Religion - Feind der Demokratie?

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niels
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Religion - Feind der Demokratie?

Ungelesener Beitrag von niels »

"Es kann in einem demokratischen Staat keine Religion geben"

So titulierte die WELT ein Interview über die "arabische Revolution":
http://www.zeit.de/2012/19/Interview-Sansal

Aber auch der "befreite" Irak steht vor scheinbar unüberwindlichen religiösen Problemen: Kommt die Demokratie, freut sich bereits heute die shiitische Bevölkerungsmehrheit dann auch den kukturellen wie gesetzlichen Ton angeben zu können.

Religionen sind evolutionsphysiologisch der Versuch einer Gruppe sich durch ideologische wie auch soziale Abgrenzung gegen Dritte in einer Gesellschaft temporär evolutionäre Vorteile über diese zu verschaffen. Das mag legitim sein, unterläuft jedoch aus der Sicht nicht weniger die demokratischen Prinzipien, die auf die offene und bewusste Verantwortung eines jeden Bürgers individuell setzt.
Christel
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Re: Religion - Feind der Demokratie?

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:"Es kann in einem demokratischen Staat keine Religion geben"

So titulierte die WELT ein Interview über die "arabische Revolution":
http://www.zeit.de/2012/19/Interview-Sansal
Nicht die Welt, sondern die ZEIT und sie schrieb im Gegensatz zu Deiner Aussage: >> "Es kann in einem religiösen Staat keine Demokratie geben." Ein Gespräch mit dem Schriftsteller Boualem Sansal<<
Nun, vielleicht bekehren sich ja eines Tages alle Menschen zum Atheismus. Aber so wie es heute aussieht, ist ein Staat ohne Religion schwerlich eine Demokratie.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
Heinrich5

Re: Religion - Feind der Demokratie?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Christel schrieb:
Aber so wie es heute aussieht, ist ein Staat ohne Religion schwerlich eine Demokratie.
Jeder soll nach seiner Fasson selig werden. Es wäre der Demokratie schon sehr geholfen, wenn Staat und Kirche tatsächlich getrennte Wege gehen würden. In Deutschland sind wir davon noch weit entfernt.
Christel
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Re: Religion - Feind der Demokratie?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Heinrich5 hat geschrieben:Jeder soll nach seiner Fasson selig werden.
Das setzt gegenseitigen Respekt und Toleranz voraus.

Wird der Andersgläubige, Anderdesdenkende jedoch permanent als irrational, demokratiefeindlich… herabgesetzt, dann klappt das wohl kaum.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
Heinrich5

Re: Religion - Feind der Demokratie?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Christel schrieb:
Aber so wie es heute aussieht, ist ein Staat ohne Religion schwerlich eine Demokratie.
Heinrich5 schrieb:
Es wäre der Demokratie schon sehr geholfen, wenn Staat und Kirche tatsächlich getrennte Wege gehen würden. In Deutschland sind wir davon noch weit entfernt.
Dass wir in Deutschland, was das gehen getrennter Wege angeht, noch weit davon entfernt sind, das hat auch die Piratenpartei erkannt.

Die Piratenpartei schreibt in ihrem Grundsatzprogramm:
"Die weltanschauliche Neutralität des Staates herzustellen, ist daher eine für die gedeihliche Entwicklung des Gemeinwesens notwendige Voraussetzung. Ein säkularer Staat erfordert die strikte Trennung von religiösen und staatlichen Belangen; finanzielle und strukturelle Privilegien einzelner Glaubensgemeinschaften, etwa im Rahmen finanzieller Alimentierung, bei der Übertragung von Aufgaben in staatlichen Institutionen und beim Betrieb von sozialen Einrichtungen, sind höchst fragwürdig und daher abzubauen. Im Sinne der Datensparsamkeit ist die Erfassung der Religionszugehörigkeit durch staatliche Stellen aufzuheben, ein staatlicher Einzug von Kirchenbeiträgen kann nicht gerechtfertigt werden."
In dieser Hinsicht ist die Piratenpartei m. E. eine sehr fortschrittliche Partei:
Trotz der von Verfassungswegen garantierten Religionsfreiheit ist das Staatswesen der Bundesrepublik nicht frei von religiöser (und weltlicher) Privilegierung der traditionellen christlichen Kirchen. Hier gibt es einen Widerspruch, der durch Immigration und religiöse Differenzierung in der Gesellschaft zu größeren Verwerfungen führen kann.
Die weltanschauliche Neutralität des Staates herzustellen, ist daher eine für die gedeihliche Entwicklung des Gemeinwesens notwendige Voraussetzung. Ein säkularer Staat erfordert die strikte Trennung von religiösen und staatlichen Belangen; finanzielle und strukturelle Privilegien einzelner Glaubensgemeinschaften, etwa im Rahmen finanzieller Alimentierung, bei der Übertragung von Aufgaben in staatlichen Institutionen und beim Betrieb von sozialen Einrichtungen, sind höchst fragwürdig und daher abzubauen. Im Sinne der Datensparsamkeit ist die Erfassung der Religionszugehörigkeit durch staatliche Stellen aufzuheben, ein staatlicher Einzug von Kirchenbeiträgen kann nicht gerechtfertigt werden.
Klarer kann man es nicht auf einen Punkt bringen. Die Piraten haben zumindest in diesem Punkt meine Sympathie.
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niels
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Re: Religion - Feind der Demokratie?

Ungelesener Beitrag von niels »

Leider istauch dieser Teil des Piratenprogrammes wohl eher heiße Luft, nachdem bereits bekannt geworden ist, das sich eine Mehrheit in der Parteispitze gegen "zuviel" Trennung stellt, ja sogar der Überzeugung ist, das man doch bereits genug erreicht habe, d.h. unter jenen, die selbst aktive wie zT höhere Kirchenmitglieder geoutet haben oder mussten.

So bleibt die in diversen Parteiprogrammen zu findende Forderung letztlich einmal mehr nette Makulatur.

Aus den aus Kirchlingen besetzten Parteiobrigkeiten aller Coleur (rot, grün, schwarz) - nahezu jede Parteielite ist eng und aktiv über kirchennahe oder kircheneigene Ämter und Organisationen mit diesen verknüpft - findet man lediglich noch aus der FDP-Spitze klare wie konkrete Forderungen bzgl.n der Trennung von Staat und Kirche:

http://www.theeuropean.de/andreas-puett ... in-der-fdp

http://mobil.zeit.de/politik/deutschlan ... chensteuer

Wenngleich die Aussichten auch dort nicht wirklich "rosig" sind, solange man als Kolaitionsminderheit agiert.

Dennoch halte ich den bereits nicht mehr ganz jungen Beschluß der FDP "freie Kirche in einem freien Staat" für lesens- wie bemerkenswert, da er zur Abwechslung mal wirklich konkrete Forderungen auf den Tisch bringt und - da bereits von 1976 - aufzeigt, das sich bis dato fast nichts geändert hat:

http://www.payer.de/religionskritik/FDP1974.htm
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