer Entscheidung.
Das mag zutreffen - insbesondere dann wenn derjenige in bewusster Reflektion / Beobachtung "ungeübt" ist oder wenn der Zeitpunkt für eine bestimmte Entscheidung schlicht "suboptimal" ist.
Unter dieser Voraussetzung ist Ethik sinnlos. Ebenso die Reflektion darüber.
eben.
Damit wird - ganz nebenbei sozusagen - beschrieben, wo jedwede Ethik etc. unnötig wird.
Fraglich ist, ob hier von Rückschritt oder Fortschritt gesprochen werden kann.
Der "Kreislauf" - oder besser Zyklizität - in Natur und Leben ist Grundbedingung für deren Erhalt wie auch deren Fortentwicklung. Würde z.B. kein Mensch sterben, könnte irgendwan auch kein neuer geboren werden. Jedwede Fortentwicklung wäre limitiert und über die Zeit unmöglich.
Was immer Erleben der Ewigkeit ist, wenn es nicht ewiges Leben bedeutet, finde ich es uninteressant. Ich habe diese Sehnsucht nicht.
Du mißverstehst mich hier.
Offensichtlich besteht in Dir der Drang nach (dem) Leben (in der Dir bekannten individualisierten Form Deiner "Person" bzw. Deines "Ichs" oder wie auch immer Du das nennen willst). Leben bedeutet "bewusst sein", oder wolltest Du ein "Leben" ohne "bewusst sein"? Wenn ich Dich richtig verstehe, ist Dir Leben sogar derart wichtig, das Du es dauerhaft ersehnst (was das Konzept unserer Natur aber "leider" nicht vorsieht). Darin "zeigt" sich der Drang unseres Seins bzw. "Welt", "sich" bewusst zu werden - wobei das einzelne lebende Individuum nur eine vergleichsweise geringe, wenn dennoch wichtige Rolle spielt (in etwa wie das Leben der einzelnen Ameise für den Ameisenstaat "unwichtig" wie zugleich "wichtig" ist).
Das Nachahmungsprinzip ist kein Prinzip bestimmter Gesellschaftsmodelle oder Religionen, sondern vielmehr ein allgemeines Prinzip bei einigen Tieren und beim Menschen sowieso.
Jaein,
das Prinzip "Nachahmung" ist fast überall in unserer Natur zu finden - ebenso wie das bewusste Erkunden neuer Wege, "Verhaltensweisen" oder "Lösungen". Das Gleichgewicht zwischen Nachahmung und bewusster Tätigkeit ist sozusagen grundwichtig für die Fortentwicklung (und damit auch die Entstehung jeden Lebens überhaupt).
In unserer heutigen Welt gibt es eine Vielzahl Gesellschaftsformen und/oder Modelle, in denen Nachahmung mehr oder weniger "Bevorzugung" findet - bis hin zu Modellen, in denen Nachahmung bewusstes Handeln sehr weit oder gar weitestgehend verdrängt.
Neues Wissen - das bedeutet auch den Gutteil des heute beim Menschen angesammelten Wissens - ist NICHT durch Nachahmung entstanden. Nachahmung kann Wissen nur weitergeben - mehr oder weniger gut / effizient / verlustbehaftet. Neues Wissen entsteht allein durch bewusstes Reflektieren / Beobachten.
In einer Gesellschaft, in der zumehmend nachgeahmt wird, gibt es folglich immer weniger neues Wissen. Eine Art wird von der Zeit überholt, wenn ihre Entwicklung stillsteht.
Ohne dieses wären wir nicht lernfähig. Wir hätten keine Sprache. Wir hätten kaum Wissen. Ohne Wissen hätten mir nichts zu reflektieren.
Ohne bewusste Tätigkeit / Reflektion gäbe es weder Wissen noch etwas zu "lernen" bzw. "nachzuahmen". ALLES Wissen, wessen wir uns heute bedienen - wurde durch bewusste Reflektion / "beobachten" generiert.
Da diese Gebote aber nicht von Jesus stammen, hat das eine mit dem anderen nichts zu tun.
Ich beziehe mich lediglich auf die Lehren der Person Jesus, die sich afaik eng an den 10 Geboten orientierten.
Christsein ist nach meiner Auffassung etwas anderes, deshalb ist die Kirche wichtig.
Dieses "andere" habe ich erkennen oder verstehen können - wohl auch weil die meisten mir dazu gemachten Aussagen, auch nach tieferer Betrachtung widersprüchlich bleiben, ja mit zunehmender Vielfalt an Standpunkten mal tieferer Betrachtung immer wiedersprüchlicher. Aber ev. kannst Du da ja meinen Geist "erhellen"...
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Nun, ich denke ich kann zumindest nachvollziehen, warum es Menschen gibt, die religiös sind - ohne dies in irgend einer Form werten zu wollen. Ich kann ebenso nachvollziehen, das es Menschen gibt, die das nicht (oder nicht mehr - mancheiner ggf. auch noch nicht) brauchen. Allerdings vermisse ich bei vielen (nicht allen) Religiösen ein ebensolches Verständnis - insbesondere für die, die gar nicht religiös sind, sein wollen oder brauchen (von anderen Religionen nicht selten ebenso).
Meine rein persönliche Sicht dazu ist, das Religiösität eine Stufe im "Erkenntnisprozess" eines Lebewesens, wie es unser irdisches Leben kennt, ist - auf einer Art "Treppe" die ein "davor" und "danach" (womöglich auch einen Weg "darumherum") hat. Es spielt auch keine Rolle, ob sich nun z.B. ein Mensch oder Lebewesen noch "vor" oder bereits "nach" dieser mehr oder weniger scharf abgrenzbaren "Phase" bewegt.
Die "Sehnsucht" - wie Du schreibst - braucht der Mensch auch nicht, soweit er diese nicht zur "Lebenserhaltung" braucht. Nicht jeder Mensch hat oder sehnt sich nach etwas, was z.B. zeitlich "nach" seinem Ableben geschieht. Für mich ganz persönlich gilt jedenfalls, das ich kein "ewiges Leben" wollte und ich halte mich auch nicht für so wichtig, als das mich die Welt solange bräuchte oder gar unterhalten müsste. Für solche Menschen wär ein ewiges Leben auch keine "Belohnung" für ein "gottgefälliges" Leben im Sinne der Religion, die das verspricht.
Die "Sehnsucht" nach "Bewusstwerdung" liegt vielmehr in unserer Welt, unserem Universum selbst und sie allein ist der Grund, warum unser Universum bewusstes Leben hervorbringt und Lebewesen i.d.R. "am Leben hängen". Die "Sehnsucht" ließe sich naturwissenschaftlicher eher mit einem Feld gleichsetzen - z.B. einem Gravitationsfeld, in dem massebehaftete Körper im Umfeld eine "Sehnsucht" in Richtung Gravitationszentrum "verspüren", zu dem Sie - soweit keine "Gegenkraft" da ist - unmittelbar "hinfallen". Der Mensch verspürt lediglich eine "Sehnsucht" nach dem Leben und Fortentwicklung/-pflanzung - so ist er "programmiert" - der eine mehr, der andere vielleicht weniger. Ein "ewiges Leben" klingt da schon nach einem "guten Deal", der - wenns soweit ist - jedwede Basis verliert, schon weil mit dem Ende des Lebens auch der Drang zur Lebenserhaltung vergeht. Eine Religion, die Selbstlosigkeit predigt, sorgt selbst dafür, das die ureigenen, egobezogenen Triebe bedient werden. Ein religiöses Leben ohne egoistischen Aspekt gibt es nicht - eher im Gegenteil. Selbstlosigkeit ist nichts ohne Egoismus - und andersherum. Die "ausgwogene Mitte" ist das, was den Menschen wie die Menscheit weiterbrachte und weiterbringt.
Dem religiös-Gläubigen geht es in erster Linie um sich selbst und Religion bleibt ein Versuch, egoistische Antriebe für die Gemeinschaft zu aktivieren bzw. auf diese "partiell" umzulenken - oder auch nur auf die Ziele einer beschränkten Gruppe.
Wem die reine Vorstellung vom "ewigen Leben" o.ä. Wunschbilder bzw. Versprechungen zu Lebzeiten Trost spenden mag, der sei "seelig" damit, wobei ich nur hoffe, das er dabei den Fokus auf seine eigene irdische Lebenszeit nicht zu sehr vergisst (wie heute immer häufiger der Fall oder Mittel zum zweifelhaften Zweck). Immerhin beschreibt Religion einen sehr typischen evolutionären Prozess - beim Menschen wie auch anderen Arten.
Welche immer neue Irrungen damit verbunden sind, wissen wir, wenn wir auf's Mittelalter, ja sogar wenige Jahrzehnte zurück blicken. Warum sollte es gerade heute anders sein und Menschen in 100 oder 1.000 Jahren über uns heute nicht ebenso schmunzelnd bis entsetzt den Kopf schütteln.
Was wäre so schlimm daran uns selbst einzugestehen, das wir fast nichts wissen - und religiöser Glaube uns im Erkenntnisprozess kein Stück näher bringen kann, da er uns - zumindest in einem längeren zeitlichen Kontext - immer ebenso in die Irre führt und "verblendet", wie er uns eine Ahnung von der Realität geben kann - also für die Menschheit insgesamt ein Nullsummenspiel bleibt. Während die "erfolgreichen" Weltreligionen z.B. für ihre Gruppierung insbesondere in der frühen Zeit forschrittlich und hilfreich war, wird diese mit forschreitender, zeitlicher Entfernung immer mehr zum Hemmschuh, womit der "Vorteil" für die Gruppe - vor allem aber die Menschheit insgesamt - sich selbst auflöst.
Bleibt schlußendlich der gern angeführte "Trost", den Glaube der Aussage Gläubiger (ob nun Religion und/oder Esotherik bleibt dahingestellt) nach spenden kann - zum Preis das wir uns dem Wissen sperren, nämlich dem Wissen, das wir Dinge bisher definitiv nicht wissen. Das ähnelt z.B. dem "Augen-Zuhalten" z.B. wenn ein Mensch stirbt.
Sind wir denn wirklich so wichtig?