Islam & Christentum – was gleich ist?

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Josef
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Josef »

Jetzt mal hier aktuell ...

Also BEVOR ich hier im Forum gelandet bin (Denkprozeß ?) wär ich ganz sicher gegen den Vorschlag von Frau Özkan gewesen, Kruzifixe aus den Schulen zu entfernen.
Bei genauen hinsehen hat sie aber auch gesagt, Kopftücher hätten in einer Schule genausowenig zu suchen.

Nun -
heute gebe ich Ihr in BEIDEN Punkten - gleichzeitig und miteinander verbunden - voll Recht.

>> Strikte Trennung von Staat und Kirche / Religionsgemeinschaften !!!
Die heilige (Scheinheilige) kath. Kirche als größter privater Grundstücksbesitzer in D braucht seine Einkünfte und Vermögenswerte dem Staat NICHT mitzuteilen UND bezahlt keine Grundstücksteuer.
>>>>>>>>>>>> Dies ist für mich ein Skandal unerhörten Ausmaßes !

Mitbürger, die größtenteils unverschuldet zu Hartzern geworden sind, müssen - mal ETWAS übertrieben - die Kommunionsgeschenke beim Grusiamt angeben und - soweit sie über Eigentum verfügen , Grundstücksteuer zahlen. Ohne Diskussion.

Dieses Land besteht nur noch aus Lügen. Schulden, Politgangstern und Heuchlern .... so scheint es . :evil:
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niels
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von niels »

ja,
ich finde die gestrigen e heutigen Reaktionen auf diese Forderung der CDU-Politikerin "erstaunlich". Während sich hohe CDU-Funktionäre lauthals bemühen, die Forderung nach einer weltanschaulich neutralen Schule (denn darum geht es ja m.E.) als "Unsinn" abzustempeln um sich davon nach allen Kräften zu distanzieren, findet man in der Presse weithin großen Zuspruch für die Forderung wie die Politikerin.

Gut gefallen hat mir das hamburger Abendblatt mit etwas wie (nicht wortgenau): "...Da wollte die CDU mit der Nominierung der Politikerin zeigen, das sie 'frischen Wind' in die Partei bringen wolle. Nun zeigt sich diese Maßnahme schon jetzt als heikles Manöver, denn wer frischen Wind haben will, muß auch lüften wollen..."...

Stattdessen versucht sich CDU Guru Christian Wulf in kräftigen Ruderschlägen rückwärts: "die Kreuze in Niedersachsens Schulen bleiben hängen. Sie sind ein Zeichen der Toleranz".

Ja Herr Wulf, dann möchte ich aber auch sehen, wie man neben die Kreuze das Zeichen Allah's, nen Buddha, Bilder von Shiva sowie das Symbol der Dianetiker aufhängt (vieleicht auch noch Marx, Lenin und Hitler...) - denn DAS wäre dann wirklich annähernd DIE Toleranz, wie Sie sie uns als solche verkaufen wollen...

Immerhin, wer sich einmal genauer mit den Landesgesetzen zum Thema innere Sicherheit und Polizeigesetze - oder auch den Äußerungen des niedersächsischen Innenministers - beschäftigt, wird sich wundern was so unter dem "Schutz" unseres Grundgesetzes doch so alles möglich ist und wie (wenig) weit Toleranz reichen kann - und das ganz ohne Freisstaat...
Josef
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Josef »

Recht so !

Nur den "Föhrer" möcht ich da (ist schon im Fernsehen mehr als nur STÄNDIG überpräsentiert !/ Erb - und Kollektivschuld ...) bestimmt nicht sehen .
Liborius
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Liborius »

Der Frau Özkan als Juristin ist vorzuwerfen, dass sie die Grundsatzurteile des BVerG zur Kruzifix- und zur Kopftuchfrage nicht verstanden hat oder nicht akzeptieren will.
Der Staat ist zur Neutralität durch Selbstrestriktion verpflichtet, wonach der Staat im Sinne der Kriterien nicht selbst eine weltanschauliche Position beziehen darf, wie es sonst ein Bürger als Grundrechtsträger tut. Das war der Grundtenor für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der bayerischen Staatsverfassung, nicht für das allgemeines Kruzifixverbot, sondern lediglich die Anordnung des bayerischen Staates ein solches aufzuhängen.
Im Fall des Kopftuchstreites um die Frau Ludin stellte das BVerG fest, dieses Verbot sei rechtens aber nur unter der Prämisse, dass der Staat ein Verbot im gesetzgeberischen Verfahren formuliert.
Ansonsten ist der Staat der Neutralität durch Pluralität verpflichtet, wonach der Staat das Nebeneinander der Religionen im Lichte einer toleranten und gegenseitigen Akzeptanz dulden und fördern soll.

Was wollte nun die Frau Özkan mit ihren Äusserungen erreichen? Sich zur aktuellen Rechtslage äussern? Das ging aber prächtig nach hinten los, da sie absolut keine Hinweise gab wie die höchstrichterliche Rechtsprechung verändert werden sollte.
Josef
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Josef »

Natürlich
wird vor allem die heilige katholische Kirche samt Unterstützern, Helfern und Nutznießern ALLES aber wirklich auch alles ( das volle Programm ) tun, um Ihre Machtposition und Ihre SUPERprivilegien ^^ erhalten zu können. > Das düfte wohl glasklar sein !
Ein Pabst, der VIELEICHT nicht ganz so wollte, wie die drahtziehenden Hintermänner es wünschten - überlebte nur ganze 33 Tage. Ja - das ist noch garnicht lange her ...
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niels
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von niels »

@Liborius:

Ich möchte die betr. Urteile des BVerG nicht im Detail bewerten - dazu fehlt mir wohl auch das nötige juristische Wissen.

Aber unter "Toleranz" und vor allem "Neutralität" verstehe ich, das in einer (gem. Verwaltungsrecht) öffentlichen Einrichtung religiöse Symbole wie Bekenntnisse nichts zu suchen haben - so wie auch Rauchen in öffentlichen Einrichtungen - mit der Rücksicht auf Nichtraucher - verboten ist.

Das selbe gilt m.E. für Rathäuser wie auch öffentliche Toiletten...

Wollte eine zur "weltanschaulichen Neutralität" verpflichtete Schule / öffentliche Einrichtung - die ein Kreuz in den Einrichtungsräumen aufhängt - tatsächlich "weltanschaulich neutral" sein, müsste sie - sozusagen "zum Ausgleich" - auch die Glaubenssymbole aller denkbaren wie vorhandenen Glaubensformen unter Schüler- wie Lehrerschaft, aber auch nicht unter diesen vorhandenen Glaubensformen an aequivalent präsenter Stelle, in der selben Zahl und Größe aufhängen. Das ist quasi nicht realisierbar.

Ich finde die Diskussion aber schon heute überholt und bin überzeugt, das dieses Thema in spätestens ein paar Jahrzehnten keine Rolle mehr spielt, da weltanschauliche Neutralität des Staates wie seiner Einrichtungen selbstverständliche Basis einer modernen, offenen Gesellschaft ist. Leser in dieser Zukunft werden wohl eher schmunzelnd über den Presseartikeln und Debatten sitzen...

Ich finde es seltsam, wie gerade deutsche Christen die "christliche Tradition unserer Gesellschaft" quasi als selbstverständlich ansehen. Die Vielfalt der Weltanschauungen in unserem Land war und ist vielfältig - diversifiziert sogar stetig weiter. Mit welchem Recht oder Grund sollte man öffentlich gerade eine der vielen Gruppierungen oder Glaubensformen "herausstellen", zumal diese momentan stetig Mitglieder verliert - sich immer mehr Menschen von der Religion und/oder Kirche abwenden?

So bin ich auch erstaunt welch großen Zuspruch die ethnische Türkin und CDU-Mietglied medien- und parteienübergreifend (abgesehen von der eigenen "christlichen" Partei) mit ihrem Vorstoß erntet - auch wenn oder gerade weil es immer noch gegenteilige Stimmen gibt.

Deutschland ist bei Trennung von Staat und Kirche den meisten anderen Staaten klar hinterher - "christlich" wie "islamisch geprägte". So hat in den meisten Ländern ein Kreuz in der Schule ebensowenig zu suchen wie weltanschauliche Unterweisungen a la Religionsunterricht - dazu müssen viele der betroffenen Schüler halt - aus freien Stücken - ihren Nachmittag oder Abend - also nach der Schule - opfern.

Ich würde mein Kind nach Möglichkeit in keine Schule schicken, in der man Kreuze an die Wand hängt oder andere Glaubenssymbole (abgesehen von möglichen Schulprojekten in denen sowas temporär erfolgt). Das ich dazu wahrscheinlich umziehen muß, ist mir bereits bewusst.

In der Schule geht es um Wissen - nicht um Glauben - aber auch Erziehung. Eine weltanschaulich-neutrale Erziehung ist m.E. dort eingeschränkt, wo seitens der Schule (d.h. Schulleitung oder Lehrern/Erziehern) einschlägige, eindeutige religiöse Bekenntnisse erfolgen - z.B. in Fom von Kreuzen an der Wand oder islamisch-einschlägigen Kopftüchern auf dem Kopf von Lehrerinnen.
Heinrich5

Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zitat Liborius:
Was wollte nun die Frau Özkan mit ihren Äusserungen erreichen? Sich zur aktuellen Rechtslage äussern? Das ging aber prächtig nach hinten los, da sie absolut keine Hinweise gab wie die höchstrichterliche Rechtsprechung verändert werden sollte.
Um es gleich vorwegzunehmen: Die Äußerungen von Aygün Özkan stehen in völliger Übereinstimmung mit der Rechtslage.

Sie ist gegen Parallelgesellschaften in städtischen Gettos und wird wütend, wenn speziell türkische Jugendliche die Angebote nicht annehmen, die man ihnen macht. Sie findet dass Kopftücher nichts in der Schule verloren haben. Mit anderen Worten: Sie legt exakt die Haltung an den Tag, die man sich in einer christlichen Partei für seine Migrationspolitiker nur wünschen kann.

Auf die Frage nach den Kruzifixen antwortete. Özkan: Wo die Kopftücher keinen Platz haben, haben die Kreuze auch keinen, also Schule in Sachen Religion neutral zu bleiben habe. Das gelte auch für den Gebrauch christlicher Symbole. Nun ist die Bundesrepublik kein laizistischer Staat wie Frankreich oder die Türkei.

Das Grundgesetz geht im Prinzip davon aus, dass die Religion (nicht nur das Christentum) eine positive Wirkung auf das Leben der Gemeinschaft hat. (eigentlich müsste es heißen „haben sollte“) Die Realität sieht ja leider anders aus wie die jüngsten Missbrauchskandale der katholischen Kirche immer noch unter Beweis stellen. Von einer positiven Wirkung auf die Gesellschaft kann keine rede mehr sein.

Das „Kruzifix-Urteil“ von 1995 erklärt, dass die Anbringung eines Kruzifixes dort, wo der Einzelne nicht ausweichen kann, in „Unterrichtsräumen einer staatlichen Pflichtschule, die keine Bekenntnisschule ist, gegen den Artikel 4 Abs. 1 des Grundgesetzes verstößt“.
Frau Özkan befindet sich also in schönster Eintracht mit dem Bundesverfassungsgericht – und erfüllt die Forderung, die ein Kernthema der Islam-Konferenz war: Stellt das Grundgesetz über die Gebote eurer Religion.
Im CDU-Parteiprogramm steht leider etwas etwas anderes.

Es zeigt sich dass es der CDU als letzter verbliebener Volkspartei nicht ganz leichtfällt, Partei- und Staatsämter auseinanderzuhalten.
Aber die weltanschauliche Neutralität gehört für den Staat der Bundesrepublik ebenso zum guten Ton wie die religiöse.

Frau Özkan bringt als Volkswirtschaftlerin und aufgeklärte Muslima beste Voraussetzungen mit, die folgenden Themen anzugehen. Das ist ihre Aufgabe, nicht die Proklamation des CDU-Parteiprogramms

1. Wie wirbt man unter Muslimen für die Gleichberechtigung von Mann und Frau?
2. Wie schafft man es, dass alle Mädchen an der Klassenfahrt teilnehmen, ohne dass sich die Eltern bedroht fühlen?
3. Mit wem kann man über die Ausbildung von Imamen reden, ohne die falschen Leute mit politischer Legitimation aufzuwerten?
4. Und wie bekommt man die vielen muslimischen Jugendliche von der Straße in die Ausbildungsbetriebe?


Welche Sprengkraft in dem Thema Kreuz und öffentlicher Raum liegt, weiß die Union spätestens seit 1995. Damals kippte das Bundesverfassungsgericht die bayerische Volksschulordnung die Kruzifixe oder Kreuze in Klassenzimmern vorschrieb. Nicht nur die Kirchen schäumten, sondern auch die CSU.
Ihr Landtagsabgeordneter Sepp Ranner drohte den Verfassungsrichtern an, sie „mit dem Dreschflegel“ zu empfangen, wenn sie kämen, um Kreuze abnehmen.
Das geschah nicht. In der Praxis werden Kreuze aus Klassenräumen heute nur entfernt, wenn eine Beschwerde vorliegt. Die kommt in der Regel nicht von Schülern oder Eltern, welche sich das gerade in Bayern selbst nicht trauen, sondern von atheistischen Lehrern.
In Italien erschütterte ein weiteres Kruzifix-Urteil im vergangenen November den Schulfrieden: Der Europäische Gerichtshof sprach einer aus Finnland stammenden Klägerin 5.000 Euro Schadenersatz zu, weil ihre Kinder in einer Schule unterrichtet worden waren, in der es christliche Symbole gab. Italien ohne Kreuze? Die europäische Christdemokratie erbebte.
Liborius
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Liborius »

@Heinrich5

Das BVerG stellte im Kruzifix-Urteil fest, dass eine Anordnung in der bayerischen landesverfassung Kruzifixe in den Klassenräumen öffentlicher Schulen aufzuhängen nicht mit dem GG vereinbar ist. In den Detailausführungen stellte das BVerG fest das hier das Neutralitätsprinzip des Staates verletzt wurde. Es geht also nicht darum Kruzifixe aus den Schulen zu verbannen, sondern der Staat darf weder anordnen noch verbieten.
Dieser feine Unterschied zwischen höchstrichterlichen Auffassung und polemisches Pressegeschrei sollte einer Juristin geläufig sein.
Das Kopftuchurteil der muslimischen Lehrerin Ludin hält sich strikt an diesen Rechtstenor. Der Staat soll nicht einfach Religionssymbole verbieten, sondern eine Kleiderordnung für Beschäftigte in den Schulen festlegen.
Hier hat sich die Juristin Özkan ebenfalls ungenau ausgedrückt. Meinte sie ein Kopftuchverbot für muslimische Schülerinnen oder nur eines für Lehrerinnen?
Erwartungen für bessere Integration besonders der türkischstämmigen Jugendlichen an die Ministerin Özkan sind hoch, deshalb sollte man sie auch erst einmal gewähren lassen. Vielleicht macht sie ja einen schnellen Lernprozess durch, denn als Vertreterin des Staates sollte sie die Gefühle und Interessen aller Bürger im Auge behalten und nicht nur einer Bevölkerungsschicht.
Heinrich5

Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

@ Liborius
Dieser feine Unterschied zwischen höchstrichterlichen Auffassung und polemisches Pressegeschrei sollte einer Juristin geläufig sein.
Wieso ist Aygül Özkan für "polemisches Pressegeschrei" verantwortlich? Hat die Presse hier nicht sogar Recht? Und wieso steht ihre Aussage in Widerspruch zu "höchstrichterlichen" Auffassungen?

Kruzifix-Beschluss (umgangssprachlich auch Kruzifix-Urteil) wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Mai 1995 genannt, mit der Teile der Bayerischen Volksschulordnung von 1983 für verfassungswidrig und nichtig erklärt wurden, nach denen in jedem Klassenzimmer der Volksschulen in Bayern ein Kruzifix oder zumindest ein Kreuz anzubringen war.
Der Kruzifix-Beschluss ist eine bedeutsame Entscheidung zum Verhältnis von Religion und Staat in Deutschland.
Seit 3. November 2009 wird auch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als "Kruzifix-Urteil" bezeichnet, mit der Italien verurteilt wurde, einer aus Finnland stammenden Klägerin eine Entschädigung zu zahlen, weil Kruzifixe in der Schule ihrer Kinder nicht entfernt worden waren. (Siehe hierzu auch: Kruzifix in Italien)
Beschwerdeführend waren drei Schüler sowie deren Eltern, die Anhänger der anthroposophischen Weltanschauung und gegen eine christliche Einwirkung auf ihre Kinder durch die Kruzifixe waren.

Das Gericht sah die durch das Grundgesetz uneingeschränkt gewährte Religions- und Glaubensfreiheit der Schüler aus Art. 4 GG verletzt, hier die sog. negative Glaubensfreiheit. In diese dürfe der einfache (Landes-)Gesetzgeber nicht im Rahmen sonst oft vorhandener Grundrechtsschranken eingreifen.

Darüber hinaus hob das Gericht hervor, dass der Staat nicht nur eine religiöse Neutralitätspflicht aus der Verfassung habe (Art. 4 GG und Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung). Er könne sich vielmehr nicht selbst auf Religionsfreiheit oder eine bestimmte Weltanschauung berufen (hier also die christliche), da ein Staat als solches weder einer Religion angehören, noch Grundrechte für sich in Anspruch nehmen kann.

Für die Rechtsentwicklung in Deutschland ist die Kruzifix-Entscheidung vor allem deshalb bedeutsam, weil das Verfassungsgericht konkretisierende Prinzipien für die Neutralitätspraxis in der Schule formulierte:
Neutralität durch Selbstrestriktion, wonach der Staat im Sinne der o.a. Kriterien nicht selbst eine weltanschauliche Position beziehen darf, wie es sonst ein Bürger als Grundrechtsträger tut,
Neutralität durch Pluralität, wonach der Staat das Nebeneinander der Religionen im Lichte einer toleranten und gegenseitigen Akzeptanz dulden und fördern soll, keine Neutralität durch Sterilität, wonach der Staat nicht völlig teilnahmslos den Weltanschauungen gegenüber steht oder etwa seinen Bediensteten jegliche religiöse Betätigung untersagt. (Dies ist in der späteren Kopftuch-Entscheidung im Ergebnis fortgeführt, jedoch in Details eingeschränkt worden).

Das christliche Kreuz ist kein lediglich kulturelles Symbol und kein überreligiöses Symbol für Humanität oder Barmherzigkeit. Es ist das Symbol einer spezifischen Religion.

Art. 4 GG schützt davor, dass der Bürger in einem staatlich geschaffenen Pflichtraum (Schulpflicht) dem Einfluss eines bestimmten Glaubens ausgesetzt wird, ohne sich diesem entziehen zu können.

Auch für Personen im Sonderrechtsverhältnis wie etwa Schüler gilt das Grundrecht der Religionsfreiheit uneingeschränkt.
Bei Kindern unter 14 Jahren, die sich nicht auf die Religionsfreiheit berufen können (vgl. § 5 RelKErzG), wird durch das „Kreuz in der Schule“ die Freiheit der Eltern verletzt, ihre Kinder im Sinne einer bestimmten Weltanschauung zu erziehen (Art. 6 Abs. 2 GG – Erziehungsfreiheit).
Die Religionsfreiheit der Schüler bzw. das Erziehungsrecht der Eltern untereinander ist zu einem „schonenden Ausgleich“ nach den Grundsätzen praktischer Konkordanz zu bringen.
Da ein solcher „schonender Ausgleich“ in diesem Fall nicht möglich ist und die Religionsanschauung einiger Schüler den anderen Schülern nicht aufgedrängt werden darf, verstoßen Kreuze in Schulen, die keine Bekenntnisschulen sind, grundsätzlich gegen das Grundgesetz.

Der Kruzifix-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1995, der am 10. August 1995 veröffentlicht wurde[, blieb bis heute weitgehend ohne praktische Folgen. Nach dem Willen der bayerischen Regierung soll das Kreuz im Klassenzimmer weiterhin der Regelfall bleiben. Nur in speziellen begründeten "atypischen Ausnahmefällen" soll es auf einzelne Klagen hin abgehängt werden. Nachdem § 13 Abs. 1 Satz 3 der Schulordnung für die Volksschulen in Bayern für nichtig erklärt wurde, hat die bayerische Regierung am 23. Dezember 1995 (GVBl. 850) ein neues Gesetz in das Bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz Artikel 7 Absatz 3 eingefügt. Satz 1 lautet: "Angesichts der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns wird in jedem Klassenraum ein Kreuz angebracht."

Popularklagen gegen dieses Gesetz hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof am 1. August 1997 zurückgewiesen mit der Begründung, dass kein Verstoß gegen die Bayerische Verfassung vorliege, weil im Gesetz eine Konfliktlösung vorgesehen ist.
Das Bundesverfassungsgericht hat Verfassungsbeschwerden gegen diese Entscheidung nicht zur Entscheidung angenommen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass sich für Andersdenkende eine zumutbare und nichtdiskriminierende Ausweichmöglichkeit ergibt, wenn die Anforderungen an die Begründung des Widerspruchs nicht überzogen werden.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat am 2. Januar 2002 entschieden, dass der Freistaat Bayern verpflichtet ist, in den Klassenzimmern, in denen der klagende Lehrer unterrichtet, das Kreuz abzunehmen (3 B 98.563). Das Gericht hat diese Sache als atypischen Einzelfall bewertet.
In einem anderen Fall wies das Verwaltungsgericht Augsburg am 14. August 2008 die Klage eines atheistischen Lehrers ab, der das Abhängen der Kreuze in den Klassenräumen, in denen er unterrichtet, beantragte (Au 2 K 07.347). Das Gericht war nicht überzeugt, dass der Lehrer durch das Kreuz im Klassenraum eine schwerwiegende seelische Belastung erleide, die eine Ausnahme rechtfertige.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kruzifix-Beschluss

Zitat Liborius:
Der Staat soll nicht einfach Religionssymbole verbieten, sondern eine Kleiderordnung für Beschäftigte in den Schulen festlegen. Hier hat sich die Juristin Özkan ebenfalls ungenau ausgedrückt. Meinte sie ein Kopftuchverbot für muslimische Schülerinnen oder nur eines für Lehrerinnen?
Auf die Frage nach den Kruzifixen antwortete Özkan: Wo die Kopftücher keinen Platz haben, haben die Kreuze auch keinen, also Schule in Sachen Religion neutral zu bleiben habe. Das gelte auch für den Gebrauch christlicher Symbole. Damit hat sie sich doch klar ausgedrückt. Von einer Kleiderordnung war keine Rede.

Noch einmal aus dem "höchstrichterlichem" Urteil:
......da die Religionsanschauung einiger Schüler den anderen Schülern nicht aufgedrängt werden darf, verstoßen Kreuze in Schulen, die keine Bekenntnisschulen sind, grundsätzlich gegen das Grundgesetz.
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von niels »

Das BVerG stellte im Kruzifix-Urteil fest, dass eine Anordnung in der bayerischen landesverfassung Kruzifixe in den Klassenräumen öffentlicher Schulen aufzuhängen nicht mit dem GG vereinbar ist.

Ja, genau...
In den Detailausführungen stellte das BVerG fest das hier das Neutralitätsprinzip des Staates verletzt wurde. Es geht also nicht darum Kruzifixe aus den Schulen zu verbannen, sondern der Staat darf weder anordnen noch verbieten.
Das ist richtig, denn der Staat - in dem Fall die bayrische Landesverwaltung - hat weder die betreffenden Befugnisse noch darf er derartige Anordnungen treffen.
Dieser feine Unterschied zwischen höchstrichterlichen Auffassung und polemisches Pressegeschrei sollte einer Juristin geläufig sein.
Nun,
nicht jedem "Normalbürger" sind die prozessualen wie juristischen Formalien geläufig (auch mir nicht immer bis ins Detail), aber Deine Schlußfolgerung (das es z.B. das Recht der Schulen oder Lehrer - oder wem auch immer - ist, Glaubenssymbole aufzuhängen) wäre demnach ebenso falsch, denn damit hat sich das Gericht Deinem Zitat nach in diesem Fall gar nicht beschäftigt - ja nicht mal beschäftigen müssen, da juristisch für den fall irrelevant (dafür aber eine Reihe anderer Fälle wie Gerichte...).

Demnach kann ich nicht nachvollziehen, warum eine Politikerin mit ihrer Forderung auch nicht einschlägige wie unzutreffende Urteile "kennen" und/oder "missdeuten" sollte...

Ich finde es aber interessant, wie manch Interessengruppe im Lande mit manch mißinterpretiertem und auf die eigene Sichtweise "verbogen" Urteil hausieren und argumentieren geht - wohl in der Hoffung die Zielgruppe verfüge ncht über den rechtswissenschaftlichen Background...

Ein christliches Kreuz hat in einer staatlichen (und damit neutralitätsverpflichteten) Schule ebensowenig zu suchen wie christlicher oder islamischer Religionsunterricht - aber soweit ist Deutschland heute wohl noch lange nicht. Da agieren wir auf der selben Ebene wie Saudi Arabien, Iran oder ähnliche "Knaller"...
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