Papst Benedikt XVI. - Lese- und Gesprächskreis

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niels
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Papst Benedikt XVI. - Lese- und Gesprächskreis

Ungelesener Beitrag von niels »

veröffentlicht im Auftrag des Verfassers:

Papst Benedikt XVI. - Lese- und Gesprächskreis

Im September kommt Papst Benedikt XVI. im Rahmen seines Pastoralbesuches
auch ins Eichsfeld. In Vorbereitung auf diesen Besuch findet seit
einigen Wochen im MCH ein
Lese- und Gesprächskreis statt. Bei diesem können sich die Teilnehmer
mit der Theologie und Spiritualität des derzeitigen Papstes
auseinandersetzen.

Die Veranstaltungen werden geleitet von Autor Dario Pizzano und Frau Dr.
Annegret Beck.

Termin ist jeweils der *1. Dienstag im Monat*, um *19.30 Uhr*.

Der nächste Termin ist *am Dienstag den 03. Mai ab 19.30h im Marcel
Callo Haus

*Es grüsst sie sehr herzlich,

Dario Pizzano
Regionalbeauftragter
Kath. Bildungswerk im Bistum Erfurt
-Region Eichsfeld-
Fon: 03606-667-403
Mobil 0151-15553872

http://www.bistum-erfurt.de
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Christel
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Re: Papst Benedikt XVI. - Lese- und Gesprächskreis

Ungelesener Beitrag von Christel »

ein
Lese- und Gesprächskreis statt. Bei diesem können sich die Teilnehmer
mit der Theologie und Spiritualität des derzeitigen Papstes
auseinandersetzen.
An den Schriften von Papst Benedikt XVI. gefällt mir:
- Sie sind allgemein verständlich geschrieben und gut lesbar.
- Er erklärt und begründet gut und ausführlich.
- Es stellt Jesus Christus in seiner Bedeutung für das Christsein heraus.

Ich habe gerade die kleine Schrift von Kurt Hutten aus dem Jahre 1938 „Brauchen wir noch Christus?“ zur Hand. Darin setzt sich Hutten mit der „gottgläubigen“ Theologie seiner Zeit auseinander. Er kommt zum Schluss „Christus ist unser Schicksal“. Er schreibt auf S. 4:
Für die andern dagegen, die Christus als das Schicksal verstanden haben, ist diese Frage „Brauchen wir noch Christus?“ genau so widersinnig wie etwa die Frage: „Brauchen wir noch die Luft zum Atmen – wir Menschen des 20. Jahrhunderts?“ Oder: „Brauchen wir noch das Brot und das Wasser zum Leben?“
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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niels
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Re: Papst Benedikt XVI. - Lese- und Gesprächskreis

Ungelesener Beitrag von niels »

sind allgemein verständlich geschrieben und gut lesbar
Also der "Zielgruppe" angepasst...

Immerhin, das war und ist in der katholischen Kirche ja keine Selbstverständlichkeit, die den "einfachen Christen" traditionell aus den Lehren wie liturgischen Inhalte ausschloß.
er erklärt und begründet gut und ausführlich
Das tat Karl Marx auch - nur stellte sich später heraus, das einige grundlegenen Annahmen falsch waren...
stellt Jesus Christus in seiner Bedeutung für das Christsein heraus
Ist das erforderlich? Allein schon der Begriff "Christentum" impliziert dies doch - oder haben sich Kirche wie Christentum inzwischen doch soweit von Jesus wie seiner damaligen Lehre entfernt, als das man darauf hinweisen müsste?

Mich würde schon interessieren, was Jesus selbst dazu zu sagen hätte - aber das ist wohl (leider) kaum absehbar. Ich würde mich freuen, wenn man weitaus mehr Konzentration darauf legen würde, WAS Jesus damals gesagt hat bzw. haben könnte, statt immer wieder darüber herumzubrüten, wie er es - und das in Bezug auf eine ferne spätere Zeit und dabei losgelöst von seiner sozialen Situation und Umfeld - "gemeint" haben könnte.

Wer der eigentlichen Lehre von Jesus näherkommen möchte, muß unweigerlich alle verfügbaren Schriften betrachten wie deren "Glaubwürdigkeit" in punkto Unabhängigkeit der jeweiligen Verfassers betrachten - auch aus dem Gesichtspunkt historischer Erkenntnisse usw.

Tatsächlich aber betreibt die Kirche bis heute Steuerung und Filterung dieser Informationen - man pickt sich die Aspekte heraus, die zu den eigenen Wünschen und Interessen am besten passen - ernsthaft kritischer oder gar selbstkritischer Umgang bleibt soweit außen vor, als er nicht irgendwelchen - von Jesus bzw. dessen Lehre losgelösten - und nicht selten höchstirdischen Interessen dienlich ist.

Derartige Kritik gibt es übrigens vornehmlich aus den "eigenen" Reihen - vor allem Christen der auch informationell vergleichsweise fortentwickelten westlichen Welt.

Das "Schicksal" aber traf neben Jesus ebenso auch die anderen Glaubenslehrer bzw. -stifter. Die eigentlichen Lehren / Worte sind häufig nur unscharf, ausgeschmückt oder modifiziert überliefert - fast immer von an Eigeninteressen gebundene Verfasser. Schon die Frage der "Nachfolge" mit dem Tod des jeweiligen Lehrers generierte eine Eigendynamik, die die jeweilige Glaubenslehre wohl signifikant von den Glaubensideen des Lehrers wegführten - worin man in damaligen Zeiten keinen Widerspruch sah - ebenso, wie sich vor allem die blumigsten, phantastischsten und großartigsten Varianten der Überlieferungen besonderer Beliebtheit und Erfolges erfreute - wir kennen das bis heute in Form z.B. des "BILD-Zeitungs-Phänomen"....

Immerhin lässt Herr Ratzinger (endlich selbst Papst) nun seinen Vorgänger bereits wenige Jahre nach dessen Tod für "seelig" befinden - wohl ein Wink an seine Nachfolger in der Erwartung möglichst selbst und schnell nach seinem Tod "seelig" und später "heilig" gesprochen zu werden.

Allein die Vorstellung, das einen dann auch über den Tod hinaus Menschen "ganz offiziell" anbeten dürfen (und hoffentlich werden), dürfte ihn in einige Verzückung versetzen - so jedenfalls mein Eindruck...
Christel
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Re: Papst Benedikt XVI. - Lese- und Gesprächskreis

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:die den "einfachen Christen" traditionell aus den Lehren wie liturgischen Inhalte ausschloß.
Nein! Diese Behauptung findet sich zwar immer wieder, aber das stimmt so nicht. Verkündet wurde der Glaube immer, das geht gar nicht anders. Sicher in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlicher Qualität. – Was ausschießt, auch heute ist mangelnde Bildung (damals wie heute).
Damals konnte man nicht studieren, wenn man nicht fließend Latein sprach, heute ist es vielfach Englisch. Zudem war Theologie um 1500 eine „brotlose Kunst“. Es gab keine Stelle für studierte Theologen. Das studierten meistens Mönche.

Und heute? Wie jede Wissenschaft hat die Theologie natürlich auch eine Fachsprache. Oder kennst Du den Unterschied zwischen ökonomischer Trinität und immanenter Trinität oder zwischen Person und persona? Solche grundlegenden Dinge müssen aber klar sein, um manch theologische Diskussionen nachvollziehen zu können. -> Nun, was Ratzinger schreibt, versteht man auch so.
Nicht jeder Theologe schreibt so verständlich. Es ist oft eine Gradwanderung zwischen Genauigkeit und Verständlichkeit. Bei Ratzinger ist beides ausgegliechen.
niels hat geschrieben:
stellt Jesus Christus in seiner Bedeutung für das Christsein heraus
Ist das erforderlich? Allein schon der Begriff "Christentum" impliziert dies doch - oder haben sich Kirche wie Christentum inzwischen doch soweit von Jesus wie seiner damaligen Lehre entfernt, als das man darauf hinweisen müsste?
Allgemein lässt sich das schwer sagen. Die Kirche, das Christentum hat eine so reiche Tradition, da wird das Wesentliche, der um den es geht, leicht übersehen.
niels hat geschrieben:Ich würde mich freuen, wenn man weitaus mehr Konzentration darauf legen würde, WAS Jesus damals gesagt hat bzw. haben könnte, statt immer wieder darüber herumzubrüten, wie er es - und das in Bezug auf eine ferne spätere Zeit und dabei losgelöst von seiner sozialen Situation und Umfeld - "gemeint" haben könnte.
Da kann ich Dir die Jesusbücher von Ratzinger empfehlen.
Was Jesus damals sagte, ist die Grundlage jeder Suche danach, was das für uns heute bedeutet.
niels hat geschrieben:Wer der eigentlichen Lehre von Jesus näherkommen möchte, muß unweigerlich alle verfügbaren Schriften betrachten wie deren "Glaubwürdigkeit" in punkto Unabhängigkeit der jeweiligen Verfassers betrachten - auch aus dem Gesichtspunkt historischer Erkenntnisse usw.
Nein, das ist vom Aufwand her gar nicht zu leisten. Und was heißt „Glaubwürdigkeit“ und Unabhängigkeit? Ist das nicht letztlich ein subjektiver Maßstab?
Die grundlegende Information über Jesus findet sich in jedem christlichen Haushalt in Form der Bibel. Auf viel mehr Informationen über Jesus kann auch kein Theologe, keine Kirche… zurückgreifen.

Es geht also nicht um ein Mehr an Informationen, sondern um ein besseres Verständnis dieser Informationen.
Dabei kann uns als unabhängige „Institution“ das heutige Judentum helfen. – Ohne grundlegendes Wissen über das Judentum ist das Neue Testament nicht zu verstehen, schon gar nicht als Alte Testament. – Ich habe in Zweifelsfällen schon zweimal bei Rabbinern nachgefragt und immer eine tiefschürfende Antwort bekommen. Übrigens, jedes Mal stützten die Aussagen der Rabbiner, die kirchliche Position und nicht die der „Unabhängigen“.

Selbstverständlich muss man selbst die Bibel lesen und zwar im jeweiligen Kontext. Da jede Übersetzung eine Interpretation ist, müsste man das Neue Testament eigentlich in Altgriechisch lesen und verstehen können. Das packe ich auch nicht. Aber ich habe ein altgriechisches Wörterbuch, zwei Interlinearübersetzungen (also Wort für Wort) und verschiedene andere Übersetzungen zum Vergleich.

Und wie gesagt, immer den Kontext… beachten, nicht jede möglich Übersetzung ist eine treffende Übersetzung. Z.B. sehr beliebt ist heute zu übersetzen Lk 17,21 „das Reich Gottes ist in Euch“. Ich habe immer „Bauchschmerzen“ gekriegt, wenn ich das las. Aus meiner Sicht ist es eine verkürzte Interpretation. Du kannst Dir sicher vorstellen, dass ich hoch erfreut war, als ich dieses „ungute Baugefühl“ bei Ratzinger in seiner Richtigkeit bestätigt fand. In seinem Buch „Eschatologie : Tod und ewiges Leben“ schreibt er auf S. 40, dass dies rein sprachlich richtig sein kann. Gleichzeitig begründet er anhand der NT-Texte, dass dies dennoch das Wesen des „Reiches Gottes“ nicht erfasst.
niels hat geschrieben:Das "Schicksal" aber traf neben Jesus ebenso auch die anderen Glaubenslehrer bzw. -stifter. ...
Kurt Hutten erläutert in seiner Schrift, dass er das so nicht meint. Bezüglich der anderen Glaubenslehrer schreibt Hutten u.a.:
Sie alle also wollten ausgestreckte Finger, Wegweiser hin zu Gott sein.
Der Anspruch Christi aber ist ein anderer und höherer: Er sagt nicht: Ich zeige euch den Weg, sondern: Ich bin der Weg.“ Nicht: Ich sage euch die Wahrheit, sondern „Ich bin die Wahrheit.“ Nicht: Ich führe euch dorthin, wo ihr das Leben findet; sondern: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“
Er weißt also nicht von sich weg auf eine Richtung, in der die Menschen zu gehen haben. Er ist nicht nur ein ausgestreckter Finger hin zu Gott. Sondern er weist auf sich selbst: Ich bin es! Ich bin das Brot des Lebens! Ich bin das Licht! „Niemand kommt zum Vater, denn durch mich.“
Dieser Anspruch hinge in der Luft, wäre er nicht noch durch ein letztes Selbstzeugnis Jesu begründet: „Ich und der Vater sind eins.“ (Joh. 10,30)
„Brauchen wir noch Christus? / Kurt Hutten“ S. 7

niels hat geschrieben:Allein die Vorstellung, das einen dann auch über den Tod hinaus Menschen "ganz offiziell" anbeten dürfen (und hoffentlich werden), dürfte ihn in einige Verzückung versetzen - so jedenfalls mein Eindruck...
Ich schätze Ratzinger ganz anders ein. Und was das „Anbeten“ betrifft, dies wird populär zwar oft so formuliert, aber Ratzinger dürfte zu sehr Theologe sein, um nicht zu wissen, dass dies unzutreffend ist. Anbetung gebührt allein Gott. Heilige sind Fürsprecher, sie kann man bitten (hier wird oft beten) formuliert, aber man kann sich nicht anbeten. Eben weil es theologisch falsch ist. Auch Nichttheologen tun gut daran zu unterscheiden und zu differenzieren.

Habt keine Angst! Öffnet die Tore für Christus!
Aus der Ansprache des Seligen Johannes Paul II., Papst, am Beginn des Pontifikats
(22. Oktober 1978: AAS 70 [1978], 945-947)
http://www.vatican.va/roman_curia/congr ... re_ge.html
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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niels
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Re: Papst Benedikt XVI. - Lese- und Gesprächskreis

Ungelesener Beitrag von niels »

aber das stimmt so nicht
Nun, dann haben die Historiker, die sich mit den Evangelisten / Evangelien, Kaiser Konstantin, div. Päpsten, Luther u.a. beschäftigen unrecht? Wer behauptet das (und vor allem wie begründet er das)?

Für meine Großeltern war es z.B. noch selbstverständlich, das Messen in Latein gehalten wurden - einer dem gemeinen / "einfachen" Christen weithin unzugänglichen Sprache (auch wenn dies ein vergleichsweise unwesentliches Relikt gewesen sein mag). Ein Beweggrund Luthers die Bibel zu übersetzen war ja gerade, dem einfachen Christen die "eigentliche" Lehre zugänglich zu machen - wohl nicht zuletzt weil es damit einigen Ärger (bzw. aus Sicht Luthers auch Mißbrauch) - vor allem durch Kirchenobrigkeiten - gab.

Interessant ist auch der betrachtende Vergleich von Wissenschaft und -verbreitung in Christentum wie dem Islam, der sich noch zu guten Teilen an griechischen Idealen orientierte und der Wissenschaft wie dessen Verbreitung in der Gesellschaft vergleichsweise hohen Stellenwert einräumte.

Natürlich wurde Glaube durchweg kommuniziert - aber welcher? Auf welcher Basis und zu wessen Nutzen? Und mit welcher Legitimation auf Korrektheit? Wenn die Überlieferungen "korrekt" waren, warum waren sie dann derart widersprüchlich - vor allem auch bezüglich der "Tatsachenberichte"? Warum und auf welcher Basis wurden einige Schriften in ihrer Legitimation über andere gestellt? Warum z.B. wurden die wichtigsten gnostischen Schriften quasi eliminiert?

Offensichtlich wurde kräftig dazugedichtet, weggelassen oder ausgeschmückt wie relativiert - allein schon bzw. vor allem auf Faktenbasis. Wer wollte - wenn nicht Historiker - überhaupt bemessen wollen, welche der Überlieferungen überhaupt authentische Aspekte haben? Und diese Bemessungen sind nicht umsonst derart verschieden... Die spätere Auswahl / Selektion erfolgte eher willkürlich - kaum bis gar nicht jedoch aufgrund historischer oder philologischer bzw. anderer wissenschaftliche Erkenntnisse - erinnert eher an die Bücherverbrennung der Nazis, die alles, was nicht mit der eigenen Ideologoe oder Machtlogik vereinbar war - "verbrannten".

Tatsache ist auch, das die Kirche es Historikern wie anderen Forschern traditionell nicht gerade einfach machte, in "unliebsameren" Sachverhalten zu recherchieren oder eine für Wissenschaften übliche unabhängige, transparente Forschung zu ermöglichen bzw. gar zu stützen - soweit man nicht bereits in der frühen Kirche bzw. der Inquisition eh schon die Dinge beseite räumte, die irgendjemand aus irgendwelchen Gründen für unliebsam oder ggf. unchristlich hielt.

habt keine Angst...
Warum sollte jemand Angst haben?

Jesus kann man auch - ohne "gläubig" zu sein - betrachten - ebenso auch seine Lehren (soweit diese überhaupt authentisch erhalten sind) studieren. Angst war und ist selten ein guter Berater.

Sich jedoch an einem darüberhinausreichenden Glauben festzuklammern ist ein Akt begründet in irgendwelchen Ängsten. Es klingt ein bischen wie der Zuruf an einen Ertrinkenden, der sich an einem schwimmenden Brett festhält: "Hab keine Angst, nimm das Seil, was ich Dir hinhalte und vertraue mir - Du musst Dich nur trauen, mir zu vertrauen". Das beunruhigt mich - wer lebt in derartig "auswegloser" Verzweifelung? Es gibt schließlich immer einen Weg - so jedenfalls meine Überzeugung. Wer keine Angst hat, braucht also auch keinen Jesus zum Festklammern...

Achja - die heutigen Nachrichten ließen mich doch recht verwundert die Augen reiben:

Papst Johannes Paul hat - wie wir heute höchstoffiziell erfahren - während seiner Amstzeit doch tatsächlich ein echtes "Wunder" vollbracht (und ich dachte doch allen Ernstes - wie mir auch manch Theologoe zu verstehen gab - das "Wunder" lediglich als eine Art "Gleichnis" zu verstehen sein, darüberhinaus allein eine Art "Folklore" des theologisch weniger Gebildeten Gläubigen - nicht aber als reale Tatsache) - er soll (allein durch seine Gebete) eine [krebs-]kranke Frau geheilt haben. Dieses Wunder - so der Vatikan - sei Grund [und Bedingung] für die Seeligsprechung der betr. Person.

Ärztliche Atteste wie medizinische Gutachten werden dies - da bin ich mir sicher - bestimmt belegt haben. Für den Aussenstehenden klingt das schon etwas - sagen wir mal vorsichtig - "an den Haaren herbeigezogen" - gab es doch früher keine bis kaum Aufmerksamkeit für dieses (in diesem Jahrhundert quasi fast einmaligen) angebliche "Wunder" Herrn Woitilas.

Nun, da werden womöglich bald eine Vielzahl der heutigen deutschen Wunderheiler am Vatikan Schlange stehen um sich ihre Wundertätigkeit höchstoffiziell "zertifizieren" zu lassen - diese selbst - wie ihre "Geheilten" - sind ebenso überzeugt von der Kausalkette der Heilung, die über ihren jeweiligen Wunderheiler führte. Welche Instanz sonst würde noch heute offiziell "Wunder" akkreditieren oder zertifizieren?...

Nein ehrlich - ich dachte die Kirche hätte zumindest diesen Firlefanz inzwischen hinter sich gelassen - offensichtlich habe ich mich selbst darin getäuscht...
Christel
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Re: Papst Benedikt XVI. - Lese- und Gesprächskreis

Ungelesener Beitrag von Christel »

Falls Du meinst, meine Aussage steht im Gegensatz zur allgemeinen Meinung der Historiker, dann ist es an Dir Deine Behauptung zu begründen. Dazu reicht nicht irgendein Zitat, sondern auch die Aussage dieses einen Historikers muss begründet sein. Ich stellte ja schließlich nicht infrage, dass Du in Deiner Aussage auf Behauptungen anderer zurückgreifst.
niels hat geschrieben:Für meine Großeltern war es z.B. noch selbstverständlich, das Messen in Latein gehalten wurden
Ich kenne das auch noch. Deshalb war mir die Messe nicht unverständlich. Und die Predigt war eh in Deutsch. Auch heute werden zuweilen lateinische Elemente verwendet. Ich weiß was die Worte bedeuten, ohne Latinum.
niels hat geschrieben:Natürlich wurde Glaube durchweg kommuniziert
Sag ich doch!

Ich war neulich zu einem Vortrag. Der Referent sagte, die Historiker seinen sich seit 50 Jahren einig, dass die Zeit Martin Luthers nicht die Zeit des großen Abfalls, sondern im Gegenteil eine Zeit großer Frömmigkeit war. Martin Luther war somit ein Zweig an einem grünenden Baum.

Mit der Gnosis, der Bildung des biblischen Kanon habe ich mich beschäftigt. – Das wäre eines eigenen Themas wert. Damit beschäftigt sich die Einleitungswissenschaft.
niels hat geschrieben:Jesus kann man auch - ohne "gläubig" zu sein - betrachten - ebenso auch seine Lehren (soweit diese überhaupt authentisch erhalten sind) studieren. Angst war und ist selten ein guter Berater.
Ja irgendwie von außen begutachten, wie ein Ding. – Das ist keine Beziehung. So läuft das nicht, wenn man Jesus als Schicksal gegreift.
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Re: Papst Benedikt XVI. - Lese- und Gesprächskreis

Ungelesener Beitrag von niels »

wenn man Jesus als "Schicksaal" begreift
Hmm,
kann ich nicht nachvollziehen - aber jedem das, was ihm Freude bereitet...

Btw:
Für mich als Kind war Jesus "real" - sogar in der von der Kirche kommunizierten Form. Später - mit fortführender Beschäftigung - sah ich Jesus mehr und mehr losgelöst von den heutigen weltlichen Kirchen bis ich irgendwann für mich verstanden habe, das Jesus mir - neben seinen Lehren und seinem Einsatz für seine Überzeugung (wie auch andere Personen der Historie) nichts zu sagen hat und (leider) auch, das ein Gutteil seiner Ideen und Lehren heute wohl nur noch verklärt wie gefiltert zugänglich ist. Für mich spielt es auch keinerlei Rolle mehr, das Jesus ein exkslusiver Sohn Gottes gewesen sein soll. Geblieben sind lediglich seine (unvollständig) überlieferten Worte. Für mich ist er einer von einer Vielzahl historischer Menschen, die sich für ihre Mitmenschen einsetzten - und dafür achte ich seine Person wie ebendie anderen.
sag ich doch
Dann hast Du auch den Rest gelesen?...
Belege
Mit welcher Begründung stellte (und stellt) z.B. die katholische Kirche den Gutteil der gnostischen Schriften ins Abseits bzw. wertet diese wesentlich geringer als die von Kaiser Konstantin für "korrekt" befundenen? Ist es unrichtig, das die geistliche Führung unter Kaiser Konstantin für das "Eliminieren" ungewünschter Schriften (und das sogar recht erfolreich) einsetzte? Heute wissen wir wohl auch, das die vier "großen" Evangelien zumindest nicht von ihren jeweiligen "großen" Evangelisten verfasst oder diktiert worden sind. Schon gar nicht wortwörtlich - während man dies mir gegenüber als Tatsache bestritt, habe ich dies auch erst von Historikern erfahren dürfen.

Ich suche da auch mal ein paar aktuellere Beispiele raus...
Zeit des "großen Abfalls"
Richtig,
womit eine m.E. wesentliche Falschbehauptung der katholischen Kirche widerlegt wäre - die behauptete ja, das die "Lutheraner" keine Christen mehr seien bzw. "nicht fromm" seien... Das sah - bis auf Ausnahmen und Luthers besonders strengen Vorstellungen von "Frömmigkeit" - selbst Luther wohl so.

Zur Frömmigkeit in Luthers Zeiten gehörte ja ebenso das unbedingte Gehorsam gegenüber geistlicher wie weltlicher Obrigkeit - zumindest in diesem Punkt war jeder ein "unfrommer Christ", wer nicht bedingungslos Obrigkeiten bedingungslos unterwarf.


Aber - mich interessiert dennoch die Sichtweise der Menschen zum gestern gefeierten "Wunder". Karl Woitila war ein für viele recht wichtiger Papst und viele verbanden mit ihm die Hoffnung, das er die Kirche reformiere - vor allem dort, wo selbst frommere Gläubige inzwischen grobe Diskrepanzen sahen. Statt ihn hierfür zu würdigen (was m.E. sogar "gerechtfertigt" wäre und eine wichtige Vorbildwirkung haben könnte), dichtet man ihm ein Zauberkunststück bzw. Wunderheilung einer Nonne an. Afaik ist dies traditionell für eine "Seeligsprechung" erforderlich, aber wäre es nicht doch ehrlicher / verantwortungsvoller gewesen, die Kirchenregulariern derart zu ändern, das sie dem [angeblich] moderneren theologischen Bildern entspräche - sie zumindest auch auf weltliche Taten auszuweiten?

Man "munkelt", Ratzinger sei nie ein Freund einer Modernisierung der Kirche gewesen und steht eher für einen konservativeren - vor allem aber rückschrittlicheren - Kurs, der selbst einige wesentliche Punkte der Arbeit Johannes-Pauls lieber "ungeschehen" hätte. Für einen durchschnittlichen, modernen Menschen der Informationsgesellschaft werden damit alte Diskrepanzen und Widersprüche manifestiert, die selbst viele Katholiken wie Theologen als "überholt" betrachteten - so hat es die Kirche bis heute nicht geschafft oder überhaupt mal beherzt angefasst, den Anhängern eine "konsistente" Christen- und Kirchenlehre zu vermitteln und es scheint so als unterscheide man hier zwischen einer Theologie für die wenig gebildeten und gebildeteren Menschen - die in sich wesentliche Widersprüche bilden.

Ob der konservative Kurs der Kirche tatsächlich helfen wird, wird sich noch zeigen - inzwischen rennen ja selbst gläubigste Christen aus der katholischen Kirche über zur protestantischen - und es werden wohl seit zig Jahren sukzessive mehr und mehr. Ratzinger ist das - wie er selbst sagt - ziemlich gleich. Er wünscht sich eher eine kleine Anhängerschaft besonders konservativ geprägter Christen als eine offene Kirche für den modernen Christen. Diesen Wunsch - so mein Eindruck - werden ihm mehr und mehr Gläubige erfüllen.
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