Vater unser

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emery
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Vater unser

Ungelesener Beitrag von emery »

Überraschend hat mich die Redaktion von Christ in der Gegenwart persönlich angeschrieben und um meine Meinung gebeten. Ich weiss jetzt nicht, wie ich in deren Datenbank geraten bin. Vermutlich hatte ich vor Jahren einmal ein Buch beim Herder-Verlag bestellt. Man durfte in dem Frageformular nicht nur ankreuzen, sondern sogar kommentieren! Hier sind meine Antworten:

1. Vater unser im Himmel
Darf Gott auch in Zeiten der Gleichberechtigung als "Vater" angesprochen werden?
[X] Ja, dem stimme ich zu
Kommentar: Gott ist persönlich. Weil, siehe Feuerbach. Man kann ihm daher nicht das Geschlecht absprechen.

2. Geheiligt werde dein Name.
Ist das Wort "geheiligt" heute noch verständlich?
[X] Ja
Kommentar: Zumindest für Menschen mit einem Wortschatz > 12,000.

3. Dein Reich komme.
Christen sollten das Reich Gottes nicht nur in einer fernen Zukunft erwarten, sondern für seine Verwirklichung im Diesseits arbeiten.
[X] Nein
Kommentar: Kommt drauf an. Wer es nicht für eine Dystopie hält, kann "Ja" ankreuzen.

4. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Ich glaube fest daran, dass Gott die Geschicke der Welt mitlenkt.
[X] Nein, dem stimme ich nicht zu
Kommentar: Schonmal den Begriff Theodizee gehört?

5. Unser tägliches Brot gib uns heute.
Unter dem "täglichen Brot" verstehe ich mehr als nur meine Nahrung. "Brot" ist hier ein Symbol für Gottes Zuwendung und Gnade.
[X] Ja, dem stimme ich zu.
Kommentar: Die Bibel wimmelt von Metaphern. Warum sollte das hier anders sein? Hasenbrot.

6. Und vergib uns unsere Schuld.
Die kirchliche Rede von Schuld ist durch den sexuellen und geistigen Missbrauch durch Kleriker unglaubwürdig geworden.
[X] Nein, dem stimme ich nicht zu
Kommentar: Sie ist von Anfang an unglaubwürdig, beginnend mit Gen 3, 7.

7. Wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Barmherzigkeit und Vergebung setzen die Reue des Schuldiggewordenen voraus.
[X] Nein, dem stimme ich nicht zu.
Kommentar: Man sollte das elende Konzept Schuld ganz aufgeben. Statt dessen: Compassion.

8. Und führe uns nicht in Versuchung.
Der gute Gott kann doch nicht in Versuchung führen.
[X] Nein, dem stimme ich nicht zu.
Kommentar: Siehe oben, Theodizee.

9. Sondern erlöse uns von dem Bösen.
Das Böse als personale Macht, manchmal "Teufel"“ genannt, ist dem heutigen Denken fremd geworden.
[X] Nein, dem stimme ich nicht zu.
Kommentar: Es war und ist Teil der Lebenserfahrung. Die Manichäer, Bogumilen und Katharer waren wenigstens ehrlich.

10. Wie in Italien und Frankreich wäre es auch in Deutschland an der Zeit, die Übersetzung des Vaterunser-Gebets zu überarbeiten.
[X] Keine Meinung.
Kommentar: Ist das Schiff des Theseus noch dasselbe?

Beim Abschicken des Formulars folgen ein paar Tricks des Herder-Verlags, möglichst viel Umsatz zu machen. Ich bekomme den Eindruck, dass die Redaktion von Christ in der Gegenwart mehr an meinem Geldbeutel als an meiner Meinung interessiert ist. Hihi.
Christel
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Re: Vater unser

Ungelesener Beitrag von Christel »

emery hat geschrieben: Freitag 6. Dezember 2019, 03:04 Beim Abschicken des Formulars folgen ein paar Tricks des Herder-Verlags, möglichst viel Umsatz zu machen. Ich bekomme den Eindruck, dass die Redaktion von Christ in der Gegenwart mehr an meinem Geldbeutel als an meiner Meinung interessiert ist. Hihi.
Ich auch! Deshalb ignoriere ich Umfragen, die mit Abo’s … verbunden sind.

Emery, eine gute Idee eine solche Umfrage mal hier zur Diskussion zu stellen! :)
Dem „Vater unser“ stimme ich zu!

Ein Problem habe ich, mit den Fragen (Kommentaren), die von „Christ in der Gegenwart“ zum „Vater unser“ gestellt wurden. Sie interpretieren das "Vater unser" in einer Weise, der ich nicht zustimmen kann.

Worauf hast Du geantwortet, emery? Galten Deine Antworten, den Fragen oder dem „Vater unser“?
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emery
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Re: Vater unser

Ungelesener Beitrag von emery »

Christel hat geschrieben: Samstag 7. Dezember 2019, 22:37 Worauf hast Du geantwortet, emery? Galten Deine Antworten, den Fragen oder dem „Vater unser“?
Nun ja, das kommt, wie immer, drauf an ...

Soll ich auf deine Frage antworten oder auf die darin enthaltene Annahme? ^^
Christel
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Re: Vater unser

Ungelesener Beitrag von Christel »

Welche Annahme?

Ich hatte begonnen den Fragebogen auszufüllen. Das fiel mir zunehmend schwer, wegen des Unterschieds zwischen dem, was im „Vater unser“ steht und wie ich das Gebet verstehe, und der Fragestellung von „Christ in der Gegenwart“.

Aber, vielleicht hast Du da gar keine Diskrepanz gesehen und einfach die Fragen beantwortet.

Sorry, ich mach es kompliziert.
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emery
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Re: Vater unser

Ungelesener Beitrag von emery »

Christel hat geschrieben: Sonntag 8. Dezember 2019, 20:12 Welche Annahme?
Die Annahme, dass die Fragen von Christ in der Gegenwart das Wesen des Vater-unsers verfehlen.
Christel hat geschrieben: Ich hatte begonnen den Fragebogen auszufüllen. Das fiel mir zunehmend schwer, wegen des Unterschieds zwischen dem, was im „Vater unser“ steht und wie ich das Gebet verstehe, und der Fragestellung von „Christ in der Gegenwart“.
Naja, was im Vater-unser steht, hängt ja davon ab, wie du das Gebet verstehst. Es sei denn, es gibt eine allgemeinverbindliche Anleitung, wie man das Gebet zu verstehen hat. :)
Christel hat geschrieben: Aber, vielleicht hast Du da gar keine Diskrepanz gesehen und einfach die Fragen beantwortet.
Ich habe die Dissonanz zwischen den Fragen und meiner emotionalen Reaktion auf das Gebet gesehen. Das hat mich zu den Kommentaren motiviert. Hihi.

In der Frage, die durch das Schiff des Theseus als Beispiel (Gleichnis, wenn du willst) erläutert wird, kann man unterschiedliche Positionen beziehen. Die meisten Positionen werden auf ein Spektrum zwischen folgenden Extremen fallen:

1. Das Schiff sieht genau so aus und verhält sich genauso wie vorher. Also ist es dasselbe. Das könnte man Funktionalismus nennen.

2. Das andere Extrem ist eine Konglomerat aus idealistischen, materialistischen und animistischen Komponenten. Das Schiff hat ein Wesen. Wenn man nur genug Substanz das Schiffes ausstauscht, bricht das Wesen des Schiffes zusammen und es ist auf einmal etwas ganz anderes.

So. Und jetzt setze Schiff gleich Kirche. Oder Schiff gleich Vater-unser. Wie du reagierst, hängt dann davon ab, welche Position du zu dem Schiff-Gleichnis einnimmst.
Christel hat geschrieben: Sorry, ich mach es kompliziert.
"It pays to be obvious, especially if you have a reputation for subtlety." (Isaac Asimov) ^^
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Re: Vater unser

Ungelesener Beitrag von Christel »

emery, ich habe Dich so verstanden, dass Du für ein subjektives Verständnis plädierst.
So soll’s bei solchen Umfragen auch sein. Daraus werden dann soziologische Schlüsse gezogen.
So funktioniert auch Bibelteilen: Ein Bibeltext wird gelesen… Jeder sagt etwas … alle haben Recht. Es wird nicht diskutiert. Es ist nett und inspirierend. -> Naja, mehr oder weniger nur nett.
emery hat geschrieben: Montag 9. Dezember 2019, 20:26Es sei denn, es gibt eine allgemeinverbindliche Anleitung, wie man das Gebet zu verstehen hat. :)
Gewissermaßen gibt’s die schon:
Das Gebet steht in den Evangelien zum Teil bei Lukas 11,2-4, auch Markus 11, 25 kann man heranziehen, ausführlich steht es bei Matthäus 6,9-13.

Damit ist ein Kontext vorgegeben durch
- die Bibel, genauer die Evangelien, in die der Text eingebettet ist (was steht vorher, was nachher)
- Entstehungszeit (1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung)
- Kultur
- Religionen (Judentum, Christentum, Kirche, Theologie)
- Sprache (Übersetzung)
- durch Jesus
Jetzt bin ich nicht mehr bei mir, auch nicht bei der Kirche, sondern bei Jesus und seinem Verständnis. Will ich das "Vater unser" verstehen, muss ich dort anknüpfen.

Das Gebet ist gewissermaßen ein Geschenk Jesu an seine Jünger und damit letztlich auch an die heutigen Christen.

1. Vater unser im Himmel

Darf Gott auch in Zeiten der Gleichberechtigung als "Vater" angesprochen werden?
[X] Ja, dem stimme ich zu
Kommentar: „Vater“ drückt kein Geschlecht, sondern eine Beziehung aus. Es ist die persönliche Beziehung Jesu zu Gott. Eine Beziehung, die Jesus seinen Jüngern angeboten/vermacht hat. Weshalb sollte im Namen der Gleichberechtigung verboten werden, Jesu Verständnis „buchstäblich“ zu übernehmen?
Jesu Verständnis vom Vater zeigt u.a. das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Rembrandt hat es in einem Bild festgehalten:
Auffallend die Verschiedenheit der Hände, weiblich mit eleganten Fingern und männlich mit abgearbeiteter Haut. Die nach vorne gehobenen Arme sind fast ganz vom Oberkörper verdeckt. Mehr Infos: https://www.kunst-meditation.it/p-bis-z ... ener-sohn/
Gott ist „Vater“ und „Mutter“, beides sind Metaphern

2. Geheiligt werde dein Name.
Ist das Wort "geheiligt" heute noch verständlich?
[X] Ja
Kommentar: Stimme emery zu

3. Dein Reich komme.
4. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Das sind zuallererst Bitten an Gott. Beides gehört zusammen. Das „Reich Gottes“ ist die „Gottesherrschaft“, das „Reich der Himmel“. – Wie das Jesus versteht, siehe Evangelien.

Christen sollten das Reich Gottes nicht nur in einer fernen Zukunft erwarten, sondern für seine Verwirklichung im Diesseits arbeiten.
[X] JA

Ich glaube fest daran, dass Gott die Geschicke der Welt mitlenkt.
[X] JA
Ansonsten wäre die Bitte sinnlos.
Aber, Menschen habe schon viel Unheil angerichtet im Bestreben das „Reich Gottes“ selbst zu errichten und das Theodizee-Problem kann ich nachvollziehen.

Das „Reich Gottes“ in Vollendung, das „Himmelreich“ gibt es nicht in dieser Welt.

5. Unser tägliches Brot gib uns heute.
Unter dem "täglichen Brot" verstehe ich mehr als nur meine Nahrung. "Brot" ist hier ein Symbol für Gottes Zuwendung und Gnade.
[X] Ja, dem stimme ich zu.
Kommentar: Wozu der Hinweis? Ist das „täglich Brot“ so selbstverständlich?

6. Und vergib uns unsere Schuld.
7. Wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Beides gehört untrennbar zusammen. – Man kann nicht Gott um Vergebung für sich selbst bitten, ohne selbst seinen Mitmenschen zu vergeben. – Das hat auch mit dem Himmelreich zu tun. Wie soll das sonst funktionieren? Wir bekommen dort keine Einzelzellen.

Die folgenden Kommentare von Christ in der Gegenwart haben nichts mit dem „Vater unser“ zu tun:
Die kirchliche Rede von Schuld ist durch den sexuellen und geistigen Missbrauch durch Kleriker unglaubwürdig geworden.
[X] Nein, dem stimme ich nicht zu
Es gibt keine Gemeinschaft der „Reinen und Wahren“. Legt man diesen Maßstab an, dürfte niemand von Schuld sprechen.

Barmherzigkeit und Vergebung setzen die Reue des Schuldiggewordenen voraus.
[X] Nein, dem stimme ich nicht zu.
Aber, Versöhnung ist mitunter ohne Reue des Schuldiggewordenen unmöglich. - Barmherzigkeit und Vergebung hat jedoch nichts mit dem Verhalten des anderen zu tun.

8. Und führe uns nicht in Versuchung.
Der gute Gott kann doch nicht in Versuchung führen.
[X] Nein, dem stimme ich nicht zu.
Kommentar: Das haben wir hier im Forum schon diskutiert. – Schwierig!

9. Sondern erlöse uns von dem Bösen.
Das Böse als personale Macht, manchmal "Teufel"“ genannt, ist dem heutigen Denken fremd geworden.
[X] Ja, dem stimme ich zu.
Man muss nicht buchstäblich an einen Teufel glauben, um um die „Macht des Bösen“, die Geisteskraft der Versuchungen… zu wissen.

Aber, wozu der Hinweis? Wozu die Frage?
Im „Vater unser“ steht nicht „Teufel“. Ich habe im altgriechischen Text nachgelesen!
Übrigens, bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil beteten Katholiken „erlöse uns von dem Übel“.
Vergleiche: https://de.wikipedia.org/wiki/Vaterunser

PS: Fragen zu einem Text sind immer auch Interpretationen. Manchmal führen diese vom eigentlichen Text und seinem Anliegen weg.
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Re: Vater unser

Ungelesener Beitrag von emery »

Christel hat geschrieben: Mittwoch 11. Dezember 2019, 22:34 emery, ich habe Dich so verstanden, dass Du für ein subjektives Verständnis plädierst.
Mhm, jein. Subjektiv und objektiv sind Kategorien, deren Abgrenzung, wie im abendländischen Denken üblich, die Wirklichkkeit verfehlt. Ich persönlich neige dazu das Subjekt zu betonen und beobachte mich schmunzelnd dabei.
Christel hat geschrieben: Jetzt bin ich nicht mehr bei mir, auch nicht bei der Kirche, sondern bei Jesus und seinem Verständnis. Will ich das "Vater unser" verstehen, muss ich dort anknüpfen.
Musst du?
Christel hat geschrieben: Das hat auch mit dem Himmelreich zu tun. Wie soll das sonst funktionieren? Wir bekommen dort keine Einzelzellen.
^^
Christel hat geschrieben: PS: Fragen zu einem Text sind immer auch Interpretationen. Manchmal führen diese vom eigentlichen Text und seinem Anliegen weg.
Nun ja. Was war nochmal der eigentlich Text und sein Anliegen? Wie kann etwas, das kein Subjekt ist, ein Anliegen haben?
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Re: Vater unser

Ungelesener Beitrag von Christel »

emery hat geschrieben: Samstag 14. Dezember 2019, 22:24 Nun ja. Was war nochmal der eigentlich Text und sein Anliegen? Wie kann etwas, das kein Subjekt ist, ein Anliegen haben?
Ein gesprochenes Wort ist auch kein Subjekt…
Texte sind Mittel der Kommunikation…

Emery, Du wirkst gebildet.
Ich glaube nicht, dass ich Dir das kleine Einmaleins der Textanalyse erläutern muss.
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Re: Vater unser

Ungelesener Beitrag von emery »

Christel hat geschrieben: Sonntag 15. Dezember 2019, 22:32 Ich glaube nicht, dass ich Dir das kleine Einmaleins der Textanalyse erläutern muss.
Ich hatte einen Deutschlehrer, der versucht hat, uns verständlich zu machen, wie beschränkt die Frage "Was will der Autor uns damit sagen?" ist.

Aber meine Frage steht noch und blieb unbeantwortet: Was ist das eigentliche Anliegen des Vater-unsers? Wer hat es ihm gegeben? Und was ist daran objektiv?
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Re: Vater unser

Ungelesener Beitrag von Christel »

Nichts bleibt unbeantwortet. Es steht bereits in meinem Beitrag vom 11.12.19

Aber wenn Du der Meinung bist, wie Dein Deutschlehrer, ein Autor oder Sprecher verfolgt keine Absicht und man kann / sollte in einen Text beliebig etwa hinein lesen, ja dann mach das so.

Ich habe für mich einen anderen Weg gewählt.
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Re: Vater unser

Ungelesener Beitrag von emery »

*seufzt traurig*
Christel hat geschrieben: Montag 23. Dezember 2019, 12:06 Aber wenn Du der Meinung bist, wie Dein Deutschlehrer, ein Autor oder Sprecher verfolgt keine Absicht und man kann / sollte in einen Text beliebig etwa hinein lesen, ja dann mach das so.
Die Autorin des hier analysierten Textes kommt unter Berücksichtigung des Kontexts zu einer anderen Deutung ihrer dort ausgedrückten Meinung.
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Re: Vater unser

Ungelesener Beitrag von Christel »

Ich hatte geschrieben:
Christel hat geschrieben: Mittwoch 11. Dezember 2019, 22:34 Jetzt bin ich nicht mehr bei mir, auch nicht bei der Kirche, sondern bei Jesus und seinem Verständnis. Will ich das "Vater unser" verstehen, muss ich dort anknüpfen.
Das Gebet ist gewissermaßen ein Geschenk Jesu an seine Jünger und damit letztlich auch an die heutigen Christen.
Inzwischen habe ich „Das Geheimnis des Galiläers“ von Gerhard Lohfink gelesen. Das Thema dieses Buches ist zwar nicht das Vaterunser, aber es wird darin mehrfach erwähnt.

Gerhard Lohfink macht darauf aufmerksam, dass nicht nur der „Sender“ (Jesus), sondern auch die ursprünglichen Adressaten wichtig sind. Er schreibt ebenda auf Seite 166 oben: „Der Text richtet sich vielmehr an die kleine Schar der Jünger, die mit Jesus auf unsteter Wanderung durch Israel ziehen.“

Diese Jünger wussten nicht, ob und wo sie abends unterkommen würden und ob sie etwas zu essen haben würden. Mit der Bitte „Unser tägliches Brot gib uns heute“ formuliert Jesus folglich ein konkretes Anliegen. Es war von ihm nicht als Sinnbild, nicht als Metapher gedacht.

Weiterhin erinnert Gerhard Lohfink daran, dass zwar im Vaterunser, um das Kommen des „Reich Gottes“ gebeten wird, aber dennoch Jesus verkündet „Das Reich Gottes kommt nicht mit Beobachtung. Man kann nicht sagen: Seht, hier! oder: [Seht] dort! Denn seht: Das Reich Gottes ist [schon] mitten unter euch. (Lohfink Seite 136; vergleiche Lukas 17,20f.)

Weshalb kann man das Kommen des Reiches Gottes nicht beobachten? Weil es nicht erst kommt, sondern schon da, also gegenwärtig ist, uns bereits „zur Verfügung steht“. - (Gerhard Lohfink folgt dabei nicht, der öfter wiederholten These „das Reich Gottes ist in Euch“.)

Damit trifft es „Christ in der Gegenwart“ exakt richtig mit der Frage:
emery hat geschrieben: Freitag 6. Dezember 2019, 03:04 3. Dein Reich komme.
Christen sollten das Reich Gottes nicht nur in einer fernen Zukunft erwarten, sondern für seine Verwirklichung im Diesseits arbeiten.
[X] Nein
Kommentar: Kommt drauf an. Wer es nicht für eine Dystopie hält, kann "Ja" ankreuzen.
Daher muss hier „Ja“ stehen, unbedingt „Ja“.

Emery, ich weiß nicht, ob Du Dich als Christ verstehst. – Ich mache darauf aufmerksam, die Frage lautet nicht, muss sich jeder oder muss emery „für seine Verwirklichung im Diesseits arbeiten“, sondern müssen es Christen tun. Und hier lautet die Antwort unbedingt und ganz klar JA.

Mit „Dyspotie“ hat das nichts zu tun, sondern eher mit dem Gegenteil.
„Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; 4und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ Offenbarung 21

"So bleibt es dabei: Das Reich Gottes ist schon gegenwärtig – und zugleich steht es noch aus. Die dramatische Geschichte des Kommens der Gottesherrschaft in der Welt ist noch nicht vollendet„ (Gerhard Lohfink, Das Geheimnis des Galiläers, Seite 141).
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Vater unser

Ungelesener Beitrag von emery »

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