Heimatmuseum zeigt "gottlose Diktaturen"

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Kategorie: Politik im Eichsfeld
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niels
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Heimatmuseum zeigt "gottlose Diktaturen"

Ungelesener Beitrag von niels »

"Linke kritisieren neuen Leiter des Heiligenstädter Heimatmuseums"
http://eichsfeld.thueringer-allgemeine. ... 2045099693

"CDU begrüßt Vorhaben im Museum: Union weist Kritik der Linken zurück"
http://eichsfeld.thueringer-allgemeine. ... -796963221

Als ein auf DDR-Seite des Eichsfelds quasi unter gleich "eineinhalb" Diktaturen Aufgewachsener, einerseits durch das DDR Regime repressiert, andererseits dem sozialen Druck und der Diskriminierung aus dem katholischen, persönlichen Umfeld ausgeliefert, frage ich mich schon, ob eine Diktatur deshalb "besser" oder "legitimer" sei, nur weil sie Machtkirche anerkennt oder Religion als Legitimation anführt. Beispiele hierfür gibt es ja genug (Russland, Saudi Arabien, Iran u.a.). Das sie womöglich für Religiöse ein geringeres Übel darstellen, mag sein - allerdings kann es nicht Aufgabe eines der Wissenchaft verpflichteten staatlich finanzierten Museums sein, ideologische Bewertungen der Historie vorzunehmen oder gar ideologsiche Bildung (Propaganda) zu betreiben - womit man nicht zuletzt erstaunliche Parallelen zum DDR-Regime herstellt, da dies ebenso tat.

Die heute kursierende Mär, das ausgerechnet die katholische Kirche sich besonders gegen die DDR Diktatur eingesetzt hätte, ist Geschichtsfälschung - ebensowenig wie sie sich gegen den nationalen Sozialismus eingesetzt hat. Tatsächlich achteten gerade katholische Pfarrer in den meisten Pfarreien des Eichsfelds vor und bis 89 penibel darauf, das die Schäfchen dem DDR Regime nicht ans Hemd pissten, und das obwohl die Kirchen sehr wohl diverse Rechtsprivilegien in der DDR genossen und die Risiken für einen Pfarrer, Ärger mit dem Regime zu bekommen, vergleichsweise gering waren (vor allem genossen sie sozialen wie ökonomischen Rückhalt aus ihrer Organisation, aber auch vergleichsweise weitreichenden Schutz vor staatlichen Übergriffen, was auch nur durch die Privilegisierung der Kirchen möglich war) - gab es immerhin die Vereinbarung mit dem Regime, das man sich gegenseitig gewähren lasse, sofern man für "Ruhe" in seiner Schafherde sorge wie auch die Zusage des Regimes ua. an den erfurter Bischof, das der damalige Papst bereits noch ca. 89/90 in die DDR bzw. gen Eichsfeld kommen dürfe - woraus damals wohl nur nichts wurde, weil das DDR Regime dannn schon nicht mehr existierte.

Ich erinnere mich auch noch gut an jene, die dem DDR Regime treu und überzeugt dienten und zugleich zu den engagiertesten Kirchenmitgliedern gehörten wie jenen, die zu DDR zeiten hauptamtlich in der StaSi dienten, um heute relativ hohe Kirchenämter/-positionen auf Gemeindeebenen zu begleiten. Das selbst die heutigen oberen Linken wie Ramelow damit werben, selbst Kirchenchristen zu sein, spricht wiederum für sich.

In der NS Zeit gab es sogar noch mehr Verstrickungen der Kirche mit dem Regime und nicht zuletzt war es der Vatikan, der die Hitleritis als Bollwerk gegen den Stalinschen Bolschewismus sah, der später einigen der hundert meistgesuchten Kriegsverbrechern wissentlich die Flucht vor juristischer Verfolgung ermöglichte und z.T. sogar organisierte, weil es (OTon) "gute Katholiken" waren. Tatsächlich waren die meisten NS Täter durch alle Schichten nicht nur Kirchenchristen, sie glaubten auch an den "Christengott" und man schwörte nicht zuletzt auch auf Gott. Den erfolgreichen, hasserfüllten Antisemitismus unter Christen findet man ja nicht erst seit und von Luther - die Hitleritis brauchte hierauf nur aufbauen... tatsächlich hatte Hitler einigen Dampf vor der Kirche als Machtgegner und stellte zB die Eutanasieaktivitäten umgehend ein, nachdem ein Bischof öffentlich Kritik an der Ermordnung von behinderten übte - an den Massenmorden an anderen Menschen wiederum gab es fast keinerlei Kritik - tatsächlich entließ auch die thüringer Kirche alle "jüdischen" (konvertoerten) Mitarbeiter und auch die Diskriminierung / Verfolgung / Ermordung Homosexueller war nicht zuletzt erst durch die Verachtung und Entrechtung Homosexueller möglich, wie sie bereits lange zuvor christlichen Werteideen entsprang.

Erinnert sei auch an den Terror und Gewalt, den/die bereits Karl der Schlächter (den die Christen bis heute "den Großen" nennen) über jene brachte, die nicht der Christenideologie anhängen wollten wie auch die allesamt von Kirchen eingesetzten wie selbst betriebenen Diktaturen. Die Kirchen selbst sind bis heute Diktaturen "nach innen".

Eine echte Trennung von Staat und Religion wäre auch in Deutschland hilfreich und vor allem jener wachsenden Teile der Bürgerschaft gegenüber nur fair, welche nicht an die Religionslehren einer etablierten Kirche glauben oder schlicht nichtgläubig sind. Religion ist Privatsache eines jeden, die den Staat nichts angeht, die aber auch das nichts angeht, was andere Bürger glauben, wollen oder an Werten vertreten. Exakt dies räumt das GG ein - nicht aber, das Nichtglaube oder -religion sich der Religion unterzuordnen hätte. Und da gibt es in DE noch genug zu tun.
Christel
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Re: Heimatmuseum zeigt "gottlose Diktaturen"

Ungelesener Beitrag von Christel »

Hallo Niels,
leider funktioniert Dein zweiter Link, der die Gegenargumente enthält nicht.

Dieser müsste funktionieren "CDU begrüßt Vorhaben im Museum: Union weist Kritik der Linken zurück"

Darin heißt es u.a.:
Stützer meint: Wichtig sei, "dass zukünftig eine anschauliche Präsentation der historischen Fakten gerade vor dem Hintergrund unserer christlich geprägten Heimat und dem damit verbundenen Wertefundament erfolgen wird. Oder aber sind unsere Gesellschaft und unser Kulturkreis nicht durch die jüdisch-christliche Tradition des Abendlandes nachhaltig geprägt worden?"
Nun die Linke steigt ja gern wie „Wie ein Phönix aus der Asche“ rein und makelos, sich alle humanen Traditionen aneignend, aber sich nicht ihrer eigenen Vergangenheit stellend. Ich habe es so in Erinnerung, dass sich die DDR als atheistischen Staat verstand.

Die andere Diktatur hatte mit, der „verjudeten Kirche“, wie sie sie nannten auch nichts im Sinn. Was wurde da alles konstruiert, um diese zu bekämpfen ein arischer Jesus, die Rückbesinnung auf ein „glorreiches“ Heidentum und natürlich die Vorsehung, von der sich Hitler beauftragt sah.

Nun Geschichte ereignet sich!
Geschichtsschreibung hingegen ist immer Interpretation. Will man aus der Geschichte lernen muss man zu ihr Stellung beziehen.
Wer für Demokratie ist, wird die Diktatur kritisieren.

a) „Gottlos“ ist einmal eine Selbstbezeichnung und ein Selbstverständnis „Atheismus“ bedeutet „kein Gott“.
b) „Gottlos“ weißt in einem anderen Kontext auf ein Handeln hin, welches Gottes Willen / Barmherzigkeit… ignoriert.
Wer Menschen ermordet, nur weil sie Juden sind, der handelt gottlos. Völlig egal, ob er sich weltanschaulich als Atheist oder als Christ versteht.
Wer eine Mauer errichtet, weil ihm die Menschen davon laufen und lügt und zu Lügen verlangt, dies sei ein antifaschistischer Schutzwall, auch der handelt gottlos, unabhängig davon als was er sich weltanschaulich versteht, ob er sich Christ oder Atheist nennt.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Heinrich5
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Re: Heimatmuseum zeigt "gottlose Diktaturen"

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Es steht außer Frage, dass die letzten beiden Diktaturen in Deutschland gottlos waren und wenn „…die historischen Ereignisse beider Diktaturen in die ständige Ausstellung des Hauses aufgenommen werden, um so nachkommenden Generationen diese Entwicklung unserer Heimat vor Augen zu führen", ist dagegen auch nichts einzuwenden.

Wenn aber ein stellvertretender Vorsitzender der Heiligenstädter Union betont, dass es wichtig sei dass die historischen Fakten gerade vor dem Hintergrund unserer christlich geprägten Heimat und dem damit verbundenen Wertefundament gezeigt werden müssen weil unsere Gesellschaft und unser Kulturkreis durch die jüdisch-christliche Tradition des Abendlandes nachhaltig geprägt worden ist, stimmt dass angesichts der gerade jetzt erfolgenden Diskussionen um PEGIDA ziemlich bedenklich. Da kommt dann schnell der Verdacht auf, dass sich die CDU-Eichsfeld in Nähe einer CSU / AfD positionieren will. Populismus hat in der Politik noch nie geschadet.

Fehlt dann nur noch, dass die im Eichsfeld untergebrachten muslimischen Flüchtlinge bei organisierten Museumsbesuchen mit unserer jüdisch-christlichen Tradition des Abendlandes (dazu zählt auch das abschlachten von Muslimen in den Kreuzzügen) nachhaltig konfrontiert werden.

Ich bin mir sicher, dass über die überwiegend passive Rolle der beiden großen Kirchen in diesen beiden Diktaturen in diesem eichsfeldischen Museum nicht viel zu sehen sein wird.
Christel
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Re: Heimatmuseum zeigt "gottlose Diktaturen"

Ungelesener Beitrag von Christel »

Heinrich5 hat geschrieben:dass es wichtig sei dass die historischen Fakten gerade vor dem Hintergrund unserer christlich geprägten Heimat und dem damit verbundenen Wertefundament gezeigt werden müssen weil unsere Gesellschaft und unser Kulturkreis durch die jüdisch-christliche Tradition des Abendlandes nachhaltig geprägt worden ist, stimmt dass angesichts der gerade jetzt erfolgenden Diskussionen um PEGIDA ziemlich bedenklich. Da kommt dann schnell der Verdacht auf, dass sich die CDU-Eichsfeld in Nähe einer CSU / AfD positionieren will. Populismus hat in der Politik noch nie geschadet.
Ach, und wenn zukünftig jemand, so wie PEGIDA sagt "Wir möchten. dass alle Kinder in einem friedlichem und weltoffenem Deutschland und Europa aufwachsen können!“ dann ist das auch eine Positionierung in der Nähe der AfD?

Nein! PEGIDA / AfD … haben’s nicht erfunden, weder diese Aussage noch die „jüdisch-christliche Tradition des Abendlandes“. Sie sind selbst populistisch.
Auch Heinrichs Unterstellung ist populistisch.

Übrigens, ich nehme niemanden, der mit einem schwarz, rot, gold gefärbten Kreuz herumläuft den Einsatz für ein „jüdisch-christliches Abendland“ ab. Diese Art „Christen“ hatten wir schon. Sie nannten sich selbst in Abgrenzung zur ursprünglich jüdisch-christlichen Tradition, die „Deutschen Christen“. Das war während einer der beiden gottlosen Diktatoren.
"Ein Christ darf nicht mitmachen" Kirchen verurteilen Pegida
http://www.n-tv.de/politik/Kirchen-veru ... 12191.html

Als Christ kann ich da nicht mitmachen.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Heinrich5
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Re: Heimatmuseum zeigt "gottlose Diktaturen"

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Übrigens, ich nehme niemanden, der mit einem schwarz, rot, gold gefärbten Kreuz herumläuft den Einsatz für ein „jüdisch-christliches Abendland“ ab. Diese Art „Christen“ hatten wir schon. Sie nannten sich selbst in Abgrenzung zur ursprünglich jüdisch-christlichen Tradition, die „Deutschen Christen“. Das war während einer der beiden gottlosen Diktatoren.
Nun ja – das ist deine Meinung. In der evangelischen Kirche brodelt es, weil sich immer mehr Pegida-Anhänger als Christen outen und immer mehr Christen als Pegida-Sympathisanten. In kaum einer Institution wird die Debatte um Pegida so kontrovers geführt wie in der Kirche.

Zur Verteidigung des christlichen Abendland gehen sogar Pfarrer auf die Straße:

"Ich will, dass sich etwas ändert, und ich stehe auch als Christ hier", sagt Pfarrer Weißflog. Damit sei er im Übrigen nicht der Einzige: Schon viele Kirchenmitglieder hätten ihn angesprochen. Tatsächlich: Auch Christen sind bei den Montagsdemonstrationen in Dresden mitmarschiert. Auch Christen engagieren sich gegen die "Islamisierung des Abendlandes". Auch Christen fordern eine strengere Durchsetzung der Asylgesetze. Christen gehen zu Pegida.

http://www.zeit.de/politik/deutschland/ ... -abendland
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Heinrich5
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Re: Heimatmuseum zeigt "gottlose Diktaturen"

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Es ging hier aber um das Museum und nicht um PEGIDA

Wie schon gesagt, hier betont der stellvertretende Vorsitzende der Heiligenstädter CDU, dass es wichtig sei dass die historischen Fakten gerade vor dem Hintergrund unserer christlich geprägten Heimat und dem damit verbundenen Wertefundament gezeigt werden müssen weil unsere Gesellschaft und unser Kulturkreis durch die jüdisch-christliche Tradition des Abendlandes nachhaltig geprägt worden ist.

Da kann ich mich als gebürtigen und alteingesessenen Eichsfelder schon fragen:

1. Wird die überwiegend passive (bzw. sogar fördernde) Rolle der beiden großen Kirchen in diesen beiden gottlosen Diktaturen im neuen eichsfeldischen Museum aufgezeigt? Ich denke da auch an die Rolle der Kirche als "Kirche im Sozialismus".
2. Wird die Rolle der Blockpartei CDU als „SED Kulissenschieber“ (besonders auch der CDU in den DDR-Altkreisen Heiligenstadt und Worbis) auch dargestellt?
3. Wird der bisher noch nicht erfolgten Aufarbeitung der unrühmlichen Vergangenheit der Blockparteien (die CDU war die größte) im Eichsfeld im Museum auch Platz eingeräumt?
4. Wird die Zusammenarbeit zwischen Kirchenoberen und Funktionären der Ost-CDU mit der Stasi überhaupt erwähnt werden?

Da habe ich schon meine Zweifel. Ich lasse mich aber gern eines besseren belehren.
mar
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Re: Heimatmuseum zeigt "gottlose Diktaturen"

Ungelesener Beitrag von mar »

Hallo Heinrich5, sinnvolle Fragen. Wenn du Die als Brief (möglichst ohne bewertenden Kommentar) an die Herren Stützer und Müller aufsetzt, würde ich mit unterschreiben. Halte ich echt für wichtig.
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