Vorratsdatenspeicherung "die 2."...

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Vorratsdatenspeicherung "die 2."...

Ungelesener Beitrag von niels »

Inzwischen kommt auch das zwecks "Überarbeitung" der vom Verfassungsgericht ausgesetzten Vorratsdatenspeicherung beauftragte Bundesgutachten zu dem Ergebnis, das eine wie von der schwarz-roten Koalition beschlossenen wie weiterhin geforderten bedingungslosen, umfassenden Langzeit-Überwachung der Bürger wie deren elektronischen Kommunikation wohl generell nicht grundgesetzkonform realisierbar sei.

Hierzu auch die heutige Pressemeldung des "AK Vorrat" (Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung):

Bundestagsgutachten: Grundrechtskonformität einer
Vorratsdatenspeicherung nicht sicherzustellen


Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom
26.04.2011


Ein heute veröffentlichtes Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes
des Deutschen Bundestags vom Februar 2011 zur Vereinbarkeit der EU-
Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung mit der Europäischen
Grundrechtecharta kommt zu dem Ergebnis, es lasse sich "zweifelsfrei
keine Ausgestaltung dieser Richtlinie umschreiben, die eine
Vereinbarkeit mit der Grundrechtecharta sicherstellte." Es habe sich
gezeigt, dass sich "die Erfolge der Vorratsdatenspeicherung in einem
sehr kleinen Rahmen halten." Aufgrund der durch die
Vorratsdatenspeicherung nur "marginal" verbesserten Aufklärungsquote
gelangt das Gutachten zu dem Schluss: "Zweck und Mittel stehen hier
zumindest nicht in einem ausgewogenen Verhältnis."

"Das Bundestags-Rechtsgutachten bestätigt unsere Auffassung, dass
die 2006 beschlossene EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung der
anstehenden Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof nicht
standhalten wird", erklärt Uli Breuer vom Arbeitskreis
Vorratsdatenspeicherung. "Die EU muss dieses Experiment jetzt sofort
abbrechen und den völlig unverhältnismäßigen Zwang zur
Totalspeicherung aller Verbindungsdaten der gesamten Bevölkerung
durch ein Verfahren zur gezielten Aufbewahrung der Daten
Verdächtiger ersetzen."

"Für jeden Rechtsstaat ist bei der Gesetzgebung das Gebot der
Verhältnismäßigkeit bindend", ergänzt Kai-Uwe Steffens vom
Arbeitskreis. "Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat nun
festgestellt, dass die Vorratsdatenspeicherung mit diesem
Übermaßverbot nicht vereinbar ist. Daher sollte sich die
Bundesrepublik nun für ein EU-weites Verbot dieses
Überwachungswerkzeugs einsetzen."

Es folgt ein wörtlicher Auszug aus dem Bundestags-Rechtsgutachten:

"Die somit durch die Vorratsdatenspeicherung bislang nur marginal um
0,006 % verbesserte Aufklärungsquote könnte daran zweifeln lassen,
ob die Regelung in ihrer konkreten Ausgestaltung einer Überprüfung
auf ihre Angemessenheit hin standhalten kann. Zweck und Mittel
stehen hier zumindest nicht in einem ausgewogenen Verhältnis.

[...] An der Vereinbarkeit der RL 2006/24/EG mit der von ihr
vorgesehenen Verpflichtung zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung
mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der berufs- und
wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit bestehen Zweifel. Die
Geeignetheit der Regelung lässt sich im Hinblick auf den abstrakt-
generellen Beurteilungsmaßstab bejahen. Auch die Erforderlichkeit
könnte man unter dem Aspekt, dass die anlasslose Speicherung
umfangreicher und somit sicherer und effektiver ist als eine
verdachtsbegründete Speicheranordnung im Einzelfall, bejahen.
Problematisch dürfte indes die Angemessenheit der Regelung unter dem
Gesichtspunkt der Zweck-Mittel-Relation sein. Vorbehaltlich der noch
ausstehenden Bewertung der Kommission, die vermutlich tragfähige
Daten über die Erfolgsaussichten der Vorratsspeicherung enthalten
wird, könnte die Regelung in ihrer momentanen Ausgestaltung
unangemessen in das Gemeinschaftsgrundrecht der berufs- und
wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit zu Lasten der
Telekommunikationsanbieter eingreifen. Gemessen an dem derzeitigen
Diskussionsstand zur Richtlinie 2006/24/EG und zur Auslegung der
GRChr sowie der bestehenden Umsetzungsspielräume der Mitgliedstaaten
lässt sich zweifelsfrei keine Ausgestaltung dieser Richtlinie
umschreiben, die eine Vereinbarkeit mit der GRCh sicherstellte."

Das Rechtsgutachten des Bundestages ist abrufbar unter:
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/i ... charta.pdf

Diese Pressemitteilung im Internet:
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/c ... 9/lang,de/

Über uns:
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ist ein Zusammenschluss von
Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern, die sich in
Zusammenarbeit mit weiteren zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen
die ausufernde Überwachung im Allgemeinen und gegen die
Vollprotokollierung der Telekommunikation und anderer Verhaltensdaten im
Besonderen einsetzen.
http://www.vorratsdatenspeicherung.de
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Re: Vorratsdatenspeicherung "die 2."...

Ungelesener Beitrag von niels »

Wer lange sucht, wird endlich fündig:

Statistik über Häufigkeit und Verwendung von Telekommunikationsüberwachung

http://www.bundesjustizamt.de/cln_108/n ... __nnn=true
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