LEBENSLAUF JESU

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Atheisius
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LEBENSLAUF JESU

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

LEBENSLAUF JESU

EINLEITUNG


Jesus stammt vom Lande, ein dörfliches Milieu prägt seine Verkündigung. Sie nennt den Sämann auf dem Acker, den Hirten mit seiner Herde, die Vögel unter dem Himmel, die Lilien auf dem Feld. Das winzige Senfkorn im Garten wird dem Mann aus Nazareth zum Bild für das sichere Kommen des Reiches Gottes – für damalige Juden der zukünftige Vollendungszustand, wenn Gott allein und unbestritten als König herrschen wird.

Aufgewachsen ist Jesus im Kreis von mehr als fünf Geschwistern, wohl als der Älteste, im Dorf Nazareth in Galiläa. Seine Muttersprache war Aramäisch, was nicht ausschließt, dass er einige Brocken Griechisch verstanden hat. Von seinem Vater erlernte er den Beruf des Zimmermanns. Lesen und schreiben konnte er, wie die meisten seiner Zeitgenossen, nicht. Die heimatliche Synagoge war neben dem Elternhaus der Ort seiner Erziehung. Hier und bei anderen Gelegenheiten lernte er Partien aus der Thora: Gebote, prophetische Weisungen und Voraussagen sowie spannende Geschichten aus den Schriften, beispielsweise die Erzählungen von den Wunderpropheten Elia und Elis.

Die Grenzen von Jesu damaligem Umfeld werden durch einen Vergleich mit dem Apostel Paulus, der mit ihm gleichaltrig war, sichtbar. Paulus kam nicht vom Dorf, sondern war ein Städter. Das weisen die von ihm gebrauchten Bilder aus. Seine Briefe zeigen das Treiben in der Stadt, durch die sich der feierliche Triumphzug bewegt. Oft entnimmt Paulus Bilder dem Leben der Soldaten. Ebenso benutzt er Entsprechungen aus dem Rechtsleben, ja sogar aus dem Theater und zu den Wettspielen. Jesus dagegen hat wohl niemals ein Theater oder eine Arena gesehen. Dabei war die von griechischer Kultur geprägte Stadt Sepphoris, wo er als Handwerker Arbeit gefunden hätte, nur 4 km von Nazareth entfernt.

Im Gegensatz zu Jesus konnte Paulus lesen und schreiben und hatte zusätzlich sowohl eine jüdische als auch eine griechische Ausbildung erhalten. Aramäisch beherrschte er zwar auch, doch seine Muttersprache war Griechisch. Als römischer Bürger war er mit zahlreichen Vorrechten ausgestattet. Von Herkunft und Bildung her standen sich in Paulus und Jesus Welt und Provinz gegenüber. Bei einer persönlichen Begegnung hätten sie sich vermutlich wenig zu sagen gewusst. Die sozialen Barrieren wären der Kommunikation nicht förderlich gewesen.
Vielleicht hätte Paulus gegenüber einem solchen Naturburschen wie Jesus aus Galiläa lediglich geschmunzelt, womöglich aber auch nur mit den Achseln gezuckt. Jesus wäre es umgekehrt kaum anders gegangen. Denn der schulmäßigen, strengen Auslegung von Geboten, Propheten und Schriften in all ihren diffizilen Untersuchungen wäre er nicht gewachsen gewesen.

Aber trotz aller Unterschiede hatten die beiden auch Gemeinsamkeiten. Jesus und Paulus waren entschiedene Juden, die stolz auf ihren Gott waren, den Vater, der Himmel und Erde geschaffen und der Israel erwählt hat. Beide lebten in der Gewissheit, dass Jerusalem von Gott zum Mittelpunkt des Kosmos auserkoren war. Von hier aus sollte am Ende der Tage der »Retter« kommen, und hier wurden, von Gott angeordnet, die Opfer für die Sünden der Juden dargebracht. Gleichzeitig hielten die großen Feste wie Passah, Pfingsten und Laubhüttenfest den Zyklus des Jahres zusammen und brachten regelmäßig große Scharen von jüdischen Pilgern aus aller Herren Ländern in die Heilige Stadt. Zusätzlich behaupteten sowohl Jesus als auch Paulus von sich, Satan, den Widersacher Gottes, zu kennen, und besaßen die Spezialbegabung, »böse Geister« auszutreiben.

JESU MAKEL

Es gibt im Leben eines jeden Menschen Besonderheiten, die von Naturanlagen bis hin zu Schicksalsschlägen reichen. Bei Paulus war es wahrscheinlich eine Krankheit, die ihn für ekstatische Erfahrungen besonders geeignet machte. Er spricht in Andeutungen hierüber als den Pfahl im Fleisch, den Engel des Satans, der ihn auf Befehl Gottes mit Faustschlägen bearbeitete.

Bei Jesus ging es um einen dunklen Punkt in seiner Herkunft. Jesus war mit einem schweren Makel behaftet, der auch auf seiner Mutter Maria lag. Jesus, ihr ältestes Kind, war nämlich unter dubiosen Umständen gezeugt worden. Die Geburtsgeschichte des EvMt erkennt das Fehlen eines Vaters an und nennt den Heiligen Geist als Erzeuger. Gleichzeitig wird Maria gegenüber dem Vorwurf unsittlichen Verhaltens in Schutz genommen, denn auch die Ahnfrauen des Messias seien in unmoralische Dinge verwickelt gewesen Aber all das habe Gott nicht von seinem Plan abgebracht, aus dem Geschlecht dieser anrüchigen Frauen den Messias und Gottessohn erstehen zu lassen.

Doch ist theologische Deutung auf goldenem Grund eines, historische Realität im Staub dieser Erde etwas anderes. In seinem Heimatort Nazareth wurde Jesus unter Hinweis darauf, dass er ein Bastard sei, »Sohn der Maria« genannt. Die spätere Adoption durch Joseph – lange vor Jesu öffentlichem Auftreten – änderte nichts daran, dass Jesus durch diesen Schatten in seiner Herkunft stigmatisiert wurde. Wahrscheinlich lernte Jesus früher oder später, was es heißt, als Sohn einer Hure zu gelten, und in dieser Erfahrung wurzelte seine spätere Zuwendung zu verachteten Menschen: zu Huren, Zöllnern und Sündern.
Sicher leitet sich hieraus auch sein zerstörtes Verhältnis zu seiner eigenen Familie her. Das vierte Gebot, das die Ehrung von Vater und Mutter vorschrieb, galt für Jesus nicht mehr. »Der verletzenden Zurücksetzung überdrüssig, verließ der junge Mann seine Familie.«

JESUS UND JOHANNES DER TÄUFER

Nun reichen Neigungen und Verletzungen noch nicht aus, um eine Bewegung ins Leben zu rufen. Es müssen Impulse durch andere Menschen hinzukommen. Jesus erhielt sie von Johannes dem Täufer. Dieser stand in einer langen Reihe von jüdischen Unheilspropheten, die zur Umkehr angesichts des bevorstehenden Tages Gottes mahnten. Zugleich verband er seine Gerichtspredigt mit der Ansage einer Sündenvergebung, die allen jenen zuteilwerden sollte, die sich von ihm taufen ließen. Damit sei gewährleistet, dass sie dem kommenden Zorn entgehen könnten. Seine Predigt zündete wie der Blitz und führte zahlreiche Juden zu ihm an den Jordan. Unter ihnen war der Galiläer Jesus von Nazareth, den es in den Süden verschlagen hatte und der sich von Johannes zur Vergebung der Sünden taufen ließ.

Auch in Jesus brach sich eine bohrende Unruhe Bahn, und sie fand eine vorläufige Beruhigung im Umkreis des Täufers. Mit dem Anschluss an ihn hatte Jesus ein neues Zuhause gefunden, das sich von seiner leiblichen Familie sehr unterschied. Er gehörte nun zu einer Gruppe von Asketen, die Gott allein gehorsam sein wollten und ihm für eine letzte Frist zur Umkehr dankten.
Die Mitglieder der Priesteraristokratie in Jerusalem dürften über den Sonderling am Jordan, Johannes, irritiert gewesen sein. Hatte Gott selbst nicht allein den Priestern Aufsicht, Verwaltung und Durchführung der Sühne wirkenden Opfer anvertraut? Aber solange der Tempel nicht unmittelbar gefährdet war, ließ man die Täufersekte am Jordan gewähren. Außerdem gab es damals inspirierte Propheten, die einmal dies, das andere Mal jenes weissagten. Aber gefährlich war Johannes schon. Mochte man mit seiner indirekten Tempelkritik noch klarkommen, so wurde es für die Machthaber brenzlig, als seine Gerichtspredigt auf den politischen Bereich übergriff. Das bekam der Landesherr Jesu, Herodes Antipas, zu spüren, der daraufhin Johannes kurzerhand als einen Aufrührer hinrichten ließ.

JESU TRENNUNG VON JOHANNES DEM TÄUFER

Wie lange sich Jesus in der Umgebung des Täufers aufhielt, wissen wir nicht. Wahrscheinlich hat er sich nicht erst nach der Hinrichtung des Johannes von diesem abgelöst. Vielmehr zeigt die Rivalität zwischen Jesus- und Johannesjüngern, dass Jesus schon vor dem Tod des Täufers eigene Wege gegangen sein muss.
Dies ist nicht im Sinne eines Traditionsabbruches, sondern als weiterführende Zuspitzung der Täuferpredigt durch den Mann aus Nazareth zu verstehen. Dieser Aufbruch war bei Jesus mit viererlei verbunden: Erstens behagte ihm auf Dauer die asketische Grundhaltung des Johannes nicht. Dem entspricht, dass er zweitens die Predigt vom Reich Gottes und drittens die allen zugängliche Tischgemeinschaft ins Zentrum rückte. Und viertens entdeckte Jesus in sich die Fähigkeit, Besessene zu heilen und sie – wie er meinte – der Teufelsmacht zu entreißen.

„Man gewinnt den Eindruck, dass Magie aus ihm ›strömte‹ nicht weil er es bewusst so gewollt hätte oder als Ergebnis komplizierter Riten, sondern weil in ihm eine besondere Kraft (dynamis) verfügbar war.«

Wie sich die vier genannten Punkte chronologisch und sachlich zueinander verhalten, ist nicht mehr aufzuklären. Wichtig bleibt die Beobachtung, dass keine der genannten Besonderheiten sich für Johannes belegen lässt. Jesus wagte daher einen Neuanfang. Allerdings gehörten wesentliche Züge der Verkündigung Johannes des Täufers weiter zum Kernbestand der Lehren Jesu: zum einen die Erwartung des unmittelbar bevorstehenden Endgerichts, zum anderen der unerbittliche Ernst in der Auslegung und Befolgung des Willens Gottes. Schließlich blieb Jesus ebenso wie Johannes unverheiratet.
In dieser Gemeinsamkeit trafen die beiden mit dem Apostel Paulus überein. Dies verdient umso mehr Aufmerksamkeit, als die Zeugung von Nachkommen Pflicht eines jeden Juden war.

EXORZISMEN UND WUNDERTATEN JESU

Jesu Fähigkeit, Dämonen auszutreiben, sprach sich in Galiläa bald herum. Seine Exorzismen, in denen er psychisch Kranke heilte, sind die am besten bezeugten »Wundertaten« im Neuen Testament. Damals pflegte man Nerven- und Geisteskrankheiten auf die Besessenheit durch Dämonen zurückzuführen. Als oberster Herrscher dieser gefallenen Engel wurde Satan angesehen. Dem Kampf gegen ihn verlieh Jesus Wirklichkeit. Er schaute, wie Satan, in Vorwegnahme der Ankunft des Reiches Gottes, wie ein Blitz aus dem Himmel fiel. Jesus konnte daher Männer, Frauen und Kinder heilen, indem er sie durch Geisterbeschwörung aus der Herrschaft des Teufels befreite. Krankheit und Sünde bildeten für ihn einen unzerreißbaren Zusammenhang. Auch darin war ihm Paulus ähnlich. Dieser konnte sich die zahlreichen Krankheitsfälle in der Gemeinde von Korinth nur durch den sündhaften Missbrauch des Abendmahls erklären.

REICH GOTTES UND DIE ZWÖLF

Das Reich Gottes verband sich für Jesus aber nicht nur mit Heilungen und der Befreiung von Krankheiten und Bösem jeglicher Art. Entscheidend war vielmehr die Erwartung der universalen Herrschaft Gottes, an der Jesus zusammen mit den Zwölf beteiligt und als Repräsentanten des »wahren« Israel das übrige Israel richten sollten.
Diese Hoffnung verband sich bei ihm aber nicht mit der Sicht, dass er als Messias oder Menschensohn der kommende Retter sei. Vielmehr galt es, dem Reich Gottes den Weg zu ebnen. Die Würde, neben Gott in richterlicher Funktion tätig zu sein, war kaum zu überbieten. Paulus erwartete Ähnliches. Er verlangte von den Gemeindegliedern in Korinth, nicht gegeneinander zu prozessieren, da sie selbst, jeder einzelne, über Engel richten würden.
Hier sehen wir in das Herz der frühen Christen und der von Jesus gesammelten Gemeinde förmlich hinein. Nicht Vernunft oder Überlegung, sondern der Wunsch nach Anteilhabe an Gottes Herrschaft gehörten zu den Wurzeln ihres Glaubens.
Und diese Herrschaft erstreckte sich nicht auf die Menschen allein. Sie umfasste vielmehr den ganzen Kosmos, den es in die von Gott gewollte, gute Ordnung zurückzubringen galt.
Selbstverständlich ging es bei all dem ausschließlich um das jüdische Volk samt dem neuen Jerusalem im Mittelpunkt; die übrigen Völker waren nur Anrainergruppen.
Glühende Hoffnung erfüllte Jesus, dass Gott demnächst seine Zusage einlösen werde. Und im Laufe seines Auftretens – nach der Ablösung von Johannes dem Täufer – gewann er die Überzeugung, dass er selbst die bedeutendste Rolle in diesem Enddrama zu spielen habe. Auch hier ist die Parallele zu Paulus frappierend, denn auch dieser meinte, dort die Hauptperson zu sein, wo es um die endzeitliche Eingliederung der Heiden in das Gottesreich ging.

THORAVERSCHÄRFUNG UND -KRITIK

Jesu Leben war in seiner entscheidenden Phase geprägt von dem felsenfesten Glauben, im Namen Gottes dessen Gesetz vollgültig auslegen zu müssen. Seine Thorainterpretation war geprägt von einer Verschärfung des Willen Gottes, zum anderen aber auch von Kritik an der Thora. So verbot er die Ehescheidung unter Berufung auf die gute Schöpfung Gottes, bei der Mann und Frau in der Ehe unwiderruflich ein Fleisch geworden seien, und spitzte das Liebesgebot zur Forderung der Feindesliebe zu. Das Schwören verbot er.
Andererseits forderte Jesus seine Jünger auf, die Verwandten zu hassen und die Toten nicht zu bestatten. Die Thora reduzierend, betonte er, das Sabbatgebot sei um des Menschen willen da und nicht umgekehrt.
Aber all das, was – modern gesprochen – nach Autonomie aussah, war gegründet in Theonomie. Jesus konnte diese freien und gleichzeitig radikalen Interpretationen des Gesetzes nur durchführen, weil er da6zu von Gott, den er ebenso wie später Paulus liebevoll mit Abba (=Papa) anredete, die Vollmacht erhalten hatte.
Bei Jesus ist das Leben mit Gott wie ein breiter Strom, der alles überflutet und jeden Damm hinwegschwemmt: es gibt nichts, was von seinen Wogen nicht bedeckt würde.

JESUS – POET UND WANDERPREDIGER

Dämonenaustreiber und Gesetzesausleger war er, aber gleichzeitig auch ein Dichter und Weisheitslehrer. Dazu erzählte Jesus auch spannende Geschichten von Betrügern und sah in ihrer realistischen Einschätzung der jeweiligen Situation ein Vorbild für sich und seine eigenen Jünger. In ethischer Hinsicht ähnelte Jesu Leben und das seiner Jünger unmoralischen Helden, umsomehr, weil sie wegen ihrer Wanderschaft keine Einkünfte hatten, sondern sich von der Hand in den Mund lebend von Sympathisanten aushalten ließen.
Heimat -und schutzlos vertrauten sie ihrem Abba.
In Jesu Erzählungen waren Klugheitsregeln eingebettet, die man eher von Philosophen erwartet hätte. In Gleichnissen veranschaulichte er, wie Gott sein Reich herbeiführen werde nämlich leise und gleichzeitig doch unwiderstehlich. Wieder andere Gleichnisse legen schlagend dar, wie Gott das Verlorene sucht. Jesus lieferte in seinem Leben den Kommentar dazu: Er war oft zu Gast bei Zöllnern und Huren. Manchmal bekamen seine Gleichnisse auch einen drohenden Klang: Am Ende wird Gericht sein, und Gott wird seine Feinde vernichten. Gleichzeitig wendet Gott das Schicksal der Armen, Hungernden und Weinenden zum Guten, wie die „Seligpreisungen“ eindrucksvoll darlegen.

NAHERWARTUNGEN UND WEISHEITSLEHRE

Man hat gefragt, wie sich quasi zeitlose Weisheitsregeln bei Jesus zu jenen Stücken verhalten, die von einer ungebrochenen Naherwartung zeugen. Manche hauen den Knoten mittendurch und erklären das eine für echt und das andere für unecht. So entsteht dann wenigstens ein für uns heute verständlicher Jesus.
Indes gilt, was wir nicht zusammenbringen können, für einen Menschen des ersten Jahrhunderts noch lange nicht. Jesu Zeitgenosse Paulus ist für das Nebeneinander von zeitloser Weisheit und ungestümer Naherwartung ein schlagendes Beispiel. Er war davon überzeugt, das Kommen seines Herrn Jesus auf den Wolken des Himmels noch selbst zu erleben und wollte, wie in einem Fiebertraum befangen, das gesamte römische Weltreich noch vor der Wiederkunft Jesu missionieren. Doch finden sich bei ihm Ausführungen zeitloser Art darüber, dass die menschliche Weisheit vor Gott Torheit sei und er selbst hat der Nachwelt das schöne Lied von der Liebe überliefert, das keinerlei Naherwartung kennt.
In 1Kor 13,3 spricht er davon, dass die Liebe größer sei als die Hoffnung (auf das Ende) und größer als der Glaube (an Christus).
Aus alldem folgt: Bei Jesus ebenso wie bei Paulus stehen Naherwartung, Weisheitslehre und Ethik gegen alle moderne Logik nebeneinander. Wahrscheinlich behielt aber bei Jesus das Vorgefühl des unmittelbar bevorstehenden Endes die Überhand, wie ein Blick auf die letzten Tage seines Lebens zeigt.

JESU KREUZIGUNG – EIN SINNLOSES SCHICKSAL

Jesu Wirken in Galiläa war von Erfolg gekrönt. Die Massen strömten ihm zu. Er hinterließ bei seinen Zeitgenossen als Herr über Dämonen und Krankheiten sowie als Prediger von herausragender Anziehungskraft den nachhaltigsten Eindruck.
Nun zog es ihn nach Jerusalem. Dort wollte er Volk und Führung zur Umkehr rufen. Er gab im Tempel seiner Hoffnung auf den neuen Tempel dadurch Ausdruck, dass er die Verkäufer und die Käufer im Heiligtum hinaustrieb. Er stieß, die Zerstörung des Tempels symbolisierend, die Tische der Geldwechsler und die Stühle der Taubenverkäufer um. Das konnte ihm die jüdische Führung nicht verzeihen.
Jesus wurde von den Römern aufgrund einer Verleumdung als politischer Verbrecher hingerichtet und erlitt den Kreuzestod.
Diese Tatsache sollte nicht als die innerlich notwendige Konsequenz seines Wirkens verstanden werden, denn die Exekution war geschichtlich sinnlos. Jesus litt am Kreuz inmitten von Verbrechern für etwas, was er gar nicht wollte.

Es war anders gekommen, als er es seinen Jüngern und dem jüdischen Volk angekündigt hatte.

Die Naherwartung Jesu erwies sich als eine Täuschung.

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Autor: Gerd Lüdemann, Übernommen als Auszug aus seinem Buch:

„Der echte Jesus: Seine historischen Taten und Worte“.

Produktbeschreibung

Jesus von Nazareth ist für das christliche Abendland die zentrale Person. Über ihn sind Bibliotheken zusammengeschrieben worden. Die meisten Jesus-Bücher sind jedoch nur von begrenztem Wert, da sie den verkündeten Jesus mit dem geschichtlichen Jesus gleichsetzen und sich zugleich weigern, die historisch-kritische Methode in vollem Umfang anzuwenden. Inzwischen ist sich die internationale kritische Forschung darüber einig, dass die meisten Worte Jesu nachträgliche Zuschreibungen und das Gros seiner Taten Projektionen sind. In seinem großen analytischen Werk 'Jesus nach 2000 Jahren' legte Gerd Lüdemann vor mehr als einem Jahrzehnt den Stand der exegetischen Forschung zugrunde und fand nur wenige echte Jesustaten und -worte in den Evangelien. Er präsentiert nun diese Minderheit der echten Taten und Worte Jesu in einem neuen, handlichen Buch, das sich auf einen breiten wissenschaftlichen Konsens berufen kann, und hofft, auf diese Weise dem Mann aus Nazareth historisch näher zu kommen.

Eine Rezension:

»Wer gläubig ist, müsste durch die historisch-kritische Forschung zumindest zum ernsthaften und aufrichtigen Nachdenken gebracht werden. Wer ohnehin schon seine Zweifel hatte oder sich gar vom christlichen Glauben bereits verabschiedet hat, wird hier weitere, eigentlich die entscheidenden und überzeugenden Argumente finden, weshalb diese Religion im besten Fall auf Wunschdenken gebaut ist, bei realistischer und ehrlicher Betrachtung auf Lug und Trug gründet.«
Uwe Lehnert in: Humanistischer Pressedienst, 4. Dezember 2013

https://www.buecher.de/shop/buecher/der ... /38012829/
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
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Re: LEBENSLAUF JESU

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Gerd Lüdemann schreibt in der Einleitung zu seinem Buch:
Unzählige Christen haben sich im Verlauf der Kirchengeschichte auf Jesus berufen, ihm dabei aber nur ihre eigene Sicht untergeschoben. Dieses Urteil trifft bereits auf die vier Evangelisten »Matthäus« (= Mt), »Markus« (= Mk), »Lukas« (= Lk) und »Johannes« (= Joh) zu. Es war daher an der Zeit, alle Evangelien aus der Frühzeit der Kirche Vers für Vers zu durchleuchten. Das habe ich gemeinsam mit zwei Mitarbeitern vor mehr als einem Jahrzehnt getan und die Ergebnisse in dem Werk »Jesus nach 2000 Jahren. Was er wirklich sagte und tat« vorgelegt. Dieses Buch enthält auf rund 900 Seiten hauptsächlich Exegesen von Texten, die neu übersetzt und nach den Regeln der historisch-kritischen Methode untersucht wurden. Das Hauptziel war, echt von unecht zu unterscheiden. Zu meinem Erstaunen fanden wir nur relativ wenige authentische Jesusworte und -taten.
Ich präsentiere diese relativ geringe Zahl der echten Taten und Worte Jesu in einem neuen handlicheren Buch, das auf dem wissenschaftlichen Minimalkonsens beruht. Ich habe ihm eine überarbeitete Kurzform der in Jesus 2000 durchgeführten Analysen hinzugefügt und mich bemüht, den Stoff verständlicher darzubieten. Dabei wurden Erkenntnisse, die ich inzwischen gewonnen habe, berücksichtigt.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: LEBENSLAUF JESU

Ungelesener Beitrag von Christel »

Jesus:
Von seinem Vater erlernte er den Beruf des Zimmermanns. Lesen und schreiben konnte er, wie die meisten seiner Zeitgenossen, nicht.
Und woher weiß Gerd Lüdemann das?
Die heimatliche Synagoge war neben dem Elternhaus der Ort seiner Erziehung. Hier und bei anderen Gelegenheiten lernte er Partien aus der Thora: Gebote, prophetische Weisungen und Voraussagen sowie spannende Geschichten aus den Schriften, beispielsweise die Erzählungen von den Wunderpropheten Elia und Elis.
Das klingt plausibel?
Doch, weshalb schließt Gerd Lüdemann aus, dass Jesus die Texte zu lesen lernte?


Geschichte+Archäologie • Nachgefragt
Konnte Jesus lesen und schreiben?
21. Dezember 2018
„An zwei Bibelstellen wird es erwähnt und auch der historische Hintergrund untermauert, dass Jesus tatsächlich lesen und schreiben konnte“, sagt Gregor Geiger vom Forschungszentrum Studium Biblicum Franciscanum in Jerusalem. Wie der Sprachwissenschaftler ausführt, steht im vierten Kapitel des Lukasevangeliums geschrieben: „Wie gewöhnlich ging Jesus am Sabbat in die Synagoge. Als er aufstand, um aus der Heiligen Schrift vorzulesen, reichte man ihm die Schriftrolle des Propheten Jesaja…“

„Die zweite Biblestelle bezieht sich auf die Schreibfähigkeit“, sagt Geiger. Es handelt sich um die berühmte Szene mit der Ehebrecherin aus dem achten Kapitel des Johannesevangeliums. In diesem Text heißt es: „Jesus beugte sich vor und schrieb mit dem Finger auf die Erde… Schließlich richtete er sich auf und sagte: „Wer von euch ohne Sünde ist, soll den ersten Stein auf sie werfen!“ Dann beugte er sich wieder vor und schrieb auf die Erde.“https://www.wissenschaft.de/geschichte- ... schreiben/
Wie er erklärt, erscheint es allerdings auch aus historischer Sicht als sehr wahrscheinlich, dass Jesus häbräische Schrift lesen und schreiben konnte.

Ihm zufolge waren diese Fähigkeiten zumindest unter der männlichen jüdischen Bevölkerung der damaligen Zeit durchaus üblich, wie aus verschiedenen Hinweisen hervorgeht. Ein wichtiger Grund für die vergleichsweise hohe Alphabetisierungsrate unter der jüdischen Bevölkerung waren die religiösen Praktiken, sagt Geiger. In anderen Bevölkerungsgruppen der damaligen Zeit konnten nur Personen elitärer Gruppen lesen und schreiben, wie auch später in vielen christlichen Kulturen. Bei den Juden war das nicht der Fall: „Teil des Gottesdienstes in der Synagoge war die Lesung heiliger Schriften durch männliche Mitglieder der jeweiligen Gemeinde“. Vor diesem Hintergrund erscheint die im Lukasevangelium beschriebene Lese-Szene in der Synagoge in Nazareth also sehr authentisch. „Vermutlich war es auch damals schon im Judentum wie heute üblich, zur religiösen Mündigkeit im Alter von 13 Jahren aus den Schriften lesen zu können“, sagt Geiger.
https://www.wissenschaft.de/geschichte- ... schreiben/
Rund 500 Jahre vor Jesu Geburt hatten die Juden alles verloren, ihr Land, ihren Tempel, alles…
Wenn einem alles genommen wird, dann lernt man die Dinge um zu mehr zu schätzen, die man nicht zu tragen braucht – zum Beispiel Bildung.

Der Tempel war weg – die Synagoge wird wichtig. Möglicherweise ist Synagoge sogar dort entstanden.

Tempelkult ohne Tempel geht nicht – wichtig wird die Schrift.
Wesentliche Teile der Tora/fünf Bücher Mose/Pentateuch entstanden während des Babylonischen Exils (auch der erste Schöpfungsbericht 1. Mose 1-2,4a):
Entstanden sei die Priesterschrift in einer ersten Ebene (Grundschrift – PG) vermutlich im 6. Jahrhundert v. Chr. während des Babylonischen Exils in Kreisen der ehemaligen Jerusalemer Priesterschaft, die die älteren Materialien des späteren Pentateuch gekannt haben müssen. Die Erfahrung des Untergangs von Tempel und Königtum durch die babylonische Eroberung im Jahr 587 v. Chr. nötigten zu einer Neudarstellung der Geschichte von der Schöpfung bis zur Wüstenzeit der Israeliten, die die Heiligkeit des Gottes JHWH betonte und daher auch ein neues Opferverständnis entwickelte. Eine Erweiterung erfuhr sie wohl im nachexilischen Jerusalem (Sekundärschrift – PS).

Die Priesterschrift wurde wohl im 5. Jahrhundert v. Chr. mit den anderen Quellenschriften der fünf Bücher Mose vom sogenannten Pentateuchredaktor (Abkürzung: RP) zusammengearbeitet.https://de.wikipedia.org/wiki/Priesterschrift_(Bibel)
Ein Judentum, das nur die Schrift hat, muss sie auch lesen können!

Auch nach dem Exil wurde an den Heiligen Schriften weitergearbeitet.
Zur Zeit Jesus waren die meisten Teile bereits ins Griechische übersetzt. Die Septuaginta (Altes Testament in Griechisch wie es, in übersetzter Form, in katholischen Bibeln vorhanden ist) war die Heilige Schrift der ersten Christen.

Gerd Lüdemann weiter:
Im Gegensatz zu Jesus konnte Paulus lesen und schreiben und hatte zusätzlich sowohl eine jüdische als auch eine griechische Ausbildung erhalten. Aramäisch beherrschte er zwar auch, doch seine Muttersprache war Griechisch.
Da Paulus schrieb, kann Herr Lüdemann seine Lese- und Schreibfähigkeit nicht bestreiten. Doch auch die Empfänger der Briefe müssen es gekonnt haben. Sonst hätten die Briefe ja nichts gebracht.

Bleibt die Frage, woher Gerd Lüdemann die Gewissheit nahm, dass Jesus nicht lesen und schreiben konnte?

Er schreibt:
Von Herkunft und Bildung her standen sich in Paulus und Jesus Welt und Provinz gegenüber. Bei einer persönlichen Begegnung hätten sie sich vermutlich wenig zu sagen gewusst. Die sozialen Barrieren wären der Kommunikation nicht förderlich gewesen.
Vielleicht hätte Paulus gegenüber einem solchen Naturburschen wie Jesus aus Galiläa lediglich geschmunzelt, womöglich aber auch nur mit den Achseln gezuckt.
Das denke ich nicht! Beide konnten sehr gut kommunizieren über gesellschaftliche Konventionen hinweg.

Sein Ausdruck „Provinz“ und „Naturbursche“ könnte darauf hindeuten, dass Gerd Lüdemann Menschen, die vom Lande kommen für ungebildet hielt.

Solche heutigen Jesus Biografien oder „Lebensläufe Jesu“ erzählen sowieso häufig viel mehr über ihre Verfasser als über Jesus.

Auch einem Gerd Lüdemann stand nichts anderes als die Viten der Evangelien zu Verfügung um diesen Jesus Lebenslauf zu schreiben. - In den Evangelien steht, dass Jesus schrieb und las. Ich sehe keinen Grund, auch keinen historischen, dies zu bezweifeln.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: LEBENSLAUF JESU

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Wie er erklärt, erscheint es allerdings auch aus historischer Sicht als sehr wahrscheinlich, dass Jesus häbräische Schrift lesen und schreiben konnte.
Eine sehr dumme Erklärung

Von Jesus ist gar nichts erhalten. Noch nicht einmal seine Unterschrift unter Texte die ein anderer für ihn geschrieben hätte können.

Es ist doch wohl klar, und das gilt auch heute noch in der Grundschule, wer nicht schreiben kann, kann auch nicht lesen]
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
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