Ransaufen an die 1,54 Promille von Margot Käßmann
Promilletest im Ministerium - Sorgfältig saufen
Das Bayerische Innenministerium hat zum Trinkversuch mit anschließendem Promilletest geladen. Und so erscheint man am Dienstagabend mit der Mission, sich an Margot Käßmann ranzusaufen, besser gesagt: an ihren bei der Trunkenheitsfahrt gemessenen Promillewert. Für die legendäre Marke von 1,54 Promille will man bei dem Experiment mit dem Thema „Alkohol und Straßenverkehr“ tüchtig schlucken, aus journalistischer Sorgfaltspflicht.
„Die Teilnehmer machen dabei zunächst Angaben zu dem Promillewert, den sie erreichen wollen, zu ihrem Körpergewicht und zur Art des Getränks“, heißt es in der Einladung. „Nach einer Zeit von eineinhalb Stunden wird ein Atemalkoholtest und wahlweise eine Blutalkoholkontrolle durchgeführt.“ Der erste Schock: Als Höchstgrenze wird 1,1 Promille festgelegt. Ein Kinderspiel! Dann der zweite Schock: Selbst für diesen Wert muss man fünfeinhalb Halbe Bier trinken – mehr noch als die zwei Maß, die Günther Beckstein (CSU) als für Autofahrer vertretbar bezeichnet hat.
Teufel Alkohol
Vor Beginn des Trinkversuchs führt Thomas Gilg vom Institut für Rechtsmedizin in München aus rechtlicher und aus medizinischer Sicht in das Sujet ein. Die juristische Grenze des Verträglichen liege für Autofahrer bei 0,5 Promille, obschon 0,3 Promille relative Fahruntüchtigkeit bedeuteten, sagt Gilg, während eine nette Frau mit osteuropäischem Akzent die ersten Gläser an die Tische bringt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) prostet mit eingefrorenem Lächeln den Probanden zu, die Fotografen knipsen fleißig. An die Wand wird ein lustiges Filmchen projiziert, das einen Mann in einer amerikanischen Polizeistation zeigt, der vor lauter Rausch das Gleichgewicht verliert und mit seinem Kopf ein Loch in die Wand schlägt. Gelächter, Prost, zweite Runde. Bald ist klar: Teufel Alkohol will sich an diesem Abend nicht dem ernsten Thema beugen und sich stattdessen von seiner heiteren Seite zeigen.
Die Stimmung ist noch nicht bierzelttauglich, aber doch gesellig, als die dritte Runde gebracht wird. Für Herrmann ist es die letzte – er hat 0,3 Promille als Ziel angegeben, das sind umgerechnet immerhin zweieinhalb Halbe Bier. Wenn er fahre, trinke er gar nicht, sagt er, und es hört sich ein wenig nach Entschuldigung an. „Hat Fahrer, trinkt schon gut bei Veranstaltungen“, ergänzt die Bedienung leise. Wieder und wieder muss Herrmann mit gut gelaunten Probanden prosten, noch zwei, drei Runden, so scheint es, und sie werden ihren Minister in den kameradschaftlichen Schwitzkasten nehmen.
Abschreckung sieht anders aus
Runde vier. Herrmann scheint nüchterner als alle anderen hier, aber die für bayerische Politiker typische Silbenüberbetonung lässt ihn ein wenig angeschickert wirken. „Jetzt schau-en wir mal, wie sich die Leu-te füh-len.“ Die Autofahrer pusten schon ins Röhrchen, während für die Ehrgeizigen am Tisch die Zeit abläuft. Eine Presshalbe als ultima ratio. Die Frau zu Rechten findet den Weißwein zu warm – als wäre sie zum Spaß hier. Der Mann zur Linken hat ebenfalls die 1,1-Grenze im Blick, muss aber, da stämmiger, 6,5 Halbe Bier trinken. Man glaube ja gar nicht, wie viel man trinken müsse, um diesen oder jenen Wert zu erreichen, lautet der überraschende Konsens der Gespräche. Abschreckung sieht anders aus.
Das fünfte Glas kommt. Gilg gibt mittlerweile Tipps, wie man beim Atemalkoholtest schwindeln kann: „Wer davor hyperventiliert, verringert seinen gemessenen Promillewert um 30 Prozent.“ Hermann bläst schon ins Röhrchen: 0,34. „Dabei habe ich nur zwei Halbe ge-trunk-en.“
1,17 Promille
Die ersten Probanden essen schon Schnitzel mit Kartoffelsalat, als die Bedienung das sechste Bier auf den Tisch stellt, eine halbe Halbe. Nach dem letzten Schluck wird das Röhrchen gereicht. 1,17 Promille. Beim Eintragen des Werts in den Notizblock fällt auf, dass die Schrift immer undeutlicher wurde. Als Daumenkino benutzt, zeigt der Block den geistigen Absturz eines Versuchskaninchens.
Der Gedanke an 1,54, also an weiteres Bier, ist am Ende unerträglich. So stellt man sich immer noch die Frage, wie Frau Käßmann damals noch fahren konnte. Es ist also nicht mehr nur eine Frage nach der Moral, sondern nach der Fähigkeit. Oder, wie Gilg noch sagt: „Bei dem Wert kann man normalerweise nicht mal mehr auf ein Radl steigen.“ Man will ihm nach diesem Abend Glauben schenken.
http://www.faz.net/s/Rub8E1390D3396F422 ... endestages
Was mich wundert ist folgendes: Die Käßmann hatte einen männlichen Begleiter im Auto. Wer hat die Autotür aufgeschlossen? Konnte die Käßmann das selbst noch (ich würde das Schlüsselloch nicht mehr finden), oder hat es ihr männlicher Begleiter getan, welcher sich dann auf den Beifahrersitz gesetzt hat? Ist doch wohl eine interessante Frage oder nicht?