Wie die Bibel wurde was sie ist

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Christel
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Re: Wie die Bibel wurde was sie ist

Ungelesener Beitrag von Christel »

Familienname B. hat geschrieben: Sonntag 29. August 2021, 11:09 Auslegungssache - immer auch im Interesse der Mächtigen, die grad dran sind - egal welcher Farbe!
Nein Familienname B.!
Jeder legt aus, auch Du mit Deinem Beitrag.
Jeder kann dabei bewusst oder unbewusst Interessen verfolgen.

Familienname B., Du hast gerade ein gutes Beispiel dafür geliefert, wie man Zitate aus dem Zusammenhang reißt und in einen anderen Kontext stellt. In dem neuen Kontext klingt meine Aussage ganz anders als in dem Zusammenhang in dem ich ihn geschrieben habe:
Christel hat geschrieben: Donnerstag 22. Juli 2021, 13:43
Glaubt man der Bibel, dann hat Gott zur Zeit des Propheten Mose Völkermorde, die Todesstrafe und Tieropfer befohlen. Gleichzeitig gab Gott durch Mose jedoch das Gebot: „Du sollst nicht töten“.
[...]
Das andere ist ein Gebot aus den Zehn Geboten „Du sollst nicht töten“.
Das besagt, Du sollst Deinen „Nachbarn…“ nicht ermorden, auch wenn der fies ist oder es Dir einen Vorteil verschaffen könnte.
Beachtet man den Kontext sowie die historische Situation, dann sind die Auslegemöglichkeiten begrenzt.

Das mit dem Völkermord ist sowieso Quatsch. Das kleine Israel war dazu nie in der Lage, historisch war es eher Opfer als Täter.

Das Selbstverständnis/ Grundverständnis Israels an dem auch die Zehn Gebote hängen ist dieses:
„Ich bin der Jahwe, dein Gott, der dich aus dem Ägyptenlande, aus dem Sklavenhaus, herausgeführt hat. (Exodus/2. Mose 20,2)
„Ich bin der Jahwe, dein Gott, der dich aus dem Ägyptenlande, aus dem Sklavenhaus, herausgeführt hat. /Deuteronomium/5. Mose 5,6)
Ich zitiere hier aus der „Jerusalemer Bibel“, St.-Benno, 1969, da in dieser Übersetzung der Name Gottes „Jahwe“ nicht durch HERR ersetzt wird.

Jahwe oder JHWH so stellt sich Gott dem Mose im brennenden Dornbusch vor, als der „Ich bin da“, als ein Gott der die Unterdrückten hört, als der Gott der Sklaven befreit.

An die nun befreiten Männer, also an Menschen, die Macht haben andere zu unterdrücken (Frauen hatten diese Macht nicht), richten sich die Zehn Gebote. Es sind soziale Gesetze für den Alltag. Das ist der historische Kontext.

Die ersten Gebote beziehen sich auf Gott bis hin zur Sabbatruhe:
Danach folgt dies (Exodus 20,12-17, Einheitsübersetzung 2016)
12 Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der HERR, dein Gott, dir gibt!
13 Du sollst nicht töten.
14 Du sollst nicht die Ehe brechen.
15 Du sollst nicht stehlen.
16 Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.
17 Du sollst nicht das Haus deines Nächsten begehren. Du sollst nicht die Frau deines Nächsten begehren, nicht seinen Sklaven oder seine Sklavin, sein Rind oder seinen Esel oder irgendetwas, das deinem Nächsten gehört.
Es wird hier weder das Verhalten im Kriegs- oder Terrorfall reflektiert, noch Tieropfer!

Also immer den Kontext beachten, dann wird es auch nicht widersprüchlich oder einfach Auslegungssache.

Mehr zu:
Videos von Edi Maurer
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Re: Wie die Bibel wurde was sie ist

Ungelesener Beitrag von Christel »

Familienname B. mit Deiner Interpretation von „Du sollst nicht töten“ stehst Du nicht allein da.

Doch dann müsste man Edi Maurer darin Recht geben, dass das Alte Testament widersprüchlich ist, was seine Ausführungen zum Töten betrifft, denn das Buch ist nicht pazifistisch.

Ich verweise auf meinen vorhergehenden Beitrag. Im Kontext gelesen und verstanden, sieht die Sache anders aus.

Übrigens, so ähnlich wie Du verwenden auch Zeugen Jehovas dieses Gebot. Sie verwenden es um Kirchen abzuwerten und deren Mitglieder zu sich zu locken. Nach dem Motto: „Das sind die Falschen, wir sind die Guten, die Wahren“. Auch dabei werden Interessen verfolgt, auch dabei geht es um Macht und Machtgewinn.

Manch einer wurde deshalb Zeuge Jehovas.
Nun segnen Zeuge Jehovas tatsächlich keine Waffen. Die Guten und Wahren wurden sie trotzdem nicht. – Zudem, wer sich selbst für Gut hält… wird blind für die eigenen Fehler, auch für die Fehler der Gruppe. Daher werden sie nicht angegangen. Das Denken, bei uns gibt es das nicht, schützt die Täter. Auch das Verbot von Bluttransfusionen tötet… (Biblisch ist auch das nicht).
https://jz.help/ueber-uns/
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Re: Wie die Bibel wurde was sie ist

Ungelesener Beitrag von Christel »

Zurück zum Jesus-Buch von Harald Specht

Mein letzter Beitrag dazu endete so:
Was sagt die Katholische Kirche über Jesus?
Christel hat geschrieben: Samstag 28. August 2021, 22:45 Katholische Lehre über Jesus
Auf Seite 31 fragt Herr Specht:
War Jesus nun Mensch, ein leibliches Wesen aus Fleisch und Blut? Oder sollte er eher als Sohn Gottes gesehen werden, wie es die katholische Kirche meint?
An dieser Stelle musste ich lachen. :lol:
Auf den folgenden Seiten musste ich feststellen, dass Harald Specht einiges weiß.
Auf Seite 55 schreibt er dann: „Da sich die heutige Kirche als legitime Erbin Christi und seiner Apostel sieht und auf diesen (historischen) Anspruch bis heute ihre Autorität gründet“

Weiß Herr Specht doch, dass die Katholische Kirche und natürlich alle christlichen Kirchen in Jesus einen Menschen aus Fleisch und Blut sehen? Ja, Jesus ist auch Christus, Gottes Sohn, aber eben auch ein Mensch aus Fleisch und Blut.

Herr Specht sagt über die Kanonbildung des Neuen Testaments einiges stimmiges. Seine Einschätzung des Johannesevangeliuns teile ich nicht!

Nebenbei, es gibt auch Theologen,die meinen das Johannesevangelium sei das älteste Evangelium wie Klaus Berger.
Wiederholt ist in den letzten Jahrzehnten auf altes Material im Johannesevangelium hingewiesen worden, das älter ist als die Synoptiker im Jetztzustand und unbedingt ernst genommen werden muss. http://www.evangelium-johannes.de/je7/de/node/215
Übrigens, anders als mein Zitat suggeriert setzt sich diese Rezension kritisch mit der Datierung Klaus Bergers auseinander und stimmt ihm nicht zu. (So ist das mit Zitaten traue kleinem, welches Du nicht selbst nachgelesen hast!)

Herr Specht zitiert gern. Bei einigen Zitaten bleibt es unklar, weil ich es nicht nachlesen kann. Bei anderen erscheint es mir klar, wenn ich über den Verfasser nachlese.
Bei Bruno Bauer erscheint es mir klar, dass sich Harald Specht auf ihn berufen kann und natürlich auf Hermann Detering /30/ , den er offensichtlich in seiner Argumentation folgt.

Dadurch, dass Herr Specht bei seinen Zitaten nicht vergisst die Bezeichnung „Theologe“ zu verwenden, kann man leicht der Idee verfallen, dass die Theologen insgesamt Herrn Specht zustimmen. Doch dem ist ganz und gar nicht so! Herr Specht trifft bei seinen Zitaten eine Auswahl.

Zu Hermann Detering, dem Herr Specht in seinen Argumenten folgt:
Der evangelische Theologe Hermann Detering promovierte 1991 zum Thema holländische Radikalkritik und vertritt weiterhin deren Thesen in zugespitzter Form.
https://de.wikipedia.org/wiki/Holl%C3%A ... ikalkritik
Über van Manen hinausgehend sieht Detering die marcionitische, kurze Fassung der Paulusbriefsammlung als originär gegenüber der katholischen Langfassung an. Bei den Paulusbriefen handele es sich um eine marcionitische Fälschung, die später vom Katholizismus durch Textzusätze überarbeitet und erweitert worden sei. https://de.wikipedia.org/wiki/Holl%C3%A ... ikalkritik
Die weitaus meisten Neutestamentler verwerfen die Thesen der holländischen Radikalkritiker als spekulative, unwissenschaftliche Konstrukte. Adolf von Harnack, deutscher Hauptvertreter der liberalen Theologie, schrieb 1887: „Wer die Echtheit solcher Briefe wie der paulinischen Korinthierbriefe nicht empfinden kann, die paulinischen Briefe hinter Marcion setzt, […] dem ist nicht zu helfen und man kann ihn bei allem Ernst, den er aufgewendet hat, nicht ernsthaft nehmen.“[44]
https://de.wikipedia.org/wiki/Holl%C3%A ... ikalkritik
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Re: Wie die Bibel wurde was sie ist

Ungelesener Beitrag von Christel »

An dieser Stelle ist es sinnvoll auf meine Auseinandersetzung mit den Thesen von Harald Specht von 2016 hinzuweisen. Allerdings hatte ich damals das Buch nicht vor mir. Zu finden unter dem Thema „Rom“ lässt sich nicht kaufen

Auch damals bin ich auf die Thesen von Hermann Detering gestoßen auf den sich Harald Specht beruft und natürlich auf Markion:
Christel hat geschrieben: Dienstag 14. Juni 2016, 23:36 Man stelle sich vor, ein Schiffsreeder kommt in die Stadt wird Mitglied der katholischen Gemeinde und zahlt als Einstand 50 000 - 100 000 Euro. Das ist eine Freude! Natürlich ist er angesehen und hat Einfluss innerhalb der Gemeinde. Der Schiffsreeder ist engagiert und bringt sich voller Elan mit seinen Ideen ein.

So ungefähr war das um das Jahr 140 nach Christus. Doch bereits vier Jahr später fliegt der reiche Gönner (Markion) aus der stadtrömischen Christengemeinde. Sein Geldgeschenk, 100.000 oder 200.000 Sesterzen, gibt man ihm zurück.

Was war geschehen?

Markion hat eigene theologische Ideen:
Er lehnte das Alte Testament ab.
Jesus ist für ihn kein Mensch.
Markion sichtet die christlichen Texte und erkennt nur zehn Paulusbriefe an und das Lukasevangelium, was jedoch „gereinigt“ werden muss.
Er ging von den Briefen des Paulus, insbesondere vom Galater- und Römerbrief aus, versenkte sich in ihren Geist und buchstäblichen Sinn. http://www.philos-website.de/index_g.ht ... .htm~main2
Fazit:
Der Streit setzt sowohl die Existenz, Gebrauch und Verbreitung der Paulusbriefe und des Lukasevangeliums im Jahr 140 voraus. Sie müssen also früher entstanden sein.
Markions Thesen waren von den Christen in Rom unannehmbar.
Nun vertritt Hermann Detering die These Markion habe die Paulusbriefe gefälscht, das heißt selbst erfunden und die Katholische Kirche hätte diese Fälschung später übernommen und ergänzt. (Harald Specht gibt die These auf Seite 54 wieder.)

Das ist eine absolut spekulative These!

Ich halte sie aus folgenden Gründen für höchst unwahrscheinlich:
Von Anbeginn an distanzierte sich die Katholische Kirche von den Thesen Markions. Der Streit hielt an, denn Markion war erfolgreich. Weshalb sollte die Kirche die Schriften des Gegners, die sie einst verworfen hatte, später übernehmen?

Die Katholische Kirche, die zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr mehrheitlich aus „Judenchristen“ sondern aus „Heidenchristen“ bestand, hätte sich von ihren historischen Wurzeln lösen können. Jedenfalls um erfolgreich zu sein wäre es nicht nötig gewesen daran fest zu halten. Markon ist der Beweis. Markion war erfolgreich!

Ich halte Marcion oder Markion für einen ehrlichen Mann, der die Schriften reinigen wollte. Er war kein Jude. Es ist nachvollziehbar, dass er Schwierigkeiten mit dem „Alten Testament“ hatte. Auch heute haben das viele Christen. Möglicherweise wurde er von Addru Kerdon oder Credo beeinflusst.

Theologie Markions:
Marcion behauptete einen grundlegenden Unterschied zwischen dem „guten Gott der Liebe“ des Neuen Testaments, wie er vom „guten Gott“ durch Christus verkündigt und gelebt sei, und einem „bösen Gott“ des Alten Testaments bzw. des Tanach, der für Schöpfung, Gesetz und Gericht verantwortlich sei. Christus galt bei Marcion nicht als der vorausgesagte Messias des Schöpfergottes, sondern als ein göttliches Wesen mit einem Scheinleib (Doketismus; altgriechisch δοκεῖν dokein, „scheinen“), der (unerwartet) vom guten, unbekannten Gott als dessen Sohn herabgesandt worden war. Er opferte in größter Güte sein Leben durch den Kreuzestod, um damit die in der Schöpfung des Schöpfergottes an Gesetz und Sünde gefesselten Menschen durch seine Gnade und Liebe davon zu befreien.[18] https://de.wikipedia.org/wiki/Marcion
Weshalb löste sich die Katholische Kirche nicht von ihren historischen Wurzeln? Weshalb sollten sich Römer auf das Judentum berufen? Die Kirche hätte mit Markion sehr erfolgreich sein können! Stattdessen bekämpfte sie Markion und gab ihm sein Vermögen zurück. Wozu?

Dass sich Römer, also NichtJuden auf das Judentum berufen und eine jüdische Herkunft erfinden, kann ich mir nicht vorstellen. Vorteilhaft war das ganz gewiss nicht. Auch widersprach es dem Zeitgeist:
Nach der Niederschlagung des dritten jüdischen Aufstands (Bar-Kochba-Aufstand 132–135) benannte der römische Kaiser Hadrian die vormals als Judäa bezeichnete römische Provinz in Syria Palaestina um, zerstörte deren Hauptstadt Jerusalem und baute es als Aelia Capitolina wieder auf. Sein Wunsch war es, dass Jerusalem und Judäa für immer vergessen würden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pal%C3%A4stina_(Region)
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Re: Wie die Bibel wurde was sie ist

Ungelesener Beitrag von Christel »

Eine Anmerkung an dieser Stelle:
Bis auf den heutigen Tag geraten Menschen in Versuchung Jesus vom Judentum zu trennen. Ich erinnere an den Mythos vom arischen Jesus. Dies ist genauso wenig haltbar wie die Thesen von Hermann Detering und Harald Specht.

Es gibt allerdings auch die andere Versuchung Jesus als absolut „rechtgläubigen“ Juden zu sehen. Demnach hätten Juden niemals einen Grund gehabt Anstoß an Jesus zunehmen.
Dies geschieht u.a. dann, wenn die Bibel als einheitliches Ganzes betrachtet wird.

Zu Markions Zeiten gab es das Neue Testament noch nicht. Die Bibel der Christen war das Alte Testament in Form der Septuaginta.

Markion hatte nicht Recht. Er hat überzogen.
Dennoch hat die Kirche Markion einiges zu verdanken. Er hat einen Klärungsprozess angestoßen und durch den Streit mit ihm wurde einiges dokumentiert. Ohne diesen Streit wüsste man heute weniger über die Anfangszeit des Christentums.

„Wie die Bibel wurde was sie ist“ das ist u.a. Markion zu verdanken:
Die Schriften reinigen

Nach Markion sollten Christen ihr eigenes Schrifttum unabhängig vom Judentum haben. Er ging entschlossen an die „Reinigung“ der christlichen Schriften, um sie von falsch verstandener und verfälschender Verkündigung zu säubern. Seiner Ansicht nach hatten schon die Apostel Jesus nicht richtig verstanden und Paulus hatte nicht umsonst von Lügenaposteln gesprochen, die sich in die Gemeinden eingeschlichen hätten (2 Kor 11,13).

Ein neues Testament

Markion ließ bloß zehn Paulusbriefe (mit Streichungen) und ein verkürztes Lukas-Evangelium als „unverfälscht“ bestehen. Spitzentext seiner Paulusbriefsammlung war der Galaterbrief. Markion übte damit die bis heute entscheidende philologische Methode der Textkritik aus, der Klärung, was überhaupt als ursprünglicher Text anzusehen sei für alles Weitere an Deutung und Kommentar. Das Matthäus-Evangelium etwa mit seinen durchgehenden Rückverweisen auf das Volk Israel lehnte Markion rundheraus ab.

Markions einflussreichste Leistung bestand darin, die „gereinigten“ und für ihn nun wahren Schriften zu einer eigenen Sammlung zusammenzufassen.

Ohne Markion kein Neues Testament, ohne seine Paulusinterpretation keine Paulusbriefe. Er hatte damit als erster christlicher Theologe die Idee zum später so genannten Neuen Testament. Zu seiner Schriftensammlung schrieb er seine „Antithesen“ als eine Art Kommentar, der zur Gänze verloren ist und nur über Zitate bei Markions Gegnern erschlossen werden kann.

Das Neue Testament

Der Kanon an Schriften, den Markion als Erster bestimmte, war Anlass für die Kirche, sich in der Folge an die Zusammenstellung der umfassenderen neutestamentlichen Schriftensammlung zu machen. Dafür waren Entscheidungen zu treffen, welche christlichen Schriften als verbindlich galten und welche nicht.

Die frühe Kirche stellte sie an die Seite der heiligen Schriften des Judentums. Das frühorthodoxe Christentum bewahrte somit den jüdischen Schriftkanon mit der neuen Bezeichnung „Altes Testament“.
https://www.erzdioezese-wien.at/site/gl ... 75509.html
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Re: Wie die Bibel wurde was sie ist

Ungelesener Beitrag von Christel »

Das lange Zitat im letzten Beitrag zeigt, dass das Neue Testament nicht am Reisbrett entstanden ist.

Wäre das so, dann gäbe es die unterschiedlichen ja widersprüchlichen Angaben innerhalb des Neuen Testaments nicht, die oft kritisiert werden. Bei auf Erinnerung gründenden Aussagen unterschiedlicher Menschen sind sie völlig normal. Außerdem will man die Bedeutung herausstellen. Man will die Frohe Botschaft von Jesus Christus verkünden. Darum geht es: „ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll“ (Lukas 2,10). Die Evangelisten schrieben nicht Protokoll, sondern Zeugnis für Jesus Christus!

Man kann kritisieren, dass dies keine neutrale Sichtweise ist. Doch kann man die Bedeutung einer Person überhaupt neutral erfassen? Erschließt sich diese nicht erst dann, wenn man zu dieser Person in einer Beziehung steht?

Das genannte Zitat zeigt außerdem, keiner der Schreiber, dessen Texte wir heute im Neuen Testament finden, konnte wissen, dass er am „Wort Gottes“ schreibt. Denn erst 367 n. Chr:
Athanasius war der erste, der in einem Osterbrief 367 n. Chr. genau die 27 Bücher des Neuen Testaments als kanonisch bezeichnete, die noch heute als solche angesehen werden. Bis zu seinem 39. Osterfestbrief[13] waren verschiedene Listen kanonischer Bücher im Umlauf. Seine Liste wurde schließlich von einer Reihe von Synoden bestätigt und fand als Kanon des Neuen Testaments https://de.wikipedia.org/wiki/Athanasius_der_Gro%C3%9Fe
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Re: Wie die Bibel wurde was sie ist

Ungelesener Beitrag von Christel »

Harald Specht zeigt sich auf Seite 48 verwundert, dass Paulus nicht das hebräische „Alte Testament“ benutzt, sondern die griechische Übersetzung, die Septuaginta.
Christel hat geschrieben: Freitag 3. September 2021, 16:28Zu Markions Zeiten gab es das Neue Testament noch nicht. Die Bibel der Christen war das Alte Testament in Form der Septuaginta.
Weshalb benutzen weder Paulus noch sonst die Christen das hebräische „Alte Testament“ sondern die griechische Übersetzung, die Septuaginta?

Bereits rund 500 Jahre vor Christus verlor die hebräische Sprache an Bedeutung. Durch Kriege und Verschleppung waren zudem viele Juden außerhalb von Israel sesshaft geworden. Dieses griechisch sprachige hellenistische Judentum begann ab etwa 250 vor Christus ihre Heilige Schrift (das „Alte Testament“) ins Griechische zu übertragen.

Man sagt, Jesus sprach Aramäisch (Muttersprache).

Die Heilige Schrift der Juden (Tanach) (das "Alte Testament") war aber (abgesehen von zwei Textpassagen) in Hebräischer Sprache verfasst.

Griechisch war in diesem Raum nicht nur Amtssprache, sondern auch wichtigste Verkehrssprache. -> Die einzige Sprache in der alle Juden ihre Heilige Schrift verstanden war Griechisch. Es ist also naheliegend, dass Juden damals die Griechische Version ihrer Heiligen Schrift die Septuaginta verwendeten. Insbesondere dann, wenn sie für andere verständlich zitieren und deuten wollten.

Erst zu Beginn des Mittelalters verabschiedete sich das Judentum von ihrer Griechischen Übersetzung, von der Septuaginta:
Erst am Ende der Antike [ca. 600 n. Chr.] wurde unter palästinisch- bzw. babylonisch-rabbinischem Einfluss das Griechische durch das Hebräische als gottesdienstliche Sprache verdrängt. https://de.wikipedia.org/wiki/Septuaginta
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Re: Wie die Bibel wurde was sie ist

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

In Otto von Corvins „Pfaffenspiegel“ (von 1845) lese ich :
….Als Julianus (361 nach Chr.) zur Regierung kam, geriet der ganze Pfaffenschwarm in große Bestürzung, denn dem gebildeten, mit der Philosophie seiner Zeit bekannten und darin aufgezogenen Kaiser erschien das bereits durch Aberglauben und Fabeln aller Artentstellte Christentum abgeschmackt und lächerlich. Er „fiel daher vom Glauben ab“, wie die Kirchenphrase heißt, und erwarb dafür von den kirchlichen Geschichtsschreibern den Beinamen Apostata (Abtrünniger).

Die reine und einfache Lehre Jesu hatte in der Tat bereits eine traurige Veränderung erlitten und war durch Wundermärchen und läppische Fabeln verunstaltet worden. Vor der ersten allgemeinen Kirchenversammlung zu Nizäa (335 n. Chr.) gab es gegen fünfzig Evangelien, von denen nur noch die in der Bibel enthaltenen beibehalten wurden, weil die anderen den Heiden doch gar zuviel zu spotten und zu lachen gaben. Sie enthielten die abgeschmacktesten Erzählungen und trivialsten Geschichten, und wenn auch ihre Verfasser mit der Mutter Jesu nicht so vertraut waren wie jener Portugiese, der ein „Leben Jesu im Bauch der Maria“ schrieb, so berichten sie uns doch unter anderem , dass dem frechen Menschen, der Maria unzüchtig anzufassen wagte, augenblicklich die Hand verdorrte. Auch von Wundern erzählen sie, die Jesus als Kind verrichtete. Einst habe derselbe mit anderen Kindern gespielt und mit ihnen aus Ton Vögel geformt; die von ihm gemachten seien sogleich fortgeflogen. Als er größer geworden, habe er einst einen Tischgefertigt, und als er von seinem Vater gescholten worden sei, weil er zu kurz war, habe er an dem Tisch gezogen und ihn so lang gemacht, wie Meister Joseph es wollte.

Kaiser Julianus versuchte es das Christentum zu stürzen, obwohl er die Christen nicht verfolgte, und als er schon nach zweijähriger Regierung im Krieg gegen die Perser fiel, verursachte sein Tod große Freude.
……….Mit Julian starb der letzte heidnische Kaiser; unter seinen Nachkommen breitete sich die Macht der Pfaffen immer mehr aus.
https://www.zvab.com/servlet/BookDetail ... egel%2B43

https://de.wikipedia.org/wiki/Pfaffenspiegel
Der Pfaffenspiegel“ war ab 1891 der Titel des 1845 erschienenen klerikerkritischen Buches Historische Denkmale des christlichen Fanatismus des ostpreußischen Autors Otto von Corvin (1812–1886) aus dem Jahr 1845. Das „gepfeffert polemische Werk“ erlebte bis ins 20. Jahrhundert hinein immer neue Auflagen. Ihm wurde eine oberflächliche Geschichtsklitterung vorgeworfen, die von den Nationalsozialisten zu Hetzaktionen gegen die katholische Kirche genutzt wurde.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
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Re: Wie die Bibel wurde was sie ist

Ungelesener Beitrag von Christel »

Atheisius hat „Sa 07 Aug, 2021 10:52“ dieses dieses Buch empfohlen:
Atheisius hat geschrieben: Samstag 7. August 2021, 11:52 Ich habe da auch eine wertvolle Buchempfehlung:

"Jesus? Tatsachen und Erfindungen" von Harald Specht https://www.amazon.de/Harald-Specht/e/B ... pop_book_1
Die Diskussion über dieses Buch ist in verschiedenen Themen zu finden: „Schöpfungslüge“, „Glaubenswahn“, „Das christliche Schöpfungsverständnis“, „Rom“ lässt sich nicht kaufen“, „Historisch-Kritische Bibelauslegung“.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf den Umgang mit Zitaten und Quellen in dem Buch von Harald Specht hinweisen. Man kann es unter dem Thema „Die Schöpfungslüge“ nachlesen.

Man wird in dem Buch geführt und bei unkritischer Lektüre und in Unkenntnis des tatsächlichen Forschungsstandes erscheint das, was Harald Specht schreibt, stimmig.

Interessanter Weise steht hier im Thema genau über der Buchempfehlung von Atheisius ein Buch in dem die maßgeblichen Quellen, auf die sich Harald Specht beruft, nebst deren Widerlegung durch die wissenschaftliche Forschung zu finden sind:
von Christel » Fr 06 Aug, 2021 16:42:
Christel hat geschrieben: Freitag 6. August 2021, 17:42 Empfehlen kann ich dazu:
Der historische Jesus
von Gerd Theißen, Annette Merz
Ein Lehrbuch. 4. Auflage. Mit Tabellen und Schemata, 2011
https://www.hugendubel.de/de/buch_karto ... gKIMvD_BwE
Hier enthalten sind auch „nicht-christliche Quellen über Jesus“.
Bild

Anders als das Buch von Harald Specht ist dieses Buch nicht leicht lesbar. Es zeigt den Verlauf der theologischen Diskussion um den historischen Jesus, die einzelnen Standpunkte (beginnend bei Reimarus), deren Übernahme als auch deren Widerlegung, denn Wissenschaft korrigiert sich.

Da sich Harald Specht auf solche Quellen beruft ist diese Buch zum Nachschlagen des tatsächlichen Forschungsstandes geeignet.
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Re: Wie die Bibel wurde was sie ist

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Anders als das Buch von Harald Specht ist dieses Buch nicht leicht lesbar. Es zeigt den Verlauf der theologischen Diskussion um den historischen Jesus, die einzelnen Standpunkte (beginnend bei Reimarus), deren Übernahme als auch deren Widerlegung, denn Wissenschaft korrigiert sich. Da sich Harald Specht auf solche Quellen beruft ist diese Buch zum Nachschlagen des tatsächlichen Forschungsstandes geeignet.
Ich habe schon verstanden, warum Harald Specht ein Dorn in deinen Augen ist. Deshalb empfehle ich hier einmal ein anderes Buch:

Heinz-Werner Kubitza: „Der Jesuswahn – Wie die Christen sich ihren Gott erschufen. Die Entzauberung einer Weltreligion durch die wissenschaftliche Forschung.“
Die Bibel ist das am meisten überschätzte Buch der Weltliteratur, Jesus von Nazareth die am meisten überschätzte Person der Weltgeschichte. Mit solchen Thesen hinterfragt der Autor, selbst promovierter Theologe, die in Europa vorherrschende Weltreligion des Christentums. In gut lesbarer Form und nicht ohne Ironie wird gefragt, ob die Bibel denn tatsächlich ein gutes und ethisch wertvolles Buch sei, wie die Kirchen immer wieder behaupten, oder ob sich im Alten Testament nicht vielmehr ein zorniger Kriegsgott austobt und das Neue Testament für das Ende der Zeiten die Vernichtung aller Ungläubigen ankündigt. „Wer da glaubt und getauft wird, der soll selig werden, wer aber nicht glaubt, der soll verdammt werden.“ (Mk 16,16). Und es wird gefragt, ob sich die Kirchen denn zu Recht auf jenen Jesus von Nazareth berufen, den sie als Gottes Sohn verkündigen. Denn die wissenschaftliche Forschung hat längst erkannt, dass Jesus ein ganz anderer war und mit dem Jesus der Kirchen fast nichts gemein hat. Das Christentum bewegt sich in der Weltgeschichte ohne Fahrschein. Dieses Buch richtet sich sowohl an Gläubige und Anhänger der Kirchen, die sich nicht scheuen, auch mit unangenehmen Fakten konfrontiert zu werden, als auch an der Kirche Fernstehende, die immer schon vermutet hatten, dass mit dem Christentum etwas nicht stimmen kann.

https://www.amazon.de/Jesuswahn-erschuf ... 3828824358
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Wie die Bibel wurde was sie ist

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Man muss es im Kontext sehen?

Manche verharmlosen die grausamen und irrigen Bibelstellen, indem sie sagen, man müsse diese Abschnitte „im Kontext“ der damaligen Zeit sehen.

Betrachtet man die Bibel als Menschenwerk, so stimmt das, denn die Autoren waren Kinder ihrer Zeit.

Aber sieht man sie als göttlich inspiriert an, wie die Kirche behauptet, so ist diese Aussage widersprüchlich: Denn „Gott“ als inspirierende Instanz wäre nicht an einen Zeitpunkt, einen Ort, eine Situation oder einen sonstigen Kontext gebunden.

Die von ihm inspirierten Texte wären dann ewig gültig und ethisch richtig – sind sie aber nicht. Man könnte die Texte in ihrer historischen Einbettung auf sich beruhen lassen, aber problematisch wird es wenn Theologen fälschlicherweise behaupten, die Texte hätten „eine Bedeutung für uns“ im 21. Jahrhundert, dass sie „uns etwas angehen“ und ähnlichen Unsinn!

Weiteres Problem: Es wird immer Leute geben, die die grausamen alten Texte wörtlich nehmen, um damit Grausamkeiten heute zu rechtfertigen.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Wie die Bibel wurde was sie ist

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Anders als das Buch von Harald Specht ist dieses Buch nicht leicht lesbar. Es zeigt den Verlauf der theologischen Diskussion um den historischen Jesus, die einzelnen Standpunkte (beginnend bei Reimarus), deren Übernahme als auch deren Widerlegung, denn Wissenschaft korrigiert sich.
….denn Wissenschaft korrigiert sich?

Heute wird versucht, Religion als mit der Wissenschaft verträglich hinzustellen. Vergebens. Das Verhältnis von Religion zu Wissenschaft ist wie das von Feuer und Wasser; die Wissenschaft ersetzt nutzlose Bekenntnisse durch nutzbringende Erkenntnisse, wobei letztere viel faszinierender und befriedigender sind als alle religiösen Märchen.

In der Religion gelten von Menschen geschriebene alte Bücher und willkürlich festgelegte Dogmen, welche die letztgültige Wahrheit beinhalten sollen.

In der Wissenschaft hat dagegen jede noch so gut etablierte Theorie auf Dauer zahllose kritische ergebnisoffene Prüfungen vor sich; sie wird nie als „letzte“ Wahrheit anerkannt. Drei Testkriterien stehen dabei im Vordergrund:

Erstens muss eine Theorie so formuliert sein, dass sie prüfbar ist (was bei religiösen Aussagen nur teilweise zutrifft);

Zweitens darf es keine inneren Widersprüche geben (gibt es in der Bibel haufenweise);

Drittens müssen sich Aussagen und vor allem Voraussagen der Theorie empirisch bestätigen lassen, also durch Vergleich mit Experimenten und Beobachtungen (auch hier scheitert die Religion auf ganzer Linie: keinerlei empirische Belege).

Diese Testkriterien sind ein mächtiges Werkzeug zur Wahrheitsfindung. Die „Werkzeuge“ der Theologie sind dagegen stumpf: „Offenbarungen“, deren oft widersprüchliche Auslegungen, Dogmen, blinder Glaube.

Die Wissenschaft ist eine Methode zur Wahrheitsfindung, die Theologie dagegen nur Verwalterin eines festgezurrten illusionären Gedankengebäudes.

Und: Wenn Religionen (wie bewährte wissenschaftliche Theorien) in sich logisch und empirisch geprüft wären, dann bräuchte man nicht mehr an sie glauben, denn dann würde es sich um Wissen handeln.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
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