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„postfaktisch“?

Verfasst: Mittwoch 8. Februar 2017, 16:39
von Christel
Das Wort des Wort des Jahres 2016 heißt „postfaktisch“.

Seitdem kam mir das Wort „postfaktisch“ immer wieder in den Sinn.
Ich selbst hab dem zuerst voll zugestimmt.
Dann kamen mir Zweifel, ob „wir“ vorher wirklich faktenorientierter waren, sodass man von „postfaktisch“ sprechen kann. Ich denke, Fakten sind meist sehr vielfältig. Welche Fakten wir auswählen, wir gelten lassen…, das hat auch immer mit unseren Gefühlen zutun, mit unseren Ängsten und unseren Hoffnungen.

Hier ein paar zufällig ausgewählte Links zum Thema:

Online-Enzyklopädie für Psychologie und Pädagogik
Quelle: http://lexikon.stangl.eu/18572/postfaktisch/
© Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik

https://de.wikipedia.org/wiki/Postfaktische_Politik

Wie funktioniert „postfaktisch“?
http://www.professorenforum.de/biblioth ... tfaktisch/

Das Wort des Jahres ist "falsch"
http://www.zeit.de/kultur/2016-12/postf ... ill-lepore

Re: „postfaktisch“?

Verfasst: Donnerstag 16. Februar 2017, 10:28
von niels
Der "Postfaktivismus" wurde durch die zunehmende Ideologisierung im Staatswesen über Jahrzehnte sukzessive gezüchtet / ausgeweitet und durch die angehende Informationsgesellschaft sinken die Barrieren für einzelne Menschen, an Informationen zu gelangen und Falschinformationen zu erkennen (auch wenn es für viele auf den ersten Blick / "gefühlt" gegenteilig aussieht).

Re: „postfaktisch“?

Verfasst: Dienstag 21. Februar 2017, 21:57
von Christel
1)
Leistungssituationen werden maßgeblich durch unser emotionales Erleben beeinflusst.
http://de.in-mind.org/article/wie-man-s ... lernerfolg
2) Auch sonst, wer Menschen ansprechen will, ist erfolgreicher, wenn er auch ihre Emotionen anspricht.

3) Und dann gibt es ja noch die Emotionen, die in jedem Menschen selbst stecken.
Wenn Menschen andere Menschen herabsetzen, dann hat das oft gar nichts mit den anderen Menschen zu tun, obwohl es so begründet wird („scheinfaktisch“?). Vielmehr hat es etwas mit dem Selbstwertgefühl zu tun, welches auf Kosten anderer aufpoliert wird.

4) Es gibt auch Menschen mit begrenzter Weltsicht. Die sind nicht emotional, die haben ein dermaßen festgelegtes Weltbild, dass sie völlig faktenresistent sind.

Wir Menschen sind keine Computer und das ist gut so.

Re: „postfaktisch“?

Verfasst: Donnerstag 23. Februar 2017, 07:38
von emery
Christel hat geschrieben:Es gibt auch Menschen mit begrenzter Weltsicht.
Poliert das dein Selbstbild auf?

Re: „postfaktisch“?

Verfasst: Freitag 24. Februar 2017, 18:17
von Christel
Wieso? Hältst Du die Aussage, "Es gibt auch Menschen mit begrenzter Weltsicht", für "scheinfaktisch"?
Und Du? Poliert die Frage dein Selbstbild auf?

Re: „postfaktisch“?

Verfasst: Samstag 25. Februar 2017, 13:56
von emery
Christel hat geschrieben:Hältst Du die Aussage, "Es gibt auch Menschen mit begrenzter Weltsicht", für "scheinfaktisch"?
Ich halte die Aussage weder für news noch für fake. Ich halte sie für eine ehrliche Aussage über dein Weltbild. Und damit auch über dein Selbstbild.
Christel hat geschrieben:Poliert die Frage dein Selbstbild auf?
Wenn du das Gefühl hattest, dass meine Frage dich herabsetzt, damit ich auf deine Kosten mein Selbstwertgefühl aufpolieren kann, definitiv ja.

Re: „postfaktisch“?

Verfasst: Samstag 25. Februar 2017, 20:28
von Christel
emery hat geschrieben:Ich halte die Aussage weder für news noch für fake.
Also ist es Fakt!
Was sagt eine Aufzählung von bekannten Fakten über die Person, die sie nennt?
Das die Person es möglicherweise
weiß
oder
nachgelesen hat
oder
irgendwo entdeckt und unreflektiert der Liste hinzugefügt hat
oder

Tja, da wird’s schon spekulativ!

Die Nennung von Fakten sagt nämlich so gut wie nichts über eine Person!
Wer aber über andere spekuliert, der verrät ganz viel, aber nur über sich selbst!

Re: „postfaktisch“?

Verfasst: Samstag 25. Februar 2017, 22:19
von emery
Christel hat geschrieben:Also ist es Fakt!
Nun ja, ich denke, welche Fakten du auswählst, du gelten lässt, das hat auch immer mit deinen Gefühlen zu tun.

Re: „postfaktisch“?

Verfasst: Sonntag 26. Februar 2017, 21:18
von Christel
In meinem Eingangsbeitrag hatte ich geschrieben:
Christel hat geschrieben:Welche Fakten wir auswählen, wir gelten lassen…, das hat auch immer mit unseren Gefühlen zutun, mit unseren Ängsten und unseren Hoffnungen.

Hier ein paar zufällig ausgewählte Links zum Thema:
Meine Linkauswahl war trotzdem kein Spiegelbild meiner Gefühle…, sondern wirklich reiner Zufall. Die Inhalte geben höchstens meinen Sinn für Vielfalt, aber nicht meine Meinung wieder.

Tja so ist das mit den schönen Theorien, in der Praxis ist es häufig anders. So kommt es, dass mache Theorie im konkreten Fall eher den Blick versperrt, als erhellt.

Mein zweiter Beitrag ist eine Sammlung von Gedanken, die man beliebig ergänzen kann, in die man aber nicht zu viel hineininterpretieren sollte.

Ein neuer Gedanke zur Ergänzung:
Neulich sprach ich mit einem Mann über das Thema „Ausländer in Deutschland“. Er erzählte mir von seiner Reiselust und wie sehr er den Menschen im Ausland zugetan sei. Völlig im Kontrast stand das zu dem, was er über Ausländer in Deutschland sagte. An denen ließ er kein gutes Haar. – Ich habe verstanden, er wollte einfach nicht, dass sich Deutschland verändert.

Re: „postfaktisch“?

Verfasst: Sonntag 5. März 2017, 18:17
von Christel
Zu "postfaktisch" aus „Was ist Wahrheit?“

Zitiert aus dem „Hirtenbrief zur österlichen Bußzeit 2017 von Bischof Ulrich Neymeyr“
http://www.bistum-erfurt.de/front_conte ... dart=28258
"Was ist Wahrheit?"(Joh 18,38) Mit dieser Frage antwortete Pontius Pilatus auf das Bekenntnis Jesu: "Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege." (Joh 18,37)
[…]
Ständig verlässt Pontius Pilatus das Gerichtsgebäude, in dem Jesus festgehalten wird, und geht zu der aufgebrachten Menschenmenge hinaus, der er zweimal sagt: "Ich finde keinen Grund, ihn zu
verurteilen."(Joh 18,38 und Joh 19,6) Trotzdem lässt er Jesus am Ende kreuzigen.
[…]
Für Pontius Pilatus war die Wahrheit seiner Karriere wichtiger als die Wahrheit des Lebens eines Unschuldigen. Der Ruf der Menge "Wenn du ihn freilässt, bist du kein Freund des Kaisers."(Joh 19,12) beeindruckte ihn mehr als seine nüchterne Erkenntnis, dass es keinen Grund gibt, Jesus zu verurteilen.
[…]
Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat den Begriff "postfaktisch" zum Wort des Jahres 2016 gewählt. Der Begriff besagt, dass wir in einer Zeit leben, in der nicht Fakten interessieren, sondern Stimmungen, unabhängig davon, ob sie tatsächlich wahr sind oder nicht.
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