Satan, Luzifer, Beelzebub...

Diskussionen rund um Glaubensfragen

Moderatoren: niels, Kirche und Religionen

Forumsregeln
Glaube und Religion im Eichsfeld Wiki:
Religion im Eichsfeld
Kategorie: Religion im Eichsfeld
Kirchen im Eichsfeld
Christel
Senior- Mitglied
Beiträge: 4461
Registriert: Montag 22. Mai 2006, 19:55
PLZ: 99734

Satan, Luzifer, Beelzebub...

Ungelesener Beitrag von Christel »

Satan, Luzifer, Beelzebub... Weshalb hat der Teufel nur so viele Namen?

Zugegeben, der Teufel ist nicht gerade mein Spezialgebiet. In der Bibel kommt er ja auch kaum vor. Ein Gegenspieler Gottes ist er dort schon gar nicht, höchstens ein Gegenspieler der Menschen.

Im Buch Hiob gehört Satan zum himmlischen Bereich und ist im Auftrag Gottes unterwegs:
6 Nun geschah es eines Tages, da kamen die Gottessöhne, um vor den HERRN hinzutreten; unter ihnen kam auch der Satan. 7 Der HERR sprach zum Satan: Woher kommst du? Der Satan antwortete dem HERRN und sprach: Die Erde habe ich durchstreift, hin und her. 8 Der HERR sprach zum Satan: Hast du auf meinen Knecht Ijob geachtet? Seinesgleichen gibt es nicht auf der Erde: ein Mann untadelig und rechtschaffen, er fürchtet Gott und meidet das Böse. 9 Der Satan antwortete dem HERRN und sagte: Geschieht es ohne Grund, dass Ijob Gott fürchtet? 10 Bist du es nicht, der ihn, sein Haus und all das Seine ringsum beschützt? Das Tun seiner Hände hast du gesegnet; sein Besitz hat sich weit ausgebreitet im Land. 11 Aber streck nur deine Hand gegen ihn aus und rühr an all das, was sein ist; wahrhaftig, er wird dich ins Angesicht segnen. 12 Der HERR sprach zum Satan: Gut, all sein Besitz ist in deiner Hand, nur gegen ihn selbst streck deine Hand nicht aus! Darauf ging der Satan weg vom Angesicht des HERRN. https://www.bibleserver.com/EU/Hiob1
Wirklich nett ist Satan hier nicht. Er bringt die Menschen, hier Hiob, in Verruf. Er ist ein Ankläger. Beim Gericht, wäre er so etwas wie der Staatanawalt, der Vertreter der Anklage in Strafsachen.

Die Geschichte von Hiob ist allerdings auch die Geschichte eines unschuldig Leidenden.

Das Leid, was hier geschieht, wird Hiob von Satan zugefügt.
Satan kommt in dieser fiktiven Geschichte zwar vor, doch nur am Rand. Vielmehr ist es in 42 Kapiteln eine Auseinandersetzung mit Gottes Gerechtigkeit, Leid und Schuld, die Geschichte eines unschuldig Leidenden.

Es ist nicht Hiobs Schuld, nicht Folge von Hiobs Versagen, wie seine „Freunde“ ihm unterstellen. Daher ereilt sie dieses Gottesurteil: „Mein Zorn ist entbrannt gegen dich und deine beiden Freunde, denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Ijob.“(Hiob 42,7) Und weiter heißt es „Der HERR wendete das Geschick Ijobs“

Sagen wir auch heute nicht allzu schnell „selbst Schuld“?

Zurück zu Satan:
Wie bereits gesagt, im Buch Hiob gehört Satan zum himmlischen Bereich und er tritt als Ankläger auf, als Ankläger der Menschen.
In Lk 10,18 sagt Jesus „Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen.“

Und auch in der Offenbarung des Johannes heißt es, dass Satan seinen Platz im Himmel verlor:
Der Drache und seine Engel kämpften, 8 aber sie hielten nicht stand und sie verloren ihren Platz im Himmel. 9 Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen (Off. 12,8f.)
Und kommentiert wird es mit den Worten:
Da hörte ich eine laute Stimme im Himmel rufen: Jetzt ist er da, der rettende Sieg, / die Macht und die Königsherrschaft unseres Gottes / und die Vollmacht seines Gesalbten; denn gestürzt wurde der Ankläger unserer Brüder, / der sie bei Tag und bei Nacht / vor unserem Gott verklagte. 11 Sie haben ihn besiegt durch das Blut des Lammes / und durch ihr Wort und ihr Zeugnis. Sie hielten ihr Leben nicht fest, / bis hinein in den Tod.
Im Himmel hat der Staatsanwalt (Ankläger, Satan) seinen Platz verloren, der Ankläger fliegt raus. Christus (der Verteidiger der Menschen) gewinnt. Er geht als Sieger hervor und so gewinnen auch die Menschen.

In der späteren europäischen Kulturgeschichte veränderte sich die Rolle Satans. Hier wird das ganz gut widergegeben:
Satan, Luzifer, Beelzebub - ZDF info
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
Benutzeravatar
Atheisius
Senior- Mitglied
Beiträge: 1550
Registriert: Donnerstag 24. September 2015, 16:40
PLZ: 11111

Re: Satan, Luzifer, Beelzebub...

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Dazu gab es im Spiegel einen interessanten und amüsanten Beitrag:

Gott ist tot,Satan nicht

Er kommt aus der Tiefe der Geschichte und den Abgründen der Seele, und der Mensch kann offenbar ohne ihn nicht sein: der Teufel alias Satan, die Verkörperung des Bösen.

Am Ende dieses Jahrhunderts, dem »gewalttätigsten der menschlichen Geschichte«, wird er wieder gerufen: »Wir brauchen einen Namen für das Böse« - um es zu bannen.

Sein Samen war, was viele Frauen erstaunte, »äußerst kalt«; konnte man beim Fürsten der Hölle nicht zumindest Zimmertemperatur erwarten?

Eine Spurensicherung des Teufels muß beim Intimsten beginnen. Denn der Herr der vielen Namen und Gestalten, als Satan, Luzifer, Beelzebub in mancherlei Monster-Maskeraden unterwegs, ist als Ganzer schwer zu fassen. Der Teufel steckt, bekanntlich, im Detail.

Zum Kälteschock also. In alten Gutachten aus geweihten Kreisen (Thomas von Aquin et al.) wird dargelegt, daß der Teufel, irgendwie logisch, keinen eigenen Samen produzieren kann. Er muß sich ihn holen, um ihn weiterzugeben; für ihn als Dämon ist das kein Problem.

Er nimmt die Gestalt eines »Succubus« an, eines Untenliegenden, und läßt sich so von einem Herrn besamen. Als »Incubus«, Obenliegender, gibt er den Stoff dann an ein williges Weib weiter. Der Teufel ist also, früh schon, ein abkühlendes Zwischenlager.

Das Gerät, mit dem er den Samen umtopfte, wird von den Partnerinnen in sehr divergierenden Formen beschrieben. Den einen erschien es als »eisig und weich«, anderen wie aus »Schuppen gebildet«; gelegentlich war es »groß wie das Glied eines Pferdes« oder knüppelig wie ein »Ofengabel-Stiel«.

Nur folgerichtig, daß die Resonanzen, die das teuflische Instrument auslöste, weithin variierten. Sie reichten von der »Erduldung eines außerordentlichen Schmerzes« bis zu »viel größerer Lust und Befriedigung«, als sie ein Gang zur Messe hätte bieten können. Also sprachen, im Mittelalter, die Hexen.

Sie taten es, alle Welt weiß es, nicht immer freiwillig. Foltern aller Art erpreßten ihnen derlei Geständnisse, glühende Eisen und niederträchtige Tricks. Historiker schätzen die Zahl der Scheiterhaufen, auf denen die Leiber brannten, damit ihre Seelen gerettet wurden, auf fast eine Million.

Doch kurioserweise näherte sich der Teufel in jenen Zeiten des Wahns nicht nur Hexenweibern. Auch in Kreisen, die dem liquidierenden Zentralkomitee, der Heiligen Kirche, innig verbunden waren, hob Satan sein gräßliches Haupt und zeigte sich leibhaftig.


https://www.spiegel.de/politik/gott-ist ... 0009140750

Doch kurioserweise näherte sich der Teufel in jenen Zeiten des Wahns nicht nur Hexenweibern. Auch in Kreisen, die dem liquidierenden Zentralkomitee, der Heiligen Kirche, innig verbunden waren, hob Satan sein gräßliches Haupt und zeigte sich leibhaftig.

Das gibt es leider auch heute noch, wie man es hier in diesem Forum sehen kann. :twisted: :lol:
.......Ein launiger Vorstadt-Voltaire mit Namen Mephistopheles tritt alsbald hervor, ein Mann von gesunder Selbstironie: »Ich möcht' mich gleich dem Teufel übergeben, wenn ich nur selbst kein Teufel wär'!« Er führt den alten Herrn, Faust ist sein Name, von der Depression hinweg und hin zu den Freuden des Lebens. Eine heißt Gretchen, aber sie ist leider so fad und tugendsam, daß Schauspielerinnen ihren Text gern falsch, aber frech betonen: »Wenn ich nur wüßt', wer heut der Herr gewesen ist!«

So legerer Umgang mit dem Teufel wie in Goethes »Faust« scheint passé. Hampelmänner, die sich Satanisten nennen, greifen nun nach dem Höllenfürsten, imitieren Hexensabbate und Schwarze Messen oder meucheln gar, wie der Mickerling Charles Manson, in Teufels Namen. Sie gedenken nicht des Wortes eines Theodor W. Adorno: »Okkultismus ist die Metaphysik der dummen Kerle.«

Die Zeiten sind teuflisch, ohne Teufel.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
Benutzeravatar
Atheisius
Senior- Mitglied
Beiträge: 1550
Registriert: Donnerstag 24. September 2015, 16:40
PLZ: 11111

Re: Satan, Luzifer, Beelzebub...

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Weiterführende Literatur:

„Der Teufel und seine Engel: Die neue Biographie“ von Kurt Flasch

https://www.amazon.de/Teufel-seine-Enge ... 3406684122

Der Teufel stammt nicht aus Europa, sondern aus dem Orient. Aber jahrhundertelang lag sein Schatten auf dem Kontinent und nahm von da aus den Weg in die neue Welt.

Die Europäer erlitten Satan (wie er auf Hebräisch heißt), aber sie verwandelten ihn auch, veränderten den Teufel nach ihrem Bild und Gleichnis. Er nahm die Form an, die gebraucht oder gefürchtet wurde. Er wechselte sein Gesicht und passte sich den Europäern an, die ihn riefen.

Kurt Flasch erzählt in zwanzig Kapiteln die Geschichte des Teufels. Das Buch beschreibt die biblischen Anfänge und die Ausgestaltung der Satanologie durch die Kirchenväter und im Mittelalter, die verhängnisvolle Verbindung von Satan und Sexualität und von Teufelsglauben und Hexenwahn, es macht einen Besuch in der Hölle und widmet sich dem dortigen Personal, den Engeln des Bösen, aber es geht darüber hinaus bis in die Gegenwart.

Der Teufel hat sich gründlich in den Alltag der Menschen eingemischt, bis endlich im Zeitalter der Aufklärung seine Macht beschnitten wurde.

Trotzdem reden heute evangelikale Kreise, fundamentalistische Gruppen und das Römische Lehramt wieder viel und realistisch von Satan.
Papst Johannes Paul II. hat das von 1614 stammende Ritual der Teufelsaustreibung (Exorzismus) anno 1998 überarbeitet und erneuert.


Kurt Flasch Teufel.jpg
Flaschs Sympathie gilt in seiner großen Erzählung besonders jenen Denkern, die die Herrschaft des Teufels nicht bestärkt, sondern an seiner Entmachtung mitgewirkt haben.

Was will uns der Autor mit seinem Buch sagen? Einerseits führt er absurde Aspekte religiöser Weltbilder vor, die nur funktionieren können, solange Menschen einen naiven Glauben und verantwortungsloses Gottvertrauen hegen. Aufgeklärte und gebildete Bürger, die über einen Schuss postmodernen Selbstzweifels verfügen, können sich mit Teufelsvorstellungen nicht mehr arrangieren.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
Christel
Senior- Mitglied
Beiträge: 4461
Registriert: Montag 22. Mai 2006, 19:55
PLZ: 99734

Re: Satan, Luzifer, Beelzebub...

Ungelesener Beitrag von Christel »

Ich möchte noch einmal auf diesen ganz interessanten Beitrag hinweisen:
Christel hat geschrieben: Donnerstag 8. Dezember 2022, 12:50 In der späteren europäischen Kulturgeschichte veränderte sich die Rolle Satans. Hier wird das ganz gut widergegeben:
Satan, Luzifer, Beelzebub - ZDF info
Der Teufel ist nicht kirchlich gebunden. Er führte und führt ein "Eigenleben" in Kunst, Kultur, Volksglauben...
Ein Gegengott ist er in Bibel und Kirche schon gar nicht. Ein solcher Dualismus ist unchristlich.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
Benutzeravatar
Atheisius
Senior- Mitglied
Beiträge: 1550
Registriert: Donnerstag 24. September 2015, 16:40
PLZ: 11111

Re: Satan, Luzifer, Beelzebub...

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Der Teufel ist nicht kirchlich gebunden.
Ach ja?

Dämonen jagende katholische Priester gibt es heute immer noch – und vor allem unzählige Katholiken, welche diesen Unsinn auch heute noch glauben.
https://www.arte.tv/de/articles/tracks-exorzismus

Neues Testament
https://de.wikipedia.org/wiki/Exorzismus
Das Neue Testament setzt, beruhend auf dem mit dem Tanach inhaltlich übereinstimmenden Alten Testament, die Existenz von Dämonen voraus. In Eph 6,12 EU werden sie „Beherrscher dieser finsteren Welt“ genannt. Jesus Christus heilte bei seinen Exorzismen meist gleichzeitig Krankheiten, die bei den betroffenen Menschen infolge der Besessenheit aufgetreten waren. Besonders das Markusevangelium (Mk) schildert solche Austreibungen eindrücklich. Es lässt Jesu öffentliches Wirken in Mk 1,23–39 EU mit einem Exorzismus beginnen: „Und er zog durch ganz Galiläa, predigte in den Synagogen und trieb die Dämonen aus.“ Weiter wird berichtet, wie Jesus einem Besessenen den Dämon bzw. die Dämonen Legion austreibt (Mk 5,1–20 EU). Auch Jesu Apostel erhalten die Macht, Dämonen auszutreiben (Mk 3,15 EU).

In der Frühzeit des Christentums war der Glaube an Dämonen und an die Notwendigkeit von Exorzismen weit verbreitet, teilweise übernommen aus heidnischer, insbesondere schamanischer, Tradition und fest verwurzelt im Volksglauben. Aber auch für die Kleriker war der Dämonenglaube selbstverständlich, und so wurde das kirchliche Amt des Exorzisten speziell für diese Aufgabe geschaffen. Die meisten größeren Gemeinden hatten zumindest einen Exorzisten. Exorzismus wurde auch an abtrünnigen Christen ausgeübt, da man die Abwendung vom christlichen Glauben als vom Teufel verursacht ansah.

Christliche Autoritäten wie Antonius, Kyrill von Jerusalem und Johannes Chrysostomos empfahlen das Kreuzzeichen als Mittel zur Austreibung von Dämonen. Auch der Kirchenvater Origenes beschrieb detailliert die Möglichkeiten der Dämonenaustreibung. Als weitere Mittel wurden und werden genannt: vor allem der Name Jesu Christi, danach das Taufsiegel, Anblasen, Ausspucken, Räuchern (auch andere Gerüche), Erz, Eisen, Feuer, Knoblauch, Zwiebeln, Glockenläuten sowie Verzicht auf Schweinefleisch.

Noch zur Zeit der Reformation[ findet sich der Exorzismus in Taufformularen, in denen er der eigentlichen Taufe vorangeht. Dies verdeutlicht den Vorgang des Herrschaftswechsels durch die Taufe vom Machtbereich des Teufels in den Machtbereich Gottes (vgl. Luthers „Taufbüchlein“ als Teil der Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche).

Katholische Kirche

Das Phänomen der Besessenheit hat – da es kein Spezifikum der katholischen Kirche war – bei den frühchristlichen Apologeten zuerst keine besondere Beachtung gefunden. Irenäus von Lyon sah in der Teufelsaustreibung noch eine Gnade, die dem Einzelnen von Gott verliehen wird. Tertullian und andere Kirchenschriftsteller vertraten die Meinung, dass jeder Christ, der davon überzeugt war, diese Gabe zu besitzen, mit der Taufe die Erlaubnis erlange, als Exorzist zu wirken. Da sich manche Exorzisten sehr selbstherrlich gebärdeten und oft Exorzismusformeln wählten, die nicht dem Geist der Kirche entsprachen, versuchte die römische Kirche im 3. Jahrhunderts durch die Einführung einer besonderen Weihe – der Exorzistenweihe – diesen Wildwuchs einzudämmen.
Trotzdem blieb im Bewusstsein der Gläubigen noch lange die Vorstellung lebendig, dass Christen, auch Frauen, aufgrund von besonderen Gnadengaben Teufel austreiben könnten.

Auf dem Konzil von Laodicea (dessen Beschlüsse später im Decretum Gratiani Aufnahme fanden), wurde die Durchführung des Exorzismus ganz an die Genehmigung des Bischofs gebunden. Damit verlor das Exorzistat, das neben den anderen Kirchenämtern (Ostariat, Lektorat, Akolythat und Subdiakonat) als eine Vorstufe zum Empang der höheren Weihen angesehen wurde, immer mehr an Bedeutung, bis es als eigenständige Weihestufe gänzlich erlosch. Als Folge der durch das Konzil von Trient initiierten Liturgiereform erschien 1614 unter Papst Paul V. das Rituale Romanum, das neben einigen Formeln des Taufexorzismus auch einen Ritus für den Exorzismus an Besessenen („großer Exorzismus“) enthält. Im Rituale Romanum hieß es ursprünglich noch: „Sacerdotes sive quivis alius legitimus Eccelsiae minister“ (Priester und andere legitime Diener), weil aber can 1152 CIC 1917 nur noch den sacerdos erwähnt, wurde der erweiternde Zusatz bei der Revision des Rituale im Jahr 1925 schließlich ganz gestrichen.

Jüngere Vergangenheit und Gegenwart

Ein Exorzismus-Gebet (oder „Gebet um Schutz vor dem Bösen“) ist bis heute fester Bestandteil des katholischen Ritus der Kindertaufe.[29] In der Kurzform des Kindertaufritus entfällt das Gebet.

„Weil die Taufe Zeichen der Befreiung von der Sünde und deren Anstifter, dem Teufel, ist, spricht man über den Täufling einen Exorzismus (oder mehrere). Der Zelebrant salbt den Täufling oder legt ihm die Hand auf; danach widersagt der Täufling ausdrücklich dem Satan. So vorbereitet, kann er den Glauben der Kirche bekennen, dem er durch die Taufe ‚anvertraut‘ wird [Vgl. Röm 6,17].“

Katechismus der Katholischen Kirche
Bei der Eingliederung Erwachsener in die Kirche wird das Exorzismus-Gebet schon vor der Taufe im Rahmen der Stärkungsriten gesprochen.
Was den „großen“ Exorzismus angeht, erregte in Deutschland in jüngerer Zeit vor allem der Fall der Anneliese Michel Aufsehen. Die junge Frau starb 1976 im Verlauf des kirchlich genehmigten Exorzismus an Unterernährung und Entkräftung, nachdem zuvor die ärztliche Behandlung abgebrochen worden war. Die Eltern Michels und die beiden Exorzisten wurden wegen fahrlässiger Tötung jeweils zu halbjährigen Bewährungsstrafen verurteilt.

Bereits einen Monat nach dem Tod begann parallel zur juristischen Aufarbeitung des Falls dessen Mystifikation. Unter dem Druck der nicht nachlassenden öffentlichen Diskussion entschied sich die Deutsche Bischofskonferenz 1979 zur Einberufung einer Kommission zur Klärung grundsätzlicher Fragen im Kontext von Besessenheit und Exorzismus.[32] In die Kommission wurden ganz bewusst neben Theologen auch Psychologen berufen; den Vorsitz hatte Prälat Josef Homeyer. Die Ergebnisse der Kommission veranlassten die Deutsche Bischofskonferenz 1984 zu einem Gesuch in Rom, den Exorzismus als „Liturgie zur Befreiung vom Bösen“ umzugestalten. Insbesondere sollte eine Zusammenarbeit von Priestern, Psychologen und Medizinern zur zwingenden Voraussetzung gemacht werden. Dennoch nimmt die Neufassung des Exorzismusrituals von 1999 den Begriff „Exorzismus“ statt „Liturgie zur Befreiung vom Bösen“ im Titel auf. Während diese für die im deutschen Sprachraum gefeierten Liturgien eine relativ geringe Bedeutung haben dürfte, war und ist der katholische Exorzismusritus in den afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern sowie Frankreich und Italien noch sehr präsent.

14 Jahre nach dem Tod Anneliese Michels kam es erneut zu einem Exorzismus mit Todesfolge. Im Jahr 1990 unterzog sich ein pädophiler Priester im indischen Bundesstaat Kerala einem vom Engelwerk durchgeführten Exorzismus. Infolge des Rituals, bei dem die „Homosex-Dämonen Dragon, Varina und Selithareth“ ausgetrieben werden sollten, verübte der Priester einen Sexualmord. Seitens des Engelwerkes wurde der Mord dem Wirken des „Dragon, Götze des Meuchelmordes, der sodomitischen Sünde, der Blutrache und des Blutrausches“ zugeschrieben.[34] Zwei Jahre später untersagte die Kongregation für die Glaubenslehre dem Engelwerk die Durchführung von Exorzismen außerhalb der kirchlichen Regeln. Ob ein ursächlicher Zusammenhang des Verbots mit dem Mord bestand, ist unbekannt.

An der Päpstlichen Universität Regina Apostolorum werden seit einigen Jahren Exorzismuskurse angeboten und 2004 gab es auch eine erste internationale Exorzismuskonferenz in Mexiko. Während einer Generalaudienz auf dem Petersplatz am 15. September 2005 wandte sich Papst Benedikt XVI. an die Teilnehmer des Nationalkongresses der italienischen Exorzisten „mit ihrem wertvollen Dienst an der Kirche fortzufahren“. Unter seinem Vorgänger Johannes Paul II. wurden im Jahre 2003 in Italien circa 200 Priester als Exorzien bestellt. Im Jahr 2005 nahm erstmals eine Frau, die katholische Theologin Alexandra von Teuffenbach, an der Exorzistenausbildung teil. Die Ausbildung soll dazu dienen, das „Gebet um Befreiung“ in geordnete Bahnen zu führen und nur von psychologisch und geistlich Erfahrenen vornehmen zu lassen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Exorzismus
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 194 Gäste