Wie ich oben bereits darlegte, bin ich der Meinung, es hat sich niemand aus dem Judentum herausgeschlichen.
a) Die Heiden waren nie Juden.
b) Der entscheidende Punkt, Jesus war mit dem Judentum nicht völlig kompatibel. Das wäre nicht schlimm gewesen, wäre da nicht sein messianischer Anspruch gewesen.
Wenn also wirklich jemand für ein „Herausschleichen“ aus dem Judentum verantwortlich ist, dann war es der Jude Jesus. Also nach christlichem Glauben Gott selbst.
Laut Apostelgeschichte hörten die Pfingstpredigt des Petrus „Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Zyrene hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten, Juden und Proselyten, Kreter und Araber.“… „Als sie das hörten, traf es sie mitten ins Herz, und sie sagten zu Petrus und den übrigen Aposteln: Was sollen wir tun, Brüder? Petrus antwortete ihnen: Kehrt um und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung seiner Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.“ … „Die nun, die sein Wort annahmen, ließen sich taufen. An diesem Tag wurden (ihrer Gemeinschaft) etwa dreitausend Menschen hinzugefügt. Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten.“
In Jerusalem gab es zahlreiche Heiden.
Außerdem, überall wo die Botschaft von Jesus Christus in den Synagogen verkündet wurde, hörten diese auch Heiden. Dort gab es Heiden, sog. „Gottesfürchtige“, die mit dem Judentum sympathisierten.
Als Paulus ca. zwei Jahre nach Jesu Kreuzigung selbst Christ wurde, bestanden bereits christliche Gemeinden bestehend aus Juden und Heiden.
Die römische Gemeinde, an die Paulus im Frühjahr 56 seinen „Brief an die Römer“ schrieb, wurde
nicht von Paulus gegründet. Dennoch bestand die Gemeinde zu dieser Zeit bereits
mehrheitlich aus Heidenchristen.
Das Evangelium übersprang schnell die Grenzen des Judentums, auch ohne Paulus.
Doch im Gegensatz zu den einfachen Fischern war Paulus ein gebildeter Theologe, ein Schüler des berühmten
Rabban Gamaliel.
Dies befähigte Paulus die christliche Botschaft theoretisch zu durchdringen. Strittige Fragen klärte er jedoch nicht im Alleingang, sondern mit der Jerusalemer Gemeinde, den Aposteln.
Paulus schreibt selbst:
Vierzehn Jahre später ging ich wieder nach Jerusalem hinauf, zusammen mit Barnabas; ich nahm auch Titus mit. Ich ging hinauf aufgrund einer Offenbarung, legte der Gemeinde und im besonderen den «Angesehenen» das Evangelium vor, das ich unter den Heiden verkündige; ich wollte sicher sein, dass ich nicht vergeblich laufe oder gelaufen bin. Doch nicht einmal mein Begleiter Titus, der Grieche ist, wurde gezwungen, sich beschneiden zu lassen. (Gal 2,1-3)
Wen soll man also verantwortlich machen, dass die Heiden die Botschaft annahmen?
Wen soll man dafür verantwortlich machen, dass Paulus Christ wurde?
Laut Paulus ist Gott daran schuld:
Ich erkläre euch, Brüder: Das Evangelium, das ich verkündigt habe, stammt nicht von Menschen; ich habe es ja nicht von einem Menschen übernommen oder gelernt, sondern durch die Offenbarung Jesu Christi empfangen.
Ihr habt doch gehört, wie ich früher als gesetzestreuer Jude gelebt habe, und wisst, wie maßlos ich die Kirche Gottes verfolgte und zu vernichten suchte. In der Treue zum jüdischen Gesetz übertraf ich die meisten Altersgenossen in meinem Volk und mit dem größten Eifer setzte ich mich für die Überlieferungen meiner Väter ein.
Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, mir in seiner Güte seinen Sohn offenbarte, damit ich ihn unter den Heiden verkündige, da zog ich keinen Menschen zu Rate; ich ging auch nicht sogleich nach Jerusalem hinauf zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern zog nach Arabien und kehrte dann wieder nach Damaskus zurück.
Drei Jahre später ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennen zu lernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm. (Gal 1,11-18)
Paulus schreibt hier auch, dass er die Christen wegen des jüdischen Gesetzes verfolgte. Ebenso äußert sich Paulus im Brief an die Philipper:
Ich wurde am achten Tag beschnitten, bin aus dem Volk Israel, vom Stamm Benjamin, ein Hebräer von Hebräern, lebte als Pharisäer nach dem Gesetz, verfolgte voll Eifer die Kirche und war untadelig in der Gerechtigkeit, wie sie das Gesetz vorschreibt. Doch was mir damals ein Gewinn war, das habe ich um Christi Willen als Verlust erkannt.
Ja noch mehr: ich sehe alles als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles übertrifft. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen
und in ihm zu sein. Nicht meine eigene Gerechtigkeit suche ich, die aus dem Gesetz hervorgeht, sondern jene, die durch den Glauben an Christus kommt, die Gerechtigkeit, die Gott aufgrund des Glaubens schenkt. Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinen Leiden; sein Tod soll mich prägen. So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen. (Phil 3,7-11)
Für Paulus war es eine Entscheidung zwischen dem Gesetz und Christus.
Ebenso müssen sich Christen auch heute entscheiden.
Wer jedoch meint, das Gesetz ist wichtig und sollte genau beachtet werden, der sollte besser Jude werden. Denn Gott durch das Gesetz dienen, dass können die Juden sehr viel besser als jede beliebige christliche Gruppierung.