Das christliche Schöpfungsverständnis

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Holuwir
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Holuwir »

Warum ist diese Diskussion so ganz und gar nicht konstruktiv? Weil hier zwei Gedankenwelten aufeinanderstoßen, die nicht zusammengebracht werden können. Es gibt Gedanken über die Wirklichkeit und es gibt Phantasie. An Letzterem ist grundsätzlich nichts Schlimmes. Im Gegenteil, Phantasie kann unser Leben ungemein bereichern, während Betrachtungen der Wirklichkeit i. d. R. recht farblos sind und deswegen sehr ernüchternd sein können. Das Problem entsteht, wenn Phantasie für die Wirklichkeit ausgegeben werden soll. Das funktioniert nicht. Rein theoretisch könnte zwar Phantasie Wirklichkeit erdenken bevor diese erkannt wird, aber das kommt praktisch nicht vor. Zu vielgestaltig und komplex ist jede Wirklichkeit, als dass wir sie uns gedanklich bis ins Detail ausmalen könnten, aber genau das wäre erforderlich, denn sie muss funktionieren. Und Wirklichkeit funktioniert immer, sonst wäre es keine.

Hier geht es nun um Schöpfung, speziell um das christliche Schöpfungsverständnis. Ist sie Phantasie oder Wirklichkeit? Welche Tatsachen gibt es, die als Indiz für Schöpfung dienen könnten? Keine! Welche Hinweise auf Schöpfung gibt es? Keine! Warum glauben Menschen trotzdem an Schöpfung? Weil früher lebende Menschen an Schöpfung geglaubt haben. Warum haben früher lebende Menschen an Schöpfung geglaubt, wenn doch nichts dafür spricht? Das war früher anders, ganz anders. Früher schien es völlig unmöglich, dass unsere Welt von selbst hätte entstanden sein können oder dass z. B. der Mensch sich einfach durch natürliche Prozesse aus anderen Lebewesen hätte entwickeln können. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand auch nur auf eine solche Idee hätte kommen können, zumal es auch heute noch viele Menschen gibt, die das für unmöglich halten, obwohl längst zweifelsfrei die Art und Weise wie das geschehen konnte, nachgewiesen ist. Da war also der Glaube an einen allmächtigen Schöpfergott die einzig plausible Lösung.

Warum will man nun aber unbedingt an dieser Weltentstehungsvorstellung der Vorfahren festhalten, wenn sie doch offenkundig nicht der Wirklichkeit entspricht? Auf dieser Basis wurden teils riesige Organisationen mit viel Macht und Einfluss ins Leben gerufen, die man unter keinen Umständen aufgeben will. So verfolgt man unterschiedliche Strategien, um den Schöpfungglauben in den Köpfen der Menschen aufrecht zu erhalten. Jehovas Zeugen sagen unumwunden, dass die Wissenschaft falsch liegt. Die Bibel hat recht. Punkt. Das ist eine riskante Strategie, denn die Wahrheit lässt sich nicht auf Dauer unterdrücken. Diese leidvolle Erfahrung hat ja die katholische Kirche mit dem vergeblichen Versuch, das geozentrische Weltbild aufrechtzuerhalten, gemacht. Sie geht deshalb jetzt einen anderen Weg und bejaht pro forma die wissenschaftlichen Aussagen, stellt aber das moderne christliche Schöpfungsverständnis so diffus wie irgend möglich dar, um zu verschleiern, dass Schöpfung mit keiner wisenschaftlichen Aussage übereinstimmt. Um sie dennoch als Wirklichkeit erscheinen zu lassen, hilft nichts als Rabulistik. Deswegen ist es überhaupt nicht verwunderlich, wenn wir beobachten, dass praktisch alle Argumente, mit denen der Schöpfungsgedanke verteidigt werden soll, rabulistischer Natur sind.
Christel
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Christel »

Du reduzierst hier Wirklichkeit auf Technik:
Holuwir hat geschrieben: Donnerstag 1. Juli 2021, 21:59 Und Wirklichkeit funktioniert immer, sonst wäre es keine.
Doch „Phantasie“, also Deine Gedanken, sie prägen Dich, sie sind also wirklich.
Du stellst sie ins Internet. Auch so erschaffst Du mit ihnen Wirklichkeit.
Aber nicht dadurch, dass deine Gedanken wahr und richtig sind, ich halte sie für falsch, sondern einfach dadurch, dass sie existieren und Du sie verbreitest.
Holuwir hat geschrieben: Donnerstag 1. Juli 2021, 21:59 Warum ist diese Diskussion so ganz und gar nicht konstruktiv?
Ganz einfach, weil Du glaubst bereits im Besitz der ganzen Wahrheit oder Wirklichkeit zu sein.

Einwände, Richtigstellungen… beachtest Du gar nicht.
Du hast schließlich einen Weg gefunden, der Dich faktenresistent macht: Du erklärst einfach jede Aussage, die nicht in Dein Weltbild passt zur Rabulistik.

So brauchst Du nicht nachzudenken, Deinen Horizont erweitern, nicht dazu lernen… - Du ersparst Dir die Mühe. Warum auch, Du bist ja bereits im Besitz der Wahrheit.

Wer es wagt, Dir zu widersprechen, den bezichtigst Du der Rabbulistik:
Holuwir hat geschrieben: Donnerstag 1. Juli 2021, 21:59 Deswegen ist es überhaupt nicht verwunderlich, wenn wir beobachten, dass praktisch alle Argumente, mit denen der Schöpfungsgedanke verteidigt werden soll, rabulistischer Natur sind.
Das ist auch eine Art Andersdenkenden einen Maulkorb zu verpassen. Mit konstruktiver Diskussion hat das nichts zu tun!

Aber sehr viel mit Macht und Diktatur: Entweder man nimmt die Ehrabschneiderei hin oder man zieht sich zurück, hält zumindest den Mund oder man lässt sich das Rückgrat brechen und läuft zur Gegenseite über. (Macht über Menschen ist eine größere Versuchung als Geld, sagten mir einst Aussteiger von den Zeugen Jehovas. Männer haben dort Macht.)

PS:
Holuwir Deine Unterstellungen sind absurd:
Holuwir hat geschrieben: Donnerstag 1. Juli 2021, 21:59 Sie geht deshalb jetzt einen anderen Weg und bejaht pro forma die wissenschaftlichen Aussagen, stellt aber das moderne christliche Schöpfungsverständnis so diffus wie irgend möglich dar, um zu verschleiern, dass Schöpfung mit keiner wisenschaftlichen Aussage übereinstimmt. Um sie dennoch als Wirklichkeit erscheinen zu lassen, hilft nichts als Rabulistik.
Da Schöpfung gar nicht naturwissenschaftlich erfassbar ist steht sie auch nicht in Konkurrenz mit der Naturwissenschaft. Genau so wenig wie Gedichte und Erzählungen, auch dann nicht, wenn sie in der Bibel stehen. – Schöpfungstheologie ist Philosophie und nicht Naturwissenschaft.
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Leinetal »

Der Ablauf der Schöpfung

Fossilien dokumentieren das Aussehen der Organismen in früheren Erdzeitaltern. Wenn die Evolution stattgefunden hat, dann erwartet man, dass Fossilien einen Wandel belegen können. Was ist evolutionsbiologisch zu erwarten? Je älter Flora und Fauna sind, desto mehr sollten sie von den heutigen Verhältnissen abweichen (Ökosystemveränderungen). Verschiedene Lebewesen sollten auch nacheinander auftreten und sich aufbauend auf erreichten Merkmalen weiterentwickeln (Merkmalsveränderungen). Man erwartet weiterhin, dass später auftauchende Lebewesen Gemeinsamkeiten zu Lebewesen früherer Erdzeitalter aufweisen, woraus man Verwandtschaftsbeziehungen ableiten kann. Weiter kann man erwarten, dass man Lebewesen findet, die Merkmale von Organismen vereinen, die man zwei verschiedenen systematischen Gruppen zuordnet (Mosaikformen). Bei der Schöpfung erwartet man all dies nicht - jedenfalls nicht zwingend. Alle Lebewesen könnten schon von Anfang an vorhanden gewesen sein oder zusammen erst in viel späteren Erdepochen auftauchen. Es ist denkbar, dass sie in einer chronologischen Reihenfolge oder in einem chaotischen Wechsel erscheinen. Natürlich ist auch nicht zwingend zu erwarten, dass frühere Lebewesen zu heutigen Lebewesen Gemeinsamkeiten aufweisen. Sie könnten ganz verschieden sein oder völlig identisch. Allgemein erwartet man auch nicht zwingend, dass es einmal Lebewesen gegeben hat, die es heute nicht mehr gibt. Darüber hinaus ist aus der Schöpfungsperspektive nicht zwingend abzuleiten, dass sämtliche chemischen Elemente (inklusive Kohlenstoff) vor der Entstehung des Lebens bereits auf natürlichem Weg entstanden sein müssen. Der allmächtige Schöpfer wäre auf die natürliche Entstehung in den Sternen nicht angewiesen. Er könnte Lebewesen auch einfach so aus den Elementen durch übernatürliche Eingriffe erschaffen. Natürlich gibt es bestimmte Schöpfungsvorstellungen, die relativ konkrete Aussagen machen. Zum Beispiel wird das Auftreten der Lebewesen in der Bibel nach „Tagen“ geordnet, woraus sich eine bestimmte Reihenfolge ergibt, gerade wenn man die Tage als „längere Zeiträume“ interpretiert.

Himmel und Erde werden erschaffen: 1. Mose 1:1

Was ist unter dem biblischen Himmel zu verstehen? Nun, dass, was wir über uns sehen, mag man geneigt sein zu antworten, tags das blaue Gewölbe mit der Sonne und den Wolken, nachts die Sterne, manchmal den Mond. Aber wir wissen mittlerweile, dass sich dahinter eine schier unendliche Weite erstreckt. Mit unseren erweiterten Augen, den riesigen Teleskope der Sternwarten, sehen wir Trilliarden von Himmelskörpern und wir nehmen riesige Wasserstoff- und Staubwolken wahr. Ist das der Himmel? Können wir eine Grenze zwischen dem biblischen Himmel und dem beobachtbaren Universum ausmachen? Nein. Zwischen den Sternen, die wir wie an ein Zeltdach angeheftet über uns wahrnehmen, liegen große Entfernungstiefenunterschiede. Es gibt keine Grenzen. Alles ist "Himmel". Wie ist das alles entstanden? Diese Frage können uns Kosmologen und Astrophysiker ziemlich gut beantworten, denn der Entstehungsprozess ist keineswegs abgeschlossen, sondern befindet sich in vollem Gange. Aus den riesigen Wasserstoffwolken entstehen ständig neue Sterne und wir können mit unseren Teleskopen die verschiedensten Stadien der Sternentstehung beobachten. Man schätzt, dass sich derzeit 100 Millionen neue Sterne pro Stunde bilden. Es wird noch sehr lange dauern, bis kein freier Wasserstoff, kein "Brennmaterial" mehr im Universum vorhanden ist, sich alles in unzähligen neuen Sternen in die verschiedenen Arten von Materie verwandelt hat und kein Stern, keine Sonne mehr leuchtet. Aber was ist schon lang in der Ewigkeit.

Der biblische "Himmel" vermittelt die unzutreffende Vorstellung eines abgeschlossen Werkes.

Stattdessen ist das Universum ein viele Milliarden Jahre währender Prozess. Von "Im Anfang schuf Gott den Himmel" kann keine Rede sein. Was also schuf Gott? Wenn wir mit unseren, Teleskopen für den Mikrokosmos, den leistungsfähigen Mikroskopen der vielen Forschungseinrichtungen die Materie betrachten, stellen wir etwas anderes fest, etwas, das den Bibelschreibern gänzlich unbekannt war. Alle Materie besteht aus Atomen.

Hat Gott die Atome erschaffen?

Atome wiederum bestehen aus Protonen, Neutronen und Elektronen? Hat Gott diese erschaffen? Wie entstehen die Elemente? Die natürliche Entstehung dieser Teilchen ist gut erforscht. Was finden wir dazu im Schöpfungsbericht? Nichts. Es gibt auf der Erde 96 verschiedene natürliche Atome, die die natürlichen Elemente bilden, wie Sauerstoff, Kohlenstoff, Kalzium, Aluminium, Eisen usw. Sie unterscheiden sich durch die Anzahl der Protonen, Neutronen und Elektronen, die ihre Atome ausmachen. So ist heute bekannt, dass es ein Periodensystem der Elemente gibt, die, je schwerer sie sind, immer ein Proton mehr in ihrem Kern aufweisen. Wenn es am Anfang nur Wasserstoff (und etwas Helium - mit je 2 Protonen, Neutronen und Elektronen) gab, wo kommen die ganzen anderen Elemente her, die wir auf unserer Erde vorfinden? Sie entstehen auf natürlichem Wege aus den sich zu Sternen zusammenballenden Wasserstoffwolken. Diese werden durch ihre Verdichtung so schwer und heiß, dass Kernfusion in ihnen einsetzt und die höherwertigen Elemente entstehen. So entsteht vor unseren Augen in der Sonne aus Wasserstoff Helium. Die dabei freiwerdende Energie ist die, die uns am Leben erhält. Wenn der Großteil des Wasserstoffs in der Sonne umgewandelt sein wird, bläht sich die Sonne zum Roten Riesen auf, der die Erde verbrennen wird, um schließlich als Weißer Zwerg zu enden. Andere, größere Sterne werden zu Supernovaen. Derartiges können wir mit unseren verschiedenen Weltraumteleskopen ständig im All beobachten und studieren. Damit ist aber lediglich erklärt, wie das 2. Element des Periodensystems, Helium, entsteht.
Für die Entstehung der weiteren Elemente sind größere, massereichere Sterne als unsere Sonne erforderlich. Auch solche können wir im Weltall beobachten und ihre momentane Zusammensetzung und die ablaufenden Prozesse aufgrund ihrer Strahlung analysieren. Wir können aus diesen Beobachtungen schließen, dass die Elemente unserer Erde in riesigen Sternen der Anfangszeit unseres Universums entstanden sind, Sterne, die vor der Entstehung unseres Sonnensystems in ungeheuren Supernovae explodiert sind und ihre Materie ins All geschleudert haben. In diesen Sternentrümmern finden keine atomaren Fusionsprozessse mehr statt, sie strahlen also keine Energie ab und leuchten darum nicht, sind deshalb nur sehr schwer auszumachen. Wir nehmen sie von der Erde aus allenfalls als Staub war, der uns den Blick auf fernere Himmelskörper verdeckt. Diese unendlichen vielen großen und kleinen Materiebrocken fliegen mit ihrer Anfangsgeschwindigkeit unentwegt durch das All, nur beeinflusst von Schwerefeldern, die von anderen Materieansammlungen ausgehen.
Einen kleinen Teil davon hat das Schwerefeld unserer Sonne eingefangen und in Umlaufbahnen gezwungen. In diesen Bahnen haben die umlaufenden Brocken sich auch gegenseitig angezogen und sich zu größeren Himmelskörpern vereinigt. Die meisten sind schließlich in die Sonne gestürzt. Einige wenige davon sind auf stabile Umlaufbahnen, d.h. in ein Gleichgewicht zwischen Flieh- und Anziehungskraft geraten und kreisen deshalb unablässig um die Sonne, ohne sich weiter zu nähern oder zu entfernen. Wir nennen sie Planeten, einen davon Erde.

Die angebliche Schöpfung der Erde entpuppt sich als ein natürlicher Entstehungsprozess, eine kleine Episode im langen Prozess des sich ständig wandelnden Universums. "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde" ist die Vorstellung der Menschen, die zur Zeit der Bibelschreiber lebten, die wie selbstverständlich von den beiden Elemente Erde und den wie ein großes Zeltdach darüber gespannten Himmel ausgingen. Sie hat mit den tatsächlichen Verhältnissen des realen Universums nichts zu tun.
Kein Gottesbeweis hält, was er verspricht. Wer von der Existenz Gottes ausgeht, sie als Faktum nimmt, tut so als sei der Gottesbeweis gelungen - und operiert mit ungedeckten Schecks. Im Wirtschaftsleben ist das strafbar, in der Theologie ist es Einlassbedingung.
Christoph Türcke
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Christel »

Hallo Leinetal, vielen Dank für die ausführliche Darlegung Deiner Sichtweise.
Leinetal hat geschrieben: Sonntag 4. Juli 2021, 10:24 Der Ablauf der Schöpfung
Hier gefällt mir besonders Deine wiederholte Verwendung „nicht zwingend“. Ja wenn man allgemein von Schöpfung spricht, dann könnte man seiner Phantasie, was den „Ablauf der Schöpfung“ betrifft, freien Lauf lassen. Könnte man. Sollte man aber nicht.

Denn das Ergebnis des Schöpfungsprozesses ist die Schöpfung selbst, also unsere Welt und sie erzählt uns etwas über den Ablauf der Schöpfung.
Folglich darf man naturwissenschaftliche Ergebnisse nicht ignorieren.

Allerdings, Naturwissenschaft entwickelt sich weiter und mit ihr verändert sich unser Bild von der Welt. Der Blick in die Vergangenheit zeigt es, für die Zukunft ist es zu erwarten. Daraus folgt, wann immer man Naturwissenschaft zur Grundlage nimmt und sagt, so ist der Schöpfungsprozess abgelaufen, eines Tages könnte dies überholt sein.

Es ist daher sowohl unsinnig Naturwissenschaft zu ignorieren und zu behaupten es war ganz anders. Gleichzeitig ist es auch nicht ratsam Naturwissenschaft und Schöpfungstheologie dogmatisch aneinander zu koppeln, da sich Naturwissenschaft weiterentwickelt. - Das ist auch nicht nötig um zeitlose Aussagen über Gott zu machen.
Leinetal hat geschrieben: Sonntag 4. Juli 2021, 10:24 Himmel und Erde werden erschaffen: 1. Mose 1:1
Nimmt man die Schöpfungstexte zu Beginn der Bibel zur Grundlage, dann ist man nicht mehr ganz frei zu spekulieren, denn es werden ein Beginn und ein Ablauf geschildert.
Leinetal hat geschrieben: Sonntag 4. Juli 2021, 10:24Der allmächtige Schöpfer wäre auf die natürliche Entstehung in den Sternen nicht angewiesen. Er könnte Lebewesen auch einfach so aus den Elementen durch übernatürliche Eingriffe erschaffen.
Der erste Schöpfungstext 1.1- 2,4a beschreibt eine Schöpfung durch das Wort Gottes: Gott befiehlt und die Erde bringt hervor, also Gott und Natur miteinander.
Leinetal hat geschrieben: Sonntag 4. Juli 2021, 10:24 Der biblische "Himmel" vermittelt die unzutreffende Vorstellung eines abgeschlossen Werkes.
Stattdessen ist das Universum ein viele Milliarden Jahre währender Prozess.
Der erste Schöpfungstext endet mit dem Vers 1. Mose 2,4a:
„Dies sind die Zeugungen des Himmels und der Erde: ihr Eschaffen sein.“ (Übersetzung Buber/Rosenzweig)
Tatsächlich steht im Original, also im hebräischen Text „Toledot“. Dasselbe Wort, welches die Bibel für Geschlechterfolgen verwendet.
„Toledot (Biblisches Hebräisch תּוֹלְדֹת ‚Geschlechter‘ = Nachkommenschaft des Isaak) bezeichnet einen Leseabschnitt (Parascha oder Sidra genannt) der Tora und umfasst den Text Genesis/Bereschit 25,19–28,9 (25,19–34 BHS, 26 BHS, 27 BHS, 28,1–9 BHS). https://de.wikipedia.org/wiki/Toledot

Sind Zeugungen kein Prozesse? -
Als Jesus die Verletzung des Sabbats vorgehalten wird antwortet er: „Mein Vater wirkt bis jetzt und auch ich wirke.“ (Johannes 5,17 Einheitsübersetzung 2016)

Die Bibel ist mit ihren Beschreibungen hier näher an der Naturwissenschaft als manche Spekulationen über Schöpfung.
Leinetal hat geschrieben: Sonntag 4. Juli 2021, 10:24Von "Im Anfang schuf Gott den Himmel" kann keine Rede sein.
So sagt es die Bibel. Die Naturwissenschaft spricht von einem Anfang und sieht ihn im Urknall. Wo ist das Problem?
Leinetal hat geschrieben: Sonntag 4. Juli 2021, 10:24 Was also schuf Gott?
Na Himmel und Erde, die sichtbare und die unsichtbare Welt. Worin soll das Problem bestehen? Außer bei Holuwir und Dir ist mir diese Frage noch nie begegnet, auch nicht durch die Religionskritik. Und vor allem, die Frage stellt sich mir überhaupt nicht!

Nach dem ersten Schöpfungstext folgt ein zweiter, mit 1. Mose 2,4b beginnend. Nun wird es kompliziert, denn will man den Ablauf des Schöpfungsprozesses anhand dieser Texte rekonstruieren, denn muss man erkennen, dass die Texte sich nicht nur voneinander sehr unterscheiden, sondern dass sie sich sogar widersprechen.

Nun hat man zwei Möglichkeiten:
Entweder man ignoriert die Unterschiede und bastelt sich daraus selbst einen Ablauf zusammen. Nach dem Motto: „Die Bibel muss widerspruchsfrei sein, also machen wir sie widerspruchsfrei.“
Oder man geht davon aus, dass die Menschen, die unterschiedlichen Texte nebeneinander stellten, nicht blöd waren und sehr wohl die Widersprüche erkannten, sie jedoch nicht für wichtig hielten.

Du fragst:
Leinetal hat geschrieben: Sonntag 4. Juli 2021, 10:24 Hat Gott die Atome erschaffen?
Leinetal hat geschrieben: Sonntag 4. Juli 2021, 10:24 Was finden wir dazu im Schöpfungsbericht? Nichts.
Stimmt! Und genau das könnte man von einem „Schöpfungsbericht“ erwarten.
Doch weshalb sprichst Du von einem „Schöpfungsbericht?“

In der Bibel steht das nicht!

Zugegeben, mir ist „Schöpfungsbericht“ auch geläufig als erläuternde Einfügung / Zwischenüberschrift wurde traditionell vom 1. und 2. Schöpfungsbericht gesprochen. Aber zu den biblischen Texten gehört das nicht. Die Bibelschreiber verwendeten diesen Begriff nicht. Er kommt in ihrem Text nicht vor!

Zudem weisen die Struktur mit ihren widerkehrenden Wiederholungen innerhalb des Textes von 1.Mose 1,1 bis 2,4a auf ein Gedicht oder Lied hin.
Der Text ab 1.Moes 2,4b hat die Struktur einer Erzählung.


Ich halte die Bezeichnung „Schöpfungsbericht“ für einen Irreführer. Man liest die Texte dadurch mit falschem Vorverständnis, einer falschen Erwartungshaltung, die zur Enttäuschung führt.

Was erwartest Du von einem Gedicht oder einer Erzählung?
Doch sicher etwas ganz anderes als von einem Bericht.


Am Ende Deines Beitrags steht dieser Text:
"Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde" ist die Vorstellung der Menschen, die zur Zeit der Bibelschreiber lebten, die wie selbstverständlich von den beiden Elemente Erde und den wie ein großes Zeltdach darüber gespannten Himmel ausgingen.
Hierin stimme ich Dir voll und ganz zu!
Wie sollte es auch anders sein? Auch die „Bibelschreiber“ waren „Kinder ihrer Zeit und Umwelt“, so wie auch wir durch unseren Zeitgeist geprägt sind.

Kultur, Zeitgeist und die gerade anstehenden Probleme fließen in einen Text selbstverständlich ein.
Aber auch der Leser „trägt die Brille seines Zeitgeistes…“ und liest in Texte daher leicht hinein, was ursprünglich gar nicht gemeint war.

Ehrlich gesagt, ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen deren Heimat zerstört wurde, die nun bei den Eroberern in der Fremde leben müssen, sich hinsetzen, „Naturforschung“ betreiben und dazu Texte verfassen.

Liest man 1.Moses 1,1 bis 2,4a unter dem Fokus des Babylonischen Exils und weiß, dass es nach menschlichem Ermessen mit dem Judentum damals zu Ende war, denn sie hatten ihr Land verloren, ihren Tempel und die Babylonischen Götter hatten sich offensichtlich als stärker erwiesen, dann erscheint das Gedicht in einem anderen Licht.

So ergibt es Sinn zu schreiben, die „Babylonischen Götter“, nämlich Sonne, Mond und Sterne, habe der Gott Israels erst spät, nämlich erst am vierten Tag erschaffen und sie seien tatsächlich nur Lampen, die Gott ans Himmelszelt gehängt hat.

Beim zweiten älteren Text, der Erzählung, gehören Schöpfung, Paradies und Sündenfall zusammen. Es geht um den Menschen, sein Verhalten und das Leben auf der Erde. Es ist ein zeitloser Text. Auch dieser Text hat nicht das Anliegen naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu liefern.

Nun können wir auf die biblischen Texte böse sein, weil die Schreiber unsere Erwartungen nicht erfüllen. Oder wir versuchen zu verstehen, was uns die Schreiber tatsächlich sagen wollten.
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Leinetal »

Die Evolutionslehre ist nicht irgendeine – richtige oder falsche - beweisbedürftige Hypothese, sondern eine weltweit anerkannte und millionenfach (durch Ergebnisse der Paläontologie, Mikrobiologie, Physik, Chemie, Geologie) belegte wissenschaftliche Theorie, die bisher nicht widerlegt ist. Die Evolution ist als Tatsache anzusehen. Die Evolutionslehre besagt, dass alle Lebewesen durch einen ständigen, nicht zielgerichteten Entwicklungsprozess von Einzelzellen ausgegangen sind. Genetische Variabilität und Selektion sind ihre wesentlichen Kennzeichen. Mikrobiologen haben vielfach molekulare Strukturen heutiger Lebewesen bis zu den ersten Anfängen bei Einzellern zurückverfolgen und nachweisen können, dass das irdische Leben einen über drei Milliarden Jahre zurückliegenden punktförmigen Anfang genommen hat.

Religionen mit ihren auffälligen Ritualen und Energien werfen daher die Frage auf, welchen Druck die natürliche Selektion ausübte, so dass die Hinwendung zu einer Religion begünstigt wurde.
Die Religionen sind natürlich nicht vererblich, sondern sie werden kulturell vermittelt. Sie sind das Ergebnis einer sozialen Prägung, die meist schon in der frühen Kindheit beginnt.

Kinder werden nicht als Juden, Christen, Muslime usw. geboren, sondern als Atheisten.

Nach heutigem Forschungsstand gibt es Indizien dafür, dass die Einzelaspekte Autoritätsglauben und Neigung zu spirituellem Empfinden teilweise erbliche Ursachen haben, und unter dieser Voraussetzung eine natürliche Tendenz zum Erwerb religiöser Vorstellungen.

Mit vielen anderen Biologen hält Richard Dawkin diese Tendenz für ein Nebenprodukt einer anderen evolutionär entstandenen Eigenschaft. Diese sieht er in der Neigung des kindlichen Gehirns, den existenziellen Autoritäten, insbesondere den Eltern zu glauben, ihnen bedingungslos zu vertrauen. Das ist ein evolutionärer Vorteil, der die Kinder vor schweren, unter Umständen tödlichen Gefahren bewahrt.

Kinder können aber gute und schlechte Ratschläge usw. nicht voneinander unterscheiden. Diesen Umstand machen sich vor allem die Religionen zunutze und beginnen früh mit der religiösen Erziehung bzw. Indoktrination.

Religiöse Vorstellungen sind das Ergebnis der Suche nach Erklärung und Trost sowie das Bedürfnis nach gesellschaftlicher Ordnung. Religion soll den Ursprung der Dinge, undurchschaubare Naturereignisse sowie Träume und dergleichen erklären und einen Grund für das Böse und das Leid liefern. Religion soll generell die Angst mindern und Trost spenden, sowie die Gesellschaft integrieren und moralischen Halt geben. Erleichtert wird die Religionsbildung durch die Leichtgläubigkeit der Menschen und die manchmal schwierige bzw. aufwändige Widerlegbarkeit, oft Unwiderlegbarkeit von Glaubensvorstellungen.

Die Verbissenheit, mit der orthodoxe und fundamentalistische Christen die Gottesfrage behandeln und naturwissenschaftliche und sonstige reale Erkenntnisse ignorieren, zeigt, dass der Gottesglauben in erster Linie auf intensiven Wunschvorstellungen beruht und dass bei vielen Menschen die Gefühle selbst einen starken Verstand besiegen können.

Die Beweislast für die Existenz eines Gottes liegt indes auf Seiten der Gottesanhänger, denn diese stellen ja die These der Existenz Gottes auf. Aber in jahrhundertelangen Bemühungen haben sie noch keine überzeugenden und widerspruchsfreie Argumente für ihre Auffassungen vortragen können.
Kein Gottesbeweis hält, was er verspricht. Wer von der Existenz Gottes ausgeht, sie als Faktum nimmt, tut so als sei der Gottesbeweis gelungen - und operiert mit ungedeckten Schecks. Im Wirtschaftsleben ist das strafbar, in der Theologie ist es Einlassbedingung.
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Christel »

Leinetal hat geschrieben: Montag 5. Juli 2021, 14:47 Die Religionen sind natürlich nicht vererblich, sondern sie werden kulturell vermittelt.
Ja, das sehe ich auch so.
Leinetal hat geschrieben: Montag 5. Juli 2021, 14:47Kinder werden nicht als Juden, Christen, Muslime usw. geboren, sondern als Atheisten.
Wäre es so, dann wäre eine religiöse Erziehung nahezu unmöglich! Atheismus ist ein weltanschauliches Bekenntnis und keine neutrale Haltung.

Autoritarismus und atheistische Erziehung harmonierten in allen kommunistischen Staaten gut miteinander. Richard Dawkins ist Zoologe und Biologe sowie fanatischer Atheist, aber kein Psychologe. Ich habe Richard Dawkins Thesen auch gelesen und hier im Thema was dazu geschrieben: viewtopic.php?p=20444&sid=27f96d0120c6d ... 1e0#p20444
Nun ist es doch so, Atheismus muss Kindern auch erst mal anerzogen werden. Somit könnte man dieselben Aussagen die Dawkins von Religion macht, auch für den Atheismus treffen. Allerdings halte ich es sowieso für Quatsch, was der Mann zusammenschreibt.

Leinetal hat geschrieben: Montag 5. Juli 2021, 14:47Religion soll generell die Angst mindern und Trost spenden, sowie die Gesellschaft integrieren und moralischen Halt geben.
Was ist falsch an Trost und Angstminderung?

Moralische Erziehung gibt es auch unter atheistischen Vorzeichen, denn Moral ist wichtig, damit eine Gesellschaft funktioniert. Was hat der Atheismus an Trost und Angstminderung zu bieten? Und was ist mit der Hoffnung?

„Denn ich weiß wohl, was für Gedanken ich über Euch hege – spricht Jahwe – Gedanken des Heils und nicht des Unheils, denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben“ Jeremia 29,11

Was ist mit der kämpferischen Verbissenheit fundamentalistischer Atheisten, die die Gottesfrage behandeln? Sie bekämpfen zwar das fundamentalistische Christentum, aber gleichzeitig sind sie der Meinung, nur dieses sei das wahre Christentum. Damit bekämpfen und stärken sie es gleichzeitig.

Außerdem, hierzulande dürfte dieses Christentum eine Minderheit darstellen.
Daher ist es irreführend, wenn sich hier Atheisten hinstellen und so tun als müssten sie die Naturwissenschaft verteidigen. So verteidigen etwas, was gar nicht bekämpft wird. Das ist absurd. - Ginge es diesen Atheisten wirklich um die Verteidigung der Naturwissenschaft, dann dürften sie fundamentalistisches Christentum nicht dadurch stärken, indem sie so tun als seinen das die wahren Christen.
Leinetal hat geschrieben: Montag 5. Juli 2021, 14:47Die Beweislast für die Existenz eines Gottes liegt indes auf Seiten der Gottesanhänger, denn diese stellen ja die These der Existenz Gottes auf.
Dies empfehlen Atheisten im Umgang mit Christen. Hab ich auch schon gelesen. Wohin das führt zeigt meine Diskussion mit Holuwir. Es führt zu nichts!

Weshalb wird’s von Atheisten empfohlen? Weil selbst der fanatischste Atheist sehr genau weiß, dass er Gott nicht widerlegen kann. Es ist eine Taktik um sich selbst in eine bessere Position zu bringen.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Leinetal »

Leinetal hat geschrieben: ↑Montag 5. Juli 2021, 14:47
Kinder werden nicht als Juden, Christen, Muslime usw. geboren, sondern als Atheisten.
Christel hat geantwortet:
Wäre es so, dann wäre eine religiöse Erziehung nahezu unmöglich! Atheismus ist ein weltanschauliches Bekenntnis und keine neutrale Haltung.
Das ist vollkommen falsch. Ich selbst bin in einer streng religiösen katholischen Familie zusammen mit zwei Brüdern aufgewachsen. In unserem Kinderzimmer hing über jedem Kinderbett ein großes Bild mit Engeln, welche kleine Kinder behüteten, auch ein großes Kruzifix. Jeden Abend vor dem Schlafengehen wurde gemeinsam mit der Mutter das Abendgebet gesprochen. Selbstverständlich sind wir damals noch in einen Kindergarten gegangen, welcher von Ordensschwestern geführt wurde. Auch im Kindergarten wurde gebetet. Später war ich dann Ministrant in der Kirche. Die erste heilige Kommunion und die Firmung waren eine große Familienfeier. Selbstverständlich hatte ich auch Religionsunterricht bei kath. Ordensschwestern und beim Pfarrer. Die Lehrer in der Grundschule waren auch alle katholisch. So war das damals im kath. Eichsfeld und noch in der DDR-Zeit. Die staatliche Jugendweihe gab es da auch schon, aber ca. 90 % der Jugendlichen meiner Klasse durften wegen des Verbots ihrer Eltern daran nicht teilnehmen. Heute hat sich erfreulicherweise da schon einiges geändert.

Es ist also kinderleicht kleine Kinder religiös zu indoktrinieren wenn ihre Eltern das so wollen. So gibt es immer wieder neue kleine Muslime, Juden und Christen.

Auch als Erwachsener bin ich noch eine Zeitlang in die Kirche gegangen. Erst nach und nach habe ich ich den Unsinn jeder Religion erkannt. Wegen meiner frühkindlichen religiösen Indoktrination ist es mir sehr schwer gefallen mich von meinem Glauben zu lösen aber ich habe es dann doch geschafft und bin aus der Kirche ausgetreten. Meine zwei Söhne wurden mit Absicht nicht in unserer Familie kindlich indoktriniert. Es hat niemand mit ihnen gebetet aber als sie dann größer wurden haben sie am kirchlichen Religionsunterricht teilgenommen gingen zur Kommunion und auch zur Firmung. Wir haben aber in der Familie kein großes Gedöns daraus gemacht. Ach ja, auf ihren eigenen Wunsch durften sie, wie die Mehrheit ihrer Klassenkameraden an der Jugendweihe teilnehmen. Kaum volljährig geworden sind sie aus der Kirche ausgetreten.

Inzwischen haben die auch (nur standesamtlich) geheiratet und ich habe ungetaufte Enkelkinder. Die werden natürlich nicht frühkindlich religiös indoktriniert und über Religion werden sie frühestens genug im staatlichen Ethikunterricht etwas erfahren. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht anzunehmen dass sie sich einmal zu einer Religion bekennen werden.
Christel hat geschrieben:
Nun ist es doch so, Atheismus muss Kindern auch erst mal anerzogen werden. Somit könnte man dieselben Aussagen die Dawkins von Religion macht, auch für den Atheismus treffen. Allerdings halte ich es sowieso für Quatsch, was der Mann zusammenschreibt.
Das ist tatsächlich Quatsch was du da schreibst. Ich habe meine Kinder nicht zu Atheisten erzogen und meine Kinder erziehen ihre Kinder auch nicht zum Atheismus. Wie auch? Wie soll denn das funktionieren? Die beste Erziehung ist meines Erachtens die, seine Kinder nicht religiös zu indoktrinieren sondern sie sollen und können sich, wenn sie mündig geworden sind selbst entscheiden, welchen späteren Weg sie einschlagen wollen. (Die Politik habe ich hier einmal außer acht gelassen, selbstverständlich müssen Eltern darauf achten dass ihre Kinder im Sinne eines demokratischen Humanismus erzogen werden.)

Dawkins ist kein fanatischer Atheist wie du ihn hier hinstellst. Ich lese ab und zu in seinem Buch "Der Gotteswahn". In diesem Buch zieht er ein Plädoyer für die Vernunft und zieht natürlich gegen die Religion zu Felde: Der Glaube an eine übernatürliche Macht kann keine Grundlage für das Verständnis der Welt sein und schon gar keine Erklärung für deren Entstehung. Wir brauchen keine Religionen, um dem Universum und dem Leben mit Ehrfurcht zu begegnen.
Wenn wir die Kritik an den Religionen zum Tabu erklären, laufen wir Gefahr, von Fundamentalisten jedweder Couleur dominiert zu werden. Der Glaube an ein göttliches Wesen ist vielfach die Ursache von Terror und Zerstörung, wie die Weltgeschichte von der Inquisition bis zu den Anschlägen auf die Twin Towers zeigt.

Einen "fanatischen" Atheismus habe ich auch nicht bei den vielen anderen atheistischen Autoren, deren Bücher in meinem Schrank stehen, nicht gefunden. Gleichwohl ob es sich dabei um Bücher von Michael Schmidt-Salomon, Gerd Lüdemann, Paul Schulz, Richard Dawkins, Christopher Hitchens, Peter de Rosa, Karlheinz Deschner, Uta Ranke-Heinemann, Gerd Lüdemann und andere handelt. Das ist beste Literatur für alle die selbst auf dem Weg sind in ein Leben ohne Gott: Eine Hilfe zur Selbstverantwortung und eigenen Sinnfindung - Eine Kampfansage gegen jede Bevormundung des mündigen Ich.
Christel hat geschrieben:
Weshalb wird’s von Atheisten empfohlen? Weil selbst der fanatischste Atheist sehr genau weiß, dass er Gott nicht widerlegen kann. Es ist eine Taktik um sich selbst in eine bessere Position zu bringen.
Man braucht kein "fanatischer" Atheist zu sein, es reicht schon aus aus um ein humanistischer Freidenker zu sein, um zu erkennen, dass man nicht beweisen kann, dass es etwas nicht gibt. Ich kenne keinen Atheisten der so einen Blödsinn versuchen würde.
„Je religiöser ein Mensch, desto mehr glaubt er; je mehr er glaubt, desto weniger denkt er; je weniger er denkt, desto dümmer ist er; je dümmer er ist, desto leichter kann er beherrscht werden. Das gilt für Sektenmitglieder ebenso wie für die Anhänger der großen Weltreligionen mit gewalttätig intolerantem ‚Wahrheits-'Anspruch. Dagegen hilft, auf Dauer, nur Aufklärung.“
Adolf Holl - rebellischer katholischer Priester
Ich war aber in dieser Zeit allmählich dahin gekommen, einzusehen, daß dem Alten Testament - mit seiner offensichtlich falschen Weltgeschichte, mit seinem babylonischen Turm, mit dem Regenbogen als Zeichen usw. und seiner Art, Gott Gefühle eines rachedurstigen Tyrannen zuzuschreiben - nicht mehr Glauben zu schenken sei als den heiligen Schriften der Hindus oder dem Glauben irgendeines Wilden.
(Charles Darwin, Naturforscher, 1809-1882)
Einen Gott, der die Objekte seines Schaffens belohnt und bestraft, der überhaupt einen Willen hat nach Art desjenigen, den wir an uns selbst erleben, kann ich mir nicht einbilden.
(Albert Einstein, Physiker, 1879-1955)
Es ist für mich ebenso leicht, zu glauben, daß das Weltall sich selber geschaffen hat, als daß ein Schöpfer des Weltalls sich selber schuf, nein vielleicht sogar leichter, denn das Weltall existiert in sichtbarer Form und schafft sich selbst im Fortschreiten ständig neu, während ein Schöpfer dieses Weltalls eine Hypothese ist.
(George Bernhard Shaw, Dramatiker 1856-1950)
Kein Gottesbeweis hält, was er verspricht. Wer von der Existenz Gottes ausgeht, sie als Faktum nimmt, tut so als sei der Gottesbeweis gelungen - und operiert mit ungedeckten Schecks. Im Wirtschaftsleben ist das strafbar, in der Theologie ist es Einlassbedingung.
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Christel »

Es ist völlig unabhängig davon, wie der Strom heißt, ob Elbe, Saale, Rhein, Donau… das ist alles völlig egal. – Ich will damit sagen, das jeweilige Wasser, also die Inhalte sind egal, egal ob religiös oder nicht. Es ist immer sehr viel leichter mit dem Strom zu schwimmen als dagegen.

Du bist in einem sehr katholisch geprägten Umfeld aufgewachsen und hast es übernommen. Um damals im Eichsfeld katholisch zu sein, brauchte man nicht zu denken. Man machte einfach, was einem gesagt wurde und was alle machten.
Leinetal hat geschrieben: Dienstag 6. Juli 2021, 17:44Die staatliche Jugendweihe gab es da auch schon, aber ca. 90 % der Jugendlichen meiner Klasse durften wegen des Verbots ihrer Eltern daran nicht teilnehmen. Heute hat sich erfreulicherweise da schon einiges geändert.
Ich vermute, auch hier hast Du gemacht was Deine Eltern wollten, während Du wahrscheinlich das Gefühl hattest, Dir sei etwas entgangen.
Leinetal hat geschrieben: Dienstag 6. Juli 2021, 17:44Wegen meiner frühkindlichen religiösen Indoktrination ist es mir sehr schwer gefallen mich von meinem Glauben zu lösen aber ich habe es dann doch geschafft und bin aus der Kirche ausgetreten.
Das war ganz sicher ein lange währender Prozess. – Aber nicht untypisch für das Eichsfeld. Auch hier bist Du nicht gegen den Strom geschwommen, sondern hast getan, was viele Eichfelder taten. Das Eichsfeld hat sich nach und nach von der Kirche abgewandt. Zwar lebt vielerorts die Tradition, aber was ist Tradition? Folklore?

Es war schon lange zu DDR-Zeiten so, hat jemand, aus dem ach so katholischen Eichsfeld, dieses Gebiet verlassen, dann war er auch in der Kirche nicht mehr zu finden. Der Eichsfelder ist es eben gewohnt zu tun, was alle tun. Gehen alle in die Kirche, dann läuft er mit. Ist es anders, bleibt er auch zu Hause.
Leinetal hat geschrieben: Dienstag 6. Juli 2021, 17:44 Inzwischen haben die auch (nur standesamtlich) geheiratet und ich habe ungetaufte Enkelkinder. Die werden natürlich nicht frühkindlich religiös indoktriniert und über Religion werden sie frühestens genug im staatlichen Ethikunterricht etwas erfahren. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht anzunehmen dass sie sich einmal zu einer Religion bekennen werden.
Auch Deine Enkel folgen nur dem, was sie zu Hause vorgelebt bekamen!

Erziehung prägt, egal welche Inhalte:
So zeigt auch die Studie: Wer in der Kindheit eine Bibliothek besucht hat, bleibt auch in seinem späteren Leben mit höherer Wahrscheinlichkeit Bibliotheksnutzer. Kinder müssen Bibliotheken also schon früh als selbstverständlichen Erlebnisort erfahren.
https://www.bibliotheksverband.de/filea ... 2_endg.pdf
Wer als Kind nie eine Bibliothek von innen sah wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch als Erwachsener kein Bibliotheksnutzer.

Genauso, wer in einer Familie aufwächst, wo Musik keine Rolle spielt und der auch sonst nicht in den Genuss musikalischer Früherziehung ... kommt, der wird mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Fan von klassischer Musik und Konzertbesucher.
Leinetal hat geschrieben: Dienstag 6. Juli 2021, 17:44Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht anzunehmen dass sie sich einmal zu einer Religion bekennen werden.
Ja, mit hoher Wahrscheinlichkeit. Das macht Erziehung. So sind die Menschen eben.

Ganz sicher kannst Du Dir da aber nicht sein.
Wer trotz einer areligiösen Erziehung zum christlichen Glauben kommt, muss anfangen selbst zu denken und bei dem Großvater, der Du bist, gegen den Strom zu schwimmen. – Oder würdest Du es kommentarlos hinnehmen, wenn einer Deiner Enkel katholisch würde?
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Christel »

„Wahr dir in allen Dingen die Freiheit des Geistes! Schiele in nichts auf Menschenrücksicht, sondern halte deinen Geist innerlich so frei, dass du auch stets das Gegenteil tun könntest. Lass dich von keinem Hindernis abhalten, diese Geistesfreiheit zu hüten. Sie gib niemals auf!“ (zitiert nach Rahner 1942, 282 f.).
Von Ignatius von Loyola, zitiert aus: https://www.euangel.de/ausgabe-1-2021/r ... en-lebens/
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Holuwir »

Christel hat geschrieben: Mittwoch 7. Juli 2021, 13:24Du bist in einem sehr katholisch geprägten Umfeld aufgewachsen und hast es übernommen.
Womit die Aussage @Leinetals eindeutig bestätigt wäre: "Kinder werden nicht als Juden, Christen, Muslime usw. geboren, sondern als Atheisten." Zu Juden, Christen, Muslimen wird man erzogen, indoktriniert und man muss gegen diesen Strom schwimmen, will man sich davon befreien. Manche schaffen das ihr Leben lang nicht und geben stattdessen die von phantasievollen Menschen erdachten Geschichten jeweils an die nächste Generation weiter.

Um Atheist zu bleiben, genügte es, den Kindern nichts von einem Gott und einer erdachten geistigen Welt zu erzählen. Niemand könnte heute von selbst darauf kommen, denn es gibt keine Naturerscheinung mehr, die man intuitiv übernatürlichen Wesen zudenken würde. Dass heutige Kinder irgendwann in ihrem Leben dieselben Phantasien entwickeln würden, wie die Menschen, die vor tausenden von Jahren keinerlei Zugang zu den heutigen naturwissensachaftlichen Erkenntnissen hatten, ist doch ganz und gar unwahrscheinlich.
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Holuwir »

Christel hat geschrieben: Mittwoch 7. Juli 2021, 15:05
„Wahr dir in allen Dingen die Freiheit des Geistes! Schiele in nichts auf Menschenrücksicht, sondern halte deinen Geist innerlich so frei, dass du auch stets das Gegenteil tun könntest. Lass dich von keinem Hindernis abhalten, diese Geistesfreiheit zu hüten. Sie gib niemals auf!“ (zitiert nach Rahner 1942, 282 f.).
Du liest und zitierst, aber erkennst nicht, dass du auch selbst angesprochen bist. Ist es Geistesfreiheit, dir von anderen einreden zu lassen, ihre Phantasien bedeuteten mehr als die Wirklichkeit? Nein, das ist freiwillige geistige Knechtschaft!
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

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Warum Erwachsene den Kindheitsglauben nicht überwinden

Wie für die sogenannten alten Mütterchen ist für die meisten Gläubigen der Glaube einfach selbstverständlicher Teil einer nicht reflektierten Lebensform, gleichgültig, ob einer guten oder schlechten. Sie haben für rationale Argumente gar keine Antenne, sie verstehen sie nicht einmal, sie sind nur aus dem Grunde gläubig, weil man das schon immer war.

Die frühkindliche Indoktrination der Glaubenswelt bewirkt natürlich eine starke Verankerung in der Gefühlswelt des heranwachsenden Menschen. Das blockiert Hinterfragungen, die Glaubensinhalte, Autoritäten und Rituale werden als selbstverständlich hingenommen. Einseitige Informationen behindern zusätzlich eine kritische Auseinandersetzung. Sie wird auch durch einen sozialen Rahmen erschwert, der bei Glaubenszweifeln oder Kritik mit Ausschluss droht. Wird ein Heranwachsender überhaupt nicht zu kritischem Denken erzogen, kann er sich nicht einmal vorstellen, dass die Welt anders eingerichtet könnte, als es ihm die Glaubensinhalte seiner Kindheit vermitteln.

Teilt die Umgebung die Glaubensinhalte, können sich die abstrusesten Vorstellungen über Jahrhunderte halten, so der Glaube der Christen, dass ein billiges dünnes Stück Mehl Teig, eine Oblate, das Fleisch eines Gottes wird (nicht symbolisiert!), wenn ein Priester eine magische Formel über sie spricht.

Die Kirchen wissen, dass eine frühe Verankerung „von Glaubensinhalten sehr viel mehr zur Stabilisierung des Glaubens beiträgt als ein fundierter Wissenstand“, so der Religionskritiker Ernst F. Salcher.

Die frühkindliche Indoktrination mit dem Glauben erklärt auch, warum die fundamentalsten Widersprüche der Großreligionen ihre Anhänger wenig bis nicht beunruhigen. Die Glaubensinhalte sind ihnen sogar so selbstverständlich, dass viele unfähig sind, fundamentale Widersprüche ernst zu nehmen, viele sind nicht einmal in der Lage, sie zu registrieren.

Auch der ethische Skandal, den die „Heiligen Schriften“ darstellen, zeigt, dass Menschen noch heute durch entsprechende Sozialisation blind für moralische Verkommenheit werden können, für sadistische Niederträchtigkeit, den kranken Hass und die maßlose Strafsucht, wie sie typisch für die Götter der „Heiligen Schriften“ sind.

Bei Menschen, welche die intellektuellen Fähigkeiten dazu besitzen würden, die aller Vernunft Hohn sprechenden religiösen Behauptungen zu durchschauen, gibt es eine verbreitete Faulheit in Bezug auf die Religion den Verstand zu gebrauchen. Sie meinen, der Religion gegenüber braucht es keine intellektuelle Redlichkeit, ihren Lehren gegenüber muss man Toleranz walten lassen, auch wenn sie grobschlächtiger Unsinn sind. Viele bilden sich auf diese intellektuelle Selbstbeschränkung sogar noch etwas ein.

Folgerung:

Man muss sich also durchaus nicht wundern, dass man Gläubigen nicht mit Vernunft beikommen kann. Man muss sich auch nicht wundern, dass Laizisten und Humanisten deshalb immer einen schweren Stand haben, da „Religion und Kirche“ für Gläubige „eins“ sind – und bleiben. Und nicht, weil irgendetwas durch eigene Erfahrung sich als „richtig“ herausgestellt hätte. Und man muss sich auch nicht wundern, dass Erwachsene sich ihrem Kindheitsglauben nicht einmal im Frage-Modus nähern können.
Kein Gottesbeweis hält, was er verspricht. Wer von der Existenz Gottes ausgeht, sie als Faktum nimmt, tut so als sei der Gottesbeweis gelungen - und operiert mit ungedeckten Schecks. Im Wirtschaftsleben ist das strafbar, in der Theologie ist es Einlassbedingung.
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Christel »

Leinetal hat geschrieben: Mittwoch 7. Juli 2021, 16:16Einseitige Informationen behindern zusätzlich eine kritische Auseinandersetzung.
Das ist eine Binsenwahrheit, die für jeden Menschen egal welchen Alters und für alle Bereiche gilt. Natürlich auch für Heranwachsende denen Gott vorenthalten wird.
Leinetal hat geschrieben: Mittwoch 7. Juli 2021, 16:16Sie wird auch durch einen sozialen Rahmen erschwert, der bei Glaubenszweifeln oder Kritik mit Ausschluss droht.
Das kann einem Zeugen Jehovas passieren. – Katholiken nicht, sie müssen selbst gehen.
Leinetal hat geschrieben: Mittwoch 7. Juli 2021, 16:16Wird ein Heranwachsender überhaupt nicht zu kritischem Denken erzogen, kann er sich nicht einmal vorstellen, dass die Welt anders eingerichtet könnte, als es ihm die Glaubensinhalte seiner Kindheit vermitteln.
Nach dem, was Du geschrieben hast, kann es bei Dir bis zur Grundschule so gewesen sein. Und dann?
Gab es im Eichsfeld keinen Staatsbürgerkundeunterricht? Dort wurde die materialistische Weltanschauung vermittelt. Die Lehrpläne waren in der DDR zentral, also auch für das Eichsfeld geltend. Ist Dir da nicht der Materialismus vermittelt worden? Führte dies Dich nicht in den Konflikt mit Deinem katholischen Glauben?
Als obligatorisches Schulfach wurde Staatsbürgerkunde 1957 eingeführt und trat an die Stelle der seit 1950 unterrichteten Gegenwartskunde. https://www.bpb.de/apuz/266582/staatsbu ... er-ddr?p=0
Aber Jugendweihe gab es schon. Das hast Du geschrieben. Auch wenn Du nicht mitgemacht hast, Du wirst doch darüber informiert worden sein, oder nicht? Wie lautete das Jugendweihegelübde, welches Du nicht ablegen durftest? (Der Wortlaut wurde im Laufe der Zeit mehrfach geändert.)

Und von irgendwoher musst Du ja Deine atheistische Weltanschauung übernommen haben. (Laizisten und Humanisten sind Begiffe, die verschleiern. Zu DDR-Zeiten wurde es wenigstens beim richtigen Namen genannt. Es geht um die Durchsetzung des Atheismus.)
Leinetal hat geschrieben: Mittwoch 7. Juli 2021, 16:16 Die Kirchen wissen, dass eine frühe Verankerung „von Glaubensinhalten sehr viel mehr zur Stabilisierung des Glaubens beiträgt als ein fundierter Wissenstand“, so der Religionskritiker Ernst F. Salcher.
Ja, und deshalb subventioniert sicher das Bistum Erfurt seit Jahrzehnten katholische Erwachsenenbildung.
Leinetal hat geschrieben: Mittwoch 7. Juli 2021, 16:16 Bei Menschen, welche die intellektuellen Fähigkeiten dazu besitzen würden, die aller Vernunft Hohn sprechenden religiösen Behauptungen zu durchschauen, gibt es eine verbreitete Faulheit in Bezug auf die Religion den Verstand zu gebrauchen. Sie meinen, der Religion gegenüber braucht es keine intellektuelle Redlichkeit, ihren Lehren gegenüber muss man Toleranz walten lassen, auch wenn sie grobschlächtiger Unsinn sind. Viele bilden sich auf diese intellektuelle Selbstbeschränkung sogar noch etwas ein.
Ziel ist hierbei nicht Wahrheitsfindung, sondern der Frieden:
Obwohl religiöse Toleranz schon immer ein zentrales Problem der christlichen Philosophie und Theologie war, wurde sie in Deutschland erst im Laufe des 18. Jahrhunderts aus politischer Notwendigkeit und mit Blick auf die Praxis nach der Reformationszeit verwirklicht.
https://meiner.de/begrundungen-religios ... arung.html
Wie sagte schon der Alter Fritz: „Jeder soll nach seiner Fasson selig werden“.
Leinetal hat geschrieben: Mittwoch 7. Juli 2021, 16:16Warum Erwachsene den Kindheitsglauben nicht überwinden
Die Kirche erreicht gut kleine Kinder über Kindergarten, Religionsunterricht… In diesem Alter wird den Kindern in kindgerechter Form der Glaube vermittelt. So können aber höchstens Grundlagen gelegt werden.
Der christliche Glaube ist Erwachsenen-Glaube. Die Bibel ist ein Buch für Erwachsene. Aber gerade mit Beginn der Jugend und im jungen Erwachsenenalter, wo der Kinderglaube hinterfragt und diskutiert werden muss, wird es für die Kirche schwierig die Menschen zu erreichen.

Doch wem es nicht gelingt, seinen Kinderglauben in einen Erwachsenenglauben zu transformieren, der wird seinen Glauben eines Tages ziemlich sicher abstreifen wie zu kleine Schuhe. Zum christlichen Glauben gehört Bildung, Erwachsenenbildung! – Gerade, weil es heute kein homogenes soziales Umfeld mehr gibt, welches trägt.
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

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Leinetal hat geschrieben: Mittwoch 7. Juli 2021, 16:16 Man muss sich auch nicht wundern, dass Laizisten und Humanisten deshalb immer einen schweren Stand haben, da „Religion und Kirche“ für Gläubige „eins“ sind – und bleiben.
Komisch, das Du so wie die Zeugen Jehovas, gerade diesen Zusammenhang kritisierst:
>>da „Religion und Kirche“ für Gläubige „eins“ sind – und bleiben<<

Nicht nur die armen Atheisten, auch die Zeugen Jehovas ... haben sich deshalb bei mir die Zähne ausgebissen.

Sie sagen:
"Hinterfrage deinen Glauben, deine Kirche."
Ich habe mich mit deren Lehren beschäftigt! - Aber versuche mal deren Lehren zu hinterfragen oder denen kritische Literatur zu geben.
Am Atheismus kam ich sowieso nicht vorbei! - Mein soziales Umfeld war nicht christlich. Mir wurde die atheistische Weltanschauung in Schule, Lehre und Studium gelehrt.

Ach ja, die armen Zeugen Jehovas, die armen Atheisten… warum bin ich nur nicht bereit deren überlegender Vernunft, Moral und Ethik zu folgen… - Ich stehe nicht auf so was Exklusives!

Ach im Grunde, sind diese Leute sich doch sehr ähnlich.
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Re: Das christliche Schöpfungsverständnis

Ungelesener Beitrag von Leinetal »

Christel schrieb:
Gab es im Eichsfeld keinen Staatsbürgerkundeunterricht? Dort wurde die materialistische Weltanschauung vermittelt. Die Lehrpläne waren in der DDR zentral, also auch für das Eichsfeld geltend. Ist Dir da nicht der Materialismus vermittelt worden? Führte dies Dich nicht in den Konflikt mit Deinem katholischen Glauben?
Staatsbürgerkunde:
Zu den Inhalten gehörte die Einführung in die Marxistische Philosophie, in die Politische Ökonomie des Kapitalismus und des Sozialismus sowie in den Wissenschaftlichen Sozialismus. Das Unterrichtsfach war Teil des „einheitlichen sozialistischen Bildungssystems der DDR“ und stellte die Herausbildung des „Klassenstandpunktes“ der Schüler in den Mittelpunkt. Der Unterricht war eng verknüpft mit den in die Schulen integrierten politischen Jugendorganisationen Pioniere und FDJ. Die Wissensvermittlung in diesem Unterrichtsfach stellte das „Kollektiv“ in den Mittelpunkt. „Der Schritt erfolgt vom Ich zum Wir“ war eine Losung in der DDR.[
Der Staatsbürgerkundeunterricht sollte den Schülern ein „gefestigtes Klassenbewusstsein“ und das „Bekenntnis zum Arbeiter- und Bauernstaat“ vermitteln und sie zu „bewussten Staatsbürgern“ der DDR erziehen. Dazu wurde den Schülern Wissen über den Staatsaufbau, die seit 1968 in der Verfassung festgeschriebene „führende Rolle der SED“, die Rechte und Pflichten des DDR-Bürgers und die Ideologie des Marxismus-Leninismus vermittelt. Dabei war es von großer Bedeutung, dass das sozialistische System dem kapitalistischen System als überlegen gegenübergestellt wurde. Der Sieg des Sozialismus/Kommunismus über den Kapitalismus wurde als gesetzmäßig dargestellt. Als besonders wichtig galt die Vermittlung der „unverbrüchlichen Freundschaft“ der DDR mit der Sowjetunion und die Darstellung der „herrschenden Klassen“ in den USA und der Bundesrepublik Deutschland als „Klassenfeinde“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Staatsb%C3%BCrgerkunde

Natürlich hatte ich auch in der neunten und zehnten Klasse Staatsbürgerkundeunterricht. Dieses Fach lehrte bei uns der Schuldirektor, welcher später Kreisschulrat wurde. Dieser vermied es in diesem Unterricht auf Religion, Kirche und Atheismus einzugehen. Er sparte sich damit im Vorhinein sich Ärger mit den Eltern einzuhandeln. Diese wären auf die Barrikaden gegangen, so katholisch war das Eichsfeld damals noch. Maximal wurde hier noch die Rolle der Klöster im mittelalterlichen Bauernkrieg angesprochen. Unser Lehrer verstand es eben, Wissen auch über den Marxismus-Leninismus zu vermitteln und Religion und Atheismus außen vor zu lassen. Das war ja auch kein Thema in diesem Unterricht.
Christel schrieb:
Ach ja, die armen Zeugen Jehovas, die armen Atheisten… warum bin ich nur nicht bereit deren überlegender Vernunft, Moral und Ethik zu folgen… - Ich stehe nicht auf so was Exklusives!
Siehe oben in meinem Beitrag – Eigentlich wollte ich mich nicht wiederholen:

Man muss sich also durchaus nicht wundern, dass man Gläubigen nicht mit Vernunft beikommen kann. Man muss sich auch nicht wundern, dass Laizisten und Humanisten deshalb immer einen schweren Stand haben, da „Religion und Kirche“ für Gläubige „eins“ sind – und bleiben. Und nicht, weil irgendetwas durch eigene Erfahrung sich als „richtig“ herausgestellt hätte. Und man muss sich auch nicht wundern, dass Erwachsene sich ihrem Kindheitsglauben nicht einmal im Frage-Modus nähern können.
Kein Gottesbeweis hält, was er verspricht. Wer von der Existenz Gottes ausgeht, sie als Faktum nimmt, tut so als sei der Gottesbeweis gelungen - und operiert mit ungedeckten Schecks. Im Wirtschaftsleben ist das strafbar, in der Theologie ist es Einlassbedingung.
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