Die Erfindung des Christentums

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Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Buch: „Der Mythenschmied: Paulus und die Erfindung des Christentums“

Autor: Hyam Maccoby

Hyam Maccoby (geboren 20. März 1924 in Sunderland; gestorben 2. Mai 2004 in Leeds) war ein britischer Judaist und Schriftsteller.

Leben

Maccobys Großvater war Wanderrabbi in der Ukraine und emigrierte 1890 nach England, wo sein Vater Mathematiklehrer wurde. Maccoby studierte Englisch am Balliol College, Oxford, und wurde nach vier Jahren Wehrdienst während des Zweiten Weltkriegs Englischlehrer an der Chiswick School in London. 1975 wurde er Tutor und Bibliothekar am Leo Baeck College und begann eine Reihe von Büchern zu publizieren. Nach seiner Pensionierung wurde er noch Professor am Centre for Jewish Studies der Universität Leeds.

Maccoby befasste sich in seinen Schriften immer wieder mit der Geschichte des historischen Jesus, den er stark in den unruhigen und von Aufständen gezeichneten politischen Kontext der Geschichte Judäas unter dem Syrischen Legaten einbettet. Außerdem schrieb er über das Phänomen des alten wie modernen Antisemitismus, dessen Ursache er in den Darstellungen des Judas Iskariot in den Evangelien sieht. Auch die talmudische Tradition und die jüdische Religionsgeschichte sind Themen seiner Werke.

https://de.wikipedia.org/wiki/Hyam_Maccoby

„Der Mythenschmied: Paulus und die Erfindung des Christentums“

Wo Lüdemann aufhört, fängt Maccoby erst an: Paulus war nicht nur der organisatorische Gründer der Kirche, die es ohne ihn gewiß nicht gäbe, sondern auch der alleinige Stifter der christlichen Religion, welche dem gläubigen Juden und verhinderten Messias Jesus schwerlich gefallen hätte.
Gnosis und Mysterienreligionen, welche zuvor noch niemand kombiniert hatte, verknetete Paulus mit einem gründlich umfunktionierten biblischen Substrat zu einer brisanten Mischung. Entgegen seinen eigenen Suggestionen und den Legenden der Apostelgeschichte ist Paulus im Gegensatz zu Jesus niemals Pharisäer gewesen; aber er war ein nahezu genialer hellenistischer Mythenschmied.

Hyam Maccoby bestätigt meine bisherige Ansicht, dass man immer unterscheiden muss zwischen dem Menschen Jesus, dem Prediger und dem mythischen Christus des Paulus. Endlich mal ein Buch aus nichtchristlicher Sicht, welches der Wahrheit ein ganzes Stück näher kommt.

Und nun zu den Erkenntnissen in seinem Buch:


https://www.thalia.de/shop/home/artikel ... Dwo8r1auDj
Weiterlesen auf der nächsten Seite:
Zuletzt geändert von Atheisius am Samstag 13. November 2021, 18:49, insgesamt 1-mal geändert.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Hyam Maccoby schreibt in seinem Buch vorweg:

Die Argumentation innerhalb dieses Buches wird unausweislich kompliziert werden, da jeder Strang derselben mit jedem anderen verknüpft ist. Deshalb ist es praktisch, an dieser Stelle meinen Standpunkt zu skizzieren, an dem sämtliche Argumente dieses Buches zusammenlaufen. Damit will ich keineswegs das Urteil über diesen vorwegzunehmen suchen; die folgende Zusammenfassung der Funde, die in diesem Buch vorgestellt werden, dürfen in diesem Stadium ohne weiteres dogmatisch erscheinen, aber meine Absicht bei ihrer Präsentation ist ausschließlich die Bereitstellung eines Ariadnefadens durch die Verzweigungen der aufeinander aufbauenden Argumente und einen Blick auf das gesamte Buch aus der Vogelperspektive zu ermöglichen – dieses steht und fällt mit der Schlüssigkeit der Argumente selbst und natürlich nicht mit der Präsentation der hier vorweggenommenen Ergebnisse.

Diese sind:

1.
Paulus war nie ein pharisäischer Rabbi, sondern ein Abenteurer ohne irgendwie hervortretenden Hintergrund. Er verband sich zunächst mit den Sadduzäern, und zwar als dem Hohenpriester unterstellter Polizeiagent, bevor er sich zum Glauben an Jesus bekannte. Seine Beherrschung jener Bildung und Kenntnis, die allgemein mit den Pharisäern assoziiert wurde, war unvollkommen. Er verzerrte absichtlich seine Biographie, um seine missionarischen Aktivitäten wirkungsvoller durchführen zu können.

2.
Jesus und seine unmittelbaren Anhänger waren Pharisäer. Jesus beabsichtigte nie, eine neue Religion zu gründen. Er betrachtete sich selber als den Messias im Sinne des normalen jüdischen Wortgebrauches, d.h. als einen Menschen, der es als Volksführer schaffte, die jüdische Monarchie zu restaurieren, die römischen Besatzer zu vertreiben, einen unabhängigen jüdischen Staat zu errichten und ein Zeitalter des Friedens , der Gerechtigkeit und des Wohlstands herzustellen (bekannt als „Reich Gottes“), und zwar weltweit. Jesus glaubte selbst daran, er sei jene in der hebräischen Bibel vorhergesagte Gestalt, die dies alles leisten werde. Er war kein Militarist und baute keine Armee zum Kampf gegen die Römer auf, da er glaubte, Gott werde ein großes Wunder vollbringen, das die Macht Roms brechen werde. Dieses Wunder würde, wie von Sacharja prophezeit, auf dem Ölberg stattfinden. Als dieses Wunder ausblieb, war seine Mission gescheitert. Er hatte keineswegs die Absicht, sich zwecks Rettung der Menschheit vor der ewigen Verdammnis als Ersatzopfer kreuzigen zu lassen. Nie hielt er sich selbst für ein göttliches Wesen und hätte stattdessen eine solche Idee heidnisch und götzendienerisch gefunden, eine Verletzung des ersten der Zehn Gebote.

3.
Unter der Führung von Jakobus und Petrus gründeten die ersten Anhänger Jesu die Jerusalemer Kirche nach dessen Tod. Sie wurden Nazarener genannt, und in allen Glaubensfragen waren sie von den Pharisäern nicht zu unterscheiden, ausgenommen in ihrem Glauben an die Auferstehung Jesu und daran, das Jesus noch immer der versprochene Messias sei. Sie glaubten nicht, dass Jesus eine Art Gott war, sondern dass er, durch ein Wunder Gottes, nach seinem Tode am Kreuz wieder ins Leben zurückgebracht worden sei und bald zur Vollendung seiner Mission zurückkehren werde, nämlich zur Überwindung der Römer und zur Errichtung des messianischen Königreiches. Die Nazarener glaubten nicht, Jesus habe die jüdische Religion oder das jüdische Gesetz aufgehoben. Da sie Jesus persönlich gekannt hatten, war ihnen bewusst, dass er das jüdische Religionsgesetz lebenslänglich beachtet und nie dagegen rebelliert hatte. Seine Sabbatheilungen widersprachen nicht dem pharisäischen Gesetz. Selber befolgten die Nazarener das jüdische Gesetz mit Sorgfalt. Sie führten Beschneidungen durch, hielten sich an die Speisetabus und erwiesen dem Tempel große Achtung. Die Nazarener hielten sich nicht für Angehörige einer neuen Religion; ihre Religion war das Judentum. Sie errichteten eigene Synagogen, aber sie besuchten gelegentlich auch nicht-nazarenische, wie das unter allen praktizierenden Juden üblich war. Die Nazarener schöpften Verdacht gegen Paulus, als sie seine Predigten vernahmen, Jesus sei der Gründer einer neuen Religion und habe das mosaische Gesetz aufgehoben. Nach einem Versuch, mit Paulus ins Reine zu kommen, brachen die Nazarener (d.h. die Jerusalemer Kirche unter Jakobus und Petrus) unwiderruflich mit ihm und wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben.

4.
Paulus, nicht Jesus, war der Gründer des Christentums als einer neuen Religion, die sich sowohl vom normalen Judentum wie von dessen nazarenischer Variante hinwegentwickelte. In dieser neuen Religion war das mosaische Gesetz aufgehoben mit der Begründung, es habe nur eine zeitlich begrenzte Gültigkeit besessen. Der Zentralmythos der neuen Religion war der vom Versöhnungstod eines göttlichen Wesens. Glaube an dieses Opfer und die mystische Teilhabe am Tod der Gottheiteröffnete den einzigen Weg zur Errettung. Paulus entwickelte diese Religion aus hellenistischen Quellen, hauptsächlich durch eine Fusion von Motiven aus gnostischen und aus mysterienreligiösen Quellen, besonders aus dem Attiskult. Die Kombination dieser Elemente mit Zügen, die dem Judentum entnommen waren, insbesondere die verbindliche Übernahme dessen Heiliger Schriften, freilich umgedeutet zwecks Versorgung des neuen Mythos mit einem Hintergrund an geheiligter Vorgeschichte, war einzigartig; und Paulus allein, war der Schöpfer dieses Amalgams. Jesus selber hatte nie eine ähnliche Vorstellung besessen; er wäre über die von Paulus zugeschriebene Rolle als eine leidende Gottheit verblüfft und schockiert gewesen. Ebenso wenig hatte Paulus irgendwelche Vorgänger unter den Nazarenern, wenngleich spätere Mythographen diese Rolle dem heiligen Stephanus zuzuweisen suchten und moderne Gelehrte ebenso mythische Paulusvorläufer in einer Gruppe namens „Hellenisten“ oder „Hellenisierer“ entdeckten. Paulus, der persönliche Urheber des christlichen Mythos, ist niemals ausreichend in seiner Originalität gewürdigt worden. Der jahrhundertelange Respekt vor dem großen Apostel Paulushat die farbigeren Seiten seiner Persönlichkeit ganz verdunkelt. Wie so viele Evangelienverkünder war er ein Kompositum aus eigener Überzeugtheit und Scharlatanerie. Evangelienverkünder seines Typs waren häufige Erscheinungen in der griechisch-römischen Welt seiner Zeit (z.B. Simon „Magus“, Apollonius von Tyana).

5.
Eine Quelle von Informationen über Paulus, die nie ernst genommen wurde, ist eine Gruppe, welche unter dem Namen „Ebioniten“ bekannt ist. Ihre Schriften wurden von der Kirche unterdrückt, aber einige ihrer Ansichten und Überlieferungen erhielten sich in den Schriften ihrer Gegner, besonders in der umfangreichen „Widerlegung aller Ketzereien“ von Epiphanius. Aus diesen ergibt sich, dass die Ebioniten eine ganz andere Geschichte über Pauli Herkunft und Vorleben zu erzählen hatten als die, welche im NT zu finden ist und die Paulus selber als Legende nährte. Die Ebioniten bezeugten, dass Paulus keinen pharisäischen Hintergrund aufwies noch eine entsprechende Ausbildung besaß; er war der Sohn von Nichtjuden, bekehrte sich noch in Tarsus zum Judentum, kam als Erwachsener nach Jerusalem und schloss sich dem Hohenpriester als Gefolgsmann an. Nachdem seine Aufstiegshoffnungen gescheitert waren, brach er mit dem Hohenpriester und suchte Ruhm durch Gründung einer neuen Religion. Mag dieser Bericht auch nicht in allen Einzelheiten korrekt sein, so dürfte er doch in der Substanz zutreffen. Er ist in sich weit aus stimmiger und geeigneter, alle die befremdlichen und widersprüchlichen Einzelheiten der Lebensgeschichte Pauli auf einen Nenner zu bringen, als der Bericht der von der Kirche offiziell anerkannten Dokumente.

6.
Die Ebioniten wurden von der Kirche als Häretiker gebrandmarkt, die es nicht schafften zu verstehen, dass Jesus eine göttliche Person war, und stattdessen versicherten, er sei ein Mensch gewesen, der ein neues Zeitalter auf Erden einleiten sollte, wie es von den jüdischen Propheten der Bibel vorhergesagt worden war. Schlimmer noch, die Ebioniten weigerten sich, die von Paulus stammende Kirchenlehre zu akzeptieren, dass Jesus das mosaische Gesetz abgeschafft oder aufgehoben habe. Stattdessen beachteten die Ebioniten das jüdische Gesetz und betrachteten sich selbst als Juden. Die Ebioniten waren keine Glaubensabweichler bzw. Ketzer, wie die Kirche versicherte, und auch keine „Re-Judaisierer“, „Judaizitanten“ usw. wie moderne Gelehrte sie nennen, sondern die authentischen Nachfolger der unmittelbaren Jünger und Anhänger Jesu, deren Ansichten und Lehren sie getreulich weitergaben, wobei sie zutreffend glaubten dass sie von Jesus selber stammten. Sie waren dieselbe Gruppe, die zuvor unter dem Namen „Nazarener“ bekannt gewesen war, welche von Jakobus und Petrus geführt wurden, die Jesus zu Lebzeiten gekannt hatten und dadurch in einer viel besseren Lage waren, etwas über dessen Ziele und Absichten auszusagen, als Paulus, der mit Jesus nur in Träumen und Visionen zusammengetroffen war. Insofern ist die von den Ebioniten überlieferte Meinung über Paulus von außerordentlichem Interesse und verdient ernsthafte Kenntnisnahme statt gedankenloses Abtun als „skurrile Propaganda“ – die klassische Reaktion christlicher Gelehrter auf sie von der Antike bis in unsere Zeit hinein.
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………………wenn Paulus kein in jüdischer Gelehrsamkeit und Tradition verwurzelter Pharisäer war, sondern stattdessen ein hellenistischer Abenteurer, dessen Bekanntschaft mit dem Judentum vergleichsweise spät und seicht war, dann wird die Konstruktion des Mythos und der Theologie, die er in seinen Briefen leistet, zu einer ganz anderen Sache. Statt das wir in seinem Gedankensystem nach Zeichen von dessen Kontinuität mit dem Judentum suchen sollten, sollten wir besser dazu fähig werden, es als das zu erkennen, was es ist – ein geniales Gebräu und Gewirk aus hellenistischen Bestandteilen, das oberflächlich mit jüdischen Schriften und Überlieferungen verlötet wurde, die es mit einer Art Historizität und einer Aura von Gültigkeit versehen sollten.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Christel »

Atheisius hat geschrieben: Samstag 13. November 2021, 18:35 Hyam Maccoby bestätigt meine bisherige Ansicht, dass man immer unterscheiden muss zwischen dem Menschen Jesus, dem Prediger und dem mythischen Christus des Paulus.
Das glaube ich Dir voll und ganz. Du bist sehr empfänglich für alles was Deine Auffassung zu bestätigen scheint. – Du willst es glauben.

Nur ist es so, die einzige Quelle, die wir über Jesus haben und uns zeigen kann, wer er war und was er dachte, das ist das Neue Testament.
Niemand hat eine andere Quelle!


Jacob Neusner analysiert in seinem Buch „Ein Rabbi spricht mit Jesus“ die Bergpredigt Jesu. Er geht also von der historischen Quelle aus, dem Neuen Testament:
Neusner mischt sich in Gedanken unter die Menschen, die sich bei der Bergpredigt um Jesus scharen und ihm zuhören. Er fängt mit diesem Buch ein Gespräch mit Jesus an - er fragt nach, er stellt den Worten Jesu die Lehren der Tora entgegen. Ein Buch, das mit viel Respekt auf den Punkt bringt, was Christen und Juden voneinander trennt. https://www.scm-shop.de/ein-rabbi-spric ... jesus.html
Neusner stellt fest, dass er sich zwischen der Thora und Jesus entscheiden muss. Neusner entscheidet sich für die Thora.

Soweit ich das erkennen kann, geht Hyam Maccoby einseitig von dem Konflikt zwischen der Gruppe um Jakobus und Paulus aus. Er stellt sich auf die Seite von Jakobus und zieht daraus seine Schlussfolgerungen. Alles andere, also dass gesamte Zeugnis des Neuen Testaments, welches eine andere Sprache spricht, lässt er außen vor.
Um diese unangemessene Vorgehensweise zu rechtfertigen, erklärt er dies als durch Paulus verfälscht.

Doch Paulus ist historisch gut erforscht. Hyam Maccoby widerspricht damit der Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung.

Wissenschaftlich fundiert ist dieses Buch:
Bild
Udo Schnelle „Paulus : Leben und Denken“
Reihe De Gruyter Studium , 978-3-11-030157-1
Hauptbeschreibung
Diese zweite, umfangreich überarbeitete und erweiterte Auflage entfaltet das Denken des Paulus vor dem Hintergrund seines Lebens unter Aufnahme der neueren wissenssoziologischen, geschichtstheoretischen und religionsgeschichtlichen Diskussion.

Der erste Teil behandelt das Leben und die Briefe, im zweiten Teil folgt eine thematisch strukturierte Darstellung der zentralen Themen des paulinischen Denkens, das so in seiner historischen Genese wie in seiner Systemqualität erfasst wird. Drei Aspekte werden dabei in der Neuauflage ausgebaut und gestärkt: 1) Die Frage nach dem Ort des Paulus in der Religions- und Philosophiegeschichte seiner Zeit. 2) Die Einbindung des Paulus in die Konfliktgeschichte des frühen Christentums. 3) Paulus als theologischer Denker, der den Vergleich mit den Philosophen seiner Zeit nicht scheuen muss.

Ziel ist es, ein differenziertes Bild des paulinischen Wirkens und Denkens zu entwerfen, das sowohl seine religionsgeschichtlichen und innerchristlichen Kontexte ernst nimmt als auch die Fähigkeit des Paulus berücksichtigt, neue religiöse Welten zu entwerfen und sie ggf. auch weiter zu entwickeln. Die paulinische Theologie ist weitaus kreativer und komplexer, als sie oft mit der einseitigen Fixierung auf einen jüdischen Hintergrund und/oder die Rechtfertigungs- bzw. Versöhnungslehre dargestellt wird. https://www.buchhandel.de/buch/Paulus-9783110301571
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Christel »

Kurz nach dem Apostelkonzil kam es im Jahr 48 in Antiochia zu einem Zwischenfall
Worum ging es?
Zu der Konfrontation zwischen Paulus und Petrus kam es, nachdem Petrus zunächst zusammen mit unbeschnittenen Christen gegessen hatte, dann aber aus Rücksicht auf neu angereiste jüdische Christen aus der von Jakobus dem Gerechten geleiteten Jerusalemer Gemeinde, die das jüdische Gesetz (Halacha) – darunter auch die Regel, keine Tischgemeinschaft mit Nichtjuden zu pflegen – streng befolgten, davon Abstand nahm und sich von den Heidenchristen fernhielt. https://de.wikipedia.org/wiki/Antiochen ... ischenfall
Die Tischgemeinschaft zeigt im antiken Judentum Zusammengehörigkeit, gemeinsame Identität. Mit Heiden wurde nicht gemeinsam gegessen. Die Verweigerung der Mahlgemeinschaft ist ein Akt der Ausgrenzung. Es geht nicht zuletzt um die Zugehörigkeit zum „Volk Gottes“. Wenn sich Judenchristen als zugehörig zum Volk Gottes verstehen, dann sagen sie mit ihrer Absonderung den Heidenchristen, ihr gehört nicht zum Volk Gottes. - Doch eine solche Spaltung der christlichen Gemeinden, das ging nicht.

Ich denke, es ist greift zu kurz, dies nur als einen Konflikt zwischen „Judenchristen und Heidenchristen“ zu betrachten.
Reinheit und Absonderung spielen im Judentum eine wichtige Rolle.

Davon Abgesehen, dass das religiöse Judentum damals wohl vielfältiger war als heute, nicht alle haben zur Zeit Jesu die Thora voll und ganz befolgt (wenn das überhaupt möglich ist), nicht alle konnten mithalten. Nicht von ungefähr wird von den „verlorenen Schafen des Hauses Israel" (Mt 10,5.6) gesprochen.

Nicht von ungefähr, empören sich die Menschen über Jesu Tischgemeinschaft mit dem Zöllner Zachäus: „Und alle, die das sahen, empörten sich und sagten: Er ist bei einem Sünder eingekehrt.“
Und nicht von ungefähr sagt Jesus über Zachäus, dass „auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist.“
Jesus grenzt nicht aus, Jesus holt herein: „Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.“ Vergleiche Lukas 19,1-10

Im Unterschied zu Jesus grenzte die Gruppe um Jakob aus.
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Du bist sehr empfänglich für alles was Deine Auffassung zu bestätigen scheint. – Du willst es glauben.
Das ist natürlich Unsinn! So ähnlich hast du dich ja schon einmal geäußert. Dasselbe könnte man auch von Dir behaupten.

Maccobys Darstellung der Entstehung des Christentums ist in sich weit aus stimmiger und geeigneter, alle die befremdlichen und widersprüchlichen Einzelheiten der Lebensgeschichte des Paulus auf einen Nenner zu bringen, als der Bericht der von der Kirche offiziell anerkannten Dokumente. Maccoby hat, wie ein literarischer Schliemann, streng den historischen Quellen folgend, die Ursachen für die Entstehung der neuen paulinischen Kirche freigelegt.
Für mich sind die Evangelien des NT in sich unstimmig. Sie wurden von der christlichen Kirche soweit verfälscht, dass sie auf den Leser nur noch befremdlich wirken.
"Als Jude hat man gewisse Vorteile, wenn man versucht, die Evangelien zu verstehen." - so beginnt Maccoby sein Werk. Hyam Maccoby war Altertumsgelehrter, Reform-Rabbiner und leitete zuletzt die Bibliothek am Leo Baeck College für Judaistik in London.

Die im Neuen Testament so breitgetretene Feindschaft zwischen Jesus und "den Pharisäern" erweist sich bei der einem Juden selbstverständlichen Kenntnis des Sachverhalts als völlig widersinnig und erklärungsbedürftig, ebenso wie die Merkwürdigkeit, daß in einer Zeit des heroischsten Widerstandskampfes der Juden gegen ihre römischen Besatzer letztere bei allen Aposteln so penetrant gut wegkommen.

Wie Maccoby diesen Fragen nachgeht, Schicht um Schicht aus den, wie sich erweist, haarsträubend verlogenen Evangelien die historisch plausibelste Annäherung an die Wahrheit erschließt, liest sich spannend wie ein Kriminalroman, es wird zugleich klar, warum die "jüdische Sekte" (wie sie von den christlichen Inquisitoren im Mittelalter genannt wurde), also die Nazarener und später die Ebioniten, die angeblich den Gründer des Christentums auf dem Gewissen hat, von ihrem Ableger, der paulinischen neu gegründeten Kirche, so barbarisch wie unbarmherzig verfolgt wurde.
Christel schrieb:
Nur ist es so, die einzige Quelle, die wir über Jesus haben und uns zeigen kann, wer er war und was er dachte, das ist das Neue Testament.
Niemand hat eine andere Quelle!
Auch das ist wieder vollkommen falsch. Die Evangelien des NT sind zum großen Teil durch die Kirche im Nachhinein gefälschte Dokumente über den zum "Christus" erhobenen Jesus. Was der Jude Jesus, welcher nichts anderes wollte als Jude zu bleiben, welcher keine andere Religion als die jüdische wollte und welcher keine neue Kirche gründete ist nur zu einem geringen Teil in den Evangelien nachzulesen.
Niemand hat eine andere Quelle? Da bist du schlecht informiert.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Christel »

Atheisius hat geschrieben: Sonntag 14. November 2021, 17:28 Niemand hat eine andere Quelle? Da bist du schlecht informiert.
Gut, dann nenne mir die Quelle.
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Da brauchst du nur mal zu "googeln" da findest du viele Quellen.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Christel »

Du willst ablenken!
Du kannst keine Quellen nennen, weil es keine gibt.
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Ein neuer Unsinn von Dir. Du bist einfach nur zu bequem dich zu informieren. Das könnte ja deine Glaubensüberzeugungen ins Wanken bringen.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Christel »

Atheisius hat geschrieben: Montag 15. November 2021, 17:02 Da brauchst du nur mal zu "googeln" da findest du viele Quellen.
Es gibt viele Quellen, immer neue Sensationen in denen „jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf getrieben“ wird. – Es kann folglich nicht alles stimmen!

Doch es gibt im Wesentlichen nur eine einzige Quelle auf die das alles basiert: „die Bibel“. Anhand dieser Quelle ist zu prüfen, ob die Behauptungen plausibel sind.

Atheisius, Du musst zwischen Primär- und Sekundärliteratur unterscheiden:
Primärliteratur stellt den Forschungsgegenstand von Sekundärliteratur dar. In Sekundärliteratur werden Informationen aus Primärliteratur beschrieben, analysiert oder interpretiert. https://www.scribbr.de/richtig-zitieren ... literatur/
Sekundärliteratur ist:
Hyam Maccoby „Der Mythenschmied: Paulus und die Erfindung des Christentums“

Sekundärliteratur ist auch:
Atheisius hat geschrieben: Samstag 30. Oktober 2021, 12:45 "Wie das Christentum entstand – ein Geburtsfehler".
Die Legende vom Saulus zum Paulus unterzieht Klaus Wengst einer brillanten Interpretation.
Als Primärliteratur, also als Forschungsgegenstand steht beiden im Wesentlichen nur die Bibel zur Verfügung.

Wahrscheinlich im Gegensatz zu Dir, habe ich inzwischen im Buch von Klaus Wengst gelesen.

Ich kann Dir sagen, die Aussagen von Hyam Maccoby und Klaus Wengst widersprechen sich.
Das heißt, man muss sich zwischen beiden entscheiden.
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Doch es gibt im Wesentlichen nur eine einzige Quelle auf die das alles basiert: „die Bibel“. Anhand dieser Quelle ist zu prüfen, ob die Behauptungen plausibel sind.
Ja und? Die Überprüfungen ergaben, dass dass die Behauptungen diese NT nicht plausibel sind.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Christel »

Da bist Du falsch informiert.

Lies einfach Deine eigene Buchempfehlung: Klaus Wengst "Wie das Christentum entstand".
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Soweit ich das erkennen kann, geht Hyam Maccoby einseitig von dem Konflikt zwischen der Gruppe um Jakobus und Paulus aus. Er stellt sich auf die Seite von Jakobus und zieht daraus seine Schlussfolgerungen. Alles andere, also dass gesamte Zeugnis des Neuen Testaments, welches eine andere Sprache spricht, lässt er außen vor.
Um diese unangemessene Vorgehensweise zu rechtfertigen, erklärt er dies als durch Paulus verfälscht.
Doch Paulus ist historisch gut erforscht. Hyam Maccoby widerspricht damit der Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung.
Hyam Maccoby ist Jude und kein Christ. Es ist deshalb verständlich, dass er die Entstehung/Erfindung des Christentum aus jüdischer Sicht sieht.

Natürlich ist Paulus gut erforscht, wie du selbst schreibst.

Uta Ranke-Heinemann schreibt sehr richtig:
„Paulus ist der Gründer und Organisator der Kirche. Er proklamierte sie als das neue, das wahre Israel. Diese Proklamation ist eine der revolutionärsten und folgenschwersten Proklamationen der Weltgeschichte. Sie reist das Christentum heraus aus dem Schoß des Judentums und des alten Israels und legt theologisch, geschichtstheologisch und geschichtlich dreifach, die Grundlage für jenen - von den Juden hergesehenen - größten Raubzug der Weltgeschichte, mit dem verglichen die Plünderung des Tempels in Jerusalem durch die Römer , die Plünderung der Bibliothek Alexandriens, , die ganzen furchtbaren Plünderungen der Schätze, Reichtümer und Weistümer der alten Welt durch Barbaren, Römer, Araber, Mongolen gering erscheinen.
Dieser - von den Juden her betrachtet ….-größte Raubzug der Weltgeschichte führt das Alte Testament in den Dienst der christlichen Kirche über: Was in über 1000 Jahren jüdische Propheten , Priester, Künder, Söhne, Väter des jüdischen Volkes an Gebet, Opfer, Liturgie, Dichtung, Wortaussage geschaffen haben – unter unsäglichen Leiden und Schmerzen, lange vor und lange nach nach der Babylonischen Gefangenschaft -,wird nun als Beutegut des neuen Israels, der Kirche, zum unantastbaren Erbgut der Kirche…..“
Zu den Evangelien:
Die Evangelien eignen sich nicht als Grundlage einer Jesus Biographie. Die Evangelien haben Jesus verfremdet. Nicht den Menschen Jesus und sein reales Leben wollten sie darstellen, ihre Absicht ist vielmehr die Interpretation seiner Gestalt unter theologischen Leitideen wie Vergöttlichung und Sühneopfer. Und damit ist für sie z.B. Jesus menschlich psychologische Entwicklung – unerläßlich für jede Jesusbiographie – gleichgültig geworden. Jesus ist also, was sein konkretes Leben betrifft, der große Unbekannte des Christentums. Er ist als Mensch in dem theologischen Gebäude , mit dem man ihn überbaute, verloren gegangen oder abhandengekommen.
Zu den Apostelbriefen:
Früher stand auf Banknoten der Spruch: „Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte sich verschafft und in Verkehr bringt, … wird bestraft“
Es ist schade, dass ein solcher Spruch nicht auch unter Ersetzung des Wortes „Banknoten“ durch das Wort „Apostelbriefe“ auf den neutestamentlichen Briefen steht. Vielleicht würde das die Kirche mit ihrer ständigen Verbreitung von Apostelbrief-Blüten etwas bescheidener machen, und sie würde den Gebrauch des Ausdrucks „Wort Gottes“ etwas einschränken, und zwar nicht nur für die falschen Briefe, sondern gleich auch für die echten, die bei aller Echtheit allesamt nicht mehr sind als Gotteswort-Blüten, weil sie allesamt niemals mehr sind als Menschenwort.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
Christel
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Christel »

Atheismus, ich vermute Du bist etwas älter als ich, das schließe ich aus Deinem Interesse an Rudolf Bultmann und Uta Ranke-Heinemann. Aber vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich mit denen nie was anfangen konnte.

Aber generell, irgendwelche Behauptungen, Spekulationen oder Zitate, die zählen nicht, egal von wem. – Nur das Argument zählt und das muss sachlich, begründet und plausibel sein.
Atheisius hat geschrieben: Donnerstag 18. November 2021, 06:46 Uta Ranke-Heinemann schreibt sehr richtig:[/b]
„Paulus ist der Gründer und Organisator der Kirche.
Atheisius hat geschrieben: Samstag 13. November 2021, 18:35
„Der Mythenschmied: Paulus und die Erfindung des Christentums“

Wo Lüdemann aufhört, fängt Maccoby erst an: Paulus war nicht nur der organisatorische Gründer der Kirche, die es ohne ihn gewiß nicht gäbe, sondern auch der alleinige Stifter der christlichen Religion, welche dem gläubigen Juden und verhinderten Messias Jesus schwerlich gefallen hätte.
Gnosis und Mysterienreligionen, welche zuvor noch niemand kombiniert hatte, verknetete Paulus mit einem gründlich umfunktionierten biblischen Substrat zu einer brisanten Mischung. Entgegen seinen eigenen Suggestionen und den Legenden der Apostelgeschichte ist Paulus im Gegensatz zu Jesus niemals Pharisäer gewesen; aber er war ein nahezu genialer hellenistischer Mythenschmied.
Ich hatte schon unter Wie das Christentum entstand – ein Geburtsfehler versucht aufzuzeigen, dass dies zeitlich gar nicht möglich ist.

Außerdem, Jesus sammelte um sich einen Schülerkreis, nicht nur die Zwölf Apostel, die übrigens die zwölf Stämme Israels symbolisieren.
Paulus lebte und wirkte zeitgleich mit ihnen. Er hätte gar nichts verfälschen können.
Die historischen Zeugnisse belegen überdies, dass Paulus Jude war und sich zeitlebens als Jude verstand. – Wer was anderes behauptet, der saugt sich das aus den Fingern.

Klaus Wengst widerspricht der Aussage, dass Paulus der „Erfinder der Kirche oder des Christentums“ ist. Zwar sieht er eine Kontinuität beginnend mit Jesus, aber mit Brüchen. Jedoch vom Christentum spricht er erst ab dem Zeitpunkt, wo eine eigene christliche Identität im Gegensatz zu den Juden entsteht. (So habe ich ihn jedenfalls verstanden.) Das war lange nach Paulus.

Was den Zeitpunkt des Entstehens des Christentums betrifft, das kann man sehen wie man will. Ich folge da Klaus Wengst nicht unbedingt. Für mich beginnt das Christentum mit dem Bekenntnis zu Jesus Christus. Das war schon bevor Paulus sich den Christen anschloss.

Aber in einem hat Klaus Wengst vollständig Recht. Ob’s die Apostel sind oder Paulus, das alles spielt sich innerhalb des Judentums ab, es sind innerjüdische Konflikte.
Um das Neue Testament, die Evangelien und auch die Paulusbriefe wirklich zu verstehen, benötigt man Kenntnisse des Judentums.
Paulus war nie bei echten "Heiden" erfolgreich. Es waren immer "Heiden", die schon lange mit den jüdischen Synagogen in Verbindung standen. Paulus predigte in den Synagogen! Es waren Juden und Menschen, die dem Judentum nahestanden, nur eben noch nicht übergetreten waren, die er für Christus gewinnen konnte.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Die Erfindung des Christentums

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Atheismus, ich vermute Du bist etwas älter als ich, das schließe ich aus Deinem Interesse an Rudolf Bultmann und Uta Ranke-Heinemann. Aber vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich mit denen nie was anfangen konnte.
Was hat das mit dem Alter zu tun? Etliche hervorragende, bedeutende Theologen sind schon verstorben, aber ihre Bedeutung haben sie nicht verloren. Uta Ranke-Heinemann war die erste Professorin für katholische Theologie und Tochter des Bundespräsidenten Heinemann. 1987 verlor sie ihre Lehrbefugnis weil sie diese alberne "Jungfrauengeburt" in Frage gestellt hat. Früher wäre sie als Ketzerin verbrannt worden. Von ihr stammt das Buch: "Nein und Amen - Mein Abschied vom traditionellen Christentum". Man sollte dieses Buch gelesen haben.
Christel schrieb:
Paulus lebte und wirkte zeitgleich mit ihnen. Er hätte gar nichts verfälschen können.
Das ist nun mal kein sachliches Argument von dir. Paulus ist Jesus nie begegnet. Paulus hat nach dem Tode Jesus sehr wohl diesen nur noch benutzt um aus ihm den Christus zu fabrizieren.

Vor Paulus war die Jesusbewegung eine Reformgruppe innerhalb des Judentums, sie zeigte sich nicht daran interessiert zu den Heiden zu gehen. Das Leben Jesu, aber auch die Geschichte der Jerusalemer Kirche zeigen dies klar. Ein Auftrag zur Mission unter den Heiden war nicht vorhanden. Erst Kephas begann später mit der Heidenmission wie man es bei Lukas erfahren kann. (Apg 10,1-11,18) und der erste Evangelist stellte einen Missionsbefehl an das Ende seines Evangeliums (Mt 28,16-20). Die Frage der Heidenmission wurde der Jerusalemer Kirche vor allem von Paulus aufgezwungen und Kephas begann sich der Heidenmission zu öffnen. Diese Heidenmission war der Grund dass die Jerusalemer Kirche keinen Beitrag zur Reform des Judentums nach 70 nChr leisten konnte. Ihr Leiter, Jakobus der Gerechte, ein Bruder des Jesus und ein Gegner des Paulus, war dem Kephas in der Leitung der Jerusalemer Kirche nachgefolgt, aber im Jahr 62 nChr wegen angeblicher Übertretung des Gesetzes selbst hingerichtet worden.
Die Religion, die er und seine Nachfolger vertraten, verblieb gleichwohl innerhalb des Judentums der damaligen Zeit. Alle von ihnen, einschließlich ihres Vorgängers Jesus, wollten innerhalb Israels bleiben. Aus diesem Grund ist es sachgemäß, sie nicht als Repräsentanten des Christentums, dem die Zukunft gehörte, anzusehen.
Die hellenistische Sekte wurde aus Jerusalem hinausgetrieben und in dieser Zeit kam Paulus aus Tarsus, als Konvertit zum hellenistischen Christentum. Ohne Paulus hätte die hellenistische-christlich-jüdische Sekte die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 nicht überlebt.
„Ohne Paulus gäbe es keine Christenheit; kaum würden wir von einer kleinen jüdischen Sekte erfahren haben, deren Meister am Kreuze starb. Freilich: hätte man eben diese Geschichte zur rechten Zeit begriffen, hätte man die Schriften des Paulus nicht als Offenbarungen des „Heiligen Geistes“, sondern mit einem redlichen und freien eigenen Geiste, und ohne an Not dabei zu denken, gelesen, wirklich gelesen – es gab anderthalb Jahrtausend nicht solche Leser -, so würde es auch mit dem Christentum längst vorbei sein: so sehr legen diese Blätter des jüdischen Pascal den Ursprung des Christentums bloß….Dass das Schiff des Christentums einen guten Teil des jüdischen Balastes über Bord warf, das es unter die Heiden ging und gehen konnte, - das hängt an der Geschichte dieses einen Menschen, eines sehr gequälten , sehr bemitleidenswerten , sehr unangenehmen Menschen. Er litt an einer fixen Idee, oder deutlicher: an einer fixen, stets gegenwärtigen, nie zur Ruhe kommenden Frage: welche Bewandtnis es mit dem jüdischen Gesetz habe? Und zwar mit der Erfüllung dieses Gesetzes?“
Friedrich Nietzsche
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
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