Georg Simmel in die Philosophie des Geldes (1900):
"Was jede höhere Kultur von den niederen scheidet, ist sowohl die Vielfachheit wie die Länge der teleologischen Reihen.
Die Bedürfnisse des rohen Menschen sind gering an Zahl, und wenn sie überhaupt erreicht werden, gelingt es durch eine relativ kurze Kette von Mitteln.
Steigende Kultur vermehrt nicht nur die Wünsche und Bestrebungen der Menschen, sondern sie führt den Aufbau der Mittel zu jedem einzelnen dieser Zwecke immer höher, und fordert schon für das blosse Mittel oft einen vielgliedrigen Mechanismus ineinandergreifender Vorbedingungen.
Auf Grund dieses Verhältnisses wird sich die abstrakte Vorstellung von Zweck und Mittel erst in einer höheren Kultur erheben; erst in ihr wird wegen der Fülle der Zweckreihen, die eine Vereinheitlichung suchen, wegen des immer weiteren Hinausrückens der eigentlichen Zwecke an eine immer längere Kette von Mitteln -- die Frage nach dem absoluten Endzweck, der diesem ganzen Treiben Vernunft und Weihe gäbe, nach dem Wozu des Wozu auftauchen.
[...] Am Beginn unserer Zeitrechnung war offenbar die griechisch-römische Kultur auf diesen Punkt gekommen.
Der resignierte oder grollende Pessimismus jener Zeit, ihr besinnungsloses Geniessen, das freilich in seinem Augenblicksdasein einen nicht über sich hinausfragenden Zweck fand, auf der einen Seite, ihre mystisch-asketischen Tendenzen auf der anderen -- sie sind der Ausdruck jenes dunklen Suchens nach einem abschliessenden Sinn des Lebens, jener Angst um den Endzweck der ganzen Mannigfaltigkeit und Mühsal seines Apparates von Mitteln.
Diesem Bedürfnis nun brachte das Christentum eine strahlende Erfüllung.
Zum erstenmal in der abendländischen Geschichte wurde hier den Massen ein wirklicher Endzweck des Lebens geboten, ein absoluter Wert des Seins, jenseits alles Einzelnen, Fragmentarischen, Widersinnigen der empirischen Welt: das Heil der Seele und das Reich Gottes.
[...] Nun hat freilich der Endzweck, an den das Christentum den absoluten Wert der Seele band, eine eigentümliche Entwicklung erfahren.
Wie nämlich jedes Bedürfnis durch die Gewohnheit seiner Befriedigung fester wird, so hat das Christentum durch das so lange andauernde Bewusstsein eines absoluten Endzweckes das Bedürfnis danach ausserordentlich fest einwurzeln lassen, so dass es denjenigen Seelen, denen gegenüber es jetzt versagt, das leere Sehnen nach einem definitiven Zweck des ganzen Daseins als seine Erbschaft hinterlassen hat: das Bedürfnis hat seine Erfüllung überlebt."
Das Wozu des Wozu
Moderatoren: niels, Kirche und Religionen
Forumsregeln
Glaube und Religion im Eichsfeld Wiki:
Religion im Eichsfeld
Kategorie: Religion im Eichsfeld
Kirchen im Eichsfeld
Glaube und Religion im Eichsfeld Wiki:
Religion im Eichsfeld
Kategorie: Religion im Eichsfeld
Kirchen im Eichsfeld
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 17 Gäste