Ungläubiges Staunen : Über das Christentum
2015. 303 S.: mit 49 farbigen Abbildungen. Gebunden
ISBN 978-3-406-68337-4

Als ich dieses Buch von Navid Kermani erstmalig zur Hand nahm, dachte ich spontan: Einfach schön! Das Buch werde ich ganz bestimmt lesen.
Der Beck Verlag fragt:
Und antwortet u.a.:Was geschieht, wenn einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller, der selbst ein Muslim ist, sich in die christliche Bildwelt versenkt?
Auf Seite 169 schreibt Navid Kermani:Es ist ein Wagnis: Offenen Herzens, mit einer geradezu kindlichen Neugier steht Navid Kermani vor den großen und vor unbekannten Werken der christlichen Kunst. Und es wird zum Geschenk: Denn seine berückend geschriebenen Meditationen geben dem Christentum den Schrecken und die Schönheit zurück. Kermani hadert mit dem Kreuz, verliebt sich in den Blick der Maria, erlebt die orthodoxe Messe und ermisst die Größe des heiligen Franziskus. Er lehrt uns, in den Bildern alter Meister wie Botticelli, Caravaggio oder Rembrandt auch die Fragen unserer heutigen Existenz zu erkennen – mit klarem Blick für die wesentlichen Details und die untergründigen Bezüge auch zu entfernt scheinenden Welten, zur deutschen Literatur, zum mystischen Islam und selbst zur modernen Heilgymnastik. Seine poetische Schule des Sehens macht süchtig: süchtig nach diesem speziellen Blick auf das Christentum und sehnsüchtig danach, selbst so sehen zu können. http://www.chbeck.de/Kermani-Unglaeubig ... t=14946891
Kermani erinnert in diesem Kapitel an den Jesuiten Paolo Dall’Oglio.Wenn ich etwas am Christentum bewundere, oder vielleicht sollte ich sagen: an den Christen, deren Glaube mich mehr als nur überzeugte, nämlich bezwang, aller Einwände beraubte, wenn ich nur einen Aspekt, eine Eigenschaft zum Vorbild nehme, zur Leitschnur auch für mich, dann ist es nicht etwa die geliebte Kunst, nicht die Zivilisation mitsamt der Musik und Architektur, nicht dieser oder jener Ritus, so reich er auch sein mag. Es ist die spezifisch christliche Liebe, insofern sie sich nicht nur auf den Nächsten bezieht. In anderen Religionen wird ebenfalls geliebt, es wird zur Barmherzigkeit, zur Nachsicht, zur Mildtätigkeit angehalten. Aber die Liebe, die ich bei vielen Christen und am häufigsten bei jenen wahrnehme, die ihr Leben Jesus verschrieben haben, den Mönchen und Nonnen, geht über das Maß hinaus, auf das ein Mensch auch ohne Gott kommen könnte: Ihre Liebe macht keinen Unterschied.
Paolo Dall’Oglio geboren am 17. November 1954 in Rom.
Ausweisung aus Syrien 2012 durch das Assad-Regime.
Entführung im Juli 2013 durch den Islamischen Staat.
Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Paolo_Dall%E2%80%99Oglio
In seiner Rede zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erinnert Kermani an Pater Jacques, der 2015 vom islamischen Staat entführt wurde und an Paolo Dall’Oglio:
Hier ist die sehr bewegende Rede zum Anhören:Als ich Pater Jacques 2012 besuchte, war der Gründer der Gemeinschaft, der italienische Jesuit Paolo Dall’Oglio, kurz zuvor des Landes verwiesen worden. Zu laut hatte Pater Paolo die Regierung Assad kritisiert, die den Ruf des syrischen Volkes nach Freiheit und Demokratie, der neun Monate lang friedlich geblieben war, mit Verhaftungen und Folter beantwortete, mit Knüppeln und Sturmgewehren und schließlich auch mit ungeheuren Massakern und sogar Giftgas, bis das Land schließlich im Bürgerkrieg versank. Aber Pater Paolo hatte sich auch gegen die Führung der syrischen Amtskirchen gestellt, die zu der Gewalt der Regierung schwiegen. Vergeblich hatte er in Europa um Unterstützung für die syrische Demokratiebewegung geworben, vergeblich die Vereinten Nationen aufgefordert, eine Flugverbotszone einzurichten oder wenigstens Beobachter zu schicken. Vergeblich hatte er vor einem Krieg der Konfessionen gewarnt, wenn die säkularen und gemäßigten Gruppen im Stich gelassen und aus dem Ausland ausschließlich die Dschihadisten unterstützt würden. Vergeblich hatte er die Mauer unserer Apathie zu durchbrechen versucht. Im Sommer 2013 kehrte der Gründer der Gemeinschaft von Mar Musa noch einmal heimlich nach Syrien zurück, um sich für einige muslimische Freunde einzusetzen, die in den Händen des „Islamischen Staats“ waren, und wurde selbst vom „Islamischen Staat“ entführt. Seit dem 28. Juli 2013 fehlt von Pater Paolo Dall’Oglio jede Spur. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/d ... 63150.html
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/ ... gende-Rede
Wie bereits zitiert, Kermani schreibt:
Damit beschreibt der Muslim Kermani das Wesentliche der Nachfolge Jesu im Christentum.Aber die Liebe, die ich bei vielen Christen und am häufigsten bei jenen wahrnehme, die ihr Leben Jesus verschrieben haben, den Mönchen und Nonnen, geht über das Maß hinaus, auf das ein Mensch auch ohne Gott kommen könnte: Ihre Liebe macht keinen Unterschied.
Ob’s denen, die sich Christen nennen und dennoch Pegida, AfD … nachlaufen auch klar ist. Ich bezweifle das.