Die kosmische Bedeutungslosigkeit des Menschen

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Atheisius
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Die kosmische Bedeutungslosigkeit des Menschen

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Unsere Erde ist im kosmischen Maßstab so unscheinbar klein, dass es geradezu vermessen ist, sie als „Staubkorn im Weltall“ zu bezeichnen. Schon gegenüber unserer Sonne wirkt die Erde wie ein Melonenkern gegenüber einer Wassermelone. Dabei ist die Sonne selbst nur ein gelber Zwerg, der gegenüber dem roten Riesen Arcturus Melonenkerngröße annimmt und gegenüber dem roten Überriesen Beteigeuze optisch ganz verschwindet.

Seit Kopernikus dürfte es sich einigermaßen herumgesprochen haben, dass die Erde sich keineswegs im Mittelpunkt des Universums befindet (den es in einem unendlichen Kosmos auch gar nicht geben kann). Wir befinden uns nicht einmal im Zentrum unserer eigenen Galaxie, sondern in einem der äußeren Spiralarme, sozusagen in der tiefsten galaktischen Provinz, rund 26.000 Lichtjahre vom Zentrum der Milchstraße entfernt.

Neben unserer Sonne tummeln sich in unserer Galaxie 300 Milliarden weitere Sterne, wobei die Milchstraße nur eine Galaxie unter schätzungsweise 100 Milliarden Galaxien mit schätzungsweise 70 Trilliarden Sternen ist.

Die vom Homo sapiens (statt „sapiens“ müsste es eigentlich „demenz“ heißen) konsequent verdrängte kosmologische Bedeutungslosigkeit des Menschen zeigt sich allerdings nicht nur in der räumlichen, sondern auch in der zeitlichen Dimension.
So waren zwei Drittel der bisherigen „Lebenszeit“ des Universums (insgesamt 13,7 Milliarden Jahre) bereits vergangen, als vor 4,6 Milliarden Jahren Sonne und Erde in den unermesslichen Weiten des Weltalls auftauchten. Von der vermeintlichen Krönung der Schöpfung war da beim besten Willen noch nichts zu erahnen. Es dauerte mehr als vier Milliarden Jahre, also 90 Prozent der gesamten bisherigen Erdgeschichte, bis überhaupt die ersten Wirbeltiere entstanden.

Vor 416 Millionen Jahren siedelten sich die ersten von ihnen an Land an, vor etwa 250 Millionen Jahren traten die ersten Säugetiere auf. Allerdings hätte man unseren aus Reptilien hervorgegangenen Vorfahren, die gerade einmal die Größe von Mäusen oder Ratten erreichten, kaum eine verheißungsvolle Zukunft prognostiziert. Allzu sehr standen sie im Schatten der Dinosaurier und Flugsaurier, die das Mesozoikum (Erdmittelalter) dominierten.

Dies änderte sich erst mit den verhängnisvollen Meteoriteneinschlägen vor 65 Millionen Jahren, die zur Folge hatten, dass etwa die Hälfte aller damaligen Pflanzen- und Tierarten (darunter sämtliche Saurier und Flugsaurier) ausstarb. Erst nach dieser verheerenden Katastrophe konnten sich die Säugetiere entfalten, unter anderem auch die Ordnung der Primaten, der wir angehören.

Bis zur Entstehung des modernen Menschen dauerte es von da an aber noch immer Jahrmillionen. Vor etwa 15 Millionen Jahren trennten sich die Vorfahren der heutigen Gibbons von unserer Stammlinie. Vor elf Millionen Jahren schlugen die Orang-Utans einen eigenen Weg ein, vor sechs Millionen Jahren die Gorillas. Knapp eine Million Jahre später trennten sich die Stammbäume der heutigen Schimpansen und Bonobos vom Stammbaum der Menschen, weshalb wir, was Homo demens gern verdrängt, mit den Schimpansen enger verwandt sind als diese mit den Gorillas.

Zum Zeitpunkt der Trennung der Stammeslinien von Mensch und Schimpanse hätten wir unseren Vorfahren kaum zugetraut, dass er jemals Nachkommen hervorbringen würde, die Kreuzworträtsel lösen oder ins All fliegen würden. Denn das Gehirn der Australopithecinen war nur unwesentlich größer als das eines heutigen Schimpansen.
Erst bei Homo erectus, unserem direkten Vorfahren, setzte eine bemerkenswerte Entwicklung des Denkorgans ein. Innerhalb von weniger als zwei Millionen Jahren verdoppelte sich sein Gehirnvolumen.
Erst vor knapp 200.000 Jahren entwickelte sich aus Homo erectus der moderne Mensch, der, was oft vergessen wird, 95 % seiner bisherigen Existenz als Jäger und Sammler verbrachte.

Es mag verwundern, aber tatsächlich kam der moderne Mensch 99 Prozent seiner Artgeschichte ohne christliche Kirche aus, 99,9 Prozent ohne Dampfmaschine, 99,99 Prozent ohne Handy.

Umlegung der Geschichte des Universums auf ein Kalenderjahr

Wenn man die Geschichte unseres Universums auf ein Kalenderjahr umlegt, wird die kosmische Irrelevanz der Menschheit besonders offensichtlich: Setzt man für den 1. Januar um 00.00 Uhr den Urknall an, muss man schon bis Anfang September warten, bis Sonne und Erde entstehen. Ende September entwickeln sich die ersten primitiven Lebensformen. Es dauert bis Mitte Dezember, bis die ersten Fische in den Ozeanen schwimmen. Um den 20. Dezember herum tauchen Landwirbeltiere auf. Die Dinosaurier beherrschen die Szenerie vom 28. bis zum 30. Dezember. Erst am 31. Dezember, wenige Minuten vor Mitternacht, tritt der erste Vertreter von Homo sapiens in Erscheinung. Die menschliche Kulturgeschichte schrumpft im Maßstab des kosmischen Kalenders auf die letzten Sekunden vor Neujahr zusammen.

Zählen wir also den Countdown herunter, damit das Neujahrsfeuerwerk beginnen kann:

10 – die Jungsteinzeit endet, die Bronzezeit beginnt,

9 – in Oberägypten wird die erste Buchstabenschrift verwendet,

8 – die Gräber im ägyptischen Tal der Könige werden angelegt,

7 – die Chinesen erfinden den Kompass, die Griechen vollziehen den Übergang von der Bronzezeit in die Eisenzeit,

6 – Pythagoras wirkt in Griechenland, Buddha in Indien, Konfuzius in China,

5 – nach dem Ende der griechischen Hochkultur entwickelt sich Rom zur Weltmacht,

4 – aus einer jüdischen Sekte entwickelt sich das Christentum zur dominanten Religion,

3 – die antike Kultur ist nach dem Ende des Römischen Reichs und der Expansion des Islam untergegangen, das Frühmittelalter beginnt,

2 – im Hochmittelalter rufen die Päpste zu Kreuzzügen auf und führen die Inquisition ein,

1 – Luther löst die Reformation aus, die europäische Hexenverfolgung beginnt, die Berechnungen des Kopernikus erschüttern das geozentrische Weltbild,

0 – prost Neujahr!

In den letzten Sekunden vor Mitternacht wird Homo sapiens demens besonders rührig: Er erfand nicht nur den Blitzableiter, die Glühbirne und die Digitalkamera, sondern schlachtete auch Hunderte Millionen seiner Artgenossen in unzähligen Kriegen ab. Lassen wir also die Sektkorken knallen!

Allzu lange dürfte die Party ohnehin nicht dauern.

Denn wie viele Sekunden wird der Mensch im ersten Jahr nach dem Urknall existieren? Eine Sekunde (umgerechnet etwa 434,5 Jahre)? Zehn Sekunden? Eine halbe Minute? Würden wir es bis 00:01Uhr am Neujahrstag schaffen (26.065 Jahre), wäre das für eine demente Spezies wie die unsrige schon beachtlich, eine Verweildauer bis ein Uhr morgens (1.563.927 Jahre) ein kleines Wunder.

Am zweiten Januar (in 37.534.246 Jahren) wird es uns mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr geben. Allerdings werden wir nicht die Einzigen sein, die im Laufe des Januars von der Bühne des Lebens abtreten werden.

Da die Leuchtkraft unserer Sonne kontinuierlich steigen wird, werden wohl schon am 14. Januar des kosmischen Kalenders (in etwa 500 Millionen Jahren) keine höheren Lebensformen mehr auf der Erde existieren, am 24. Januar (in etwa 900 Millionen Jahren) werden sämtliche Pflanzen verschwunden sein.

Anfang März (in rund zwei Milliarden Jahren) wird sich die Sonne zu einem roten Riesen aufblähen und das 250-Fache ihrer jetzigen Ausdehnung erreichen. Vermutlich wird die Erde kurz darauf in die Sonne stürzen, die nach einigen gigantischen Heliumblitzen Ende Juli (in 7,7 Milliarden Jahren) zu einem weißen Zwerg mutieren wird, der - wie die Asche eines Lagerfeuers – noch eine Zeit lang , mindestens bis zum Ende des zweiten kosmischen Kalenderjahres still vor sich hin glüht, bis am Ende auch bei unserer guten alten Sonne sämtliche Lichter ausgehen.

Der Blick in den auf zwei Jahre komprimierten kosmischen Kalender macht zweierlei deutlich:

Erstens, dass das irdische Leben bloß eine flüchtige Randerscheinung in den unendlichen Weiten des Universums ist.

Zweitens, dass der Mensch innerhalb dieser Randerscheinung nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Im kosmischen Kalender hat Homo sapiens allenfalls den Status einer Eintagsfliege (geboren am 31.12. ausgestorben am 01.01.) – bei genauer Betrachtung nicht einmal das.

Die eigentlichen Beherrscher der Erde waren und sind die Bakterien, die lange vor uns existierten und auch noch lange nach uns existieren werden.
Was ist also davon zu halten, wenn sich ausgerechnet die „kosmische Eintagsfliege“ Mensch einbildet, im Zentrum des Universums zu stehen?

Gibt es einen klareren Beleg für die Unzurechnungsfähigkeit dieser Spezies?

Wie blöde muss man eigentlich sein, um den Größenwahn zu übersehen, der uns Tag für Tag in Kirchen, Moscheen, Synagogen, Tempeln entgegenschwappt?
  • Der vermeintliche Schöpfer des unendlichen Universums soll wirklich nichts Besseres im Sinn gehabt haben, als sich ausgerechnet in Gestalt einer zufällig entstandenen und bald wieder aussterbenden Affenart auf dem Mini-Planeten Erde zu inkarnieren und gekreuzigt zu werden?
Lächerlich!
  • Er soll Wert darauf legen, dass die affenartigen Lebensformen auf diesem unbedeutendem Planetchen sich ihm unterwerfen, indem sie fünfmal am Tag arabische Sätze aufsagen?
Grotesk!
  • Der vermeintliche Schöpfer des Alls soll sich allen Ernstes daran stören, wenn zu bestimmten Zeiten, die diese Erdlinge als „Sabbat“ bezeichnen Kinderwagen geschoben werden?
Völlig meschugge!
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Aus: „Keine macht den Doofen“ Eine Streitschrift: http://www.keine-macht-den-doofen.de/

http://www.keine-macht-den-doofen.de/me ... demens.mp3 Warum ich mich schäme Mensch zu sein
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
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Re: Die kosmische Bedeutungslosigkeit des Menschen

Ungelesener Beitrag von Holuwir »

Wunderbar, das Ganze einmal in die richtige Relation zu setzen.
Einfach nur wunderbar!
Danke!


https://astrokramkiste.de/strukturen-im-weltall
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Re: Die kosmische Bedeutungslosigkeit des Menschen

Ungelesener Beitrag von Holuwir »

Oder das:
https://www.htwins.net/scale2/
(Sprache (Deutsch) auswählen - Starten - Staunen)
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Re: Die kosmische Bedeutungslosigkeit des Menschen

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Das sind zwei hoch interessante Links, welche Holuwir hier eingestellt hat. Da habe ich die nächsten Tage viel zu lesen. Jetzt wird es erst mal richtig spannend hier im Eichsfeld Forum und ich könnte glatt zu einem Astronomie-Fan werden.
In meiner Schulzeit habe ich ja auch viel über Astronomie gelernt aber über die Jahre wieder viel vergessen. Das kann ich jetzt wieder auffrischen.
Sehr interessant finde ich auch die Übersicht über die verschiedenen Weltbilder: https://astrokramkiste.de/weltbilder-ueberblick
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Die kosmische Bedeutungslosigkeit des Menschen

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Heute wird den noch Gläubigen eingetrichtert, die Bibel nicht mehr so wörtlich zu nehmen wie es dort geschrieben steht. Man soll die darin enthaltenen Aussagen eher als Bilder/Symbolik verstehen.

In einer Sonntagszeitung las ich vor einiger Zeit das „Wort zum Sonntag“ (Ich habe es mir herausgeschnitten) darin schrieb ein Pfarrer einiges über die Schöpfungsgeschichte. Was er schrieb hörte sich irgendwie für Gläubige ganz vernünftig an, ist aber doch nur der unbrauchbare Versuch gewesen die Evolutionstheorie mit der Bibel in Einklang zu bringen.

Er schrieb (Auszug):

Überschrift: Der Neandertaler der Zukunft

„(…) Das größte Missverständnis aber ist die Vorstellung, die Schöpfung sei fertig. Gott habe die Welt irgendwann erschaffen und dann ist sie so, wie sie ist, und bleibt so.
Das erscheint nur der einzelnen Menschengeneration so, die die Veränderung der Jahrmillionen nicht überblicken kann. In Wirklichkeit ist Gottes Schöpfung mitten im Werden. Wir Menschen sind wahrscheinlich nicht die Krone der Schöpfung, sondern Wesen des Übergangs. Sozusagen die „Neandertaler der Zukunft“.

Gott wird höhere Lebewesen als uns entstehen lassen, die eines Tages unsere Welt ausgraben und sich wundern werden.
Ich hab auch nicht die Sorge, dass wir die Welt vernichten könnten. Da überschätzen wir uns gewaltig. Wir können nur uns selbst vernichten, indem wir die Welt für uns unbewohnbar machen. Wir können uns durch eigene Schuld herauskatapultieren aus diesem Werden der Schöpfung.
Aber nach uns wird die Welt sich von diesem kleinen „Zwischenfall Mensch“ schnell, das heißt in einigen Millionen Jahren, wieder erholen und Gott wird andere Lebewesen hervorbringen, die ihm ähnlicher sind als wir.
Auf mich wirkt dieser Gedanke tröstlich.“


Soweit aus diesem Wort zum Sonntag.

Wirklich ein tröstlicher Gedanke - Wer‘s glaubt wird selig.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Christel
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Re: Die kosmische Bedeutungslosigkeit des Menschen

Ungelesener Beitrag von Christel »

Atheisius, nimmt die Bibel selbst nicht wörtlich. Im Gegenteil mit Vorliebe folgt er Menschen, die ganze Teile für ungültig erklären, damit sie ihren eingenen Thesen, die sie sich aus ihren Fingern saugen folgen können. Atheisius orientiert sich nicht an den Ergebnissen der Bibelwissenschaft, sondern daran was sein eigenes Weltbild bestätigt. Nicht Wahrheitsfindung lautet das Ziel, sondern Selbstbestätigung.

Dass die Schöpfung weiter geht, hat damit nichts zu tun. Das ist eine alte These.

Alles andere hätte auch ein Atheist, statt eines Theologen schreiben können.
Aber dann hätte es Atheisius geglaubt. Nicht der Inhalt ist für Atheisius entscheidend, sondern wer etwas sagt.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Die kosmische Bedeutungslosigkeit des Menschen

Ungelesener Beitrag von Holuwir »

Atheisius hat geschrieben: Sonntag 9. Januar 2022, 12:25
ein Pfarrer hat geschrieben:Das größte Missverständnis aber ist die Vorstellung, die Schöpfung sei fertig. Gott habe die Welt irgendwann erschaffen und dann ist sie so, wie sie ist, und bleibt so.
Nein, das größte Missverständnis ist die Vorstellung, ein Gott habe die Welt erschaffen. Die Welt ist durch die Kräfte, die von der ewigen Energie und der aus ihr entstandenen Materie ausgehen, entstanden, ein Prozess, der nie zu Ende geht. Das hat uns die Naturwissenschaft offenbart.
ein Pfarrer hat geschrieben:In Wirklichkeit ist Gottes Schöpfung mitten im Werden.
Ja, wir sind mittendrin in diesem universellen Prozess. Die Gegenwart ist immer mittendrin. Aber dieser Prozess ist nicht etwa planvoll, nicht teleologisch, sondern allein getrieben von den unkoordinierten Kräften der Atome, die die Materie ausmachen und die sich entsprechend dieser Kräfte ordnen.
ein Pfarrer hat geschrieben:Wir Menschen sind wahrscheinlich nicht die Krone der Schöpfung
Nicht nur nicht wahrscheinlich. Wir sind weder Schöpfung noch gibt es irgendeine Krone. Lebewesen sind das Ergebnis des Zusammenfindens von Atomen zu speziellen Molekülen, die ihre Anordnung zu vererben imstande sind. Wir unterscheiden uns von allen anderen Lebewesen durch die Größe unseres Gehirns im Verhältnis zu unserer Körpermasse. Das befähigt uns zu besonders intensivem Denken und dem daraus erwachsenden Handeln. Für die Natur jedoch ist nur von Bedeutung, ob die Zellteilung über lange Zeiträume funktioniert und dadurch eine einmal entstandene Struktur erhalten bleibt. Eine Wertung gibt es dabei nicht.
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Re: Die kosmische Bedeutungslosigkeit des Menschen

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

(Fortsetzung vom ersten Beitrag - siehe oben)

Der englische Naturwissenschaftler und Evolutionsbiologe Richard Dawkins beschritt in seinem Buch „Geschichte vom Ursprung des Lebens“ eine rückwärtsgerichtete Chronologie (Im Gegensatz zu der oben im ersten Beitrag beschriebenen).

Eine rückwärts gerichtete Chronologie, die nach unseren Vorfahren sucht, läuft auf ein einziges, weit entferntes Ziel hin. Dieses entfernte Ziel ist der große Vorfahre alles Lebendigen, und bei ihm läuft gezwungenermaßen alles zusammen, ganz gleich, wo wir anfangen – ob bei Elefanten oder Elstern, Mauerseglern oder Mycoplasmen, Farnen oder Frauen. Rückwärts- und vorwärtsgerichtete Chronologien sind für unterschiedliche Zwecke gut.
Bewegen wir uns rückwärts, können wir anfangen, wo wir wollen, immer feiern wir am Ende die Einheit alles Lebendigen. Bewegen wir uns vorwärts, freuen wir uns über die Vielfalt. Es funktioniert im kleinen zeitlichen Maßstab ebenso wie im großen.

Die vorwärtsgerichtete Chronologie der Säugetiere ist in ihrem großen, aber immer noch begrenzten Zeitrahmen eine Geschichte der Verzweigungen und Auseinanderentwicklung, in der sich die Reichhaltigkeit dieser Gruppe behaarter Warmblütler entfaltet.

Eine rückwärtsgerichtete Chronologie, die irgendein modernes Säugetier als Ausgangspunkt wählt, wird immer auf das gleiche, einzigartige Ur-Säugetier zulaufen: einen schemenhaften, insektenfressenden, nachtaktiven Zeitgenossen der Dinosaurier. Dies ist eine begrenzte Konvergenz. Noch stärker eingegrenzt, läuft sie auf den jüngsten Vorfahren aller Nagetiere hinaus, und der lebte irgendwann um die Zeit, als die Dinosaurier ausstarben.

Noch schneller führt die Konvergenz aller Menschenaffen (einschließlich der Menschen) zu ihrem gemeinsamen Vorfahren, der vor etwa 18 Millionen Jahren lebte.

Im größeren Maßstab finden wir eine vergleichbare Konvergenz, wenn wir uns von irgendeinem Wirbeltier aus rückwärts bewegen, und noch größer wird sie, wenn wir bei irgendeinem Tier beginnen und uns zum Vorfahren aller Tiere bewegen.

Die größte Konvergenz schließlich erleben wir, wenn wir uns von irgendeinem heutigen Lebewesen – Tier, Pflanze, Pilz oder Bakterium – in die Vergangenheit bis zum Stammvater aller heutigen Lebensformen vorarbeiten, einem Organismus, der vermutlich einem Bakterium ähnelt.

In einer rückwärtsgerichteten Chronologie müssen sich die Vorfahren jeder Artengruppe zu irgendeinem Zeitpunkt der Erdgeschichte treffen. Am Ort dieser Begegnung steht der letzte Vorfahre, der ihnen allen gemeinsam ist und den Dawkins als „Mitfahre“ bezeichnet. Der älteste Mitfahre ist der Urahn aller noch existierenden Lebensformen.

Wenn wir den Homo sapiens als Ausgangspunkt einer rückwärtsgerichteten Chronologie wählen, begrüßen wir vor fünf Millionen Jahren in Afrika den Schimpansen. Schimpansen und Bonobos hatten sich bereits vorher zusammengefunden.

Die nächsten Mitfahren auf unserer Reise in die Vergangenheit sind die Gorillas, dann folgen Orang-Utans (womit wir ein ganzes Stück weiter vorstoßen und vermutlich auch Afrika verlassen.
Als nächstes begrüßen wir die Gibbons, dann die Altwelt- und die Neuweltaffen, dann verschiedene andere Säugetiergruppen…. und so weiter, bis wir uns schließlich alle als Pilger des Lebendigen gemeinsam in einer einzigen Linie rückwärts auf die Suche nach dem Ursprung des Lebens begeben.

Wenn wir weiter rückwärts schreiten, hat es irgendwann keinen Sinn mehr, den Kontinent zu benennen, auf dem eine Begegnung stattfindet: Die Weltkarte sah damals wegen des erstaunlichen Wirkens der Plattentektonik ganz anders aus.

Und noch weiter in der Vergangenheit schließlich finden alle Begegnungen im Meer statt. Dort finden wir den einen einzigen Vorfahren aller bekannten Lebensformen, der vor mehr als drei Milliarden Jahren lebte.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Die kosmische Bedeutungslosigkeit des Menschen

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Eine überschätzte Spezies

Die Menschheit ist nur ein verschwindend geringer Teil des Universums und bei weitem nicht so einzigartig wie wir denken. Von den unendlichen Weiten des Universums bis zu mikroskopisch kleinen Einheiten, von den Ökosystemen der Erde zum menschlichen Körper, macht jede Episode dieser Animationsserie Dinge begreiflich, die unsere Vorstellungskraft sprengen. Denn der Mensch ist nicht der Nabel der Welt.

Video: 30 Minuten die sich lohnen!

https://www.youtube.com/watch?v=N3xjGxqKpwM

Der Mensch meint alles zu beherrschen und beherrscht nicht einmal sich selbst. Er hat als einzige Art die Fähigkeit entwickelt, seine eigene Umwelt zu zerstören, ohne die Weisheit entwickelt zu haben, dies nicht zu tun.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Die kosmische Bedeutungslosigkeit des Menschen

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Außerirdische und Theologie

Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit für die Existenz von außerirdischem Leben eher höher anzusetzen ist als das es nicht existiert.

Die bloße Möglichkeit einer Existenz intelligenten (oder auch nicht intelligentem) außerirdischem Leben schwebt wie ein Damoklesschwert über den Religionen und der Theologie.

Große Teile der „Heiligen“ Schriften müssten dann umgeschrieben (d.h. weiter verfälscht) werden, wenn überhaupt die christliche Theologie mit ihrer erdgebundenen Provinzialität dann nicht endgültig den Weg ins religionsgeschichtliche Museum antreten müsste, wo die griechischen, römischen und germanischen Götter schon händereibend auf sie warten :lol: .

Zwar fänden Außerirdische schnell ihren Platz in den christlichen Dogmatiken; sie gälten als Geschöpfe Gottes und würden zur unsichtbaren Schöpfung gezählt. Ihr Platz wäre also wie der von Engeln und Dämonen in der Schöpfungslehre. Auch Engel und Dämonen können sich ja potentiell zeigen, auch wenn sie zur unsichtbaren Welt gehören.

Die Probleme aber, die Außerirdische in ihren Raumschiffen für die Theologie mit sich brächten, wären enorm. Denn Theologie und Kirchen haben ohnehin schon große Probleme, gegenüber anderen Religionen ihren Glauben als den richtigen zu behaupten.

Wie viele Köche den Brei verderben, verderben viele Religionen die Wahrheit. Ihre bloße Vielzahl macht Religionen unseriös. Kämen nun auch noch weitere Völker auf anderen Planeten hinzu, wäre die Konkurrenz der Weltanschauungen ja noch größer.

Die Theologie würde plötzlich mit Wesen konfrontiert, die sie gar nicht auf dem Schirm hatte und die weder in der Bibel noch in ihren Dogmatiken aufgetaucht waren.

Manche besonders fromme Christen behaupten heute noch: Weil sie nicht in der Bibel auftauchen, könne es keine Außerirdische geben. Aber z.B. Fahrräder tauchen im Alten Testament ebenfalls eher selten auf.

Vielen Gläubigen würde dann der provinzielle Charakter ihres Glaubens erst so richtig klar werden. Für die Theologie aber wäre dies erst der Anfang. Die Ankunft von Außerirdischen würde keinen Stein mehr auf dem anderen lassen, durch einen Kurzbesuch zwängen sie die irdisch-christliche Theologie, praktisch alle Gebiete ihrer Dogmatik neu zu schreiben und zu durchdenken.

Fragen über Fragen täten sich da auf:
  • Warum hat Gott offenbar woanders auch noch gewirkt?
  • Warum hat er den irdischen Theologen dies nicht geoffenbart?
  • Mit wie vielen Gruppen von Außerirdischen soll die Schöpfungslehre denn nun kalkulieren?
  • Gibt es auch bei den Aliens so etwas wie einen Sündenfall? Ist die Sündhaftigkeit damit eine universale Konstante?
  • Oder wenn nicht: Christliche Theologie geht ja davon aus, dass die Sündhaftigkeit des Menschen seinen Tod bewirkt; sind Außerirdische die nicht sündhaft sind, dann unsterblich?
  • Und wer wäre denn dann das Ebenbild Gottes: die Menschen oder die Außerirdischen? Oder beide?
  • Wie könnte der Mensch weiterhin Krone der Schöpfung sein, wenn Geist und Intellekt der fremden Besucher sich als dem Menschen weit überlegen herausstellen würden?
  • Was ist, wenn sie eine eigene Gottesvorstellung mitbrächten? Sollten dann diese Besucher missioniert werden um sie zu treuen Gliedern der katholischen Kirche zu machen?
Was wäre aber, wenn die Außerirdischen Atheisten wären und den Menschen mitteilen würden, dass alle höheren Spezies im Universum auch Atheisten seien und Religion bei ihnen den Status hat wie bei uns der Neandertaler?
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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