Bildungsreligion: Christentum

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Christel
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Bildungsreligion: Christentum

Ungelesener Beitrag von Christel »

Das Christentum ist eine Bildungsreligion.
Schon das Judentum entwickelte sich dahin, vom Tempelkult zur Synagoge. Jesus ist unser Lehrer. Als Maria Jesus sucht, man beachte, wie oft sie ihre Haltung verändern, wie oft sie sich umwenden muss, um ihn zu entdecken, endet diese Suche mit diesem Bekenntnis:
„Maria!“ (Joh 20,16)
So – spricht Jesus sie an.
So – wie er sie immer angesprochen hatte.
Mit IHREM Namen.
Und so – mit IHREM Namen angesprochen, verändert sich die Haltung der Maria und ihr Blick:
„Da wandte sie sich ihm zu und sagte auf hebräisch zu ihm: Rabbuni!“ (Joh 20,16)

Die Bibel übersetzt sehr vereinfachend: „Das heißt. Meister.“
Der große jüdische Theologe und Schriftsteller Schalom Ben-Chorin schlägt dagegen vor, „Rabbuni“ zu übersetzen mit: „mein lieber Rabbi“.
Maria von Magdala spricht also mit viel Zärtlichkeit und Hingabe.
http://schnirch.de/maria-rabbuni-predigt-zum-osterfest/
Und weil das Christentum auf Bildung beruht, auf den Weg, den das jüdische Volk bereits gegangen war und den Jesus, ihr Lehrer, weitergeführt hat, gab es von Beginn an Irrtümer und dann auch Irrlehrer. Doch was ist wahr? Was ist richtig? Was ist Irrtum? Was ist Wahrheit?

Und natürlich versuchte man festzuhalten was wahr und richtig ist:
Unter einem Dogma (altgr. δόγμα, dógma, „Meinung, Lehrsatz; Beschluss, Verordnung“[1]) versteht man eine feststehende Definition oder eine grundlegende, normative Lehraussage, deren Wahrheitsanspruch als unumstößlich festgestellt wird.
https://de.wikipedia.org/wiki/Dogma
Wichtig gerade bezüglich der Katholischen Kirche ist: Nicht jeder Lehrsatz ist hier ein Dogma!
Und nicht alles ist gleich wichtig.

Dabei ist die Menge des Wissens gar nicht so bedeutsam, denn ins Detail gehen, vertiefen ist jederzeit möglich.
Man muss jedoch das Wesenentliche erfasst und verstanden haben.

Zudem denke ich, so mancher verliert seinen Glauben, weil sein Halbwissen nicht ausreichend war.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Atheisius
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Re: Bildungsreligion: Christentum

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
„Man muss jedoch das Wesentliche erfasst und verstanden haben“.
Unter dem hier eingestelltem Link http://schnirch.de/maria-rabbuni-predigt-zum-osterfest/
lese ich auch:
Wen suchst Du?“ hatte der Mann (der auferstandene Jesus) gefragt.
Ja, Maria suchte IHN, Jesus, mit dem sie gegangen war, der ihr Leben verändert hatte, der ihrem bis dahin erbärmlichen Dasein einen neuen – DEN – Sinn gegeben hatte.
Sie suchte IHN, denn sie brauchte IHN und sie vermisste IHN so sehr.
IHN noch einmal sehn, berühren, umarmen…
Das war die Sehnsucht die Maria Magdalena antrieb.
Was ich selbst hier an „Wesentlichem“ erfasst und verstanden habe ist folgendes:

Die wohl wichtigste Jüngerin Jesu und eine zentrale Zeugin (nach Aussage der Bibel über die „Auferstehung“ ) Maria Magdalena, ist über viele Jahrhunderte primär als ehemalige Prostituierte und reuige Sünderin wahrgenommen worden; und das Bild der „Sünderin“ und sexuell anrüchigen Frau wirkt weiterhin in populärer Literatur, in Romanen, Gedichten und Filmen.

In neuester Zeit mehren sich Spekulationen primär in romanhafter Literatur, sie sei die Geliebte oder Ehefrau Jesu gewesen.

Immerhin: woher kommen die in der Bibel namentlich genannten Kinder des Jesus nämlich Jakobus, Joses (oder Josef), Judas und Simon?

Aussagen über eine besonders enge Beziehung zwischen Jesus und Maria Magdalena sind längst aus anderen, sogenannten apokryphen Evangelien bekannt.
Um das enge, geradezu intime Verhältnis zwischen Jesus und der Maria aus Magdala und ihre gegenüber den männlichen Jüngern ausgezeichnete Stellung auszudrücken, verwenden diese Schriften oft eine erotisch aufgeladene Sprache.
Schon im Johannesevangelium erscheint Maria aus Magdala als Offenbarungsempfängerin, die gleichberechtigt neben Simon Petrus, dem namenlosen “geliebten Jünger” und anderen Jüngern steht (oder diese sogar überragt).
Die drei synoptischen Evangelien allerdings kennen eine solche Sonderstellung der Maria aus Magdala nicht.

Das katholisch-kirchliche Jesusbild, das sich auf die neutestamentlichen Evangelien stützt und einen unverheirateten Jesus präsentiert, sollte revidiert werden.

Die Wahrheit über den historischen Jesus von Nazareth – ist eine Wahrheit, die von der „Kirche“ gezielt unterdrückt wurde. Denn diese Wahrheit kann die Fundamente der “Kirche”, insbesondere der römisch-katholischen Kirche erschüttern. Wenn der historische Jesus, der ja das Fundament der Kirche und Maßstab ihrer Lehre ist, verheiratet war und Frauen in die autoritative Stellung von Jüngerinnen eingesetzt hat, mit welchem Recht kann und darf eine “Kirche” im Namen desselben Jesus ihren Amtsträgern die Eheschließung und ein Ausleben ihrer Sexualität verweigern und mit welchem Recht kann und darf sie im Namen Jesu Frauen aus dem Kreis ihrer Amtsträger ausschließen?
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
Christel
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Re: Bildungsreligion: Christentum

Ungelesener Beitrag von Christel »

Der Beitrag von Atheisius zusammengefasst:

a) Spekulation:
Atheisius hat geschrieben: Samstag 5. November 2022, 13:55 In neuester Zeit mehren sich Spekulationen primär in romanhafter Literatur, sie sei die Geliebte oder Ehefrau Jesu gewesen.
b) Forderung:
Das katholisch-kirchliche Jesusbild, das sich auf die neutestamentlichen Evangelien stützt und einen unverheirateten Jesus präsentiert, sollte revidiert werden.
c) Behauptung:
Die Wahrheit über den historischen Jesus von Nazareth – ist eine Wahrheit, die von der „Kirche“ gezielt unterdrückt wurde.

d) Schlussfolgerung aus a) Spekulation und c) Behauptung:
Wenn der historische Jesus, der ja das Fundament der Kirche und Maßstab ihrer Lehre ist, verheiratet war und Frauen in die autoritative Stellung von Jüngerinnen eingesetzt hat, mit welchem Recht kann und darf eine “Kirche” im Namen desselben Jesus ihren Amtsträgern die Eheschließung und ein Ausleben ihrer Sexualität verweigern und mit welchem Recht kann und darf sie im Namen Jesu Frauen aus dem Kreis ihrer Amtsträger ausschließen?
Fazit: Aufgrund von Spekulationen aus dem 2. Jahrhundert und vor allem in heutigen Romanen, sollen die historischen Dokumente, die aus der Zeit Jesu stammen, geändert werden, die Heirat von Priestern begründet und Frauen zu Priestern geweiht werden.

Interessant!

Atheisius, woher hast Du den Text?
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
Christel
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Re: Bildungsreligion: Christentum

Ungelesener Beitrag von Christel »

"War Jesus von Nazaret verheiratet?" von Prof. Dr. Dr. Thomas Johann Bauer - Univ. Erfurt 21.10.2019

Ich fand dort diesen, mit in Atheisius Beitrag identischen Text:
Wenn der historische Jesus, der ja das Fundament der Kirche und Maßstab ihrer Lehre ist, verheiratet war und Frauen in die autoritative Stellung von Jüngerinnen eingesetzt hat, mit welchem Recht kann und darf eine “Kirche” im Namen desselben Jesus ihren Amtsträgern die Eheschließung und ein Ausleben ihrer Sexualität verweigern und mit welchem Recht kann und darf sie im Namen Jesu Frauen aus dem Kreis ihrer Amtsträger ausschließen?
https://www.uni-erfurt.de/katholisch-th ... s-bewegung

Dieser Text findet sich auch im Beitrag von Atheisius, jedoch in abgewandelter Forum:
Auch Aussagen über eine besonders enge Beziehung zwischen Jesus und Maria aus Magdala sind längst aus anderen, sogenannten apokryphen Evangelien bekannt. In diesen meist gnostisch geprägten Schriften erscheint Maria aus Magdala als Empfängerin und Trägerin besonderer Offenbarungen. Um das enge, geradezu intime Verhältnis zwischen Jesus und Maria aus Magdala und ihre gegenüber den männlichen Jüngern ausgezeichnete Stellung auszudrücken, verwenden diese Schriften oft eine erotisch aufgeladene Sprache, um die Einweihung in die rettenden Geheimnisse und die heilsrelevante Beziehung zum Erlöser auszudrücken. Die Aussagen über ein solch enges Verhältnis zwischen Jesus und Maria aus Magdala verdanken sich nicht einer von den neutestamentlichen Evangelien unabhängigen Überlieferung. Denn schon im Johannesevanglium erscheint Maria aus Magdala in den Oster- und Erscheinungserzählungen des 20. Kapitels als Offenbarungsempfängerin, die gleichberechtigt neben Simon Petrus, dem namenlosen “geliebten Jünger” und anderen Jüngern steht (oder diese sogar überragt). Die drei synoptischen Evangelien allerdings kennen eine solche Sonderstellung der Maria aus Magdala nicht.
https://www.uni-erfurt.de/katholisch-th ... s-bewegung


Ich hatte ich gewundert, wer diesen Blödsinn schreibt:
Atheisius hat geschrieben: Samstag 5. November 2022, 13:55 Schon im Johannesevangelium erscheint Maria aus Magdala als Offenbarungsempfängerin, die gleichberechtigt neben Simon Petrus, dem namenlosen “geliebten Jünger” und anderen Jüngern steht (oder diese sogar überragt).
Also soweit kenne ich das Johannesevangelium schon, um zu wissen, dass das nicht stimmt!

Im Text von Prof. Dr. Dr. Thomas Johann Bauer steht es richtig!
Es ist ein sehr lesenswerter Artikel: https://www.uni-erfurt.de/katholisch-th ... s-bewegung

Atheisius, ich finde es prima, dass Du so prompt bestätigt hast, dass das Christentum eine Bildungsreligion ist. Denn bei unzureichender Bildung fällt man sehr leicht auf Beiträgen, wie den Deinen rein.
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Atheisius
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Re: Bildungsreligion: Christentum

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Atheisius, ich finde es prima, dass Du so prompt bestätigt hast, dass das Christentum eine Bildungsreligion ist.
:lol: :lol: :lol:
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Bildungsreligion: Christentum

Ungelesener Beitrag von Christel »

Kaum hatte ich das Thema begonnen und schon sind wir bei Verschwörungstheorien gelandet:
Atheisius hat geschrieben: Samstag 5. November 2022, 13:55 Die Wahrheit über den historischen Jesus von Nazareth – ist eine Wahrheit, die von der „Kirche“ gezielt unterdrückt wurde.
Ja so sind die misstrauischen Menschen, die immer die Wahrheit hinter der Wahrheit suchen. Sie glauben wirklich alles, nur eben nicht das Offensichtliche.
Nun gut, auch deshalb bedarf das Christentum der Bildung.

Aber zurück zu meinen ersten Gedanken zum Thema. Ich denke, ich sollte das vertiefen.
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Re: Bildungsreligion: Christentum

Ungelesener Beitrag von Christel »

Begonnen hatte ich mit dieser Aussage:
Christel hat geschrieben: Montag 24. Oktober 2022, 12:13 Das Christentum ist eine Bildungsreligion.
Schon das Judentum entwickelte sich dahin, vom Tempelkult zur Synagoge.

Wie kam es dazu? Und was hat das mit Bildung zu tun?

Die biblische Geschichte erzählt:
"Mein Vater war ein heimatloser Aramäer. Er zog nach Ägypten, lebte dort als Fremder mit wenigen Leuten und wurde dort zu einem großen, mächtigen und zahlreichen Volk.

Die Ägypter behandelten uns schlecht, machten uns rechtlos und legten uns harte Fronarbeit auf. Wir schrien zum HERRN, dem Gott unserer Väter, und der HERR hörte unser Schreien und sah unsere Rechtlosigkeit, unsere Arbeitslast und unsere Bedrängnis. Der HERR führte uns mit starker Hand und hoch erhobenem Arm, unter großem Schrecken, unter Zeichen und Wundern aus Ägypten, er brachte uns an diese Stätte und gab uns dieses Land, ein Land, wo Milch und Honig fließen. Und siehe, nun bringe ich hier die ersten Erträge von den Früchten des Landes, das du mir gegeben hast, HERR." (5.Mose 26,5-10)

Es beginnt alles mit einem nomadischen Familienverband. Der wohl aufgrund einer Hungersnot nach Ägypten zieht, dort sesshaft und schließlich versklavt wird.

Die einstige Versklavung, der Auszug, die folgende lange Wanderzeit und schließlich das Sesshaft werden als freie Bürger in einem schönen Land sind prägend für die Geschichte diese Volkes und sie bildet die Grundlage ihrer Rechtsordnung:
Und daher beginnen die Forderungen des Gesetzes mit den Worten: "Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus" (2.Mose 20,2/5.Mose 5,6)
Und an die freien Männer dieses Landes ergeht die Mahnung, diesem Gott zu folgen, niemanden zu unterdrücken, nichts wegzunehmen...
Wir kennen dies als die 10 Gebote.

Und in 3.Mose 19,33f. heißt es:
"Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken. Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen. Ich bin der HERR, euer Gott."

Aus der Geschichte diese Volkes folgt, das besondere Gottesverständnis, welches in Auseinandersetzung mit anderen Gottesvorstellungen weiter vertieft und reflektiert wird. Es gibt sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede. Auch das ist ein Weg.
Gemeinsam mit anderen haben sie Opfergaben an ihren Gott, wobei das mehr in Richtung Dankopfer geht, denn gütig muss dieser Gott nicht erst gestimmt werden. Gütig, das Leid der Menschen sehend und darauf reagierend, so haben sie ihn erfahren.
Gemeinsam mit anderen haben sie den Tempel, nur gibt es darin kein Abbild von ihrem Gott, denn der Gott dieses Volkes lässt sich nicht abbilden, er ist unsichtbar.

In dieser Zeit der Sesshaftigkeit entstehen bereits schriftliche Zeugnisse ihrer Geschichte und ihres Glaubens.

Doch letztlich ist es die Katastrophe der Verlust der Staatlichkeit, des Tempels, der Landverlust und die Verschleppung in die Gefangenschaft nach Babylon, also das scheinbare Ende von allem, der Punkt an dem sich das Judentum quasi neu "erfinden" musste, da man nichts mitnehmen konnte, außer Bildung. Dies führte zu einer Vertiefung der Religion, der Gottesvorstellungen und zur Konzentration auf die Schrift.
Als möglicher Entstehungsort der Institution Synagoge wird bereits seit dem 16. Jahrhundert das babylonische Exil nach der Zerstörung des ersten Tempels vermutet. https://de.wikipedia.org/wiki/Synagoge# ... en_und_Ort
Letztlich ist Entstehung des Tanach, was in etwa unserem Alten Testament entspricht, diesen Ereignissen zu verdanken.

Christen kennen denn Inhalt Auszugsweise durch Lesungen im Gottesdienst, Zusammenfassungen/Vereinfachungen in Kinderbibeln, durch Filme und andere Bücher... Wir bringen damit eine Vorbildung und ein gewisses Vorverständnis mit. Und doch haben wohl die wenigsten von uns das Alte Testament komplett gelesen. Es ist auch schwer. - Wie schwer muss das für Menschen sein, die es ohne diese Vorbildung zu lesen beginnen?

Das eigentliche Problem dabei ist zu verstehen, was man da liest:
Und siehe, da war ein Äthiopier, ein Kämmerer, Hofbeamter der Kandake, der Königin der Äthiopier, der über ihrer ganzen Schatzkammer stand. Dieser war gekommen, um in Jerusalem anzubeten,[1] 28 und fuhr jetzt heimwärts. Er saß auf seinem Wagen und las den Propheten Jesaja. 29 Und der Geist sagte zu Philippus: Geh und folge diesem Wagen! 30 Philippus lief hin und hörte ihn den Propheten Jesaja lesen. Da sagte er: Verstehst du auch, was du liest? 31 Jener antwortete: Wie könnte ich es, wenn mich niemand anleitet? (Apostelgeschichte 8 )
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Re: Bildungsreligion: Christentum

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel behauptet:
Das Christentum ist eine Bildungsreligion.
Schon das Judentum entwickelte sich dahin, vom Tempelkult zur Synagoge. Jesus ist unser Lehrer.
Der Begriff "Bildungsreligion" ist natürlich kompletter Unsinn und nicht nur eine Erfindung von Christel, sondern erstmalig von Prof. Dr. Thomas Söding, Katholischer Professor für Neutestamentliche Exegese an der Ruhr-Universität. Dieser hat ein Buch herausgebracht mit dem Titel: "Das Christentum als Bildungsreligion"
https://www.amazon.de/Das-Christentum-a ... 3451375036
Das macht die Sache aber nicht besser. Jetzt kommt dieser Unsinn nun eben von einem katholischen Professor. Es gibt grundsätzlich keine Bildungsreligionen. Religionen sind maximal in der Lage ihre Anhänger zu „verbilden“ um es mal höflich auszudrücken.

Wir können heute von sieben Weltreligionen ausgehen: Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Daoismus und Konfuzianismus.

Wer sich für Religionen interessiert, kann sich mit diesen befassen und sich ein „Bild“ darüber machen. Das nennt sich dann „Weiterbildung“ über den Inhalt von Religionen.

Einige Wissenschaftler befassen sich wissenschaftlich mit der Religionswissenschaft und ihren Subdisziplinen.

Zu diesen Subdisziplinen zählen beispielsweise der Religionsvergleich bzw. -komparatistik, die Religionsgeschichte, Religionsphänomenologie, Religionssoziologie, Religionspsychologie, Religionsethnologie, Religionsökonomie, Religionsgeographie u. a. Zur universitären Theologie bestehen Berührungspunkte in allen theologischen Bereichen: kirchengeschichtlichen, exegetischen, systematischen und praktischen. Untersuchungsgegenstand der Religionswissenschaft sind darüber hinaus die Binnensystematiken verschiedener Religionen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Religionswissenschaft

Die Religionswissenschaft ist also eine Geisteswissenschaft oder auch Kulturwissenschaft, die Religion empirisch, historisch und systematisch erforscht. Dabei befasst sie sich mit allen konkreten Religionen, religiösen Gemeinschaften, Weltanschauungen und Ideologien sowie religiös konnotierten Narrativen der Vergangenheit und Gegenwart.

Generell ist in der Welt das Einvernehmen groß darüber, dass Wissenschaft und Religion zwei substanziell unterschiedliche Weltbilder zugrunde liegen:
Religion basiert auf Glauben, Irrationalität und Unsicherheit, Wissenschaft auf Wissen, Rationalität und sicheren Belegen.

Wissenschaft und Religion fußen also auf zwei nicht zu vereinbarenden oder jedenfalls zueinander in Spannung stehenden Weltbildern.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Bildungsreligion: Christentum

Ungelesener Beitrag von Christel »

Lieber Atheisius,
herzlichen Dank für die Literaturempfehlung.

Ich sehe, das Buch ist noch im Buchhandel erhältlich, also über jede ordentliche Buchhandlung beziehbar:
Bild
Von Anfang an steht das Christentum im Spannungsfeld der Fragen, ob Bildung zum Glauben oder Glaube zur Bildung gehört. Es kennt die Gefahr des Fundamentalismus, aber es setzt auf Aufklärung. Und das Neue Testament stellt dafür die Weichen. Der Glaube hängt nicht von der Intelligenz ab. Aber er gibt zu denken. Von Jesus, von Paulus, von Johannes her lässt sich erkennen, dass Glaube und Vernunft, Ethos und Überzeugung, Prophetie und Weisheit in einem engen Wechselverhältnis stehen. Das ist der Impuls für ein Bildungsprogramm, das seine Bewährungsprobe immer noch vor sich hat. "Das Christentum als Bildungsreligion zu sehen, ist die These dieses Buches. Sie richtet sich gegen jede noch so sublime Form des Fundamentalismus. Sie richtet sich ebenso klar gegen eine Position, die Religion aus dem Bildungsdiskurs heraushalten will, sei es mit Berufung auf die Neutralität des demokratischen Staates oder der akademischen Wissenschaft, sei es mit der Anklage, die Kirche setzte auf die Unfreiheit der Menschen, ihre Bindung an ein Dogma, ihre Einpassung in ein rigides Moralsystem, oder mit dem Desinteresse an einer Religion, die zwar weltweit wächst, im »christlichen Abendland« aber ihre besten Zeiten hinter sich zu haben scheint." (Aus dem Vorwort)
https://www.buchhandel.de/buch/Das-Chri ... 3451375033
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Re: Bildungsreligion: Christentum

Ungelesener Beitrag von Christel »

Es wird gern gesagt, glauben heißt nicht wissen. Das wird dann scheinbar belegt mit „ich glaube, es ist 15:00 Uhr, ich glaube, ich weiß es nicht. Allerdings setzt auch dies ein gewisses Wissen voraus.

Andersherum kann man sich Wissen aneignen ohne zu glauben. Ich lernte z.B. zu DDR-Zeiten einiges in Marxistisch-Leninistischer Philosophie. Ich verfüge noch heute über Wissen darüber, geglaubt habe ich es nie.

Wissen ist die Voraussetzung, um etwas zu glauben. Doch glauben ist mehr als nur wissen.

Im Internet fand ich eine schöne Übersetzung, was glauben tatsächlich bedeutet:
Der Begriff kommt vom Lateinischen „credere cor dare“ und bedeutet „mit Herz an etwas hängen“.
https://lustaufsland.at/glauben-heisst-nicht-wissen/
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