Mutation - der “schöpferische Faktor"
Da also durch Selektion oder natürliche Auslese lediglich bereits Vorhandenes erhalten oder ausgemerzt, also gewissermaßen nur eine Wahl getroffen wird, muß alles Neue, Überlegene und im Kampf ums Dasein besser Angepaßte von einem anderen Evolutionsfaktor verursacht werden: von der Mutation. Man versteht darunter plötzlich auftretende, im Gegensatz zu den Variationen erbliche Veränderungen im Erscheinungsbild von Lebewesen, im Verhalten der Tiere oder auch in den physiologischen Reaktionen. Mutationen entstehen spontan durch eine Änderung in der Basensequenz der DNS (Desoxyribonucleinsäure) in den Genen (ErbmerkmaIsträger), durch tiefgreifende Änderungen in den Chromosomen oder Änderungen in der Chromosomenzahl (z. B. ihre Vervielfältigung: Polyploidie). Mutationen beruhen in jedem Fall auf einer Veränderung der Genetischen Informationen. Sie werden vom Neodarwinismus als die einzige bekannte Quelle neuen Materiales für genetische Variabilität und damit für die Evolution bezeichnet (L. v. Bertalanffy), denen ausschließlich das neue Material, das dann der Selektion im Kampf ums Dasein unterworfen wird, zu verdanken ist (Simpson 1969; Mayr 1970).
Das ist alles richtig. Man sieht, der Autor ist kompetent und kann mitreden. Also vertrauen wir ihm. Aber hier geht es ganz anders weiter:
Stimmt ja auch alles. Was also soll daran "anders" sein? Es ist die Gewichtung der Mutationen. Der Autor trifft eine Auswahl, um Mutationen in ein ungünstiges Licht zu stellen. Und was für eine Auswahl! Während Mutationen bei der Weitergabe des Lebens in schier unendlicher Anzahl vorkommen, erweckt er den Eindruck, man kenne sie und könne sie aufzählen.Eine der wohl bekanntesten Mutationen stellt der Albinismus bei Tier und Mensch dar, der auf dem Verlust der Fähigkeit beruht, Pigmente, also dunkle Farbstoffe zu bilden. Die Haut bleibt infolgedessen hell und bräunt auch nicht in der Sonne, die Haare erscheinen weiß und die Iris (Regenbogenhaut) der Augen rot, da auch sie kein Pigment bilden kann und das Blut der Gefäße im Auge hindurchschimmert. Der berühmte Weiße Hirsch im Märchen, mit roten Augen und aus dem gleichen Grunde einer rosa Schnauze, ist ein Albino! Auch die sogenannten “Blutformen" verschiedener Bäume und Sträucher (Rotbuche, Ahorn, Hasel) sind Beispiele für Mutationen. Ihre Blätter sind durch den Farbstoff Anthozyan, der durch einen genetischen Defekt - eine Mutation also - nicht wie in den normalen Pflanzenblättern weiter abgebaut wird, rot gefärbt. Zu den häufigen Mutationen zählen auch die Schlitzblättrigkeit (z. B. ebenfalls beim Ahorn) und alle Hängewuchsformen (Weide, Ahorn, Birken u. a.). Schließlich handelt es sich ja bei unseren Haustieren und Nutzpflanzen ebenfalls um die Ergebnisse von Mutationen entsprechender Wildformen. Unter den physiologischen Veränderungen, die durch Mutationen hervorgerufen werden, sei hier nur die erbliche Diabetes oder Zuckerkrankheit erwähnt.
Jetzt wird ganz und gar deutlich, dass es dem Autor allein darum geht, klarzumachen, dass Mutationen niemals den Menschen entstehen lassen konnten, also allein Schöpfung durch Gott dafür in Frage kommen kann. Ersagt es zwar nicht, aber was bleibt denn anderes als Schluss für den Leser übrig? Doch die Argumente sind samt und sonders unzutreffend, irreführend und falsch, womit sich ihre Zielsetzung ins Gegenteil verkehrt. In meinem nächsten Beitrag werde ich sie etwas näher beleuchten.Bereits diese wenigen Beispiele zeigen das für nahezu alle bisher bekanntgewordenen Mutationen Kennzeichnende: sie verursachen Verkümmerungen und Verluste von Eigenschaften, bedingen also keinesfalls irgendwelche neuen im Sinne echter Neuerwerbungen! Ludwig v. Bertalanffy vergleicht die Mutation als einen gelegentlichen Fehler bei der Reduplikation des Genetischen Code der DNS (der Verdoppelung bei jeder Zellteilung) deshalb auch treffend mit einem Tippfehler, wie er beim Abschreiben eines Originals durch eine nicht besonders sorgfältige Stenotypistin zustandekommt. So wenig, wie etwa ein Gedicht Goethes durch einen derartigen Tipp- oder Druckfehler verbessert werden könnte, erzeugen demnach Mutationen irgendwelche Verbesserungen oder Vervollkommnungen organischer Strukturen oder der Leistungen eines Lebewesens. Tatsächlich rufen mehr als 99%(!) aller bekannten Mutationen Schädigungen bzw. Mißbildungen hervor [8]. Das gilt ebenso für alle durch Röntgenstrahlen, ionisierende Strahlen oder Chemikalien künstlich hervorgerufenen Mutationen. Auch ihre Richtung kann man nicht beeinflussen. Es gibt keine gesteuerten, gezielten Mutationen. Der Erfolg dieser Experimente ist stets ungewiß und bleibt völlig dem Zufall überlassen. Damit aber erweist sich die entscheidende Rolle der Mutation als einziger schöpferischer Faktor der gesamten Evolution als äußerst fragwürdig, ja unmöglich!