Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

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Atheisius
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Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Evolution und Tod (nach Charles Darwin)
„Die Geheimnisse der Evolution sind Zeit und Tod“
Im Weltbild der Evolution ist der Tod ein permanenter Teil der Geschichte; der Tod ist geradezu unser Verbündeter bei der Schaffung von Leben.
Das „eingebaute“ Altern und Sterben ist zwar leidvoll für das Individuum, besonders für das menschliche, aber ist der Preis dafür, dass die Evolution unsere Art überhaupt erschaffen konnte.
Die Welt war schon vor Millionen von Jahren ein Ort des Sterbens. Der Tod ist so alt wie das Leben.

Seneca Die Kürze des Lebens / Ein Leben lang: Sterben lernen

Am letzten Sonntagnachmittag hatte ich wieder einmal die Broschur des dtv Verlages über Lucius Anneus Seneca (geb. 1 vor unserer Zeitrechnung, gest. 65 nach unserer Zeitrechnung) „De brevitate vitae“ oder „Die Kürze des Lebens“ in der Hand.
Dieser „Heide“ aus christlicher Sicht, Seneca, erkannte schon vor mehr als 2000 Jahren:
Nichts kann ein vielbeschäftigter Mensch weniger als leben; nichts ist schwerer zu erlernen. Lehrer anderer Künste gibt es allenthalben und in großer Zahl; in manchen von diesen Fertigkeiten sind sogar, wie man sehen konnte schon Knaben so beschlagen, dass sie Unterricht erteilen könnten
  • Leben muss man ein Leben lang lernen, und darüber wirst du dich vielleicht noch mehr wundern.
  • ein Leben lang muss man sterben lernen.
  • So viele bedeutende Männer haben, nachdem sie alles was sie hinderte, hinter sich gelassen und ihrem Reichtum, ihren Ämtern, ihren Vergnügungen entsagt hatten, bis ins höchste Alter einzig danach getrachtet, dass sie zu leben verstünden; trotzdem ist die Mehrzahl von ihnen mit dem Bekenntnis gestorben, sie wüssten es immer noch nicht – geschweige denn, dass es die anderen wissen.“ (Seite 35)
Über abgelebte Greise schreibt Seneca (Seite 45):

Willst du ein für allemal erfahren wie kurz die Zeit ist, die sie leben? Schau, wie begierig sie sind lang zu leben. Abgelebte Greise betteln mit Gelübden um Zugabe weniger Jahre, sie machen sich selber vor, jünger zu sein; mit einer Lüge schmeicheln sie sich und betrügen sich selber so gern, wie wenn sie damit zugleich auch den Tod hinters Licht führten. Und wenn nun erst eine Krankheit sie an ihre Sterblichkeit erinnert hat, wie sterben sie voller Angst, nicht als ob sie aus dem Leben schieden, sondern als ob sie aus ihm herausgerissen würden. Töricht seien sie gewesen, dass sie nicht gelebt hätten, schreien sie, und wenn sie nur dieser Krankheit noch entronnen seien, würden sie in Muße leben; dann bedenken sie, wie vergeblich sie erworben haben, was sie nicht genießen sollten, wie all ihre Anstrengungen fehlgeschlagen sind.

Seite 73)
Doch während sie sich drängenlassen und drängen, während der eine des anderen Ruhe stört, während sie wechselseitig unglücklich sind, verläuft ihr Leben ohne Gewinn, ohne Genuss, ohne irgendeinen geistigen Fortschritt; niemand hat den Tod vor Augen, jeder richtet seine Hoffnung in die Ferne, manche treffen doch tatsächlich Vorkehrungen für das, was jenseits des Lebens liegt, für riesige Grabmale, für die Einweihung öffentlicher Bauwerke, für Leichenspiele am Scheiterhaufen und prunkvolle Beisetzungen.
Doch bei Gott, ihre Leichenbegängnisse sollen bei Fackeln und Kerzenlicht stattfinden, wie wenn sie nur ganz kurze Zeit gelebt hätten.

Hintergründe der Todeswahrnehmung Senecas

Der Todesgedanke nahm in Senecas Leben schon sehr früh einen besonderen Stellenwert ein. Er litt seit seiner Kindheit unter regelmäßigen Erstickungsanfällen, die ihn, wie er unter anderem in seinem 54. Brief beschreibt, mehrfach an den Rand des Todes brachten.
Auch als Seneca als 40-jähriger unter Kaiser Claudius von dessen Gattin Messalina des Ehebruchs angeklagt wurde, sah er sich durch ein Todesurteil unmittelbar mit der Endlichkeit seines eigenen Lebens und dessen Abhängigkeit von äußeren Einflüssen konfrontiert. Das Urteil wurde später in eine Relegation abgemildert.
Im Jahre 65 n. Chr. bezichtigte ihn schließlich sein Zögling, Kaiser Nero, der Teilnahme an der Pisonischen Verschwörung und befahl ihm Selbstmord zu begehen. Seneca leistete dem Befehl Folge, die Selbsttötung gelang ihm jedoch erst im dritten Versuch.
Für Seneca war der Tod also von Beginn seines Lebens an nicht die weit entfernte Bedrohung, die Menschen damals wie heute so gern zu verdrängen versuchen. Stattdessen hatte der Todesgedanke für ihn stets eine unmittelbare, viel bedeutsamere Dimension, die sich auch in seinen philosophischen Abhandlungen niederschlägt.
Senecas Ziel: Die vollständige Befreiung von der Todesfurcht und den ihr zugrunde liegenden irrationalen Ängsten. Der Mensch sucht verzweifelt, alles zu erreichen und zu besitzen, was das Leben ihm bieten kann, bevor der Tod dem ein Ende setzt.

Umgang mit der Todesfurcht Heute:

Der richtige Umgang mit der Todesfurcht bleibt eine existenzielle Grundfrage: Insbesondere heutzutage wird der unberechenbare Tod zwar häufig tabuisiert, da er keinen Platz in einer Gesellschaft zu haben scheint, in der alle Lebensprozesse möglichst der totalen Kontrolle durch den Menschen unterworfen sind und das eigene Leben bis ins Detail geplant wird.
Meines Erachtens darf die Todesfurcht nie so weit gehen, dass der Todesgedanke das Leben überschattet: Vielmehr sollte dieser als Anreiz betrachtet werden, jeden einzelnen Tag des irdischen Daseins wertzuschätzen.

Epikur von Samos zum Tod:

Epikur von Samos, griechischer Philosoph, 341 v.u.Z. in Samos geb. / 271 v.u.Z. in Athen gestorben. Knüpfte an die Atomlehre Demokrits an. In der Ethik betonte er die Willensfreiheit (gegenüber dem Determinismus der Stoiker). Als Ziel erschien ihm in allen Lebensdingen die sanfte Lust der heiteren Seelenruhe durch Befreiung von Schmerz. Höchstes Ziel sei ein glückliches Leben durch Selbstgenügsamkeit und Befreiung von religiöser und Todesangst. Das Lösen von religiösen Denkmodellen wirkt sich positiv auf das Lebensgefühl aus. Das subjektive Wohlbefinden steigt.
Carpe diem = Nutze den Tag
Die Lebensweise nach Epikur nennt man Epikureismus, unter dem im Gegensatz zur ursprünglichen Lehre Epikurs heute (unter dem Einfluss des Christentums) oft eine oberflächlich vergnügungssüchtige (epikureische) Lebensführung verstanden wird.

Begriffe:
Ataraxie: griech. : Unerschütterlichkeit, Gleichmut, nach Demokrit und Epikur: höchstes Gut.
Eudämonismus: ethische Lehre, dass Glück oberstes Ziel, Motiv und moralisches Kriterium des Handelns sei.
Hedonismus: Form des Eudämonismus; erstrebt freudvolle Sinneslust und beherrschten Genuss.
Von griech. Hedone = Freude. Vertritt die Auffassung, dass die (gröber oder feiner verstandene, sinnliche und geistige) Lust der höchste Wert sei. Vertreter: Aristippos, Eudoxus, Demokrit, Epikur).

Sinn und Sinnlichkeit: Die frohe Botschaft des Hedonismus ; von Michael Schmidt-Salomon
http://www.miz-online.de/node/213

Als konsequenter Materialist wirkte Epikur der religiös geschürten Angst vor vermeintlichen Marterqualen nach dem Tode (wie vieles andere ist auch die Hölle keine originelle Erfindung der Christenheit!) entgegen, indem er den Glauben an eine unsterbliche Seele als Torheit entlarvte. Der Tod, so seine bestechend einfache wie moderne Argumentation, sei “für uns ein Nichts”; denn “was der Auflösung anheimgefallen ist, besitzt keine Empfindung mehr, was aber keine Empfindung mehr hat, bedeutet für uns nichts mehr”. An anderer Stelle heißt es hierzu: “Wenn wir da sind, ist der Tod nicht da, aber wenn der Tod da ist, sind wir nicht mehr. Er geht also weder die Lebenden noch die Gestorbenen etwas an, für die einen ist er ja nicht vorhanden, die anderen sind aber für ihn nicht vorhanden.”Epikurs Konsequenz: “Der Weise … weicht weder dem Leben aus, noch fürchtet er das Nichtleben … Wie er bei der Speise nicht die größere Menge, sondern das Wohlschmeckendste vorzieht, so will er sich nicht eines möglichst langen, sondern eines möglichst angenehmen Lebens erfreuen.”
Seinen Schülern gab Epikur “vier Heilsätze” zur Hand: “Vor der Gottheit brauchen wir keine Angst zu haben. Der Tod bedeutet Empfindungslosigkeit. Das Gute ist leicht zu beschaffen. Das Schlimme ist leicht zu ertragen.” Mithilfe dieser Sätze sollte der Furcht des Individuums entgegengewirkt und dadurch auch das Gemeinwesen verbessert werden, denn Epikur war zutiefst davon überzeugt, dass ein “Mann, der Furcht verbreitet,… selbst nicht ohne Furcht sein [kann]”.
So überzeugend Epikur auch argumentierte und im Einklang mit seiner Lehre lebte, er fand über viele Jahrhunderte weit mehr Feinde als Nachahmer. Die meisten Gelehrten wollten sich nicht damit abfinden, dass der Sinn des Lebens im Leben selbst liege. Sie strebten nach Höherem, nach einem alles umfassenden Sinn, der über die (lächerlichen?) paar Erdenjahre hinausgehen und den Tod eliminieren sollte. Sie fanden diesen “Übersinn” in den verschiedenen Religionen, die angaben, einen über den Sinnen liegenden, also übersinnlichen Sinn stiften zu können.
Allerdings: Diese Sinnstiftung verlangte ihren Preis - und zwar einen aus weltlicher Perspektive unangemessen hohen Preis, denn die Fixierung auf das Jenseits führte zu einer Vernachlässigung des Diesseits, die Orientierung am Übersinnlichen zur Ächtung des bloß Sinnlichen.

Augustinus, katholischer Kirchenlehrer:

Bei Augustinus, dem Kirchenvater, der vor seiner Bekehrung zum Christentum ein recht ausschweifendes Leben geführt hatte, ist diese problematische Verschiebung gut zu beobachten. In seinen berühmten Confessiones (Bekenntnisse) heißt es: “Nichts hielt mich vom tiefern Abgrund der fleischlichen Lust zurück, als Furcht vor dem Tode und vor dem Gerichte, die auch bei meinen wechselnden Meinungen nie aus meiner Brust verschwand. In dieser Furcht besprach ich mit meinen Freunden Alypius und Nebridius über das höchste Gut und das größte Übel, und hätte dabei dem griechischen Philosophen Epikur, der im Vergnügen das höchste Gut fand, den Preis zuerkannt, wenn ich nicht an ein anderes Leben und an eine Vergeltung nach dem Tode gedacht hätte, was Epikur leugnete.”

Allein die Angst vor dem göttlichen Richter und der Glaube an einen von ihm vorgegebenen “Sinn des Ganzen” verhinderten, dass Augustinus sich bedenkenlos den Genüssen des Lebens hingeben konnte. Also verzichtete er auf den “Heidenspaß”, aber dieser diesseitige Verzicht verklärte sich ihm zu einem jenseitigen “Gewinn”, denn schließlich dachte er dadurch “das eigentliche Leben” (das Leben nach dem Tode) erwerben zu können.
Ein Tauschgeschäft mit fatalen Folgen: Die Verheißung des ewigen Lebens war für Augustinus eine derart frohe Botschaft, dass er für sie nicht nur die bittere Pille der diesseitigen Lebensverneinung schluckte, sondern auch seinen kritischen Verstand aufopferte. Der Enthusiasmus, mit dem der vergleichsweise durchaus gebildete Kirchenlehrer selbst die offenkundigsten logischen Brüche übertünchte, mit dem er aus dem größten Unsinn noch einen höheren Sinn herauszulesen sich bemühte, ist bemerkenswert: Mit aller Inbrunst glaubte Augustinus an einen Gott, der merkwürdigerweise einerseits allmächtig und allgütig war, andererseits aber an einer bemerkenswerten multiplen Persönlichkeitsstörung litt (Dreifaltigkeit), was sich u.a. darin ausdrückte, dass er nach einem ärgerlichen Streit mit seinen Geschöpfen (Sündenfall) zunächst 99,99 Prozent allen Lebens vernichtete (Sintflut), dann einen Teil seiner selbst (Gottsohn) von einer antiken Besatzungsmacht (den Römern) hinrichten ließ, um mit sich selbst und seiner Schöpfung wieder im Reinen zu sein (Erlösung). (Dass diese abenteuerliche Geschichte heute nicht mehr so absonderlich klingt wie noch zu Augustinus’ Lebzeiten liegt darin begründet, dass sich die Wahnideen des Kirchenlehrers tief in das kulturelle Gedächtnis des Abendlandes eingegraben haben!) Nicht weniger absurd (wenn auch innerhalb seines Denksystems folgerichtig!) war Augustinus’ Glaube an teuflische Dämonen, die in der Lage sein sollten, ahnungslose Frauen zu begatten, in die Zukunft zu sehen und allerlei Schaden heraufzubeschwören.

Störfaktor Wissenschaft: Der “Übersinn” wird als Unsinn entlarvt

Der Sicherheitsabstand, den Augustinus zur Wissenschaft einhielt, war wohlbegründet, hatten doch schon Demokrit und Epikur mit ihrem atomistischen Erklärungsmodell (das - in veränderter Form - auch heute noch in den Naturwissenschaften Verwendung findet!) den Grundstein für eine radikal diesseitige, materialistische Weltdeutung gelegt.
Über viele Jahrhunderte hinweg sollte es der Kirche zwar gelingen, den Störfaktor Wissenschaft klein zu halten, aber die großen Entdeckungen von Kopernikus und Galilei waren selbst durch die erbarmungslosesten Machtspiele der Inquisition nicht aufzuhalten. Stück für Stück wurde das christliche Weltbild entzaubert.

Besonders Darwins Evolutionstheorie wurde zum harten, eigentlich unverdaulichen Brocken für die Christenheit, denn sie stellte den biblischen Schöpfungsbericht in noch nie da gewesener Form bloß.
Darwins Theorie belegte:
1. dass der Mensch als Produkt einer langwierigen natürlichen Evolution betrachtet werden muss (was den biblischen Terminplan böse durcheinander brachte) und
2. dass Homo sapiens sowohl von seiner biologischen Ausstattung als auch von seinem Verhaltensrepertoire der Familie der Primaten zuzurechnen ist (was wiederum ein recht merkwürdiges Licht auf Gott warf, der uns nach biblischer Auffassung nach seinem Ebenbilde geschaffen hatte!).


Frecherweise schickte sich die Evolutionstheorie (vor allem in jüngster Zeit) an, die Religionen selbst evolutionär zu erklären. (So wurde beispielsweise die Tugend der christlichen Demut als ein typisches Verhaltensmuster innerhalb einer klar umrissenen Primatenhierarchie gedeutet. Evolutionär betrachtet erscheinen Gottesdienste in der Tat als durchsichtige Versuche “rangniedriger” Individuen, ihre Position innerhalb der Hierarchie zu verbessern, indem sie sich mit Hilfe von Demutsgebärden bei einem “imaginären Alphamännchen” einschmeicheln! Dass der Klerus von einer derart entlarvenden Beschreibung seiner “heiligen Rituale” nicht begeistert ist, versteht sich von selbst…)

In diesem Zusammenhang darf allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass einige aufgeschlossene Theologen wie Teilhard de Chardin den mutigen Versuch unternommen haben, Schöpfungsgeschichte und Evolutionstheorie miteinander zu vereinbaren. Hierzu mussten sie jedoch eine auf “Vervollkommnung” ausgerichtete “Schöpfung im Werden” unterstellen.
Neuere Arbeiten zur Evolutionstheorie konnten demgegenüber aber aufzeigen, dass die Evolution nicht im Sinne eines zwangsläufigen Fortschritts interpretiert werden darf. Von einer klaren Zielrichtung der Evolution im Sinne einer steten Vervollkommnung, Höherentwicklung etc. kann angesichts aktueller Forschungsergebnisse keine Rede mehr sein! Evolutionäre Prozesse sind in ihrer Gesamtheit fortschrittsneutral, sie können - je nach den vorliegenden Bedingungen - sowohl in Richtung einer Höherentwicklung wirken (verstanden als Zunahme von Komplexität) als auch in Richtung einer Rückentwicklung (Abnahme von Komplexität).
Auch eine zweite, hartnäckig-illusionäre Interpretation der Natur gilt mittlerweile als entkräftet. Forscher zeigten auf, dass der von Optimisten in die Waagschale geworfenen “Selbstorganisation der Natur” eine nicht minder starke “Selbstzerstörung der Natur” entgegensteht. Eine Perspektive, die mit dem christlichen Schöpfungsgedanken wohl kaum zu vereinbaren ist.

Unheil droht der christlichen Welterklärungssaga aber nicht nur aus der Biologie, sondern auch aus der Physik:
Als wäre es für die Gläubigen nicht schon schlimm genug, dass sie (wie wir alle) nur Produkte einer von Zufällen bestimmten, ziellos dahin treibenden Evolution sind, sie müssen sich zudem auch noch damit abfinden, dass das von evolutionären Gesetzen bestimmte Gastspiel des Lebens zeitlich begrenzt ist und unaufhaltsam auf ein letztes, tödliches Finale zusteuert. Ausgehend vom zweiten Hauptsatz der Thermodynamik prognostizierten Physiker schon Mitte des 19. Jahrhunderts den Wärme- bzw. den Kältetod des Weltalls, einen Zustand gleichmäßiger Temperaturverteilung, der keine Energieumwandlung, also folglich auch kein Leben mehr erlaube. Auch wenn die Erkenntnisse der Quantenmechanik und der Relativitätstheorie einige Modifikationen dieses traditionellen kosmologischen Modells notwendig machten, an der grundlegenden Feststellung, dass das Leben ein zeitlich begrenztes Phänomen im Universum ist, hat sich nichts geändert.

Sinn und Sinnlichkeit: Die frohe Botschaft des Hedonismus

Der bekannte Evolutionstheoretiker Richard Dawkins brachte das tragische Grundproblem der religiösen “Übersinn”-Sucher einmal sehr schön auf den Punkt, als er schrieb: “In einem Universum mit blinden physikalischen Kräften und genetischer Verdoppelung werden manche Menschen verletzt, andere haben Glück, und man wird darin weder Sinn und Verstand noch irgendeine Gerechtigkeit finden. Das Universum, das wir beobachten, hat genau die Eigenschaften, mit denen man rechnet, wenn dahinter kein Plan, keine Absicht, kein Gut oder Böse steht, nichts außer blinder, erbarmungsloser Gleichgültigkeit.” Wer angesichts solcher Rahmenbedingungen immer noch nach dem “Sinn des Ganzen” sucht (und sich dabei nicht selber in die Taschen lügt), wird am Ende notwendigerweise leer ausgehen.
Das heißt: Ohne uns in unauflösbare Widersprüche zu verwickeln, werden wir den Sinn des Lebens nicht außerhalb des Lebens selbst finden können. Die besten Ratgeber in Sachen “Sinnsuche” finden wir daher nicht in den “heiligen Verwaltern des Übersinnlichen”, sondern in den “profanen Experten des Sinnlichen”. Schon die niedrigsten Tiere scheinen mehr vom Leben zu verstehen als so mancher Religionsstifter. Auch wenn sie nicht nach dem Sinn des Lebens fragen, sie leben ihn vom ersten bis zum letzten Moment ihrer Existenz. Schon das Pantoffeltierchen sucht angenehme und meidet unangenehme Reize und verwirklicht auf diese Weise gewissermaßen eine primitive Vorform der epikureischen Philosophie! Überhaupt dürfen wir nicht übersehen, dass diese für alle Lebewesen konstitutive Fähigkeit, das Vermögen, zwischen angenehmen und unangenehmen Reizen zu unterscheiden, die Basis jeder Bedeutungszuschreibung ist. Ohne sie wären wir Menschen nichts weiter als komplizierte Maschinen, die (ähnlich unseren Computern) Informationen verarbeiten, aber nichts mit ihnen anfangen können.
Wer also nach dem Sinn sucht, muss vor allem in den Sinnen suchen, denn Sinn erwächst aus Sinnlichkeit. Völlig zu Recht stellte Epikur fest: “Ich weiß nicht, was ich noch als Gutes ansehen soll, wenn ich die Freuden des Geschmacks, die Freuden der Liebe, die Freuden des Gehörs, schließlich die Erregungen beim Anblick einer schönen Gestalt abziehe.” Wir wären sicherlich gut beraten, würden wir dies beherzigen, die letzten Reste kulturell erworbener Triebfeindlichkeit über Bord werfen und die Fülle an Empfindungen, die uns unsere Natur erlaubt, ohne jede Prüderie genießen. Was das heißen könnte, lässt sich leicht an den (trotz aller Aufklärung) immer noch stark reglementierten Bereichen “Sexualität” und “Drogenkonsum” verdeutlichen. So wie jeder Mensch seine sexuellen Vorlieben frei ausleben können sollte (sofern dies nicht die sexuelle Freiheit Anderer in Mitleidenschaft zieht), sollte er prinzipiell auch das Recht haben, seinen Körperstoffwechsel nach eigenem Gutdünken bestimmen zu können (Recht auf Rausch).
Wie sehr das christlich induzierte Drogenabstinenzmodell auch heute noch das öffentliche Leben bestimmt, zeigt sich u.a. an dem skandalösen Umgang mit Schwerstkranken, die oftmals nicht ausreichend mit Morphium versorgt werden - häufig mit dem rational nicht nachvollziehbaren Argument, man wolle die Patienten nicht in die Drogenabhängigkeit treiben. Es ist schwer vorstellbar, dass irgendein Tier, sofern es die Möglichkeit besäße, Schmerzen effektiv auszuschalten, sich ähnlich absurd verhalten würde.
Zweifellos aber sollte der Mensch-Tier-Vergleich nicht übertrieben werden. Selbstverständlich müssen wir einräumen, dass der Mensch ein Tier mit ganz besonderen Eigenschaften ist. Wir sind die einzige uns bekannte Lebensform, die sich ihres sicheren Todes bewusst ist - und dies nicht nur in lebensbedrohenden Situationen, sondern sogar in Momenten des Glücks. Ist es da nicht verständlich, dass der Mensch mit allen nur erdenklichen Mitteln versucht, seinen eigenen Verstand auszutricksen und sich selbst ein Leben nach dem Tod anzudichten?
In der Tat könnte man meinen, dass der weltliche Hedonismus, der fairer Weise eingesteht, den Tod nicht überwinden zu können, in dieser Hinsicht den religiösen Modellen unterlegen sei. Allerdings müssen wir gleich im Gegenzug feststellen, dass das Leben gerade dadurch seinen besonderen Wert gewinnt, dass wir um seine Endlichkeit wissen. Erst die Gewissheit des Todes lehrt uns, den Ratschlag der epikureischen Philosophie zu folgen und “den Tag zu nutzen” (“Carpe diem”). All dies würden wir verlieren, wenn wir uns des ewigen Lebens sicher wären.

Außerdem darf nicht übersehen werden, dass das Verlöschen im Nichts, so schrecklich die Vorstellung manchem auch erscheinen mag, immer noch die bessere Alternative ist, als postmortal für immer und ewig im Höllenfeuer zu schmoren (bzw. irgendwann einmal als Küchenschabe wiedergeboren zu werden).
Wohlgemerkt: Die Aussichten auf das Leben nach dem Tod sind in den meisten Religionen für die Mehrheit der Menschen alles andere als rosig. So verkündet auch der christliche Messias, der jeden, der nicht an ihn glaubt, rigoros ins ewige Feuer schickt: “…die Pforte ist weit, die ins Verderben führt, und der Weg dahin ist breit, und viele gehen auf ihm. Aber das Tor, das zum Leben führt, ist eng und der Weg dahin ist schmal, und nur wenige finden ihn” (Matthäus 7,13-14).
Keine Frage: Die vermeintlich “frohe Botschaft” von der Überwindung des Todes ist in erster Linie eine brutale Drohbotschaft (ähnliche Belege lassen sich auch in den anderen Religionen finden!) - und das hat vor allem strukturelle Gründe: Mit einer kleinen Dosis Zuckerbrot und eine großen Dosis Peitsche lässt sich weit besser herrschen, als wenn das Zuckerbrot für jeden jederzeit zur Verfügung stünde. Seltsamerweise werden die Religionen auch heute noch aufgrund dieses menschenfresserischen Dressuraktes als wertvolle Sinnstiftungsagenturen geschätzt. Manche Politiker meinen gar, dass von ihrer Funktionstüchtigkeit das Gelingen des gesellschaftlichen Miteinanders abhängt. Hedonisten hingegen gelten als tendenziell gesellschaftsunfähige oder gar -gefährdende Egoisten, da es ihnen vermeintlich nur um das eigene Wohl geht.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Schuldbekenntnis für gläubige Katholiken
«Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen, und allen Brüdern und Schwestern, dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe. Ich habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine grosse Schuld. Darum bitte ich die selige Jungfrau Maria, alle Engel und Heiligen und euch, Brüder und Schwestern, für mich zu beten bei Gott, unserem Herrn.»
Das Schüren von Schuldgefühlen ist eine Drohung. Denn die Schuld ist die Zwillingsschwester der Sünde. Wer Schuld auf sich lädt, ist auch sündig. Und der «Sünder» muss damit rechnen, von Gott fallengelassen zu werden.

Ein wichtiger Bestandteil dieser Drohkulisse ist der Satan, der angeblich uns Menschen zur Sünde verführt. Und wer sich die Sympathie von Gott verscherzt, verfällt leichter den Versuchungen des Gehörnten anheim, erklären auch heute noch katholische Pfarrer und freikirchliche Pastoren.
Menschen zu erniedrigen, ihnen das Selbstwertgefühl zu untergraben und ihnen Angst einzujagen, raubt sensiblen Gläubigen das Selbstvertrauen, das sie für die Bewältigung des Alltags dringend benötigten.

https://www.watson.ch/blogs/sektenblog/ ... dig-machst
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Christel »

Atheisius, ich sehe Du geniest Dein Leben völlig frei von Todesfurcht und Schuldgefühlen.
Ob Du nun Gutes unterlässt und Böses tust, ist auch egal, oder?

„Wenn Tote nicht auferweckt werden, dann lasst uns essen und trinken; denn morgen sterben wir!“ (1. Kor 15,32)

Doch der Christ glaubt Gott, der sagt: „ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben.“ Jeremia 29,11
Und daher ist eben nicht alles egal!
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Ob Du nun Gutes unterlässt und Böses tust, ist auch egal, oder?
Wie kommst Du zu dieser Unterstellung?
Mit Deinen ewigen Bibelzitaten kannst Du doch heute niemanden mehr beeindrucken, wen interessiert denn das heute noch?
Atheisius, ich sehe Du geniest Dein Leben völlig frei von Todesfurcht und Schuldgefühlen.
Ja - Welche Schuldgefühle soll ich mir einreden?
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Christel »

Ich gehe davon aus, dass Du Dich mit den Texten identifizierst, die Du einstellst.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Christel »

Jesus lädt ein, einen Schatz im Acker oder einen Edelstein zu finden, wofür es sich lohnt alles zu verkaufen. Er lädt ein zu einem königlichen Hochzeitsmahl. Sein erstes Wunder ist laut Johannes die Verwandlung von Wasser zu Wein bei der Hochzeit zu Kana.

Der Katholizismus ist keine traurige Religion. Katholiken wissen zu genießen. Und das ist gut so.

Doch niemand ob Christ oder nicht, kommt an den „Kreuzen“ im eigenen Leben vorbei und letztendlich auch nicht am Tod.

Umgang des „frohen Hedonismus“ mit dem Tod, zitiert aus Atheisius obigen Beitrag:
"Der Mensch sucht verzweifelt, alles zu erreichen und zu besitzen, was das Leben ihm bieten kann, bevor der Tod dem ein Ende setzt."

"Insbesondere heutzutage wird der unberechenbare Tod zwar häufig tabuisiert, da er keinen Platz in einer Gesellschaft zu haben scheint, in der alle Lebensprozesse möglichst der totalen Kontrolle durch den Menschen unterworfen sind und das eigene Leben bis ins Detail geplant wird."
Christen müssen weder aus diesem Leben herausholen, was irgendwie geht, noch müssen sie Tod und Leid verdrängen. Das Christentum verkündet angesichts des Kreuzes Christi, dass Leid und Tod überwunden werden: "Der letzte Feind, der entmachtet wird, ist der Tod." (1. Korinther 15,26)

"- Spruch des HERRN -, Gedanken des Heils und nicht des Unheils; denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben." (Jeremia 29,11)
Ich sehe absolut keinen Grund mich einer Ideologie anzuschließen, die weder Hoffnung noch Zukunft zu bieten hat.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Richtigstellung:
Christel zitierte mich wie folgt:
Umgang des „frohen Hedonismus“ mit dem Tod, zitiert aus Atheisius obigen Beitrag:

(1.) "Der Mensch sucht verzweifelt, alles zu erreichen und zu besitzen, was das Leben ihm bieten kann, bevor der Tod dem ein Ende setzt."

(2.) "Insbesondere heutzutage wird der unberechenbare Tod zwar häufig tabuisiert, da er keinen Platz in einer Gesellschaft zu haben scheint, in der alle Lebensprozesse möglichst der totalen Kontrolle durch den Menschen unterworfen sind und das eigene Leben bis ins Detail geplant wird."
Den 1. Satz kann kann man nur verstehen wenn man ihn im Zusammenhang liest:

Aus: Lucius Anneus Seneca (geb. 1 vor unserer Zeitrechnung, gest. 65 nach unserer Zeitrechnung) „De brevitate vitae“ oder „Die Kürze des Lebens“.
Dieser „Heide“ aus christlicher Sicht, Seneca, erkannte schon vor mehr als 2000 Jahren:
• Nichts kann ein vielbeschäftigter Mensch weniger als leben; nichts ist schwerer zu erlernen. Lehrer anderer Künste gibt es allenthalben und in großer Zahl; in manchen von diesen Fertigkeiten sind sogar, wie man sehen konnte schon Knaben so beschlagen, dass sie Unterricht erteilen könnten
• Leben muss man ein Leben lang lernen, und darüber wirst du dich vielleicht noch mehr wundern.
• ein Leben lang muss man sterben lernen.
So viele bedeutende Männer haben, nachdem sie alles was sie hinderte, hinter sich gelassen und ihrem Reichtum, ihren Ämtern, ihren Vergnügungen entsagt hatten, bis ins höchste Alter einzig danach getrachtet, dass sie zu leben verstünden; trotzdem ist die Mehrzahl von ihnen mit dem Bekenntnis gestorben, sie wüssten es immer noch nicht – geschweige denn, dass es die anderen wissen.“ (Seite 35)
Senecas Ziel: Die vollständige Befreiung von der Todesfurcht und den ihr zugrunde liegenden irrationalen Ängsten. Der Mensch sucht verzweifelt, alles zu erreichen und zu besitzen, was das Leben ihm bieten kann, bevor der Tod dem ein Ende setzt.
Auch der zweite Satz (2.) wurde aus dem Zusammenhang gerissen:
Umgang mit der Todesfurcht Heute:

Der richtige Umgang mit der Todesfurcht bleibt eine existenzielle Grundfrage: Insbesondere heutzutage wird der unberechenbare Tod zwar häufig tabuisiert, da er keinen Platz in einer Gesellschaft zu haben scheint, in der alle Lebensprozesse möglichst der totalen Kontrolle durch den Menschen unterworfen sind und das eigene Leben bis ins Detail geplant wird.
Meines Erachtens darf die Todesfurcht nie so weit gehen, dass der Todesgedanke das Leben überschattet: Vielmehr sollte dieser als Anreiz betrachtet werden, jeden einzelnen Tag des irdischen Daseins wertzuschätzen.
Christel schrieb:
Ich sehe absolut keinen Grund mich einer Ideologie anzuschließen, die weder Hoffnung noch Zukunft zu bieten hat.
Offensichtlich hast du den gesamten Beitrag nicht verstanden. Schon allein die Überschrift besagt: "Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus"
Schon Charles Darwin schrieb: Evolution und Tod: „Die Geheimnisse der Evolution sind Zeit und Tod“ . Im Weltbild der Evolution ist der Tod ein permanenter Teil der Geschichte; der Tod ist geradezu unser Verbündeter bei der Schaffung von Leben. Das „eingebaute“ Altern und Sterben ist zwar leidvoll für das Individuum, besonders für das menschliche, aber ist der Preis dafür, dass die Evolution unsere Art überhaupt erschaffen konnte.
Die Welt war schon vor Millionen von Jahren ein Ort des Sterbens. Der Tod ist so alt wie das Leben.

Was ist also deine Ideologie, welche Dir Hoffnung auf eine Zukunft bietet? Ein Weiterleben nach dem Tode im Himmelreich Gottes?
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
Christel
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Christel »

Atheisius hat geschrieben: Dienstag 13. September 2022, 12:50 Richtigstellung:
[...]
Auch der zweite Satz (2.) wurde aus dem Zusammenhang gerissen:
Aha, aus dem Zusammenhang gerissen… Und was bitte soll an meinen Schlussfolgerungen falsch sein?

Ah, da Du gerade dabei bist, könntest Du bitte Deinem Vordenker, den Du oben zitiert hast, mitteilen, dass dies aus dem Zusammenhang gerissen ist:
Augustinus, katholischer Kirchenlehrer:

Bei Augustinus, dem Kirchenvater, der vor seiner Bekehrung zum Christentum ein recht ausschweifendes Leben geführt hatte, ist diese problematische Verschiebung gut zu beobachten. In seinen berühmten Confessiones (Bekenntnisse) heißt es: “Nichts hielt mich vom tiefern Abgrund der fleischlichen Lust zurück, als Furcht vor dem Tode und vor dem Gerichte, die auch bei meinen wechselnden Meinungen nie aus meiner Brust verschwand. In dieser Furcht besprach ich mit meinen Freunden Alypius und Nebridius über das höchste Gut und das größte Übel, und hätte dabei dem griechischen Philosophen Epikur, der im Vergnügen das höchste Gut fand, den Preis zuerkannt, wenn ich nicht an ein anderes Leben und an eine Vergeltung nach dem Tode gedacht hätte, was Epikur leugnete.”
Es müsste sich eigentlich inzwischen selbst bei den Atheisten herumgesprochen haben, dass Augustinus nicht sogleich vom Lebemann zum Christen wurde und dies sollte man sowohl beim Studiuum und gerade beim Zitieren seiner Bekenntnisse beachten:
373 wandte Augustinus sich dem Manichäismus zu[20][24], einer gnostischen, streng dualistischen Glaubensgemeinschaft, die im Römischen Reich verboten war.
https://de.wikipedia.org/wiki/Augustinus_von_Hippo
Atheisius hat geschrieben: Dienstag 13. September 2022, 12:50 Was ist also deine Ideologie, welche Dir Hoffnung auf eine Zukunft bietet? Ein Weiterleben nach dem Tode im Himmelreich Gottes?
Nun werde mal nicht komisch Atheisius und tue nicht so als hättest Du nie von der christlichen Hoffnung gehört! Bist Du so vergesslich? Ich denke, Du warst mal katholisch.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Nun werde mal nicht komisch Atheisius .........
Warum sagst du nicht klipp und klar, dass du an ein Weiterleben nach dem Tod im Himmel glaubst, an der der Seite Gottes und seiner himmlischen Heerscharen? Halleluja, Halleluja.
https://www.songtexte.com/uebersetzung/ ... 6b6f0.html :lol:
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

HALLELUJA SONGTEXT (Version von Marius Müller-Westernhagen)

https://www.youtube.com/watch?v=9i5h8jBUPeQ

Mutter
Du hast mich geboren
Du hast mich verloren
Halleluja

Vater
Ich hab′ dich angebetet
Doch du hast mich
Getreten
Halleluja

Leben
Leben lassen
Lieben oder hassen
Halleluja

In der Bibel
[Steht geschrieben
Auge um Auge
Zahn um Zahn

Lehrer
Abgefüllt mit Regeln
Gefesselt und geknebelt
Halleluja

Heimat
Ich soll dir gehören
Doch ich soll nicht stören
Halleluja

Money
Meine Ideale
Kannst du nicht bezahlen
Halleluja

In der Bibel
Steht geschrieben
Auge um Auge
Zahn um Zahn

Du bist die Sonne
Ich bin der Mond
Du bist der König
Ich bin der Thron
Ich habe Hunger
Du bist das Brot
Du bist der Grund
Wofür zu leben sich lohnt
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Christel »

Hallo Atheisius,
mal ehrlich, hast Du jetzt, wo Du Atheist bist, weniger Angst vor dem Tod?

Ich habe mal von jemanden gehört, er brauche die Hoffnung auf das ewige Leben nicht. Wenn das Leben vorbei ist, ist es eben vorbei.
Als er dann an Krebs erkrankt war, sah er das anders. Da war es ihm nicht so egal, dass es vorbei war.
Und, wie sieht es bei Dir aus?
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Hallo Atheisius,
mal ehrlich, hast Du jetzt, wo Du Atheist bist, weniger Angst vor dem Tod?
Weniger trifft auf mich zu, denn eine religiös geschürte Angst vor vermeintlichen Marterqualen nach dem Tode in der Hölle (oder Fegefeuer) trifft auf Atheisten, wie mich, nicht zu.

Von Anbeginn des Lebens auf der Erde gilt: Wo gelebt wird, da wird auch gestorben.

Man kann einiges dafür tun um das zu verzögern. Eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und ein einigermaßen bedachter Lebensstil können den Aufenthalt auf Mutter Erde in die Länge ziehen. Natürlich kann auch eine Portion Glück nicht schaden, wenn man ein hohes Alter erreichen möchte. Doch all das wird das Unvermeidliche am Ende nicht verhindern, denn sterben muss leider jeder Mensch irgendwann.
Die Feststellung, unterm Strich doch nur verhältnismäßig kurz auf der Welt verbleiben zu dürfen, (was sind schon ca. 80 Jahre?) sorgt bei den allermeisten Menschen verständlicherweise für ein etwas mulmiges Gefühl. Den Gedanken an den Tod findet so gut wie jeder beängstigend.
Atheisten machen da keine Ausnahme.

Für mich interessant ist aber, was schon Epikur von Samos: griechischer Philosoph, 341 v.u.Z. in Samos geb. / 271 v.u.Z. in Athen gestorben, über den Tod sagte. Als konsequenter Materialist wirkte Epikur der religiös geschürten Angst vor vermeintlichen Marterqualen nach dem Tode (wie vieles andere ist auch die Hölle keine originelle Erfindung der Christenheit!) entgegen, indem er den Glauben an eine unsterbliche Seele als Torheit entlarvte.
Der Tod, so seine einfache Argumentation, sei “für uns ein Nichts”; denn “was der Auflösung anheimgefallen ist, besitzt keine Empfindung mehr, was aber keine Empfindung mehr hat, bedeutet für uns nichts mehr”.

Von Epikur stammt auch:
“Wenn wir da sind, ist der Tod nicht da, aber wenn der Tod da ist, sind wir nicht mehr. Er geht also weder die Lebenden noch die Gestorbenen etwas an, für die einen ist er ja nicht vorhanden, die anderen sind aber für ihn nicht vorhanden.”

Aber, wie sieht das denn bei Dir aus?

Ich weiß, wovon Du träumst:
Dein biblischer Traum besteht darin, voll und ganz den Aussagen eines Herrn Jesus (nach Johannes) zu vertrauen:
„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“ (Joh. 11.25)

Dieser biblische Traum ist für Dich so schön, dass auch sachliche Argumente in dieser Sache dich nicht mehr erreichen können.

Na dann träume mal schön weiter!
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Christel »

Sehr interessant diese Antwort!

Du hälst einen Vortrag über religiöse Todesfurcht und wie viel besser es Aheisten angeblich haben.

Doch dann fragst Du mich und gibst selbst die Antwort!
Diese Antwort ist völlig korrekt! Du weißt also ganz genau, dass es bei mir keinerlei religiös begründete Todesfurcht gibt, sondern im Gegenteil nur Hoffnung!

Woher weißt Du das?
Kann es sein, das in Wahrheit auch Du Dich nie von einer religiös begründeten Todesfurcht befreien musstest?
Kann es sein, dass Du nur die Hoffnung aufgegeben hast und Dich jetzt mit Epikur... tröstest?

Dies würde auch erklären, weshalb Dein Vortrag über religiös bedingte Todesfurcht so unpersönlich ausgefallen ist.
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Kann es sein, das in Wahrheit auch Du Dich nie von einer religiös begründeten Todesfurcht befreien musstest?
Kann es sein, dass Du nur die Hoffnung aufgegeben hast und Dich jetzt mit Epikur... tröstest?
Falsch.

Eine religiös begründete Todesfurcht hat es bei mir noch nie gegeben. Auch zu der Zeit nicht, als ich noch gläubig war. Deshalb musste ich mich von so etwas nicht befreien.
Vertrauen auf ein Weiterleben nach dem Tode hatte ich nur, solange ich noch gottgläubig war. Ich weiß heute, das daß nur religiöse Träumereien waren.
Seitdem ich mich vom religiösem Glauben befreit habe, sehe ich die Angelegenheit jetzt realistisch. Ein Weiterleben nach dem Tode gibt es nicht.
Im Übrigen habe ich alle Angelegenheiten, welche mit meinem Tod in Verbindung stehen jetzt, zu Lebzeiten, mit meiner Familie geregelt.
Insofern kann ich diesem, auf mich zukommenden Ereignis, relativ gelassen entgegensehen. Ein Todesfurcht habe ich nicht.

Es gibt da einen schönen Spruch: Man lebt in seinen Kindern weiter!!
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Re: Die religiöse Todesfurcht im Gegensatz zur frohen Botschaft des Hedonismus

Ungelesener Beitrag von Christel »

Atheisius hat geschrieben: Dienstag 4. Oktober 2022, 14:36
Kann es sein, das in Wahrheit auch Du Dich nie von einer religiös begründeten Todesfurcht befreien musstest?
Kann es sein, dass Du nur die Hoffnung aufgegeben hast und Dich jetzt mit Epikur... tröstest?
Falsch.

Eine religiös begründete Todesfurcht hat es bei mir noch nie gegeben. Auch zu der Zeit nicht, als ich noch gläubig war. Deshalb musste ich mich von so etwas nicht befreien.
Nein, richtig! Du hast nur falsch gelesen.
Du hast genau das betätigt, was ich vermutet hatte.
Atheisius hat geschrieben: Dienstag 4. Oktober 2022, 14:36 Es gibt da einen schönen Spruch: Man lebt in seinen Kindern weiter!!
Das ist nur eine Illusion! Die Gene, die Deine Kinder mit Dir gemeinsam haben, das bist nicht Du!

Genauso, wie das Weiterleben in der Erinnerung! So ein Blödsinn!

Wenn Du schon Atheist bist, dann sei es doch konsequent! Und bastle Dir nicht ein Weiterleben, wie auch immer, zusammen. Ohne Gott ist es aus, da ist nichts... Da kannst Du nichts, aber auch gar nichts, erwarten!
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