Vormarsch der Orthodoxie in Russland

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Heinrich5

Vormarsch der Orthodoxie in Russland

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Was gut für die Kirche ist, ist gut für den Staat

„Orthodoxer Glaube, absolutistische Herrschaft und das Russentum – das waren die drei Säulen des russischen Zarenreiches vor der Revolution“. Unter Vladimir Putin werden es diese drei Säulen im neuen Russland auch wieder werden.

Iwan Otrakowski, zuletzt Hauptmann der Fallschirmjäger, mehrere Jahre im Krieg in Tschetschenien eingesetzt, fand seinen Weg zum Glauben und wurde einer der Gründer der Bewegung „Heiliges Rußland“:
„Wir sind eine Vereinigung orthodoxer Christen, die Gott, dem Volk und dem Vaterland dienen möchten. Wir wollen stark, spirituell und moralisch sein. Wir betreiben gemeinsam Sport, üben uns im Umgang mit Waffen, gehen in die Kirche. So finden wir den Weg zu Gott. Das Schlechte, Neid und Haß fallen von uns ab. … Das Ziel dieser sogenannten Sodomiten, Schwulen und Lesben ist die Ausrottung der traditionellen Familie. Sie provozieren uns, nennen uns orthodoxe Faschisten, dabei werden sie doch aus dem Westen bezahlt, und wenn der Glaube beleidigt wird, wenden wir Gewalt an. Nicht um die Leute zu erniedrigen, sondern sie zum Umdenken zu bewegen, damit sie nicht weiter in Sünde leben.“
Deutlich beschreibt der Erzpriester Vsevolod Chaplin den Charakter des Orthodoxen:

„Der orthodoxe Christ ist ein Kämpfer, er muss sich, seine Heimat und seine Kirche verteidigen können. Natürlich im Rahmen der Gesetze. Ein orthodoxer Christ muss bereit sein, seine Heimat und seinen Glauben mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Pazifismus ist eine antichristliche Weltanschauung und die orthodoxe Kirche hat ihre Gläubigen immer zu Kämpfern erzogen.“

http://www.kreuz-net.at/index.php?id=94
niels
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Re: Vormarsch der Orthodoxie in Russland

Ungelesener Beitrag von niels »

nun, ich erinnere mich noch an die Verbreiteten Worte im katholischen Eichsfeld: "Die Russen sind Gottlose" (damit auch kulturlose) deren Gottlosigkeit für die schlimmen Zustände und Rückständigkeit verantwortlich sei.

Als Kind habe ich diesen Unsinn auch noch "geglaubt" - wie auch an den Katholizismus (Kinder eben, die nun mal den Erwachsenen vertrauen). Das Stalin sich vom gelernten Christenpriester zum sich selbst Priester umentwickelt hat, hat den Russen nur noch wenig Schlimmeres bereitet, als sie eh schon zu erwarten hatten.

Russland hat sich inzwischen zur aktuell prominentesten Diktatur entwickelt, in der Kirche und Diktatur so eng Hand in Hand gehen, sich gegenseitig Treue und Rückehalt zugesichert haben - heute noch. Nicht viel anders, wenn auch weniger diktatorisch, erlebt man dies in nicht wenigen anderen ehem Pakt-Ländern der "östlichen Hemisphäre").

Heute - nachdem der Stalinismus keine politische Gefahr mehr darzustellen scheint - scheint die Kirche sich selbst zum größten Verfechter marxistischer Lehren aufzuschwingen und argumentiert mit erstaunlich ähnlichen Argumenten, wie dies derzeit sonst maximal noch Gruppen linksaußen tun. Mit kontrollierter Angst und Unwissen macht es sich trefflich Weltreligion mit Weltmacht...
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Heinrich5

Re: Vormarsch der Orthodoxie in Russland

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Es ist schon interessant, wie der früher in der DDR diensttuende atheistische KGB-Offizier und heutige russische Präsident und zum orthodoxen Glauben sich gewendete Wendehals und „Lupenreine Demokrat“ (nach Schröder) das neue Verhältnis von Staat und Kirche aufbaut.
Die orthodoxe Kirche mischt sich nicht in die politische Grundausrichtung des Staatsapparats ein. Damit ist sie für die Machthaber im Kreml zum bequemen Partner geworden. Die orthodoxe Kirche kritisiert den Staat nicht. Als Dank für ihre Loyalität fordert die orthodoxe Kirche mehr Einfluss auf die Gesellschaft. Für die Orthodoxie ist die Lehre von der Einheit von Kirche, Staat und Macht schon seit der Zarenzeit charakteristisch. So bleiben Putin die Hände frei beim weiteren abrücken von der Demokratie in Russland wie wir sie bei uns im Westen verstehen. Die jüngsten Durchsuchungen bei den, wie Putin sie nennt, „Ausländischen Agenten“ (Stiftungen demokratischer Parteien Europas), zeigen das wieder deutlich.
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Re: Vormarsch der Orthodoxie in Russland

Ungelesener Beitrag von niels »

Erinnert mich sehr an das mE nicht wesentlich andere Abkommen, welches die katholische Kirche (insbes Bischof Marx) mit der DDR Diktatur (konkret: Erich Honnecker) noch einige Jahre vor der Wende schlossen (gab da neulich einen auschlußreichen Spiegel Artikel), welchen beide ja noch als "vorbildlich" bzw "wegweisend" für die Staaten des Warschauer Paktes bezeichneten.

Wäre die Wende nicht dazwischengekommen, hätte es wohl sogar 89 bzw 90 schon einen Papstbesuch in der DDR gegeben, wie man heute weiß.

Das erklärt auch den mE erkennbaren Abstand, den die Priester damals noch zu den Vorgängen auf den Straßen 89 hielten, kein Wort über die politischen Veränderungen oder Bewegungen in den Predigten des Dorfpfarrers wie des damaligen Probstes, obgleich die Kirche voll war mit Menschen, die genau dazu etwas erwartet hatten.

Selbst Versuche von verschiedenen Gemeindemitgliedern in einer der vielen Immobilien der Dorfkirche Treffen abzuhalten (der Pfaffe hätte nicht mal teilnehmen müssen, aber können...) um über die politische Lage zu sprechen, wurden rigoros und mit drohenden Worten abgelehnt, währenddessen selbst in HIG schon Montagsdemos liefen und die StaSi Zentrale erstürmt war.

Kaum war das Regime weg, mühte sich die Kirche eingehend die eigene Position in der Geschichte "aufzuhellen", was später soweit ging das selbst heute noch viele Katholen ueberzeugt sind, das die katholische Kirche ein wesentlicher Faktor und Unterstützer der Wendebewegung gewesen sei. Das ist historisch schlichtweg falsch - auch wenn es kaum jemand hören will.


Heute wissen wir auch warum...
Heinrich5

Re: Vormarsch der Orthodoxie in Russland

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zitat Niels:
Kaum war das Regime weg, mühte sich die Kirche eingehend die eigene Position in der Geschichte "aufzuhellen",
Vergessen ist heute auch weitgehend, dass höchste Vertreter der evangelischen Kirche die Formel der „Kirche im Sozialismus“ erfanden und prägten.

„Wir wollen Kirche nicht neben, nicht gegen, sondern im Sozialismus sein.“

Diese Formulierung offenbarte ein deutliches Sich-Einlassen auf den Sozialismus in der DDR und war im Prinzip ein Bekenntnis zum DDR-Sozialismus. Heute wird so etwas verschwiegen.
Christel
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Re: Vormarsch der Orthodoxie in Russland

Ungelesener Beitrag von Christel »

Die Russisch-Orthodoxe Kirche prägte ca. tausend Jahre Russland, seine Kultur und Menschen nachhaltig. Die Russisch-Orthodoxe Kirche gehört zu Russland. Es ist daher für mich befremdlich, wenn heute vom „Vormarsch der Orthodoxie in Russland“ gesprochen wird.

Was ist geschehen?

Die Staatsdoktrin der Sowjetunion war atheistisch. Die Ausübung der Religion war zeitweise verboten oder unterlag umfangreichen staatlichen Einschränkungen, so gab es z. B. Gesetze gegen das öffentliche Singen religiöser Lieder.
http://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetunion
Die Bolschewiki betrieben besonders in den frühen Jahren der Sowjetunion massive Christenverfolgungen, unter Lenin und Stalin gab es Massenhinrichtungen und Deportationen in den Gulag. Im Vergleich zur Zeit vor 1917, als es 54.174 Kirchen und ca. 26.000 Kapellen sowie 1025 Klöster gab, gab es 1936 nur ca. 100 Kirchen, in denen noch regelmäßig die Liturgie gefeiert wurde („arbeitende Kirchen“) und kein einziges Kloster. Tausende kirchlicher Gebäude fielen einer Art Bildersturm zum Opfer, indem man sie abriss oder profan umfunktionierte.
http://de.wikipedia.org/wiki/Russisch-Orthodoxe_Kirche
Gehörten um 1920 noch etwa 90 % der Russen der Russisch-Orthodoxen Kirche an, so sank die Zahl bis 1940 auf unter 30 %. Viele Gläubige waren Repressalien ausgesetzt, wurden gefoltert, erschossen oder nach Sibirien verbannt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetunion

Immerhin noch 30%. Glaube lässt sich halt nicht einfach verbieten!
Unter Josef Stalin wurden tausende Priester in Arbeitslager (Gulag) deportiert. Ebenso wurden in Zentralasiatischen Republiken, wo mehrheitlich Muslime lebten, die meisten Moscheen geschlossen und die Religionsausübung ebenfalls verboten.

In Sibirien, vor allem südlich des Baikalsees, leben außerdem zahlreiche Buddhisten. Auch große Teile der koreanischen Minderheit bekannten sich zum Buddhismus.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde die strenge staatliche antireligiöse Haltung etwas gelockert. Einige Bischöfe und Priester wurden aus der Haft entlassen. Es wurden einige geistliche Hochschulen sowie Kirchen und Klöster wieder geöffnet
.http://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetunion
Nach der Machtübernahme von Nikita Chruschtschow wurde eine neue Welle des antireligiösen Kampfes ausgelöst. Chruschtschow versprach, den letzten Priester der Sowjetunion bald im Fernsehen zu zeigen. Unter Michail Gorbatschow in den späten 1980er Jahren wurde die staatliche Haltung wieder etwas lockerer, bis schließlich mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Religionsfreiheit kam.
http://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetunion
(Hervorhebungen in den Zitaten von mir.]
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Vormarsch der Orthodoxie in Russland

Ungelesener Beitrag von niels »

Die Russisch-Orthodoxe Kirche prägte ca. tausend Jahre Russland, seine Kultur und Menschen nachhaltig. Die Russisch-Orthodoxe Kirche gehört zu Russland. Es ist daher für mich befremdlich, wenn heute vom „Vormarsch der Orthodoxie in Russland“ gesprochen wird.
Erstaunlich, waren es doch gerade die (zumindest deutschen) Christen, die während der 80 Jahre Stalinismus nicht nur Russland, sondern auch Russen als "gottloses Volk" bezeichneten - daran erinnere selbst ich mich noch sehr gut. Richtig ist, das die Orthodoxie Russland über Jahrhunderte und länger prägte - dabei sah es für das Volk nicht viel anders aus als heute. Treffender in dem Kontext wäre wohl, von einem weiteren kulturellen Rückschritt Russlands zu sprechen...
Die Staatsdoktrin der Sowjetunion war atheistisch. Die Ausübung der Religion war zeitweise verboten oder unterlag umfangreichen staatlichen Einschränkungen, so gab es z. B. Gesetze gegen das öffentliche Singen religiöser Lieder.
Der Stalinismus zu seiner Hochzeit war selbst Religion - Stalin hatte im Priesterseminar nicht nur das "Hirtendasein" der Priesterkaste erlernt, sondern auch die zuvor im Christentum bewährten Kulte und soziodynamischen Strategien - zT bis zur Perfektion überspitzt - eins zu eins auf seine Machtstrategie übernommen. Jesus und Marx waren sich in ihren Lehren nie wirklich fern - so war es nicht verwunderlich, das Stalin vom Christentum zum Marxismus fand - so wie die Kirchen heute - wo der Kommunismus keine Existenzbedrohung mehr für die Kirche darstellt - immer öfter und häufiger mit marxistischen Gesellschaftsideen Soziopopulismus betreiben, weil es die Zielgruppen jener tritt, die wenig von und über die globale Welt und Gesellschaft verstehen, deshalb vor ihr subtile Ängste hegen und damit - den Schafen gleich - Zuflucht zu "starken" Hirten suchen.

Die Kirche war den Ideen der "roten und grünen Khmer" noch nie so zugetan wie heute - aber gut, die (d.h. insbesondere ihre Parteiobrigkeiten) sind ja mindestens ebenso christlich wie es die Mehrheit bisher vornehmlich den Schwarzen von CDU und CSU zubilligte. Mit Angst lässt sich trefflich Politik und religion machen - das wird sich wohl auch so schnell nicht ändern, selbst dann nicht, wenn die Menschheit die Hürde von der niedrigsten Stufe der Religion nach Einstein (der "Angstreligion") zur zweitniedrigsten Ebene - der Religion der "Liebe", der "sozialen" Religion aufsteigen, in der Menschen subtile Bedürfnisse nach Anerkennung, scheinbarer Sicherheit und Liebe (genauer: geliebt zu werden) zu befriedigen suchen.
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Re: Vormarsch der Orthodoxie in Russland

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zitat Christel:
…….Es ist daher für mich befremdlich, wenn heute vom „Vormarsch der Orthodoxie in Russland“ gesprochen wird.
Warum? Seit Lenin und bis zum Ende der Breschnew Ära spielte die orthodoxe Kirche in Russland praktisch keine Rolle mehr. Erst unter Gorbatschow und Jelzin kam es in Russland zur Religionsfreihet. Unter Putin und Medwedjew blühte sie regelrecht auf. Der Kungel zwischen der orthodoxen Kirche und der Partei „Einiges Russland“ ist bekannt.

Unter aktiver Beteiligung Putins kam es 2004 zur Wiedervereinigung der Teile der Orth. Kirche:
2004 kam es zur Einsetzung von Dialog-Kommissionen, deren Arbeit von den Konzilien beider Teile der Russischen Kirche angenommen wurden, so dass im „Akt der kanonischen Gemeinschaft“ die durch die Sowjetzeit bedingte Trennung am 17. Mai 2007 in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale, in Gegenwart des New Yorker Metropoliten Lavr und des Patriarchen Alexius II. und im Beisein von Russlands Präsident Wladimir Putin, offiziell für beendet erklärt wurde.
http://de.wikipedia.org/wiki/Russisch-Orthodoxe_Kirche

Die russisch-orthodoxe Kirche entblödete sich nicht, den wegen seiner Unfähigkeit für den Tod von Millionen russischer Soldaten schuldig gewordenen Zar Nikolaus, dessen Unfähigkeit letztendlich auch zur Oktoberrevolution führte im Jahr 2000 heilig zu sprechen.
Am 20. August 2000 wurde Nikolaus II. zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale auch von der Russisch-Orthodoxen Kirche heiliggesprochen. Ikonen mit seiner Darstellung sowie mit der Darstellung seiner getöteten Familie hängen seitdem in vielen russisch-orthodoxen Kirchen, sowohl in Russland als auch im Ausland.
http://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_II._(Russland)

Noch ist Russland ein säkularer Staat. Das kann sich aber unter dem Einfluss der orth. Kirche noch ändern.
Es sollte mich nicht wundern wenn aus der orth. Kirche, gefördert von der Partei „Einiges Russland“ eine russische Staatskirche wird.
„Einiges Russland“ sieht sich als zentristische Partei, die die nationalen Interessen Russlands verfolgt. Sie beschreibt sich als „konservativ“.Von der Bevölkerung und ausländischen Beobachtern wird sie eher als reine Präsidentenpartei zur Unterstützung des Kurses von Wladimir Putin gesehen. Da ihr die große Mehrheit der Mächtigen in Russland angehört, wird sie auch regelmäßig als „Beamtenpartei“ oder „administrative Partei“ bezeichnet. Inhaltlich besitzt sie kein echtes politisches Programm, sondern vertritt eher allgemeine Positionen („für das Wohl des Volkes“). Innerhalb Russlands verfolgt die Partei einen zentralistischen Kurs.
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Re: Vormarsch der Orthodoxie in Russland

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Erstaunlich, waren es doch gerade die (zumindest deutschen) Christen, die während der 80 Jahre Stalinismus nicht nur Russland, sondern auch Russen als "gottloses Volk" bezeichneten - daran erinnere selbst ich mich noch sehr gut.
Das ist möglich, wenn man verallgemeinert. Wenn man z.B. vom staatlich verordneten Atheismus, dem bis 1940 immerhin 70 % der Bevölkerung gefolgt war, auf alle Russen, auf die Russen, auf das Volk schließt. Oder wenn man von schlimmen Nachkriegserfahrungen, die einige, insbesondere Frauen mit Russen gemacht haben, auf die Russen schließt.

Das ist genauso falsch, wie Deine Verallgemeinerung, „gerade die (zumindest deutschen) Christen“ hätten gesagt, "Die Russen sind Gottlose" bzw. die Russen als "gottloses Volk" bezeichnet!
Ich habe das nie gesagt, auch ich bin Christin.
Ich habe dies auch nie gehört!

Folglich ist Deine Behauptung, die (zumindest deutschen) Christen, hätte dies von den Russen gesagt, falsch!

Gewiss werden wir alle geprägt durch unsere Erziehung, Religion…, dennoch ist es falsch all unser Verhalten dadurch erklären zu wollen. – Ich nehme an, auch Du, Niels; hältst es für falsch, wenn man Deine Persönlichkeit, Verhalten… allein aufgrund Deiner kath. Herkunft erklären zu wollte.
Auch Stalins Aufenthalt im Priesterseminar von 1894 bis zu seinem Rauswurf 1899 erklären die „Stalinschen Säuberungen“ nicht!

Wobei für diese Zeit sowieso zu fragen ist, was Stalin mehr beschäftigte/prägte:

Bereits mit 15 Jahren hatte Stalin Kontakt zu marxistischen Zirkeln.
Mit 18 wurde er in die erste sozialistische Organisation Georgiens aufgenommen, die Messame-Dassi-Gruppe. Ein Jahr später "1898 trat er offiziell in die sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands (SDAPR) ein. 1899 wurde er aus dem Priesterseminar ausgeschlossen, weil er aufgrund dieser politischen Tätigkeiten bei mehreren wichtigen Prüfungen gefehlt hatte. Statt Priester wurde Stalin Berufsrevolutionär.“ http://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Stalin

Viel entscheidender dürfte der Umstand gewesen sein, dass sich Stalins Vater in den frühen 1880er Jahren zum streitsüchtigen Alkoholiker entwickelte hatte, der Frau und Sohn regelmäßig verprügelte:
Ein Jugendfreund Stalins schrieb später: „Diese unverdienten und schrecklichen Prügel machten den Jungen genauso hart und gefühllos wie seinen Vater.“ Er habe Stalin nie weinen sehen. Iosseb Iremaschwili, ein anderer Freund Stalins, schrieb, dass die Prügel auch einen Hass auf Autoritäten in Stalin hervorriefen, da jeder Mensch, der mehr Macht als er selbst gehabt hätte, ihn an seinen Vater erinnert habe. http://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Stalin
Ich denke eher, dass Stalin einfach ein Psychopath war und die Umstände erlaubten es ihm, seine Persönlichkeitsstörung rücksichtslos auszuleben.

Vergleiche:
Woran erkennt man Psychopathen?
Die meisten Experten halten Psychopathie für angeboren. Und für unheilbar. Einmal Psychopath, immer Psychopath – dieser These folgen heute auch einige Gerichte in den USA.
….
Psychopathen sind nicht dazu in der Lage, Reue oder Mitgefühl mit anderen Menschen zu empfinden. Sie haben buchstäblich kein Gewissen.
http://www.pm-magazin.de/t/gehirn-intel ... ychopathen
"Stalin war ein psychopathischer Gewalttäter"
Historiker: Ohne Stalin hätte es die Verbrechen in der Sowjetunion der 30er Jahre nicht gegeben
Jörg Baberowski im Gespräch mit Frank Meyer
Der Berliner Historiker Jörg Baberowski ist der Meinung, dass die Millionen Opfer stalinistischer Gewaltherrschaft letztlich dem Diktator persönlich anzulasten sind. Zwar sei das Morden ideologisch gerechtfertigt worden - ohne den krankhaften Charakter Stalins wäre es aber nicht dazu gekommen.
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1690312/
„Große Terror“, vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fe ... etunion%29,
„Stalinsche Säuberungen“ http://de.wikipedia.org/wiki/Stalinsche ... 4uberungen

Biographische Daten zu Stalin, vgl.: http://www.was-war-wann.de/personen/josef_stalin.html
http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/StalinJosef/
http://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Stalin

Übrigens,
Marx analysierte die Gesellschaft, die ökonomischen Bedingungen … und zog daraus die revolutionäre Schlussfolgerung, es sei die historische Mission der Arbeiterklasse, die Macht zu übernehmen und die „Diktatur des Proletariats“ auf zuzurichten. Aus diesen neuen gesellschaftlichen Bedingungen würde der „neue Mensch“ hervorgehen.

Jesus setzt nicht bei den gesellschaftlichen (äußeren) Bedingungen an, sondern beim einzelnen Menschen. Ihn ruft er in seine Nachfolge, er wird gleichsam mit Christus vereinigt. Indem sich der einzelne Mensch von innen her ändert/wandelt, ändert sich die Welt.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Vormarsch der Orthodoxie in Russland

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Was noch gut zum Thema „Orthodoxie auf dem Vormarsch“ passt, fand ich bei Sergej Michalkow
„Stalin raus“ – „Gott rein“
Drei Hymnen, ein Dichter. Von einem, der auszog, nacheinander Stalin, Breschnew und Putin zu preisen: Vor 100 Jahren wurde Sergej Michalkow geboren.
Sergej Michalkow hat den Regimewechsel und die Auflösung der Sowjetunion 1991 gut überstanden. Der ehemalige stalinistische Funktionär der kommunistischen Partei betont nun plötzlich stolz seine Herkunft aus dem russischen Hochadel und erklärt außerdem, er sei „immer schon ein religiöser Mensch“ gewesen. Sergej Michalkow starb am 27. August 2009 in Moskau im Alter von 96 Jahren.

Der Trauergottesdienst zum Staatsbegräbnis wurde von Patriarch Kyrill, dem höchsten Würdenträger der russisch-orthodoxen Kirche, geleitet.
Die staatliche russischen Presseagentur RIA Nowosti berichtete, dass der Autor, „seinem hohen Status entsprechend“, mit militärischen Ehren bestattet wurde. Zum Abschluss der Zeremonie wurde der Sarg des Dichters zu den Klängen „seiner“ Hymne ins Grab gesenkt, und jeder der Anwesenden hat im Geiste wohl jene Textvariante mitgesungen, die ihm am liebsten war.

http://diepresse.com/home/spectrum/lite ... m/index.do
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