Tabu Freitod - wer hat das Recht, Leben zu beenden?

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Heinrich5

Tabu Freitod - wer hat das Recht, Leben zu beenden?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Tabu Freitod - wer hat das Recht, Leben zu beenden?

Die Selbsttötung des Unternehmers Adolf Merckle hat nicht nur in seiner Heimatstadt Blaubeuren viele Menschen erschüttert. „Die Ohnmacht, nicht mehr handeln zu können, hat den leidenschaftlichen Familienunternehmer gebrochen, und er hat sein Leben beendet", so erklärt seine Familie den Suizid. Jährlich nehmen sich in Deutschland rund 10.000 Menschen das Leben, an die 100.000 unternehmen einen Selbstmordversuch. Besonders auffällig: Mehr ältere als junge Menschen entscheiden sich für einen Freitod. Und so gibt es Befürchtungen, ein liberales „Sterbehilfe-Gesetz", wie es beispielsweise in Holland gilt, könnte diese Zahl noch erhöhen. Andere Stimmen plädieren hingegen für mehr Freiheit im Umgang mit der Sterbehilfe.

Welche Antworten findet unsere Gesellschaft, wenn kranke oder verzweifelte Menschen den Lebensmut verlieren? Ist der Suizid noch immer eines der großen Tabus in Deutschland? Sollte aktive Sterbehilfe in Deutschland zugelassen werden - und darf mit ihr Geld verdient werden?

Hierzu werden am 11. Januar bei Anne Will zu Gast sein:

Walter Mixa, Bischof von Augsburg
Roger Kusch, Mitbegründer des umstrittenen Vereins „Dr. Roger Kusch, Sterbehilfe e.V."
Oswalt Kolle, Publizist, begleitete seine Frau bei deren Selbsttötung
Katrin Göring-Eckardt (Bündnis90/Die Grünen), Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Vorstandsmitglied des Evangelischen Kirchentags
Marion Weidner, verlor ihren Sohn durch Suizid

ANNE WILL- politisch denken, persönlich fragen
Sonntags um 21.45 Uhr im Ersten


Ich denke, nach dieser Sendung könnte das Thema hier im Forum ja mal diskutiert werden. Eventuell hätte dieses Thema bei "Religion und Kirche" eingestellt werden können, es betrifft aber wohl doch mehr den Bereich "Ethik" und damit den Bereich "Gesellschaft".

Gruß,
Heinrich5
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niels
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Re: Tabu Freitod - wer hat das Recht, Leben zu beenden?

Ungelesener Beitrag von niels »

hallo,

Ich denke der Freitiod - d.h. das Recht eines jeden sein Leben aus eigener Entscheidung heraus zu beenden - ist ein Grundrecht jedes Menschens. Ebenso akzeptiere ich auch Menschen, die den Freitod als "Sünde" oder wegen ihrer Religion als "verboten" sehen.

Kritischer wird es schon beim Thema Sterbehilfe. Wer auf Sterbehilfe zurückgreifen möchte, sollte - ähnlich der heutigen "Schwangerenberatung" bei Abtreibungen - eine gesetzl. vorgeschriebene Beratung, ev. eine anschließende "Bedenkzeit" sowie ein Gutachten von min. zwei unabhängigen Ärzten und einem Notar - haben. Der Notar sichert die freie und aus freiem Willen getroffene Entscheidung ab. Die Ärzte erbringen ein Gutachten über den gesundheitlichen wie geistigen Zustand des "Patienten". So soll z.B. der Freitod aus einer heilbaren Depression, einer Fehlinformation heraus oder gar Mord verhindern.

Dahe wäre ich rechtlich für eine Unterscheidung zwischem "qualifiziertem" und "unqualifiziertem" Freitod.

"Patienten" mit einer solchen Beratung oder "Sterbehilfegutachten" wie oben beschrieben, ist es "qualifizierter Freitod", der damit auch Sterbehilfe erlaubt und eine Abwendung des Todes durch Ärzte verbietet.

Bei "unqualifiziertem Freitod" ist Sterbehilfe nicht erlaubt und es sollte es weiterhin möglich sein für Ärzte einen Selbsmordversuch "abzubrechen" oder reversibel zu gehen, soweit es sich nicht um "qualifizierten Freitod" handelt. Der "Patient" hat hier selbst für seine Tötung zu sorgen.

Vielleicht hört sich das "krass" für machen an - ich halte das für eine korrekte wie gute Lösung.

Cheers,

Niels.
Heinrich5

Re: Tabu Freitod - wer hat das Recht, Leben zu beenden?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Hallo,
In dieser Sendung sagte Bischof Mixa u. a. "der Mensch hat sich nicht selber das Leben gegeben sondern Gott. Nur Gott kann (und darf) dem Menschen das Leben wieder nehmen. Selbstmord ist eine schwere Sünde, ist eine Auflehnung gegen Gott. Der Mensch ist kein Richter über Leben und Tod. Die Ärzte sind heute in der Lage einen Krebskranken zu 99 % so schmerzfrei einzustellen, dass er noch Freude am Leben hat.

Dagen warf Kolle dem Bischof vor, sich selber im Namen Gottes sich zum Herrn über Leben und Tod aufzuspielen. In Holland hat jeder das Recht einen sogenannten Euthanasiepass bei sich zu führen, welche die Ärzte berechtigen ,dem Leben des Inhabers über Sterbehilfe ein Ende zu setzen. Jeder Mensch hat das Recht für sich selbst zu entscheiden, ob sein Leben noch lebenswert oder schon unwürdig ist.

Göring-Eckardt behauptete wieder, dass die Menschen nicht die Alternativen zum Suizid kennen und deshalb Suizid abzulehnen wäre. In den Niederlanden wollen etliche Alte nicht mehr in ein Alktersheim weil sie Angst haben "entsorgt" zu werden. Altwerden in Würde ist heute nicht mehr selbstverständlich.

Kusch erklärte, er würde auch kostenlose Hilfe beim Suizid leisten (Kosten jetzt: 8000 EUR). Die Ärzte haben sich durch ihren heute selbstgewählten Ehrenkodex zu nichtansprechbaren Personen gemacht. Von ihnen ist keine Hilfe zu erwarten.

Die Diskussion verlief insgesamt sehr kontrovers. Es war auch nicht zu erwarten, dass die Diskussionsteilnehmer auf einen gemeinsamen Nenner kommen würden.

In Deutschland ist heute Hilfe beim Suizid nicht verboten. Aktive Sterbehilfe ist aber verboten.

Meine Meinung dazu ist: Der Anspruch auf Sterbehilfe ist ein Grundrecht des Menschen

Am 3. November 2006 hat weltweit zum ersten Mal ein nationales Höchstgericht (Schweiz) das Individualrecht auf Suizid als Menschenrecht und damit als Grundrecht anerkannt.

Das schweizerische Bundesgericht hat in seiner Entscheidung wörtlich erklärt: „Zum Selbstbestimmungsrecht im Sinne der EMRK gehört auch das Recht, über Art und Zeitpunkt der Beendigung des eigenen Lebens zu entscheiden.“

EMRK bedeutet Europäische Menschenrechts-Konvention; sie gilt in ganz Europa (mit Ausnahme der beiden letzten europäischen Diktaturen, nämlich Weißrussland und Vatikan).

Ihr Artikel 8 Absatz 1 schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten das Recht eines jeden Menschen auf Privat- und Familienleben respektieren müsse. Damit wird eben auch das Selbstbestimmungsrecht europäisch geschützt. Das heißt mit anderen Worten: Wird dieses Recht verletzt, hat der Verletzte die Möglichkeit, nachdem er alle zuständigen Gerichte seines eigenen Landes vergeblich um Hilfe
gebeten hat, auch noch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anzurufen. Das ist definitiv die letzte Instanz.

Das schweizerische Bundesgericht hat dieses Recht ausdrücklich auch als Anspruch von Menschen mit psychischen Störungen anerkannt, sofern diese in der Lage sind, selbst einen eigenen Willen zu bilden und danach zu handeln. Das Bundesgericht hat auch festgehalten, dass Ärzte in der Schweiz berechtigt sind, für solche Fälle das stark und rasch wirkende Barbiturat Natrium-Pentobarbital per Rezept zu verschreiben.

Abgelehnt hat das schweizerische Bundesgericht einen Anspruch eines Menschen darauf, dass
ihm der Staat Sterbehilfe leisten oder ermöglichen muss. Es war der Auffassung, ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus der EMRK noch aus der schweizerischen Bundesverfassung.

Wörtlich sagte das Gericht: „Ein Anspruch des Sterbewilligen, dass ihm Beihilfe bei der Selbsttötung oder aktive Sterbehilfe geleistet wird, wenn er sich ausserstande sieht, seinem Leben selber ein Ende zu bereiten, besteht nicht.“ Der Staat habe grundsätzlich das Recht, auch Leben zu schützen.

Diese letzten Sätze des Bundesgerichtes dürften sich, in einigen Jahren betrachtet, wohl als falsch herausstellen, so dass künftig ein solcher Anspruch als menschenrechtlich garantiert angesehen werden muss.

Amerikanische Forschungsergebnisse des National Institute for Mental Health in Washington haben ergeben, dass die Zahl der Suizidversuche in einem Land bis zu fünfzig Mal höher seien als die Zahl der gelungenen Suizide. In Deutschland nimmt sich alle 45 Minuten ein Mensch das Leben. Hochgerechnet ist mit bis zu rund 540'000 Suizidversuchen im Jahr zu rechnen – das wären alle 58 Sekunden einer.

Wenn man nun annimmt, dass auf 50 Suizidversuche deren 49 scheitern und nur einer gelingt, dann muss man feststellen, dass die Menschen, die ihr Recht auf Suizid wahrnehmen wollen, sich um ein wenig praktisches und effizientes Recht bemühen. Sie müssen nicht nur dieses große Risiko von 49 zu 1 des Scheiterns auf sich nehmen. Sie müssen auch noch das Risiko auf sich nehmen, sich nach
einem gescheiterten Suizidversuch in einem weit schlechteren Zustande als vorher zu befinden. Denn viele Suizidversuche führen zwar nicht zum Tode, aber schädigen den Menschen selbst oder sogar Dritte schwer.

Nun hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 1980 entschieden, die in der EMRK enthaltenen Rechte müssten „praktisch und effizient“ sein. Ist nun aber das Recht auf Suizid ein Menschenrecht, dann muss das auch für dieses Menschenrecht gelten. Es genügt nicht, dass dieses Recht lediglich theoretisch oder gar nur illusorisch vorhanden ist. Nach der Rechtsprechung in Straßburg ist dort, wo ein solches Recht weder praktisch noch effizient ist, ein EMRK Vertragsstaat (dazu gehört Deutschland) verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das Recht praktisch und effizient wird.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte sich nämlich im Jahre 2002 (das Fernsehen hat ausführlich berichtet) mit einem Fall aus England zu befassen, in welchem die Frage nach der Sterbehilfe gestellt war. Frau Diane Pretty litt an einer unheilbaren Muskellähmungskrankheit mit dem Namen Amyotrophe Lateralsklerose; in England heißt dies Motor Neuron Disease. Sie wusste, dass alle ihre Muskeln langsam ihre Kraft verlieren. Zuletzt auch jene, welche ihr das Atmen ermöglichen. Damit war ihr bewusst, dass sie – wenn sie an dieser Krankheit sterben muss – ersticken wird. Das wollte sie nicht. Deshalb bat sie ihren Mann, ihr allenfalls bei einem Suizid behilflich zu sein, denn sie war bereits vom Hals abwärts vollständig gelähmt.

Da das englische Recht aber für Suizidbeihilfe Freiheitsstrafe bis zu 14 Jahren androht, wollte sie ihren Mann nicht einem solchen strafrechtlichen Risiko aussetzen. Sie verlangte deshalb von den britischen Behörden, ihrem Mann im Voraus Straffreiheit zuzusagen, falls er ihr bei einem Suizid helfen würde. Doch alle britischen Behörden, zuletzt auch noch die Lawlords im Oberhaus, lehnten ihr
Begehren ab.
Deshalb wandte sie sich an das Europäische Gericht in Straßburg. Dieses hat zwar ihr Begehren abgelehnt mit der Begründung, die EMRK verbiete es den Staaten nicht ausdrücklich, die Beihilfe zum Suizid unter Strafe zu stellen.
Leider hatte sie nicht geltend gemacht, sie habe ein Recht auf Suizid, das sich aus Art. 8 der EMRK ergebe, und sie habe einen Anspruch darauf, dass dieses Recht auch für sie praktisch und wirksam sei.

Obwohl das Gericht ihrem Mann keinen Anspruch auf vorauseilende Straffreiheit zuerkannte, machte das Gericht aber erstaunliche Bemerkungen: „Obwohl bisher noch in keinem Fall ein Recht auf Selbsttötung als Bestandteil des Art. 8 EMRK festgestellt worden ist, ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die Anerkennung persönlicher Autonomie ein wichtiges Prinzip ist, das der Interpretation seiner Garantien zugrunde gelegt werden muss.“

Es heißt weiter:
„Grundlage und durchgehendes Motiv der Konvention ist der Respekt vor der Würde des Menschen und vor seiner Freiheit. Ohne in irgendeiner Weise die Unantastbarkeit des Lebens in Frage zu stellen, ist der Gerichtshof der Meinung, dass die Frage der Lebensqualität unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 relevant ist. In einem Zeitalter der wachsenden medizinischen Raffinesse, verbunden mit langer Lebenserwartung, machen sich viele Menschen Sorgen, dass sie gezwungen werden könnten, in hohem Alter oder in einem Zustand fortgeschrittenen körperlichen oder geistigen Verfalls weiterzuleben, der ihren Grundüberzeugungen und Vorstellungen von eigener persönlicher Identität widerspricht.“

Damit bestehen gute Aussichten darauf, dass auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Grundrecht auf Suizid anerkennen dürfte. Und wiederum dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis er auch ein Menschenrecht auf Beihilfe zum Suizid anerkennen wird.

Nun machen die Gegner der Sterbehilfe immer geltend, die Ermöglichung von Sterbehilfe würde einen Dammbruch bewirken können, und aus einem Recht zu sterben könne dann bald eine Pflicht zu sterben entstehen. Damit verkennen sie, dass es wiederum die EMRK ist, welche das Recht auf Leben garantiert. Und es ist erstaunlich: Selbst Gerichte haben bisher nicht bemerkt, dass auch dann,
wenn jemand Sterbehilfe in Anspruch nehmen will, sein Recht auf Leben davon nicht betroffen ist: Er will nicht sein Recht auf Leben beseitigen, sondern er will sein biologisches Leben beenden. In solchen Fragen sollte man also genau denken.

Nach wie vor ist Suizid bei jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren Todesursache Nummer 1, und von allen Suiziden entfallen etwa ein Drittel auf Personen, die älter als 65 Jahre sind. Wir haben somit ein Jugend- und ein Alters-Suizidproblem. Was uns bisher in dieser Hinsicht fehlt, ist eine ausreichende Vorbeugung gegen Suizid bei Jugendlichen und Älteren.

Hier könnte nun – paradoxerweise! – die Enttabuisierung des Suizids und ein Ausbau des begleiteten Suizids für jede Person, die ihr Leben beenden möchte, wesentliche Entlastung bringen.
Wichtig wäre, dass Personen, die ihr Leben beenden möchten, über diese Absicht mit anderen Menschen angstfrei sprechen können. Dann bestehen die besten Aussichten, dass sie ihre augenblickliche Lebenskrise zu überwinden vermögen und das Leben wieder annehmen können. Dies deshalb, weil auf diese Weise auch gemeinsam geprüft werden kann, ob es Hilfemöglichkeiten gibt, um die Ursache, welche für die Krise verantwortlich ist, zu beseitigen.

Heute allerdings fürchten sich die Menschen, die mit anderen darüber reden möchten, noch immer davor, deswegen dann in die Psychiatrie eingewiesen zu werden.

Auch der Begriff der Sterbehilfe ist als solcher höchst ungenau,

Bei uns wird viel von „aktiver Sterbehilfe“ geredet und eine solche gefordert.

Im Klartext heißt dies: ein Mensch soll einen anderen Menschen töten dürfen. Dies verletzt das Tabu, das gegenüber der Tötung eines anderen Menschen weltweit besteht. Dieses Tabu schützt einen jeden einzelnen von uns davor, gegen unseren Willen getötet zu werden. Deshalb sollte man dieses Tabu nicht leichthin aufgeben.

Solange es möglich ist, dass ein Mensch, der dringend sterben möchte, dies mit kundiger Beihilfe selbst bewerkstelligt, ist dies vorzuziehen. Wir sollten also fordern, Sterbehilfe als begleiteten Suizid zur Verfügung zu stellen. Das ist auch die allerbeste Sicherung gegen Missbrauch: Niemand wird das Medikament trinken, der nicht wirklich sterben will.

Kein Mensch ist berechtigt, zu sagen, das Leben eines anderen Menschen sei nicht würdig. Es ist allein Sache des von einer Situation betroffenen Menschen, die Frage der Würde für sich zu beantworten. Es ist wichtig, dass wir lernen, den Willen anderer Menschen auch dann zu respektieren, wenn wir das, was er möchte, aus unserer Sicht weder verstehen noch billigen wollen. Würde heißt vor allem Selbstbestimmung des Individuums, und deshalb haben wir solchen Entscheidungen Anderer mit Respekt zu begegnen.
Mit Respekt begegnen wir ihnen aber keineswegs, wenn wir sagen, wir hätten zwar Respekt, aber ein Mensch, der sein Leben beenden wolle, müsse dies halt selbst und alleine tun. Mit einer solchen Haltung lassen wir einen Menschen in höchster Not allein.

Der Kampf für die Einrichtung vernünftiger Sterbehilfe ist somit ein Kampf gegen dumme Respektlosigkeit. Das ist ein schwerer Kampf, aber er ist mit Hilfe des Rechts und hier vor allem mit Hilfe der Grundrechte zu gewinnen.

Ich kenne weitere Beurteilungen des Themas aus kirchlicher Sicht welche ich aber ablehne:

Kardinal Karl Lehmann hat vor einer Aufweichung des Tabus der Sterbehilfe in Deutschland gewarnt. „Da darf es auf keinen Fall Kompromisse geben“, sagte er. Die Politik müsse eine Grauzone verhindern und einen Wertekonsens sichern. Einem Menschen beim Suizid zu helfen, nannte der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz zwielichtig. Darin komme blanker Zynismus und eine Kultur des Todes zum Ausdruck. Lehmann warf den Sterbehilfe-Vereinen vor, grundlegende Grenzen zu missachten. Das Drängen der Vereine müsse auch im Lichte von Entwicklungen in der Zeit des Nationalsozialismus gesehen werden. Bei einem solchen Vorgehen sei letztlich auch zu befürchten, dass das Lebensrecht Behinderter infrage gestellt werde. Der Kardinal rief die deutsche Ärzteschaft auf, das Ansinnen von Sterbehilfe-Vereinen konsequent abzulehnen und auf eine Stärkung von Palliativmedizin und Hospizarbeit zu setzen.

Der Berliner Bischof Wolfgang Huber warf den Sterbehilfe-Vereinen einen „gezielten Rechtsbruch“ vor. Diese versuchen, das Verbot der Tötung auf Verlangen aufzuweichen, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Dies sei inakzeptabel. Die Pläne verstoßen laut Huber gegen deutsches Recht und die ärztliche Standesethik.

Die Antworten und Ansichten der Kirche sind wohl nur für einen Gläubigen relevant. Ich kann damit gar nichts anfangen.

Gruß,
Heinrich5
Alexxxander
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Re: Tabu Freitod - wer hat das Recht, Leben zu beenden?

Ungelesener Beitrag von Alexxxander »

Wenn ich eine Entscheidung treffe, die nur meine Person tangiert, sonst niemanden, dann interessiert mich überhaupt nicht, was die Kirche/der Past dazu sagt bzw. was sie vorschreiben. Jeder Mensch ist sein eigener Herr, ist eigenverantwortlich.
Heinrich5

Re: Tabu Freitod - wer hat das Recht, Leben zu beenden?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Alexxxander schrieb:
Wenn ich eine Entscheidung treffe, die nur meine Person tangiert, sonst niemanden, dann interessiert mich überhaupt nicht, was die Kirche/der Past dazu sagt bzw. was sie vorschreiben. Jeder Mensch ist sein eigener Herr, ist eigenverantwortlich
Aber oft ist der Mensch allein nicht mehr in der Lage seine Entscheidung zu seinem Leben zum Abschluss zu bringen. Er braucht dann Hilfe, welche ihm verweigert werden kann. Spätestens dann geht es Dich was an, wird es Dich interessieren. Oder willst Du den Löffel schon vorzeitig im Volbesitz Deiner körperlichen und geistigen Kräfte weglegen?

Gruß,
Heinrich5
Alexxxander
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Re: Tabu Freitod - wer hat das Recht, Leben zu beenden?

Ungelesener Beitrag von Alexxxander »

@Heinrich5
Du hast natürlich Recht. Ich bin der Meinung, dass niemand die Entscheidung eines Menschen missachten darf, wenn diese sich nur auf ihn allein bezieht. Die Haltung der Kirche ist allerdings nachvollziehbar, denn wenn ein Mensch über die Stunde seines Todes entscheidet, dann ist Gott nicht mehr Herr über Leben und Tod, dann ist seine Allmacht ein Stück weit amputiert. Es bestünde dann die Gefahr, dass weitere Steinchen aus dem Mosaik der Allmacht bröckeln und Gott schließlich wie der Kaiser ohne Kleider dastünde. Das ist der einzige Grund für die starre Haltung der Kirche in dieser Frage. Letztendlich ist es also eine Machtfrage, denn wenn der Allmächtige nicht mehr ganz allmächtig ist, würde zwangsläufig auch die Macht d.h. der Einfluss der Kirche darunter leiden. Es ist wie in der Politik, wo es auch um Teufel komm raus um Machterhalt geht.
Heinrich5

Re: Tabu Freitod - wer hat das Recht, Leben zu beenden?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Alexxxander schrieb:
Letztendlich ist es also eine Machtfrage, denn wenn der Allmächtige nicht mehr ganz allmächtig ist, würde zwangsläufig auch die Macht d.h. der Einfluss der Kirche darunter leiden.
So ist es. Leider masst die Kirche es sich an, auch für die Mehrheit der Humanisten, Atheisten und Andersgläubigen, auch für Christen, welche von der Lehrmeinung der Kirche in dieser Frage abweichen, entscheiden zu wollen (oder zu müssen). Die Kirche hat noch genug Macht und Einfluss um auf die Gesetzgebung in diesem Staat einen entscheidenden Einfluss zu nehmen. Leider nicht zum Wohle der Mehrheit des Volkes.

Gruß,
Heinrich5
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Re: Tabu Freitod - wer hat das Recht, Leben zu beenden?

Ungelesener Beitrag von FENRIS »

Eine wichtige Frage ist doch warum begehen Menschen Suizid.

Leider gibt es auch viele Menschen in Deutschland die an Depressionen leiden und nicht in Behnadlung sind und wie oft ist der Grund für den Suizid in Verzweiflung zu sehen. Merckle (finazieller Ruin) oder bei anderen die Ende einer Beziehung.

War der Suizid von Merckle wirklich sein eigener Wille oder hätte er sich anders entschieden wenn er nicht bankrott gewesen wäre? Ist sein Suizid nicht nur ein Flüchten vor Problemen die er nicht mehr allein bewältigen konnte oder wollte?

Bei welchem Suizid gibt es überhaupt eine wirklich freie Entscheidung?

FENRIS
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