Christentum schlechthin

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Christel
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Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

Lohnt sich das?
Um dies zu entscheiden benötigen wir Hinweise. Wir haben nicht die Zeit alles selbst tiefgründig zu erforschen, selbst auszuprobieren oder auch nur Zeit, um lange Texte zu lesen und dann zu entscheiden, ob es sich gelohnt hat. – Daher treffen wir beständig Vorentscheidungen aufgrund von Hinweisen.
Der eigentliche Verstehensprozess besteht dann aus
1. der Bildung von Vorurteilen (d. h. Vorwegnahmen oder Vorannahmen), in denen Vermutungen über den Sinn eines Textes (oder eines Textabschnittes) vorausgeworfen werden https://de.wikipedia.org/wiki/Hermeneutischer_Zirkel
Aufgrund des Titels „Pardon, ich bin Christ. Meine Argumente für den Glauben“ entschied ich mich vor Jahren für dieses Buch von C.S. Lewis. (ISBN 978-3-7655-3150-7, 2009) - Und ich las es genau unter diesem Blickwinkel!
Als ich dieses Buch nun erneut zur Hand nahm, hatte ich ein Aha-Erlebnis!
Mir wurde klar, dass man das Buch unter dem Fokus "Christentum schlechthin" anders lesen und verstehen kann.

Hätte ich das Buch auch gewählt, wenn es „Christentum schlechthin“ („Mere Christianity“) geheißen hätte? Ich weiß es nicht.

Heute weiß ich, es lohnt sich dieses Buch unter diesem anderen Fokus zu betrachten. Erst jetzt entdeckte ich die Nähe zum Brief des Apostels Paulus an die Römer… -
Doch zuerst erläutert C.S. Lewis sein Anliegen. Er will beschreiben, was Christen konfessionsübergreifend gemeinsam ist. Er konzentriert sich damit auf das Wesentliche des Christseins.

Was bedeutet das Wort „Christ“?

Hier beruft er sich auf Apostelgeschichte 11,26., wonach die Bezeichnung „Christen“ „als erstes in Antiochia gebaucht“ wurde „für ‚die Jünger‘, die die Lehre der Apostel annahmen.“

Es geht ihm „lediglich darum, ein Wort so zu gebrauchen, daß alle verstehen, was gemeint ist.“ (Seite15) Deshalb wendet er sich sowohl gegen eine Ausweitung / Vergeistigung / Verfeinerung, als auch gegen eine Verengung des Begriffes. Seine einleuchtende Begründung lautet, dass anderenfalls der Begriff „Christ“ unbrauchbar wird.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

„1. Das Gesetz der menschlichen Natur“ C.S. Lewis Seite 17 ff. …
Naturrecht (lateinisch ius naturae, aus ius ‚Recht‘ und natura ‚Natur‘; auch lateinisch ius naturale, natürliches Recht; seltener überpositives Recht) ist in der Rechtsphilosophie die Bezeichnung für ein universell gültiges Ordnungsprinzip, dessen Grundannahme die Idee bezeichnet, dass aus der Natur des Menschen die Normen des menschlichen Zusammenlebens zu begründen sind. Naturrecht ist nicht naturethisch als „Recht der Natur“ zu verstehen, denn im Mittelpunkt steht der Werte bildende Mensch mit seinen Naturanlagen. https://de.wikipedia.org/wiki/Naturrecht
Bei C. S. Lewis klingt das nicht so abstrakt. Er erläutert anhand praktischer Beispiele, geht auf Einwände und Missverständnisse ein. – Ja, er sieht es etwas anders.

In der obigen Definition steht u.a. „im Mittelpunkt steht der Werte bildende Mensch“. Manchmal wird auch von christlichen Werten gesprochen oder von Kirche als Wertegemeinschaft. – Ja und wenn da jemand gegen „unsere“ Werte verstößt, vielleicht sogar ein Bischof, dann entrüsten „wir“ uns.

Dann gibt es noch Sündenkataloge, Beichtspiegel…
Dies hier finde ich interessant: https://www.ojc.de/salzkorn/2009/suende ... hn-gebote/
Dort sind die in Stein gehauenen Zehn Gebote abgebildet. – Das jüdische Gesetz von dem Paulus im Brief an die Römer spricht, wenn auch die Tora umfassender ist. Unter dem Link ist zu lesen „Sorge für die eigene Seele“.

Ja, wenn man nur auf sich selbst schaut, kommt man ganz prima damit zurecht.
Ich habe mit all dem ein Problem. Eine Beispielgeschichte:
Freiheit, Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung sind hohe Werte. Es ist heute bei uns quasi selbstverständlich, dass Eltern dies ihren Kindern ermöglichen. Wenn allerdings ein Sohn, um dies zu tun, seinen Erbteil einfordert, obwohl die Eltern noch leben, dann finden wir das auch etwas übertrieben. Die „Freiheit, Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung“ des einen Sohnes fordern Verzicht von anderen. Wäre da nicht noch ein zweiter Sohn, der bleibt, dann ständen die Eltern mittellos da. – Es ist schon nicht so einfach mit den Werten.

Der Sohn scheitert. Als er völlig mittellos nicht mehr weiter weiß, kehrt er nach Hause zurück. Er überlegt, was er sagen könnte. Er rechtfertigt sich nicht mit den Werten, er zählt auch keine Sünden auf, wie Geld verspielt, zu wenig gearbeitet…, er erklärt es auch nicht als Pech.
Als er nach Hause kommt, sieht er nicht mehr auf sich selbst, sondern auf die anderen. Er sagt: „Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt“ LK 15,21 – Auch kleine Kinder argumentieren nicht im Werten. Eher protestieren sie so: „Das ist voll unfair!“

C.S. Lewis beschreibt seine Beobachtung, wenn Menschen streiten und resümiert: „Es scheint, als wüssten beide Seiten um eine Art Gesetz oder Regel von Fair play, von anständigem Benehmen oder Sittlichkeit oder wie man es nennen will, über die sie sich einig sind.“

Paulus beschreibt das so:
„Denn wenn Heiden, die das Gesetz nicht haben, von Natur aus das tun, was im Gesetz gefordert ist, so sind sie, die das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz. Sie zeigen damit, dass ihnen die Forderung des Gesetzes ins Herz geschrieben ist“ Römer 2,14f.

Demnach haben alle Menschen unabhängig von Herkunft, Rasse, Religion, Erziehung ein Gefühl für „richtiges Verhalten“, selbst dann, wenn sie sich selbst nicht danach richten. Er gibt so eine Art „Weltethos“. So ergeben auch „goldene Regeln“ ihren Sinn wie „Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen!“ - Niemand möchte beklaut werden, auch Diebe nicht.

Das ist der Ausgangspunkt.

Vielleicht sind auch so die Worte von Thomas von Aquin zu verstehen: „Gratia supponit naturam“ = „Die Gnade setzt die Natur voraus“.
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

Bevor ich mit dem „Gesetz der menschlichen Natur“ fortfahre, ein paar Worte zum „Römerbrief“.

Es ist ein sehr bekannter Brief des Apostels Paulus. Hier im Forum haben wir auch bereits über den Römerbrief gesprochen. – Und dennoch bin ich der Auffassung, dass dieser Brief, weithin unbekannt ist.

Der Brief ist unbekannt, da er sehr lang ist und es ist nicht ganz einfach sich dort hindurch zu arbeiten. Außerdem ist es nicht unüblich lediglich einzelne Abschnitte zu lesen, im Gottesdienst sowieso.

Doch gerade in diesem Brief wird erst verständlich, worauf Paulus in den einzelnen Textabschnitten hinaus will, wenn man den Brief als Ganzes betrachtet. – Es ist wie bei einer Komposition, einem Konzert, hört man immer nur einige kurze Ausschnitte, dann hört und versteht man niemals das ganze Musikstück.

Paulus schrieb diesen Brief wahrscheinlich im Frühjahr des Jahres 56 in Korinth. Paulus hatte die Gemeinde in Rom nicht gegründet. Er erfuhr wahrscheinlich sechs Jahre zuvor durch das Ehepaar Prizilla und Aquilla von dieser Gemeinde (vgl. Apg. 18,2).
Da Paulus die meisten Christen in Rom nicht kannte, will er sich und sein Verständnis vom Christentum diesen Menschen vorstellen. – Man könnte auch sagen, Paulus schreibt circa 26 Jahre nach Jesu Kreuzigung über das „Christentum schlechthin“.

PS:
Will man wissen, wie das Christentum in dieser Anfangszeit war, dann sind auch Grußformeln wichtig. Paulus vertraute diesen Brief einer Frau an, der Diakonin Phoibe. Die Gemeinde von Rom soll ihr in jeder Sache beistehen, „in der sie euch braucht“, so Paulus. Paulus grüßt auch die herausausragende Apostelin Junia, die sich schon vor Paulus zu Christus bekannt hatte. (In der neuen Einheitsübersetzung ist aus Junias, endlich wieder dass, was sie wirklich war, die Apostelin Junia geworden.)

Zurecht gibt es daher innerhalb der Katholischen Kirche die Aktion „Maria 2.0“ : https://www.mariazweipunktnull.de/, https://www.mariazweipunktnull-medien.de/
Und innerhalb der Neuapostolischen Kirche die Bewegung „Junia heute“: https://www.juniaheute.de/ueber-uns/
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

Gesetz der menschlichen Natur

Sowohl C.S. Lewis als auch Paulus im Römerbrief gehen davon aus, dass es ein „Gesetz“ gibt, welches den Menschen von Natur aus zu eigen ist. Das wir quasi in uns selbst tragen. Ihre Ausführungen dazu sind jedoch unterschiedlich. Ich denke, dies hat hauptsächlich mit den unterschiedlichen Adressaten zu tun an die sie sich wenden.

Paulus ist bekannt als großer Missionar der Heiden. Doch genau genommen waren diese Heiden in der Regel, Menschen, die dem Judentum nahe standen, sogenannte „Gottesfürchtige“. Paulus fand sie im Umfeld der Synagogen. Auch Paulus predigte in den Synagogen.

Obgleich unabhängig von Paulus, auch die Christengemeinde von Rom hatte ihren Ursprung in der dortigen Synagoge. Dies wird durch das Claudiusedikt aus dem Jahr 49 belegt: „Die Juden vertrieb er aus Rom, weil sie, von Chrestus aufgehetzt, fortwährend Unruhe stifteten.“ (Vergleiche: https://www.uni-siegen.de/phil/kaththeo ... .html?lang)

Juden verkündeten den Juden Jesus als den gekreuzigten und auferstandenen Christus. Was hat das für Konsequenzen für Heiden, die davon angezogen werden? Muss man Jude werden, um Christ zu sein? Oder ist die Nachfolge Jesu ein ganz neuer Weg, um sich den Gott Israels zu nahen? Diese Fragen standen logischer Weise im Brennpunkt. - Hier setzt Paulus an und erläutert. Dabei stellt er das „das „Gesetz der menschlichen Natur“ mit dem jüdischen Gesetz quasi auf eine Ebene (Römer 2,14f. Den Menschen ist das Gesetz ins Herz geschrieben, denn sie handeln entsprechend.

Uns heutige Christen erscheint es selbstverständlich keine Juden zu sein. Daher sind uns die Ausführungen des Paulus eher fremd, jedenfalls erscheinen sie uns nicht existenziell wichtig für unser Christensein, sondern randständig. Interessant vielleicht für unser Verhältnis zum Judentum oder zu „messianischen Juden“ oder zum Biblizismus oder der „Rechtfertigungslehre“.

Auch die Gleichstellung mit dem jüdischen Gesetz, wir denken an die vielen Ge- und Verbote, leuchtet nicht unbedingt ein. Was soll das überhaut sein das „Gesetz der menschlichen Natur“?

Hier erläutert und erklärt C.S. Lewis!

Auf das jüdische Gesetz geht er nicht ein. Er meint, dass die Unterschiede, was die Ethik weltweit betrifft, oft aufgebauscht werden. Bei aller Verschiedenheit gäbe es doch eine weltweite Gleichheit. Es gäbe Konventionen, die änderbar seien, das „Gesetz der menschlichen Natur“ gehöre jedoch nicht dazu. Es sei eher zu vergleichen mit dem 1x1 in der Mathematik. Das ist nicht änderbar.

Es sei auch nicht identisch mit einem Trieb. Kein Trieb ist immer gut. Wir steuern Triebe und folgen nicht unbedingt dem stärksten.

Es gehöre auch nicht zu den Naturgesetzen. Naturgesetze beschreiben lediglich, was sich in der Natur tatsächlich vollzieht. Es gehöre auch nicht zu den biologischen Gesetzen, denen unser Organismus unterworfen ist und an die wir nichts ändern können.

Zwischen dem „Gesetz der menschlichen Natur“ und dem Verhalten der Menschen bestehen Unterschiede. Der Mensch muss dem nicht folgen. Daher lässt es sich nicht auf die gleiche Weise von außen beobachten wie Naturgesetze. Am ehesten lässt es sich von außen entdecken, wenn sich Menschen streiten und sich gegenseitig beschuldigen sich nicht an dieses „Gesetz“ zu halten, unfair zu sein… - Wir wissen, um das Gesetz von innen her. Der Mensch ist das einzige Wesen, was wir von innen her erkunden können. Alles andere sehen wir nur durch äußere Beobachtung.

C.S. Lewis schreibt auf Seite 20:
Wir kommen also nicht umhin, an ein gültiges Recht und Unrecht zu glauben. [… ] Aber Recht und Unrecht ist so wenig eine Frage des bloßen Geschmacks oder der Auffassung wie das große Einmaleins.

Sind wir uns darüber einig, so kann ich zum nächsten Punkt übergehen: Keiner von uns hält dieses Naturrecht ein.
Hierin stimmen C.S. Lewis und Paulus überein. Auch wenn, C.S. Lewis an dieser Stelle lediglich feststellt und Paulus hier kräftig ausschmückt.
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

Wichtig und aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen der letzten Jahre von Holuwir in diesem Forum. Man kann seine Position so zusammenfassen:
„Wenn es um die Beschreibung und Erklärung der Welt geht, sind die Naturwissenschaften das Maß aller Dinge.“[2]
Oder anders gesagt:
Für einen Naturalisten in diesem Sinn sind die Naturwissenschaften für die Beschreibung und Erklärung der Welt „das Maß aller Dinge“.[2]
[Quelle: Wilfrid Sellars: Science, Perception and Reality. Routledge and Kegan Paul, London 1963, ISBN 0-924922-50-8, S. 173. ; https://de.wikipedia.org/wiki/Naturalis ... ilosophie)]

Mit meinen Worten: Die Naturwissenschaft wird zum Alles Erklärer, wirklich alles, auch Gott.

Das ist erst mal verständlich, denn Naturwissenschaft und Technik funktionieren nun mal, so zeigt es unsere Alltagserfahrung. Verstärkt wird dies durch unseren Glauben an den Fortschritt von Wissenschaft und Technik, auch ein Erfahrungswert.

Im Gegensatz zur Natur, die wir vorfinden, sind die Naturwissenschaften vom Menschen geschaffene „Dinge“. Sie funktionieren für uns gerade deshalb, weil dabei Komplexität reduziert wird. So können wir uns auf die Eigenschaften der Materie und auf die Prozesse konzentrieren.

Holuwir hat es als Frage an mich formuliert, aber er glaubt das:
Holuwir hat geschrieben: Dienstag 18. Dezember 2018, 22:42 Die Frage war vielmehr, ob die der Materie innewohnenden vier Grundkräfte der Physik ausreichten, um die Welt und alles darin, einschließlich uns, unteleologisch entstehen zu lassen.
Wird die Frage mit „JA“ beantwortet, so wird ein Schöpfergott als Erklärung für die Entstehung nicht benötigt, so der dahinter stehende Gedanke.

Auf diese und ähnlicher Weise werden von Atheisten und leider auch immer wieder von fundamentalistischen Christen „Naturwissenschaft versus Schöpfungslehre“ gestellt.
Das ist aus vielen Gründen nicht zielführend, sogar unsinnig.

Aus naturwissenschaftlicher Sicht schon deshalb, weil diese sich ausschließlich auf den Prozess konzentriert und sich nicht mit Fragen wie teleologisch und unteleologisch oder Gott befasst. Hier wird der Ausgangspunkt der Naturwissenschaft, die Konzentration auf den Prozess als deren Ergebnis präsentiert.

Schaut man auf die Anwendung der Naturwissenschaft in der Technik, dann erreicht man technisch nur sein Ziel, wenn „die der Materie innewohnenden“ Kräfte dafür ausreichen, damit wird es aber nicht ziellos.

Naturgesetze beschreiben lediglich, was sich in der Natur tatsächlich vollzieht z.B. unter welchen Bedingungen Wasser kocht.

Fazit: Einzig mit den Blick auf Prozesse (Naturwissenschaften) lässt sich weder die Frage, ob die Entwicklung ein Ziel hat, noch die Frage nach Gott beantworten.

Anders als Naturgesetze beschreibt das „Gesetz der menschlichen Natur“ nicht, was in unserer Gesellschaft tatsächlich abläuft, denn obwohl normalerweise jeder Mensch ein natürliches Gerechtigkeitsempfinden besitzt sind wir dennoch nicht gezwungen uns in jedem Fall danach zu richten.

Es gibt so viel, was in unserer menschlichen Natur existiert, unser Sinn für Schönheit, Ethik und Moral, unser Streben nach einem sinnvollen Leben…, das alles kennen wir, weil wir uns selbst erkennen und nicht aufgrund naturwissenschaftlicher Erkenntnis. - Naturwissenschaftlich ist das nicht fassbar!

Mir graut vor einer Gesellschaft, wo Naturwissenschaft wirklich und konsequent „das Maß aller Dinge“ wird, denn Ethik lässt sich naturwissenschaftlich nicht begründen.
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

Es bleibt also festzuhalten, die Naturwissenschaft ist nicht in der Lage festzustellen, ob es Gott gibt oder nicht. Sie kann dafür auch keine Wahrscheinlichkeiten benennen.

Es gibt grob gesagt zwei Auffassungen.
C.S. Lewis unterscheidet hier den Materialismus von der religiösen Auffassung.

Ich bin da nicht so sicher. Die Götter des Altertums waren doch sehr sichtbar. Werden Gestirne oder Naturkräfte als Götter verehrt, so sind diese letztlich dennoch materieller Natur.

Sicher gab es immer auch Auffassungen die hinter dem Göttlichen mehr sahen als diese Dinge bzw. Naturkräfte. Zu Denken ist auch an die antike Philosophie, die weiter ging. Doch wenn ich an der groben Einteilung der Auffassungen festhalten will, dann muss ich ca. 500 Jahre vor Christus ansetzen mit dem endgültigen Durchbruch des jüdischen Monotheismus und der damit verbundenen Verwerfung aller Naturgottheiten. Hier erst wird der klare Unterschied gesetzt zwischen Gott und Schöpfung.

Der heutige Materialismus bleibt faktisch bei der Materie stehen ohne sie zu vergöttlichen. Sein Denken ist gekennzeichnet durch das Wörtchen „nur“.

Dagegen steht eine Auffassung, die dem „NUR“ widerspricht und meint, da ist „mehr“ als „nur Physik“, „mehr“ als „nur …“. Eine Auffassung die fragt, was steht dahinter…
Sie ist sowohl philosophischer als auch religiöser Natur.
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

P.S.:
Christel hat geschrieben: Freitag 26. März 2021, 12:59 Doch wenn ich an der groben Einteilung der Auffassungen festhalten will, dann muss ich ca. 500 Jahre vor Christus ansetzen mit dem endgültigen Durchbruch des jüdischen Monotheismus und der damit verbundenen Verwerfung aller Naturgottheiten. Hier erst wird der klare Unterschied gesetzt zwischen Gott und Schöpfung.
Von diesem Unterschied geht 500 Jahre später Paulus ganz selbstverständlich aus. Daher sieht er die heidnische Gleichsetzung von Gott und Natur als verkehrte Welt an:
Römer 1,19-23
Denn es ist ihnen offenbar, was man von Gott erkennen kann; Gott hat es ihnen offenbart.

20 Seit Erschaffung der Welt wird nämlich seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit. Daher sind sie unentschuldbar.

21 Denn obwohl sie Gott erkannt haben, haben sie ihn nicht als Gott geehrt und ihm nicht gedankt, sondern verfielen in ihren Gedanken der Nichtigkeit und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert.

22 Sie behaupteten, weise zu sein, und wurden zu Toren

23 und sie vertauschten die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit Bildern, die einen vergänglichen Menschen und fliegende, vierfüßige und kriechende Tiere darstellen.
Ich finde es wichtig sich dies klarzuzumachen, denn wird in naturalistischer Weise über Schöpfung diskutiert, dann wird sowohl von atheistischer als auch von christlicher Seite nicht selten Gott in die Natur eingefügt. Er wird so nicht nur zum Lückenbüßer, sondern zum Teil der Natur, zum Ding dieser Welt, zum heidnischen Gott.
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

Wie ich schon schrieb, wir neigen dazu Gott in die Natur einzufügen. Um ein Bild zu gebrauchen, es ähnelt dem Versuch einen Komponisten in seiner Melodie selbst zu fassen, ihn zu ergreifen… Doch das kann nicht gelingen, denn der Komponist ist nicht identisch mit seiner Melodie.

Allenfalls kann man ausgehend von der Melodie auf einen Komponisten schließen, so wie es Albert Einstein tat:
3. Jene mit tiefem Gefühl verbundene Überzeugung von einer überlegenen Vernunft, die sich in der erfahrbaren Welt offenbart, bildet meinen Gottesbegriff; man kann ihn also in der üblichen Ausdrucksweise als »pantheistisch« (Spinoza) bezeichnen. https://gedankenfrei.files.wordpress.co ... nstein.pdf
Einstein landete dabei beim Pantheismus wie ihn Baruch de Spinoza propagierte. Andere sind dabei beim Deismus gelandet, wieder andere beim Theismus.

Das alles ist natürlich noch kein Christentum!
Doch Atheismus ist es auch nicht!


Und eins kann man ganz sicher nicht, so wie es Holuwir in seinem Beitrag von Fr 21 Okt, 2016 7:36 viewtopic.php?p=15578&sid=7567870d3920b ... 3c9#p15578 tut.
Man kann sich nicht gleichzeitig zu Einsteins Glauben an einer uns „überlegenen Vernunft, die sich in der erfahrbaren Welt offenbart“ bekennen und trotzdem meinen, die Welt sei ausschließlich „durch ungesteuerte, natürliche Kräfte von selbst entstanden“. Denn ist alles nur ein Produkt zufälliger Kausalitäten, dann existieren in der Welt weder Vernunft, noch Sinn und daher kann sich darin auch keine „überlegene Vernunft“ offenbaren.

Holuwir’s müsste sich an dieser Stelle also entscheiden!

Es ist eine Entscheidung, die ihm leichter fallen wird, sobald er sich von diesem Grundirrtum befreit:
Holuwir hat geschrieben: Freitag 21. Oktober 2016, 08:36 Gegenstand der Naturwissenschaft ist u. a., zu klären, wie die Erde und alles darauf, also die uns umgebende Natur entstanden ist; wurde sie von einem Gott geschaffen oder ist sie durch ungesteuerte, natürliche Kräfte von selbst entstanden.
Wie ich bereits darlegte, ist dies weder der Gegenstand der Naturwissenschaft, noch lässt sich dies mit naturwissenschaftlichen Methoden herausfinden.

Hat sich Holuwir davon verabschiedet, dann ist das noch kein christliches Bekenntnis. Aber erst dann ist er frei für dieses Bekenntnis und erst dann wird es glaubhaft:
Holuwir hat geschrieben: Freitag 21. Oktober 2016, 08:36 Einsteins Gott entspricht auch meiner Überzeugung, nur benutze ich nicht diesen Begriff für die Kraft und Ordnung, die Einstein so maßgeblich mit entdeckt und als Erkenntnis zugänglich gemacht hat und die seine Religiosität und das, was er Gott nennt, begründet. Wenn Einstein kein Atheist ist, dann bin auch ich keiner, denn ich schließe mich seinen Gedanken, soweit ich diesen mit meinem bescheidenen Begriffsvermögen zu folgen vermag, zu hundert Prozent an.
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

Einsteins Gott hat durchaus seine Vorzüge, er liefert Spiritualität ohne etwas zu fordern. Es ist ein Gott, der sich nicht einmischt. – C.S. Lewis war das überaus wichtig! Er wollte seine Freiheit. Er war gern Atheist. Daher bekehrte er sich zunächst zu einer Art Theismus, eine Bekehrung zum Christentum strebte er überhaupt nicht an, im Gegenteil.

Allerdings ist zu fragen, wenn man Gott in der Natur entdeckt und so wie Albert Einstein „von einer überlegenen Vernunft, die sich in der erfahrbaren Welt offenbart“ überzeugt ist, wieso sollte diese überlegene Vernunft weniger sein als wir, indem sie nicht Person ist?
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

Christel hat geschrieben: Sonntag 28. März 2021, 14:36 Wie ich schon schrieb, wir neigen dazu Gott in die Natur einzufügen.
Genauso neigen wir dazu uns aus der Natur herauszunehmen. Doch auch wir sind Natur!

Erkennen wir das an, dann neigen wir dazu uns wiederum von außen als Objekte der Naturwissenschaft zu betrachten. – Wir nehmen so gern die Rolle des Beobachters ein und meinen nur dieser objektive Standpunkt spiegele die Wirklichkeit richtig.

Doch „Gesetz der menschlichen Natur“, unser Gefühl für Recht und Unrecht, lässt sich nicht einfach von außen beobachten, denn die Menschen handeln nicht unbedingt danach.

C.S. Lewis spricht noch etwas anderes an, was sich einer solch distanzierten Beobachtung entzieht.
Im Kapitel „10. Über die Hoffnung“, in meinem Buch auf Seite 124 sagt er „Hätten wir gelernt, richtig in unseren Herzen zu lesen, dann wüßten wir, daß in uns ein Verlangen, ein heftiges Verlangen ist, das durch nichts in dieser Welt gestillt werden kann. Es gibt vieles auf der Erde, das ihm gerecht zu werden scheint, aber es bleibt immer ein Rest von Enttäuschung.“

C.S. Lewis illustriert dies an „drei Wegen“ (Auswegen).
„1. Der Weg des Toren. Der Tor sucht die Schuld immer bei den anderen. Sein ganzes Leben redet er sich ein, wenn er es nur bei einer anderen Frau versuchen oder an einem anderen Ort in die Ferien fahren würde“ …

„2. Der Weg des nüchternen, vernünftigen Menschen.“ … „Und so richtet er sich ein und lernt es, nicht zuviel vom Leben zu erwarten und das zu unterdrücken, was er ‚nach dem Unmöglichen streben‘ nennt.“

„Was aber“, fragt C.S. Lewis weiter „wenn es unendliches Glück tatsächlich gibt und es nur auf uns wartet?“

„3. Der Weg des Christen. Der Christ sagt: Kein Geschöpf wird mit Wünschen und Bedürfnissen geboren, für die es keine Befriedigung gibt. Ein Säugling hat Hunger, und er bekommt sein Fläschchen. Eine Ente will schwimmen, und es gibt Wasser. Die Menschen empfinden sexuelles Verlangen, und es gibt geschlechtliche Vereinigung.

Wenn wir nun in uns selbst ein Bedürfnis entdecken, das durch nichts in der Welt gestillt werden kann, dann können wir daraus schließen, daß wir für eine andere Welt erschaffen wurden. Wenn keine irdische Freude dieses Verlangen befriedigen kann, heißt das ja noch nicht, daß die ganze Erde ein Betrug ist. Die irdischen Freuden waren vielleicht nie dazu bestimmt, es zu stillen, sondern nur dazu es wachzurufen, auf das Wirkliche hinzudeuten.“
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Re: Christentum schlechthin

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Bei meiner Annäherung an das Thema „Christentum schlechthin“ über C.S. Lewis und Paulus (Römerbrief) stellte ich fest, dass unsere „menschliche Natur“ uns Hinweise auf Gott gibt. Uns ist ein Streben nach Wahrheit und Fairness ins Herz gelegt. Wir besitzen Verstand, um die Welt zu verstehen und schöpferisch darin wirken zu können. Und, wir leben nicht vom „Brot“ allein. Die Suche nach einem Mehr, dem Göttlichen, ist den Menschen ins Herz gelegt.

Heute ist in Sri Lanka Feiertag – Neujahrsfest, ein neues Sonnen-Jahr beginnt, wichtig für die Landwirtschaft. „Gleichzeitig ist dieses Festival aber auch eine Form der Verehrung und Anbetung des Sonnengottes.“
https://srilanka-insider.de/neujahrsfest-in-sri-lanka/

C.S. Lewis zitiert einen Mann (in meinem Buch Seite 138), der sagt: …
Ich weiß, daß es einen Gott gibt. Ich habe ihn gespürt, da draußen in der Wüste: das große Geheimnis. Aber gerade deshalb glaube ich nicht an die vielen kleinen Dogmen und Formeln, die ihr für ihn habt. Für jeden, dem Gott wirklich begegnet ist, ist das alles so unbedeutend, so pedantisch und unwirklich.
C.S. Lewis schreibt dazu:
In gewissem Sinn gebe ich dem Mann recht. Wahrscheinlich hatte er draußen in der Wüste wirklich ein echtes Gotteserlebnis. Und als er sich von diesem Erlebnis den christlichen Glaubenssätzen zuwandte, ging er tatsächlich aus einer realen Welt in eine weniger reale; wie ein Mensch, der einmal vom Strand auf die weite See hinausgeblickt hat und dann nach Hause geht und sich das Meer im Atlas auf der Karte anschaut.
Trotzdem argumentiert C.S. Lewis für die Karte, also für die Theologie.
Er begründet es damit, dass die Karte zwar tatsächlich nur ein farbiges Papier sei, aber sie basiere auf eine Vielzahl von Erfahrungen vieler Seeleute, die tatsächlich das Meer befahren haben und sie sei unentbehrlich für jeden, der reisen will.

Seite 139f. schreibt er weiter:
Gewiß, das Erlebnis jenes Mannes in der Wüste war sicher real und überwältigend, aber es folgt nichts daraus. Es führt zu nichts, man kann damit weiter nichts anfangen.
Genau dies ist auch der Grund, weshalb eine verschwommene Religion, die Gott in der Natur erspürt oder so etwas Ähnliches, so anziehend erscheint. Sie verspricht Freude und Gefühlsbewegung, ohne Arbeit zu verlangen, wie das Betrachten der Wellen am Strand.
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

Ich wies bereits auf das Buch hin, in dem C.S. Lewis seinen eigenen Weg vom Atheisten zum Christen beschreibt:
Christel hat geschrieben: Freitag 15. Januar 2021, 13:11 Nachtrag:
„Wirklich, ein junger Atheist kann seinen Glauben nicht sorgfältig genug hüten. Allenthalben lauern Gefahren auf ihn.“
So C.S. Lewis über sich auf Seite 271 in „Überrascht von Freude“ Taschenbuch, 2007, ISBN 978-3-7655-3455-3 siehe, auch https://www.buchhandel.de/suche/ergebni ... 20db%3Dvlb
viewtopic.php?p=20464&sid=8a57091203d1a ... 83a#p20464

Aufgrund des Titels „Überrascht von Freude“ könnte man annehmen, dass dies für C.S. Lewis ein rein spiritueller Weg war. Das war es aber nicht. Zwar sieht er in der Freude im Nachhinein Hinweise auf Gott, aber entscheidend war für ihn, dass das Christentum wahr ist. – Ist es wahr, dann ändert das alles.

C.S. Lewis fühlte sich überhaupt nicht zum Christentum hingezogen. Er wollte auf keinen Fall Christ sein. Weshalb wollte C.S. Lewis kein Christ sein?

Albert Einstein teilt die Religionen in Furcht- und Moralreligionen und schließlich der „ kosmische Religiosität“ ein:
Man muß sich vor dem Vorurteil hüten, als seien die Religionen der Primitiven reine Furcht-Religionen, diejenigen der kultivierten Völker reine Moral-Religionen. Alles und vielmehr Mischtypen, so jedoch, daß auf den höheren Stufen sozialen Lebens die Moral-Religion vorherrscht. […]Bei allen aber gibt es noch eine dritte Stufe religiösen Erlebens, wenn auch nur selten in reiner Ausprägung; ich will sie als kosmische Religiosität bezeichnen.
https://gedankenfrei.files.wordpress.co ... nstein.pdf

Auf eine Moral-Religion hatte C.S. Lewis überhaupt keine Lust. Er wollte frei sein! Einen Gott, der sich einmischt konnte er daher überhaupt nicht gebrauchen.

Der Weg von C.S. Lewis vom Atheisten zum Christen führte über den Glauben an einem Weltgeist zum Theismus und danach erst zum Christentum. Er vergleicht den Weg mit einem Schachspiel. Das Kapitel in dem er seine Bekehrung zum Theismus beschreibt lautet „Schachmatt“.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
Christel
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

Ich sehe in einer „kosmischen Religiosität“ keine höhere Form der Religiösität. Sie ergibt sich ganz natürlich, deshalb war und ist sie immer und überall vorhanden.

Was bei C.S. Lewis einen breiten Raum einnimmt spielt im Brief an Römer von Paulus keine Rolle. Der „Theismus“ bei dem C.S. Lewis nach einem langen Weg ankam stand bei Paulus und seinen Adressaten nicht infrage.

Sie hatten auch kein Problem mit einer Moralreligion, im Gegenteil.
Paulus selbst war einst eifriger Verfechter des Judentums und seines Gesetzes. Er spricht auch Heiden das Streben nach Recht nicht ab.

Paulus erkennt jedoch klar die Grenzen!

Ich sag es mal mit eigenen Worten:
Kein Gesetz, auch unsere staatlichen Gesetze sind in der Lage wirkliche Gerechtigkeit zu schaffen. Sie mögen notwendig sein. Sie decken Ungerechtigkeit auf... Regeln mögen wunderbar sein und das Leben erleichtern. Doch niemand, auch der nicht, der der sich nach Kräften müht und danach richtet schafft es ein wirklich gerechter Mensch zu sein.

Was ergibt sich daraus für die Religion?

Erst mal, es ist müßig darüber zu diskutieren, welche Regeln gelten und welche nicht, an was man sich als Christ halten sollte und was man fallen lassen sollte.

„Denn aus Werken des Gesetzes wird niemand vor ihm gerecht“ (Römer 3,20)
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
Christel
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

Paulus geht sehr ausführlich auf das jüdische Gesetz und das Verhältnis von Juden(christen) und Heiden(christen) ein. Es sind Probleme, die damals aktuell waren, uns heute aber eher fremd sind.
Jetzt aber ist unabhängig vom Gesetz die Gerechtigkeit Gottes offenbart worden, bezeugt vom Gesetz und von den Propheten: die Gerechtigkeit Gottes durch Glauben an Jesus Christus, offenbart für alle, die glauben. Denn es gibt keinen Unterschied: Alle haben ja gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren. Umsonst werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus. (Römer 3,21-24)
Die Einheitsübersetzung übersetzt „unabhängig vom Gesetz“. An dessen Stelle könnte auch „ohne“ stehen, denn gemeint ist hier eine völlige Trennung. Also „allein die Gnade“.

Heute wird mitunter von „Werkgerechtigkeit“ gesprochen und diese gegen die „Gnade“ gestellt. - Völlig tabu ist es zu sagen jemand könne in der Hölle landen, denn es gilt ja die Gnade und selbst der größte Verbrecher kann sich im Augenblick des Todes bekehren.

Schon Paulus erkennt dabei jedoch auch eine Problematik, die bis zum heutigen Tag gilt:
Was sollen wir nun sagen? Sollen wir an der Sünde festhalten, damit die Gnade umso mächtiger werde? (Römer 6,1)
Seine Antwort lautet:
Keineswegs! Wie können wir, die wir für die Sünde tot sind, noch in ihr leben? ((Römer 6,2)
Er verweist dann auf die Taufe:
Wisst ihr denn nicht, dass wir, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind?
Wir wurden ja mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod, damit auch wir, so wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, in der Wirklichkeit des neuen Lebens wandeln. (Römer 6,3f.)
Werke oder Gnade? – So einfach ist das Christentum nicht gestrickt.
In meinem nächsten Beitrag werde ich auf die Bergpredigt zu sprechen kommen. Denn hier tritt Jesus selbst als Gesetzeslehrer auf.
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Christel
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Re: Christentum schlechthin

Ungelesener Beitrag von Christel »

Gleich zu Beginn des Wirkens Jesus nach Matthäus das Wichtigste: Die Bergpredigt.
Christel hat geschrieben: Sonntag 25. April 2021, 11:36In meinem nächsten Beitrag werde ich auf die Bergpredigt zu sprechen kommen. Denn hier tritt Jesus selbst als Gesetzeslehrer auf.
Stimmt das überhaupt?

In Matthäus 7,29 steht doch ausdrücklich „nicht wie ihre Schriftgelehrten.“

Die Reaktion auf die Rede Jesus (Mt 7,28) laut verschiedener Übersetzungen und unsere heutige Reaktion:
„voll Staunen über seine Lehre“ – wir staunen nicht
„sehr betroffen von seiner Lehre“ – wir sind nicht betroffen
„entsetzt von seiner Lehre“ – wir sind nicht entsetzt
„gerieten außer sich über seine Lehre“ – wir regen uns nicht auf

Warum staunen … wir eigentlich nicht? Vielleicht aus Gewohnheit oder weil wir schon viele Erklärungen gehört haben, die uns alles harmonisch erscheinen lassen?

Dabei sollte uns eigentlich schon die Bezeichnung „Bergpredigt“ stutzig machen.
Der Berg erinnert an das Gesetz vom Berg Sinai. Mose empfängt die Gesetzestafeln (Zehn Gebote) dort von Gott. Das Gesetz kommt von Gott.
Nun gut, denken wir, Jesus tritt als Gesetzeslehrer auf, so wie die Pharisäer damals und die Rabbiner heute. – Aber Matthäus schreibt ausdrücklich „nicht wie einer der Schriftgelehrten“. Na gut, denken wir, Jesus war der bessere Morallehrer. Die Schriftgelehrten kommen im Neuen Testament nicht so gut weg.

Sagt nicht Jesus selbst:
„Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben! Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen.“

Also, alles in Ordnung! Keine Aufregung, kein Entsetzen, keine Betroffenheit und auch kein Staunen.

Ein Rabbiner erhebt Einspruch. Ich habe schon früher hier im Forum mehrfach auf sein Buch hingewiesen: „Neusner, Jacob : Ein Rabbi spricht mit Jesus : ein jüdisch-christlicher Dialog (Herder Freiburg) ISBN: 978-3-451-29583-6“

Auf Seite 51 sagt er in seinem fiktiven Gespräch mit Jesus:
„Du hat gesagt: ‚Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben! Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen.‘ Aber du führst nicht an, was die Thora tatsächlich sagt. Damit tust Du genau das Gegenteil dessen, was du angekündigt hast: Die Thora wird aufgehoben und nicht erfüllt.“…
Seite 91f.
Jetzt steht Christus auf dem Berg und nimmt den Platz der Thora ein. [… ] So frage ich den Jünger „Ist dein Meister, der Menschensohn, wirklich Herr über den Sabbat?“ und wieder frage ich: „Ist dein Meister Gott?“ Hier liegt der kritische Punkt.
Das stimmt! Und eigentlich kann es jeder sehen!

Wir unterscheiden heute drei Gewalten, die Gesetz gebende Gewalt (Legislative), ausführende Gewalt (Exekutive) und Rechtsprechung (Judikative) unterschieden

Auch im damaligen Judentum gab es eine Gewaltenteilung. Nach diesem Verständnis kam das Gesetz von Gott. Niemand konnte es ändern, auch Könige nicht. – Es war nur Ausführung und Auslegung möglich. Das Gesetz befolgen war gleichbedeutend mit Gott gehorchen und Gottes Willen tun.

Nun kommt Jesus und verkündet das „Reich Gottes“=“die Gottesherrschaft“ und bindet diese an seine Person.
Er legt nicht einfach aus, er tritt selbst als Gesetzgeber auf (Legislative), die nur Gott zusteht. Jesus ist also nicht bloß Gesetzeslehrer.
Und noch mehr: Jesus selbst tritt an sie Stelle des Gesetzes. Gottesherrschaft heißt nun nicht einfach Regeln einzuhalten, sondern Jesus folgen.

„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.“ Johannes 1,14

Christen sind Menschen, die ihm (Jesus) das glauben.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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