Kirche verlangt Personaltausch bei Jenaer Telefonseelsorge

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niels
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Kirche verlangt Personaltausch bei Jenaer Telefonseelsorge

Ungelesener Beitrag von niels »

JENA. (fgw) Der Verein Telefonseelsorge Jena e.V. muß sich auf Druck der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands von seinem Leiter trennen. Alleiniger Grund für diesen ungeheuerlichen Vorgang, weil menschenrechtsverletzend, ist diese Tatsache: Der Mann ist konfessionslos. Eine Nachricht von Anfang Mai in der Thüringer Presse gab Anlaß zu den nachfolgenden Überlegungen.

http://www.freigeist-weimar.de/beitrags ... seelsorge/

Da frage ich mich: Warum müssen unsere deutschen (und österreichischen) Telefonseelsorgeangebote in der Hand christlicher Kirchen liegen?

Doch sicher nicht, weil sich "kein anderer findet", wie in Deutschland so gern aus Richtung Kirche behauptet wird?

Hat hier unser Staat nicht den Auftrag, eine konfessionsneutrale Instanz sicherzustellen (wie dies in vielen anderen [auch europäischen] Ländern der Fall ist)?
Christel
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Re: Kirche verlangt Personaltausch bei Jenaer Telefonseelsor

Ungelesener Beitrag von Christel »

Laut Barbara Killat vom Referat Seelsorge im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland müssen sich alle Geschäftsstellen der bundesweiten Telefonseelsorge an die Regeln des Diakonischen Werkes als Träger halten. Dazu gehöre die Kirchen-Mitgliedschaft für Mitarbeiter. Fest stehe: Werden die Regeln nicht eingehalten, erfülle die Geschäftstelle nicht mehr die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Telefonseelsorge und könne weder diesen Titel führen noch finanzielle Unterstützung erhalten. "Der Trägerverein hat über die Neubesetzung der Stelle eigenmächtig entschieden", sagt sie.
http://www.otz.de/startseite/detail/-/s ... -924934189
niels hat geschrieben:Hat hier unser Staat nicht den Auftrag, eine konfessionsneutrale Instanz sicherzustellen (wie dies in vielen anderen [auch europäischen] Ländern der Fall ist)?
Wieso der Staat und von meinen Steuergeldern?

Wenn die Freidenker…, was Eigenes wollen, können sie es sicher unter denselben Bedingungen einrichten und finanzieren.
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niels
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Re: Kirche verlangt Personaltausch bei Jenaer Telefonseelsor

Ungelesener Beitrag von niels »

nun,
moderne Staaten wie internationale Gremien und DAchverbände verstehen das Angebot von "Telefonseelsorge" als ein Angebot für alle Bürger zur Krisenbewältigung und der Suizidprävention betrachtet und als solches betrieben - d.h. als konfessionsfreies bzw. übergreifendes Beratungsangebot für alle Bürger (siehe z.B. Wikipedia).

Die Telefonseelsorge wird i.d.R. von Ehrenamtlichen über gemeinnützige Vereine betrieben - ebenso wie Kindersorgentelefon, Suchtnotrufe usw..

Die Staaten stützen dieses Prinzip auf organisatorische wie - in einzelnen Fällen und in geringem Umfang - auch finanzielle Weise. In Deutschland erhalten diese Angebote ebenfalls Unterstützung aus Staat und Wirtschaft - so übernimmt die Deutsche Telekom die Verbindungsentgelte für Anrufende wie die Gebühren für die Hotlinebetreiber und die Diakonie ist (wie auch die Caritas) dafür bekannt, sich quasi jedwede Dienstleistung recht ansehnlich vergüten zu lassen - ob unmittelbar oder mittelbar - ob vom Staat, öffentlichen Kassen, Kommunen oder den Bürgern selbst.

Der internationale Dachverband IFOTES hat eine Reihe an "internationalen Grundsätzen" definiert, die u.a. vorgeben, das die Beratung allen Bürgern offenstehen soll und "unabhängig von Konfession oder Weltanschauung, Nationalität oder Geschlecht". Ebenso auch, das die Beratungsangebote regelmäßig per Supervision durch ausgebildete Fachleute (Sozialarbeiter, Psychologen usw.).

Wenn die Diakonie hier eine konfessionelle Bindung vorgibt, dann halte ich es für wichtig, das dies so auch in die Öffentlichkeit - d.h. an die potentiellen "Nutzer" kommuniziert wird - also z.B. per Bezeichnung "Telefonseelsorge der christlichen bzw. evangelischen Kirche(n)" oder "christliche Telefonseelsorge" - ev. auch "Telefonseelsorge der Diakonie - christlicher Träger".

Übrigens zeigt das Beispiel einmal mehr, die unseren rechtsstaalichen Prinzipien widersprechenden Charakter kirchlicher Organisationen oder KödRs - wo sonst darf ein Arbeitgeber jemandem kündigen oder den Arbeitsvertrag verweigern, weil er einer bestimmten oder keinen Konfession angehört (zumal das Beratungsangebot ja angeblich konfessionsneutral erfolgen soll - so behaupten das auch die deutschen, öffentlichen Telefonseelsorgen - mangelnde Qualifikation ist also auch kein tragendes Argument)?

Das IST Diskriminierung erster Güte - und das sehen übrigens auch internationale Menschenrechtsorganisationen so und argumentieren dies u.a. auch in ihren jährlichen Berichten. Aber soviel Menschenrecht ist da womöglich auch manch Deutschem schlicht "zuviel des Guten"...
Christel
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Re: Kirche verlangt Personaltausch bei Jenaer Telefonseelsor

Ungelesener Beitrag von Christel »

Lieber Niels, allein beim Begriff „Telefonseelsorge“ gehe ich von einem kirchlichen Angebot aus.
Das Impressum der Innenseite http://www.telefonseelsorge.de/?q=node/1 zeigt dass es so ist.
Entstanden ist sie innerhalb der evangelischen Kirche:
Geschichte der Telefonseelsorge
Die Idee einer Telefonseelsorge entstand zuerst in protestantischen Pfarrhäusern: 1892 erstmals in New York und dann 1953 in London wurden Pfarrer auf die steigende Zahl von Suizidversuchen und Selbsttötungen in ihren Großstädten aufmerksam. Sie boten ihre Telefonnummern in Zeitungsinseraten an, um diesen Menschen noch ein Gespräch, ein menschliches Ohr, ein Angebot zur Hilfe in ihrer Verzweiflung geben zu können. http://de.wikipedia.org/wiki/Telefonseelsorge
niels hat geschrieben:als ein Angebot für alle Bürger zur Krisenbewältigung und der Suizidprävention betrachtet und als solches betrieben
Ja natürlich. Das ist es auch! - Es ist ein Angebot für jeden, egal welcher Weltanschuung!
Das heißt nicht, dass die Betreiber konfessionsfrei sind. - Das behauptet niemand!

Ich gehe davon aus, dass nicht alle der 7.000 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer der beiden Konfessionen angehören. – Bei der Besetzung von Spitzenpositionen sehe ich es nicht als verkehrt an, wenn auf Konfessionszugehörigkeit geachtet wird. Wo Kirche drauf steht sollte auch Kirche drin sein. Ansonsten wäre es Etikettenschwindel.

Hätte z.B. die Giordano-Bruno-Stiftung ähnliches, sie würde in die Leitungsspitze auch keine bekennende und praktizierende Katholikin setzen, oder?
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Re: Kirche verlangt Personaltausch bei Jenaer Telefonseelsor

Ungelesener Beitrag von niels »

Giordano Bruno Stiftung...Katholikin setzen.
Nun,
an die Spitze einer Stiftung wird man m.W. gewählt - allerdings ist Stiftungsrecht nicht gerade mein Steckenpferd...

Dennoch spricht weitaus mehr dafür als dagegen, das Organisationen wie die GBS zu besetzende Arbeitsplätze auch mit konfessionell gebundenen Arbeitnehmern besetzt, wenn diese für den jeweiligen Job (z.B. Bürokräfte, Sachbearbeiter, Reinigungskräfte/Hausmeister usw.) eine entsprechend geeignete oder gar bessere Qualifikation vorweisen können - so z.B. schon die Rechtslage.

Fraglich wäre wohl eher, ob sich ein streng gläubiger Katholik / Katholikin auf den Leitungs / Vorstandsposten bewerben würde - schon wegen seines / ihres dortigen Aufgabenfeldes (z.B. Vertreten der öffentlichen Positionen der Stiftung gem. Satzung usw.) - auf andere Jobs dagegen womöglich eher (z.B. Verwaltung, Technik, Experten usw.). K.A. wieviele Mitarbeiter die GBS ingesamt hält bzw. bezahlt - aber in vergeichbaren Gruppierungen sind mir aus dem Stand gleich einige Beispiele bekannt, wo auch Konfesionelle tätig sind (wenn womöglich meist auch weniger gläubig oder auch toleranter gegenüber ihrer ihnen obliegenden Tätigkeit als die Gruppierung zu wünschen "propagiert"). Übrigens sind - zumindest das weiß ich - einige GBS-Aktive selbst offiziell Kirchenmitglied oder Mitglied einer Religionsgruppierung - das würde auch niemand prüfen.

(Wer dagegen z.B. allein in der Bergschule Heiligenstadt eine Ausbildung für Sozialberufe machen möchte, muß in seiner Bewerbung eine Art "Führungszeugnis" seiner Heimatpfarrei vorweisen. Die Kirche entlässt (ganz offiziell) Angestellte wie z.B. Hausmeister, Sekretärinnen oder Sachbearbeiter, weil diese sich - wohlgemerkt in ihrem Privatleben (z.B. Ehe) - nicht religionskonform verhalten haben. Das ist höchstoffizielle, organisierte Diskriminierung - mit Siegel, Zeichen und Rechtscharakter.)

Dies ist ebenso üblich, wie auch viele Bürgerrechtsgruppierungen Menschen mit div. Arbeitsplätzen versehen, die nicht immer ihrer Meinung sind bzw. die Ziele dieser persönlich nicht inhaltlich vertreten - danach wurde in den mir bekannten Einstellungsgesprächen der mir bekannten Gruppierungen auch nie gefragt.

Ein wegen einer "falschen Konfession" abgelehnter Bewerber oder gar entlassener Arbeitnehmer könnte (Kirchen wie deren Suborganisationen usw. ausgenommen) problemlos klagen - bei besten Chancen darauf Recht zu bekommen.

Deshalb wird jeder seriöse Arbeitgeber heutzutage auch tunlichst vermeiden, auf Konfession oder Meinung abzielende Fragen in Bewerbungsgesprächen zu stellen.

Die Angabe der Konfession in Bewerbungsunterlagen ist afaik (aus gutem Grund) auch nicht mehr bindend bzw. durchweg üblich.

ja, das ist es auch.
Natürlich wird dies behauptet.

Dennoch frage ich mich, warum dann Nicht- oder "Alternativkonfessionelle" nicht gleichwertig für die Beratung geeignet sein sollen? Wozu dann diese Diskriminierung bei der Besetzung der Hotlines? Geht es hier nur einmal mehr darum, die eigenen - von der satzungsgemäßen Bestimmung der Telefonseelsorge abweichende / nicht gedeckten - Interessen der Religionsgruppierung zu füttern (deren Machtposition auszubauen) oder missionarische Potentiale zu erschließen? Nicht? Warum dann?

Derartige quasi willkürliche Präferenzen dürfte sich sonst kein gemeinnütziger Verein herausnehmen und auch nicht in seine Satzung schreiben.
Christel
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Re: Kirche verlangt Personaltausch bei Jenaer Telefonseelsor

Ungelesener Beitrag von Christel »

Auf der Internetseite der Telefonseelsorge finde ich folgende Adressen:

Evangelische Konferenz für TelefonSeelsorge und Offene Tür e.V.
Reichensteiner Weg 24
D-14195 Berlin
Telefon: 030-83001-364
Fax: 030-83001-780
E-Mail: telefonseelsorge@diakonie.de

atholische Konferenz für TelefonSeelsorge und Offene Tür
Kaiserstraße 161
D-53113 Bonn
Telefon: 0228-103-333
Fax: 0228-103-334
E-Mail: telefonseelsorge@dbk.de

Für mich ein eindeutig konfessionelles Angebot.

Die Meldung bestand in dieser Aussage (Unterstreichung von mir):
Der Verein Telefonseelsorge Jena muss auf Druck der Evangelischen Kirche seinen neuen Leiter austauschen, weil er konfessionslos ist.
Damit steht fest, dass ein Konfessionsloser in eine Spitzenposition dieser Organisation kam. Er wird wohl kaum der einzige Konfessionslose Mitarbeiter sein, in diesem für mich eindeutig christlich konfessionellem Angebot, natürlich für alle Hilfesuchenden.

Mehr kann aus meiner Sicht weder behauptet geschlussfolgert werden!

Wie Du weißt, genießen nicht nur Privatpersonen, sondern auch (Glaubens-)Gemeinschaften, einschließlich Organisationen wie die Telefonseelsorge „Schutz vor Diskriminierung“, auch vor privater Diskriminierung. Zwar läßt der Gesetzgeber einen weiten Raum wertender Meinungsäußerung zu, dennoch ist das kein Freibrief für irgendwelche Tatsachenbehauptungen.
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Re: Kirche verlangt Personaltausch bei Jenaer Telefonseelsor

Ungelesener Beitrag von niels »

ein eindeutig konfessionelles Angebot
Schade nur, das sich Deutschland als Staat keine öffentliche, konfessionell neutrale Telefonseelsorge "leisten" mag - wie dies für viele andere moderne Staaten selbstverständlich scheint. Demnach wird es Zeit den Wikipedia-Artikel zu ergänzen um "Mißverständnisse" zu vermeiden.
in eine Spitzenposition der Organisation kam
Ja, allerdings war dies - wie der Sachverhalt erkennen lässt - aus Sicht des konfessionellen Trägers ein "Fehler" gemacht worden. Man hat wohl dort nicht "gut genug aufgepasst" bzw. sah es wohl als selbstverständlich an, das nur konfessionell Gebundene eingestellt werden, was man ja nun nochmal eindeutig klarstellte. Die Vorstellung, das dies ein Beleg für die "Offenheit" in der Personalpolitik des kirchlichen Trägers sei, wäre weniger als scheinheilig.

Kleiner Tip an die Diakonie:
Ein pfarreiliches / kirchliches "Führungszeugnis", wie es z.B. die Bergschule "Heilige Elisabeth" in Heiligenstadt von Bewerbern auf eine Sozialausbildung fordert(e), hätte da wohl von vornherein Abhilfe leisten können...

Und, um auch das vorwegzunehmen, sie bietet auch keine Erklärung dafür, das nichtkonfessionelle Gruppierungen wie z.B. auch GBS konfessionell gebundene Personen beschäftigen. In den mir zumindest bekannten Personalentscheidungen in derartigen wie ähnlichen Vereinen / Organisationen stand allein die Qualifikation im Fokus - religiöse Zugehörigkeiten waren dabei weder ausschlaggebend noch überhaupt Thema.

Nicht zuletzt gibt schon die Rechtslage klar vor, das derartige Diskriminierungen für alle nichtreligiösen Unternehmen, Vereine usw. illegitim sind - auch in Deutschland...

Dennoch ändert dies nichts an der Tatsache, das der Rauswurf mangels Konfessionsangehörigkeit schlicht diskriminierend ist und in Deutschland lediglich durch eine Gesetzgebung legitimiert ist, dies explizit und seit Jahren von internationalen Menschenrechtsorganisationen als Diskriminierung und unakzeptabel brandmarkt - wie (bisher erfolglos) auf Abhilfe drängt.
Schutz vor Diskriminierung
Stelle ich das in Abrede? Nein!

Ich stelle lediglich fest, das hier m.E. eine weltanschauliche Diskriminierung in der Personalpolitik des kirchlichen Träger erfolgt, die als solche - d.h. in ihrer Praxis - auch von UN-nahen Organisationen als solche in ihren regelmäßigen Berichten bemängelt wird (kam übrigens auch in den Nachrichten des öffentlich/rechtlichen D-Radio...). Das diese in Deutschland momentan (durch das GG quasi "aushebelnde" zusätzliche Rechtsnormen) juristisch keine Diskriminierung darstellt, ist mir ebenfalls bekannt - und ich bemängele insbesondere auch diese Rechtslage. Wenn dies niemand bemängelt, wird sich auch nie etwas daran ändern (was mancheinem womöglich gelegen käme - dennoch faktisch eine höchst zweifelhafte Basis).

Leider bleibt meine Frage, WARUM die Telefonseelsorge ausschließlich "konfessionell passendes" Personal einstellt bzw. einstellen will, keine Antwort.

Was z.B. wäre, wenn Scientology Träger der Telefonseelsorge in Deutschland würde / wäre und dort ausschließlich eigene Kirchenmitglieder beschäftigen würde - eine derartige Kündigung aussprechen würden? Was gäbe das für einen ordentlichen Tumult und wohl auch neuerliche Legitimation für den Verfassungsschutz oder gar neue Verbotsforderungen durch CSU/CDU... Oder etwa nicht?
Christel
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Re: Kirche verlangt Personaltausch bei Jenaer Telefonseelsor

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Leider bleibt meine Frage, WARUM die Telefonseelsorge ausschließlich "konfessionell passendes" Personal einstellt bzw. einstellen will, keine Antwort.
Wenn dem so wäre, wie kommt es dann, dass ein Konfessionsloser Leiter der Jenaer Telefonseelsorge wurde?
Glaubst Du ernsthaft, dass der einzige versehentlich eingestellte Konfessionslose, es ausgerechnet versehentlich in eine solche Spitzenposition geschafft hätte?

Deine „Frage“ enthält eine Behauptung, die eindeutig falsch ist!
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Re: Kirche verlangt Personaltausch bei Jenaer Telefonseelsor

Ungelesener Beitrag von niels »

Dann stelle ich die Frage halt andersherum:
Warum sieht der Verein (prinzipbedingt bestehend aus seinen Mitgliedern) es als unakzeptabel, einen sich konfessionslos bekennenden Leiter beschäftigen zu wollen?

Warum widerspricht eine Kofinanzierung des Vereines durch die Kirche der Tatsache, das der Leiter konfessionslos sei oder vice versa? Derartig begründen die Vereinsmitglieder ja ihre Beschwerde.

(und - wenn ggf. auch ein eigenes Thema wert: Warum muß z.B. ein Bewerber auf eine soziale Berufsausbildung ein pfarreiliches Führungszeugnis vorlegen?)

Übrigens sehe ich in den "Seelsorgeeinrichtungen" wie auch der Telefonseelsorge ein gutes Stück weit öffentlich-rechtliche Einrichtung mit öffentlichem Auftrag. So sind u.a. diverse Behörden oder auch die Polizei i.d.R. angewiesen, Bürgern in sozialen Ausnahmesituationen (z.B. Tod eines Angehörigen) direkt an diese "Seelsorgeeinrichtungen" zu verweisen oder diese gar für den Bürger unmittelbar zu bestellen (und für deutsche Behörden gilt ja das Prinzip - kein Handeln ohne Gesetz...).
Christel
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Re: Kirche verlangt Personaltausch bei Jenaer Telefonseelsor

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Dann stelle ich die Frage halt andersherum:
Warum sieht der Verein (prinzipbedingt bestehend aus seinen Mitgliedern) es als unakzeptabel, einen sich konfessionslos bekennenden Leiter beschäftigen zu wollen?
Nun der Verein wohl nicht. Sie hatten ihn ja zum Leiter gewählt. – Offensichtlich ist die Telefonseelsorge Jena e.V. nicht selbständig. Sie müssen sich an die Richtlinien übergeordneter Organisationen halten. Das haben sie anscheinend nicht.
Warum widerspricht eine Kofinanzierung des Vereines durch die Kirche der Tatsache, das der Leiter konfessionslos sei oder vice versa? Derartig begründen die Vereinsmitglieder ja ihre Beschwerde.
Organisation
Eine starke Gemeinschaft
Die TelefonSeelsorge ist eine bundesweite Organisation. Rund 8.000 umfassend ausgebildete ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit vielseitigen Lebens- und Berufskompetenzen stehen Ratsuchenden in 105 TelefonSeelsorgestellen vor Ort zur Seite.
Der Name "TelefonSeelsorge" ist seit 1999 markenrechtlich geschützt. Inhaber der Marke sind die Ev. Konferenz für TelefonSeelsorge und Offene Tür e. V. und die Kath. Bundesarbeitsgemeinschaft für Beratung e. V.
Träger
Träger der TelefonSeelsorge sind die beiden christlichen Kirchen in Deutschland, die Evangelische Kirche (http://www.ekd.de; http://www.diakonie.de) und die Katholische Kirche (http://www.dbk.de).
http://www.telefonseelsorge.de/?q=node/7
Also ein bisschen mehr als nur Ko-Finanzierung. Und es geht um ein bisschen mehr als um einen kleinen Job, sondern vielmehr um die Leitung.

Ansonsten, sieh einfach mal ins AGG §20 „Zulässige unterschiedliche Behandlung“
Es gibt ein Selbstbestimmungsrecht von Religionsgemeinschaften einschließlich der ihnen zugeordneten Einrichtungen unabhängig von der Rechtsform. Demnach ist, so wie ich das sehe, eine Verletzung des Benachteiligungsverbots in diesem Fall nicht gegeben. - Keine Regel ohne Ausnahmen.

Ich selbst bin nicht bei der Kirche beschäftigt, war es auch nie. Daher kenne ich weder die Bedingungen bei der Diakonie (die hier Einspruch erhob), noch die der Caritas oder sonstiger Einrichtungen. Ich denke, es werden nicht ausschließlich Kirchenmitglieder beschäftigt. Sollen Stellen besetzt werden, ist erst mal eine fachliche Qualifikation notwendig. Ansonsten erwartet die Kirche, wie jeder Arbeitgeber (auch staatliche Stellen erwartet das) eine gewisse Loyalität.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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