7% "Ethiksteuer"?

Diskussionen rund um Glaubensfragen

Moderatoren: niels, Kirche und Religionen

Forumsregeln
Glaube und Religion im Eichsfeld Wiki:
Religion im Eichsfeld
Kategorie: Religion im Eichsfeld
Kirchen im Eichsfeld
Christel
Senior- Mitglied
Beiträge: 4669
Registriert: Montag 22. Mai 2006, 19:55
PLZ: 99734

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

„namhafte Kirchenvertreter auf die glorreiche Idee, für jeden Nicht-Kirchensteuerzahler eine sog. "Ethiksteuer" i.H.v. 7% auf den Nettolohn einzuführen“

Hätte diese Aussage nicht sofort als Hoax erkannt werden müssen?

Sie wurde dennoch als echte Meldung hier eingestellt.
Ich hab sofort daran gezweifelt.

Nein, ich habe nicht gesucht! Ich stolperte zufällig über die Lösung.

Niels, darf ich fragen, wo und wie bist Du zu dieser Meldung gekommen?
Die Aussage „namhafte Kirchenvertreter“ kamen auf diese Idee, ist ja nun mal eindeutig falsch.

Grüße
Christel
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
niels
Site Admin
Beiträge: 2326
Registriert: Freitag 22. März 2002, 16:15
PLZ: 37075
voller Name: Niels Dettenbach
Wohnort: Göttingen
Kontaktdaten:

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von niels »

nein,
Denn Sie wurde in der Form so früh morgens von einem namhaften TV-Sender, der akkreditierte Journalisten beschäftigt und Mitglied in den relevanten Medienverbänden ist, in der offiziellen Nachrichtensendung "postuliert" - nicht von "irgendeiner" Website.

Falsch war dabei insbesondere die Höhe der angegebenen Steuerbemessung der sog. "Ethiksteuer" - es waren nicht "7% auf das Nettoeinkommen" sondern (ähnlicher der aktuellen Kirchenbesteuerung) ein Prozentsatz auf die Einkommensteuer.

Der Begriff "Kirchenvertreter wurde so nicht verwendet, stattdessen das Wort "Kirchenverbände" (demnach konnte man annehmen, das die Journalisten zumindest einzelne Verbände oder Vertreterzu dieser "Idee" befragt hatten - ob das der Fall war, kann ich schlecht nachvollziehen).

Die Meldung klingt nicht allzu abwegig, vergleicht man sie mit bisherigen "Ideen" oder Forderungen aus Kirchenkreisen. Das sich die Kirche - vor allem wenn's ums Geld oder Freiheitsrechte aller geht - gern auch in die Angelegenheiten Dritter einmischt, lässt sich anhand einiger Beispiele belegen.
Christel
Senior- Mitglied
Beiträge: 4669
Registriert: Montag 22. Mai 2006, 19:55
PLZ: 99734

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Also mündlich! Und dann wurde aus "Kirchenverbände" mehr, wie oft bei Mund zu Mund... - ein "Wirtschaftswissenschaftler" ist weder ein Kirchenverband noch ein Kirchenvertreter! - Bei Meldungen über die Kirchen(n) vertraue den Medien längst nicht mehr! Auch dies hier bestätigt, dass mein Mißtrauen berechtigt ist.

Ich stolperte zufällig beim Lesen im „Freigeisterhaus“, einem Diskussionsforum für Atheisten, Agnostiker und Freidenker, darüber. Hier wurde die Meldung korrekt wiedergegeben, auch mit Quellenangabe (Link):
Wer aus der Kirche austritt soll nach Meinung von Wirtschaftswissenschaftler Ulrich Blum mit einer Ethik-Steuer von bis zu sieben Prozent der Einkommensteuer bestraft werden. Um die Kirchenaustrittswelle zu drosseln und weil es auch Konfessionslose gebe, die seelsorgerische Hilfe in Anspruch nähmen.

http://www.rp-online.de/politik/deutsch ... 98831.html
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=29074

Da ich aus Kirchenkreisen nie Forderungen nach Änderung des Systems vernahm, bisher immer nur aus Nicht-Kirchenkreisen, hielt ich es für abwegig.
Ich halte die deutschen Bischöfe in der Regel auch für realistisch genug einzuschätzen, dass eine neue Regelung, wie immer sie aussieht, nicht unbedingt günstiger für die Kirchen ist.

Die katholische Kirche hat sich etwas anderes ausgedacht, was ich auch für sinnvoller halte:
Die Deutsche Bischofskonferenz hat erstmals eine Arbeitsstelle in Ostdeutschland gegründet. Die „Katholische Arbeitsstelle für missionarische Pastoral“ (KAMP) wird zum 1. Januar 2010 in Erfurt ihre Arbeit aufnehmen. Sie soll der Deutschen Bischofskonferenz und den einzelnen Bistümern zuarbeiten.

Aufgaben sind die Bearbeitung von Grundsatzfragen der missionarischen Seelsorge, die Beobachtung von Sekten, Weltanschauungsfragen und neureligiösen Bewegungen sowie die Internetseelsorge und beratung. Die Platzierung der Arbeitsstelle in Ostdeutschland ist bewusst gewählt: Sie zeigt, dass die katholische Kirche in Deutschland aus der räumlichen Nähe zur Minderheiten- und Diasporasituation heraus neue Konzepte entwickelt.
http://dbk.de/aktuell/meldungen/01875/

Interessant zum Thema Kirchensteuer fand ich dies:
Zu dem in Deutschland praktizierten Modell, wonach der Staat für die Kirchen gegen Entgelt die Kirchensteuer einzieht, gibt es Alternativen. In Italien und Spanien z. B. werden die Kirchen aus staatlichen Steuermitteln unterhalten. Steuerpflichtige können wählen, ob Teile ihrer Steuergelder der Kirche oder einer anderen Einrichtung zufließen sollen. Während z. B. in Italien alle drei Jahre der Prozentsatz an Lohn- beziehungsweise Einkommensteuer zwischen Staat und Kirche neu festgesetzt wird (z. Z. 0,08 %), erhält die Kirche in Spanien ihren Haushaltsmittelbedarf, der nicht durch das Kirchensteueraufkommen gedeckt ist, direkt vom Staat aus allgemeinen Steuergeldern.
Mehr: http://www.ekd.de/kirchenfinanzen/695.html
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
niels
Site Admin
Beiträge: 2326
Registriert: Freitag 22. März 2002, 16:15
PLZ: 37075
voller Name: Niels Dettenbach
Wohnort: Göttingen
Kontaktdaten:

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von niels »

Also mündlich
Ja,
das ist beim Rundfunk - für die, die es noch nicht wissen - so üblich.

Aber Du magst Recht haben - der von der Bildzeitung auf echtes Papier gedruckte Quark wird schon deshalb von vielen unkritisch geglaubt, weil es ja in großen Druckbuchstaben da steht... ;)
Und dann wurde aus "Kirchenverbände" mehr, wie oft bei Mund zu Mund... - ein "Wirtschaftswissenschaftler" ist weder ein Kirchenverband noch ein Kirchenvertreter! - Bei Meldungen über die Kirchen(n) vertraue den Medien längst nicht mehr! Auch dies hier bestätigt, dass mein Mißtrauen berechtigt ist.
Es steht Dir lt. Medienrecht frei, Dir die betr. Sendung bei SAT-1 zu beschaffen. Es steht Dir sogar frei, eine Gegendarstellung auf dem selben Kanal veröffentlichen zu lassen, soweit DU falsche Aussagen als solche belegen kannst.

Ich habe lediglich zitiert - zu einem Zeitnpunkt wo es noch keine weiteren / widersprüchlichen Informationen gab. Zur Fehlinformation habe ich mich bereits geäußert, demnach halte ich sicher nicht an der Fehlinformation fest. Ich hätte tatsächlich lieber sofort richtig zitiert, wenn ich richtige Informationen gehabt hätte.
Ostdeutschland ist bewusst gewählt: Sie zeigt, dass die katholische Kirche in Deutschland aus der räumlichen Nähe zur Minderheiten- und Diasporasituation heraus neue Konzepte entwickelt.
das ist nicht deren Ernst, oder? Seit wann gehören Ostdeutsche denn zu "Minderheiten"? Natürlich platziert die Kirche gern Insititutionen besonders gern dort, wo es relativ wenige Anhänger gibt, denn dort ist das Potential für Aquise neuer Mitglieder besonders hoch bzw. besonders effizient.

Tatsächlich ist es doch so, das in nicht wenigen kirchlich betriebenen Einrichtungen bei Bewerbern auf allen Ebenen (vom Abitur über die Berufsausbildung bis hin zu Anstellungen) diejenigen bevorzugt werden, die bereits "kirchlich-religiös" sind bzw. sich dazu bekennen (im Eichsfeld gibt es dazu jedenfalls einige Beispiele). In einer Gegend mit wenig Wirtschaftspotential, wo Arbeitsplätze rar sind, fällt es einem, der von einer neuen Sekte einen ob angeboten bekommt, oft merklich leichter sich zu dieser zu bekennen. Ähnliche Erfahrungen / Konzepte hat man ja aus Drittweltländern, wo heute fast alle Durchgefütterten brav mitbeten... In einigen Einrichtungen für Arme gibt es sogar nur etwas zu essen, wenn man vorher die "dazugehörige" Messe besucht hat. Das wird zwar offiziell nicht gesagt, aber praktisch so "gehandhabt".

Der Islam macht es übrigens ähnlich: Der rote Halbmond (eine Art "islamische Version" des Roten Kreuzes) versiucht auf ähnliche Weise in Ländern wie Pakistan, Afghanistan aber auch Afrika neue oder auch "unentschlossene" Moslems mit Sozialleistungen zu überzeugen, die das bisherige Land selbst nicht zu bieten hatte (damit möchte ich nicht behaupten, das Rote Kreuz sei "christlich", dafür gibt es genügend andere derartige Organisationen).
Zu dem in Deutschland praktizierten Modell, wonach der Staat für die Kirchen gegen Entgelt die Kirchensteuer einzieht, gibt es Alternativen
Ja,
das Vereinsrecht...

Das die Kirche mit dem Staat über Einnahmen verhandelt, halte ich nicht nur für frech, sondern auch (nach EU Konventionen) für illegal. Das sich da bisher juristisch niemand der Verantwortlichen rangetraut hat, liegt wohl an dem immer noch großen politischen Einfluß (den es ja eigentlich nicht geben sollte) auf die Regierungen wie die bisherigen EU-Vorsitze entsprechend "katholizierter" Staaten. Die offensichtlichsten Dreistigkeiten brachten dabei die Polen aus Parkett, die ganz offen den christlichen Gottesbezug (natürlich nur den des christlichen Gottes) der gesamten EU-Gesetzgebung forderten. Auch aus dem Eichsfeld gab es einige Initiativen - z.B. aus Richtung CDU oder Propst.

Dabei geht es hier nicht um eine mögliche "Demontage" der Kirchen, sondern die logische Fortsetzung der Demokratisierung. Da lt. Verfassung die Kirche - wie jede andere "Gruppierung - nichts (heute jedenfalls nicht mehr!) im Staat (d.h. in der Organisationsstruktur) zu suchen hat, kann es nicht angehen, das Kirchenmitglieder neben ihrer "einfachen "Stimme noch Zusatzbefügnisse / Wichtungen ausüben können, weil sie eine "besonders große Gruppe" darstellen. Demokratie sieht bereits vor, das besonders große Gruppen mit ihrer einfachen Stimme genug Einfluß haben. Allerdings gibtes noch einzelne andere Gruppierungen, die auf ähnliche Sonderrechte pochen - mit der Begründung: "die anderen dürfen und bekommen das ja auch".


Ich wette, das ich mit meiner Meinung irgendwann mal recht bekomme - fraglich bleibt nur, wie lange wir darauf noch warten müssen und ob ich das noch erleben darf.
Christel
Senior- Mitglied
Beiträge: 4669
Registriert: Montag 22. Mai 2006, 19:55
PLZ: 99734

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:das ist nicht deren Ernst, oder? Seit wann gehören Ostdeutsche denn zu "Minderheiten"?
Das ist nicht gemeint! In Ostdeutschland gibt es nur wenige Christen und diese (außer im Eichsfeld) leben als Einzelne ihr Christsein, in einer Minderheitensituation. Missionarische Seelsorge macht dort besonders Sinn, wo es nur wenige Christen gibt.

Das die Wahl dabei auf Erfurt fiel, liegt sicher nicht zuletzt an unserem Bischof Joachim Wanke. Er genießt einen ganz ausgezeichneten Ruf!
Unserer katholischen Kirche in Deutschland fehlt etwas. Es ist nicht das Geld. Es sind auch
nicht die Gläubigen.

Unserer katholischen Kirche in Deutschland fehlt die Überzeugung, neue Christen gewinnen zu können.

Das ist ihr derzeit schwerster Mangel. In unseren Gemeinden, bis in deren Kernbereiche hinein, besteht die Ansicht, dass Mission etwas für Afrika oder Asien sei, nicht aber für Hamburg, München, Leipzig oder Berlin.

http://www.bistummuenster.de/downloads/ ... 090605.pdf

„Zeit zur Aussaat“ : Missionarisch Kirche sein
http://www.bistum-osnabrueck.de/downloads/db68.pdf


Das andere, was Du da schreibst verstehe ich nicht. Katholiken sind in Ostdeutschland eine Minderheit. Kirchlich betriebenen Einrichtungen gibt es wenige. Wer bei den Bewerbern berücksichtigt wird, da kommt es sicher auch auf die zu besetzende Stelle an...
Die Caritas z.B. unterstützt zu einem hohen Prozentsatz Nichtchristen, auch mit Hilfe von Spenden, die von Katholiken kommen.

Ansonsten gilt der Gleichheitsgrundsatz! Auch Christen sind Staatsbürger und Steuerzahler. Ob Kindereinrichtungen, Altenheime... nun staatlich oder konfessionell geführt werden... – Christliche Einrichtungen dürfen nicht benachteiligt werden! Ihnen stehen dieselben Zuschüsse zu wie allen anderen Eichrichtungen auch. - Gleichheitsgrundsatz!
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
niels
Site Admin
Beiträge: 2326
Registriert: Freitag 22. März 2002, 16:15
PLZ: 37075
voller Name: Niels Dettenbach
Wohnort: Göttingen
Kontaktdaten:

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von niels »

ja,
Habe ich doch gesagt: da, wo es den geringsten Anteil Religionsanhänger gibt, macht Mission am meisten Sinn. Ginge es nur darum, die wenigen "sich allein fühlenden" Christen aufzumuntern, könnte man doch auch nach Berlin-Neukölln oder in einsame Bergdörfer in den Alpen gehen - dort gibt es sicher noch einsamerere Christen. ;) allerdings ist das Missionspotential lange nicht so interessant... Ich denke der Begriff "Mission" ist recht eindeutig, auch wenn die Kirche dazu heute "moderne Interpretationen" auf Lager hat.


Deine Interpretation des Gleichheitsgrundsatzes ist (hoffentlicht nicht beabsichtigt) unvollständig.

Jeder Verein kann mit seinen Mitgliedern vereinbaren und tun was er will - dabei handelt es sich um Vereinbarungen zwischen Verein und Mitglied. Andere Menschen bleiben da außen vor.

Möchte eine Einrichtung jedoch als "gemeinnützig" anerkannt werden, so muß sie eine ganze Reihe klarer Grundsätze erfüllen - z.B. muß sie alle Klienten oder betreuten Menschen (unabhängig von ihrer Konfession!) selbst wiederum gleich behandeln. Stattdessen argumentieren einige: wir sind doch offen für jeden - für jeden der sich doch noch dazu entschließt (oder dies könnte) sich zu Christus hinzuwenden... (was eine klare Einschränkung und Diskriminierung ist).

Das ist m.E. Auch der Fall, wenn z.B:
- bei obligatorischen Esssenszeiten von allen Essenden Tischgebete erwartet werden
- wenn bei der Auswahl der Menschen / Bewerber bestimmte Konfessionsanhänger bevorzugt werden
- wenn z.B. die Bewohner eines Altenheimes mit sonntäglichen Lautsprecherübertragungen von Messen oder Gebeten o.ä. belästigt werden, ohne die Option auf eine Abschaltungsmöglichkeit
- wenn Pfarrer oder Kirchenbedienstete als Beamte finanziert werden
usw.
- wenn in Gymnasien oder Berufsschulen Zensuren auf "Gottesdienstgestaltung" erteilt werden

Einige eichsfelder (durch Kirchen geführte) "soziale Einrichtungen" bewegen sich bei den ja auch gesetzlich recht weit geregelten Grundsätzen "interessant nah" an der Grenze des Erlaubten.

Als Christ stelle man sich bitte vor, in einer ebenso geführten - stattdessen aber muslimischen Einrichtung (z.B. Altenheim, Pflegeheim, Obdachlosenheim, Bildungseinrichtung usw.) - untergebracht bzw. auf diese angewiesen sein zu müssen. Ich denke, das würden nur wenige so akzeptieren wollen.
Christel
Senior- Mitglied
Beiträge: 4669
Registriert: Montag 22. Mai 2006, 19:55
PLZ: 99734

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Deine Interpretation des Gleichheitsgrundsatzes ist (hoffentlicht nicht beabsichtigt) unvollständig.

Jeder Verein kann mit seinen Mitgliedern vereinbaren und tun was er will - dabei handelt es sich um Vereinbarungen zwischen Verein und Mitglied. Andere Menschen bleiben da außen vor.

Das war nicht meine Aussage! Ich sagte, der Staat darf eine kirchliche Einrichtung und damit seine christlichen Bürger nicht benachteiligen:
Christel hat geschrieben:Ansonsten gilt der Gleichheitsgrundsatz! Auch Christen sind Staatsbürger und Steuerzahler. Ob Kindereinrichtungen, Altenheime... nun staatlich oder konfessionell geführt werden... – Christliche Einrichtungen dürfen nicht benachteiligt werden! Ihnen stehen dieselben Zuschüsse zu wie allen anderen Eichrichtungen auch. - Gleichheitsgrundsatz!

Ich denke, Du vermischt „gemeinnützig“ mit „Gleichbehandlung“ und „Gleichschaltung von Einrichtungen“:


Die Gemeinnützigkeit wird durch die Abgabenordnung (AO) geregelt, siehe besonders
§ 51 u. § 52 Gemeinnützige Zwecke aber auch § 54 Kirchliche Zwecke
http://www.gesetze-im-internet.de/ao_19 ... 30976.html

Interessant auch dieser Link:
Wichtig ist hier aber noch, daß die Tätigkeit des Vereins grundsätzlich für alle Personen offen sein muß, also keine räumliche, berufliche oder sonstige Abgrenzung erfolgen darf. Die Vereinsaktivitäten müssen also ganz generell für jedermann zugänglich sein.
http://www.schach-bremen.de/jugendarbei ... nnutz.html

Das heißt, z.B. ein Schachklub sollte grundsätzlich für alle offen sein, die Schach spielen wollen. Der Schachklub ist selbstverständlich nicht für Personen offen, die etwas anders machen möchten z.B. Tanzen. Tänzer können nicht in einen Schachklub gehen und am Ende den Schachspielern das Schachspiel verbieten, weil sie das als störend empfinden.

Gleichbehandlung von Menschen bedeutet nicht Gleichschaltung von Einrichtungen. Wir leben heute in einer pluralistischen Gesellschaft. Pluralismus ist die Schwester der Demokratie.

Selbstverständlich können (und müssen es sogar) gemeinnützige Vereine ihr Vereinsleben entsprechend den Vereinzwecken gestalten.

Setzt sich ein Verein, gemäß § 52 der AO, Gemeinnützige Zwecke 2. die „Förderung der Religion“ zum Ziel, wird der Verein zwar für alle offen sein, die auch diesen Zweck unterstützen wollen, aber wer was gegen Religion hat, gehört da nicht hin und kann seine Mitgliedschaft sowie Änderungen des Vereinskonzepts auch nicht mit dem Hinweis betreiben, dass er sich diskriminiert fühlt.

In einer pluralistischen Gesellschaft wie der unsrigen, könnten wir (Du und ich), zumindest theoretisch, Kindergärten, Schulen, Altenheime... gründen. Du könntest ein Konzept verfolgen, wo nicht gebetet wird... –
ich ein bewußt christliches Konzept in meinen Einrichtungen verwirklichen, wo christlich eben nicht nur auf dem Schild an der Tür steht.
- Du hast das Recht ein Alternativangebot zu gestalten.
- Du hast nicht das Recht Dich in mein Konzept... einzumischen.
- Im Rahmen der Gleichbehandlung würden wir für unsere Projekte die gleiche finanzielle Unterstützung vom Staat erhalten.
niels hat geschrieben: - wenn Pfarrer oder Kirchenbedienstete als Beamte finanziert werden usw.
Was das mit Diskriminierung zu tun haben soll, weiß ich nicht. Hier geht es doch im Gegenteil um Gleichstellung:

Kirchenbeamte

Die evangelische und die katholische Kirche sind in Deutschland Körperschaften des öffentlichen Rechts (vgl. „Körperschaftsstatus“). Damit haben sie das Recht, Beamte zu haben (Dienstherrenfähigkeit). Das staatliche Beamtenrecht ist nach § 135 BRRG auf Glaubensgemeinschaften und deren Verbände jedoch nicht anwendbar.

Dienstherrn der Pfarrer und Kirchenbeamten sind die Landeskirchen (ev.) oder die Bistümer (rk) bzw. deren rechtsfähige Untergliederungen. Diese haben eigene beamtenrechtliche Vorschriften erlassen. Vielfach verweisen diese auf die entsprechenden Bundes- oder Landesgesetze. Das gilt auch für die Besoldungsordnungen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Beamter

„Beamte“ das heißt übrigens nicht, dass die alle vom Staat bezahlt werden. Als Beispiel die Ausgaben des Bistum Münster:
Die größten Ausgabenblöcke im Verwaltungshaushalt sind 108 Millionen Euro für Personalkosten (für Pfarrer, Kapläne, Pastoralreferenten und Bistumsbedienstete), an Zuweisungen gehen 90,8 Millionen Euro an die Kirchengemeinden, neun Millionen Euro sind für die kirchlichen Schulen bestimmt und 24,5 Millionen Euro für soziale Dienste sowie 14,6 Millionen Euro für gesamtkirchliche, überdiözesane Aufgaben.
http://kirchensite.de/aktuelles/bistum- ... g-greifen/
niels hat geschrieben: - wenn in Gymnasien oder Berufsschulen Zensuren auf "Gottesdienstgestaltung" erteilt werden
Und was soll das mit Diskriminierung zu tun haben? Diese Noten können nur im Rahmen des konfessionellen Religionsunterrichtes gegeben werden. Inhalt und Benotung sind Sache der Kirchen bzw. der unterrichtenden Lehrer. Niemand wird gezwungen diesen Unterricht zu besuchen (was man von LER nicht behaupten kann).

Ein gutes Jahr 2010 wünscht
Christel
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
niels
Site Admin
Beiträge: 2326
Registriert: Freitag 22. März 2002, 16:15
PLZ: 37075
voller Name: Niels Dettenbach
Wohnort: Göttingen
Kontaktdaten:

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von niels »

Pfarrer bekleiden aus meiner Sicht kein hoheitliches (also vom Staat bestellten und zu dessen "Betrieb" notwendiges) Amt. Demnach dürfen Sie m.E. auch nicht aus der Staatskasse entlohnt werden. Selbst wenn die Entlohnung allein aus Kirchensteuern erfolgen sollte, sehe ich hier eine unakzeptable Überschneidung staatlicher wie religiöser bzw. privater Interessen. Nur einzelne andere Vereine genießen in Deutschland die Vorteile des Beamtenstatus - ein Steuergesetz hat schon gar keiner (was auch gut so ist). Wollen wir auch islamische Muftis und Scientology-Officers mit Beamtenstatus versorgen? Vielleicht auch noch gläubige Marxisten? Neben den großen Kirchen gibt es ja noch eine Vielzahl weiterer christlicher Glaubensgruppen, die ebenso zu berücksichtigen wären - denn wer will behaupten / trennen, was denn "richtige" Religion ist und was nicht? Wenn ich z.B. postuliere: "ich bin der neue Messias" und finde vieleicht noch 10 - vielleicht auch 100 Anhänger, dann ist das eine neue Religion.
...der Staat darf die Kirche nicht benachteiligen
Das ist voll und ganz richtig - allerdings darf er sie auch nicht bevorteilen, z.B. durch Ausstattung mit Sonderrechten, gleich welcher Art die andere Volks- und Glaubensgruppen so nicht genießen.

In einem staatlich finanizierten Gymnasium spielt es schon eine Rolle, ob die Schüler zum laufenden Besuch einer katholisch-christlichen Messe gezwungen werden (was ja per Benotung der Fall ist). Etwas wie "Gleichberechtigung" würde ggf. noch herrschen, wenn alle Schüler je reihum an den Tempelorgien aller Religionen teilnehmen müssten und danach benotet würden - allerdings hielten das einige sicher nicht für "zumutbar" - z.B. als Moslem in einer katholischen Kirche zu beten oder halt andersherum.

Möchte man das, muß man die Schule als Privatschule betreiben. Die haben zwar auch Unterstützung für jeden Schüler, darüberhinaus haben sie sich eigenverantwortlich um Finanzierung usw. zu kümmern. Meinetwegen kann die Kirche ein katholisches Gymnasium nach dem anderen gründen - aber bitte als Privatschule. Dort kann sie auch (im Rahmen geltender Gesetze und Bildungsvorgaben) eigene Regeln aufstellen, wie ihr beliebt.

Ich halte allerdings bereits den Religionsunterricht als Pflichtfach staatlicher Schulen / Berufsschulen für verfassungswidrig - schon weil Nichtreligiöse automatisch ungleich schwerer eine mit Religiösen gleichwertige Benotung erreichen können. Z.B. gab es an der Berufsschule meiner Frau vor wenigen Jahren einen "Aufstand" der Schüler (aus den verschiedensten Ländern und Konfessionen sowie auch unkonfessionelle), die alle keinen Religionsunterricht wollten - stattdessen lieber Sozialkunde, zusätzliche Stunden Wirtschaft & Recht oder Berufsenglisch o.ä. sinnvollere Bildung - forderten (mit immerhin einigem Erfolg). Der Religionsunterricht wurde bis dahin von einer christlichen Theologin geführt und beschäftigte sich zu min. 80% mit der Bibel.

Eine akzeptable Form wäre ev. noch die Vermittlung von Religionsgeschichte, die allerdings kann man ebenso gut in Geschichte abhandeln. Religion hat mit Wissenschaft nichts am Hut, daher auch nichts in der Wissensvermittlung zu suchen - vor allem für die, die das nicht interessiert. Schach - um bei Deinem Beispiel zu bleiben - wird ja auch nicht als Schulfach vermittelt. Wenn eine katholische Privatschule das anders sieht, kann sie das meinetwegen gern.

Genausowenig hat auch ein Kreuz nichts an der Wand eines staatlich-geführten Klassenzimmers zu suchen - ebensowenig wie das Zeichen Allahs, Erich Honnecker oder davor auch mal Adolf & der Kaiser. Ein Bild des Bundespräsidenten wäre ggf. noch akzeptabel. Dies gilt so auch für andere öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser, Seniorenheime, Rathäuser usw.

Seit dem EU-Verbot der Kreuze in Schulen liefern sich eine ganze Reihe Orte in Bayern eine Art Wettbewerb mit dem Aufstellen von (großen) Kreuzen vor dem Rathaus wie in den Rathäusern - aber auch den örtlichen, staatlichen Schulen - man "wolle eine Zeichen setzen, das man im Ort katholisch sei" und räumt klar ein, d as die Kreuze aus dem Haushalt bezahlt worden sind. Dabei glaube ich nicht mal den Bayern,, das dort angeblich selbstverständlich alle Einwohner gläubige Katholiken sind - und einige Berichte von dort lebenden Nicht-Katholiken scheinen das zu bestätigen.

Für einige dort seit Generationenlebende wie auch zugezogene Nichtkatholiken scheinen solche "Auswüchse" als Akt der Ausgrenzung (nach dem Motto: "wer in unseren Ort zieht, muß katholisch sein") und manche älteren Einwohner erinnern sich zuweilen an die Zeiten der Progrome. Die Steuern dieser Menschen nimmt man natürlich dennoch dankend an.

Offenbar verspüren - vor allem im Umfeld solcher Äußerungen - nicht alle Einwohner oder Menschen das christliche Kreuz (mehr) als "unbedingtes Zeichen des Friedens und der Toleranz", das kann ich schon Stücke weit nachvollziehen...

In der Praxis - z.B. im Eichsfeld (aber auch Bayern & Co.) - sieht es doch so aus, das man zwar Kreuze an der Wand akzeptiert, würde jedoch ein türkischer Muslim (wie in türkischen Moscheen üblich) seine Türkenflagge danebenhängen, ein anderer Muslim den Namen Allahs (was mit dem Kreuz vergleichbar wäre) ein gläubiger Marxist ein Bild von Marx oder Lenin und ein Buddhist eine Buddha-Statue, würde alles - außer dem Kreuz - nicht lange hängenbleiben. Da die Menschen offenbar soweit nicht tolerieren können, kann man heute keine Religionssymbole an den Schulwänden akzeptieren. Es steht aber jedem frei sich sein Kreuz, seinen Buddha, sein muslimisch. Wahrscheinlich würde man den Aufhänger sogar verprügeln oder bei Wiederholung "abmahnen" - zumindest aber durch Ausschluß diskriminieren.

Toleranz ist schön, wo einzelne Menschen diese nicht aufbringen können, muß man ggf. juristisch für Toleranz sorgen. Das sahen schon die Verfasser unseres Grundgesetzes so. Religion ist dort akzeptabel, wo sie gegenüber anderen Toleranz übt - darüberhinaus nicht (so wie keine Intoleranz im öffentlichen Raum / Leben gegen Dritte akzeptabel ist).
Christel
Senior- Mitglied
Beiträge: 4669
Registriert: Montag 22. Mai 2006, 19:55
PLZ: 99734

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Lieber Niels, Deine oder meine Sicht spielt in der Frage keine Rolle!

Die „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ ist gesetzlich klar geregelt. Ob die Regelungen jetzt und in Zukunft sinnvoll sind ist eine andere Frage.
Auch wenn Pfarrer Beamte sind, so werden sie in der Regel nicht aus der Staatskasse entlohnt. Gelder fließen dort, wo Aufgaben für den Staat übernommen werden, die der Staat dann bezahlt.

Das Probleme, die Du ansprichst, die sich aus der jetzigen Gesetzeslage ergeben, sind den Kirchen seit vielen Jahren bekannt und bewußt. Scientology hat inhaltlich keinerlei Übereinstimmung mit einer wirklichen Kirche, dennoch nennt sie sich Kirche. Die Zeugen Jehovas kämpfen sein vielen Jahren um die Anerkennung als KdöR, erfolgreich.

Es ist Sache des Staates die Gesetze zu ändern!
niels hat geschrieben:
...der Staat darf die Kirche nicht benachteiligen
Das ist voll und ganz richtig - allerdings darf er sie auch nicht bevorteilen, z.B. durch Ausstattung mit Sonderrechten, gleich welcher Art die andere Volks- und Glaubensgruppen so nicht genießen.
Das macht der Staat nicht! Er behandelt alle gleich und folgt dabei rein formalen Kriterien. Daraus ergeben sich die oben erwähnten Probleme.
niels hat geschrieben:In einem staatlich finanizierten Gymnasium spielt es schon eine Rolle, ob die Schüler zum laufenden Besuch einer katholisch-christlichen Messe gezwungen werden (was ja per Benotung der Fall ist). Etwas wie "Gleichberechtigung" würde ggf. noch herrschen, wenn alle Schüler je reihum an den Tempelorgien aller Religionen teilnehmen müssten und danach benotet würden - allerdings hielten das einige sicher nicht für "zumutbar" - z.B. als Moslem in einer katholischen Kirche zu beten oder halt andersherum.
Entschuldige, das ist Unsinn! Am kath. Religionsunterricht nehmen die Schüler freiwillig teil. Dazu kann und darf der Besuch einer Messe gehören.
niels hat geschrieben:Möchte man das, muß man die Schule als Privatschule betreiben. Die haben zwar auch Unterstützung für jeden Schüler, darüberhinaus haben sie sich eigenverantwortlich um Finanzierung usw. zu kümmern. Meinetwegen kann die Kirche ein katholisches Gymnasium nach dem anderen gründen - aber bitte als Privatschule. Dort kann sie auch (im Rahmen geltender Gesetze und Bildungsvorgaben) eigene Regeln aufstellen, wie ihr beliebt.
Die Frage ist, ist Bildung die Aufgabe des Staates?
Wenn Ja, dann ist der Staat dazu verpflichtet diese zu finanzieren!

Unser Staat versteht sich als weltanschaulich neutral. Er schreibt seinen Bürgern nicht vor, in welcher weltanschaulichen Richtung diese ihre Kinder erziehen. D.h. der Staat kann die Finanzierung der Bildung von Kindern nicht davon abhängig machen, dass diese nicht-religiös erzogen werden.

Es geht nicht an, dass Katholiken für die Bildung ihrer Kinder selbst aufkommen müssen, während Nichtkatholiken die Bildung ihrer Kinder voll vom Staat, auch von den Steuern der Katholiken, finanziert bekommen.
Gleichbehandlung!

Grüße
Christel
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
niels
Site Admin
Beiträge: 2326
Registriert: Freitag 22. März 2002, 16:15
PLZ: 37075
voller Name: Niels Dettenbach
Wohnort: Göttingen
Kontaktdaten:

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von niels »

Deine oder meine Meinung spielt keine Rolle.
Nein?
Wessen denn dann? Die Zeiten, als der Vatikan oder die SED für uns das Denken und entscheiden abnahmen, sind doch hoffentlich schon lange vorbei.

Wenn die Kirche die Probleme tatsächlich kennt und nicht behebt (denn das könnte sie, indem sie die Verträge kündigt und auf die betr. Privilegien freiwillig verzichtet), dann will sie auch diese Probleme oder nimmt sie zur Realisierung eigener Interessen billigend in Kauf.

Wenn der Staat die christliche Kirche tatsächlich gleichbehandeln würde, benötigte es keiner Kirchenstaatsverträge (die ja die bestehenden Gesetze fast ausschlie0lich zugunsten der Kirche ergänzt). Die bestehenden Gesetze decken dann ja alles ab, was nötig und (gleichberechtigt) möglich ist, oder etwa nicht?

In einer Demokratie bestimmen die Wähler - direkt wie indirekt - über die Politik. Über juristische Befindlichkeiten - d.h. die Korrektheit / Schlüssigkeit und Einhaltung der Gesetze die Gerichte bis zum EU-Verfassungsgericht.

Bisher hat noch niemand die Kirchenstaatsverträge - insbesondere ihre Auswirkungen - verfassungsrechtlich prüfen lassen. D.h. nicht das diese verfassungskonform sind. Die EU-Verfassung ist zudem noch sehr neu und nicht überall im Detail fertig. Der Name "Vertrag" ist hier übrigens irreführend, da es sich vielmehr um Gesetze bzw. die bestehenden Gesetze abändernde Regeln handelt - nicht um einem simplen "Vertrag" zwischen zwei Parteien gem. BGB. (schon - aber nicht nur - weil die Partei "Kirche" eine in der dort verwendeten Form "fragwürdige" juristische Person ist)

Ich nehme an, das die Kirche kein Problem mit einer erneuten Prüfung der Verträge - u.U. auch außerhalb Deutschlands - hätte. Die deutsche Regierung handelt eben nicht immer "formal", sonst gäbe es ncht immer wieder vor dem Verfassungsgericht "zerlegte" Gesetze, die teils lange in Kraft waren.

Meine Meinung allein wird sicher nicht viel ausrichten, wenn aber immer mehr Menschen ähnlich denken, spielt das schon eine Rolle. Von diesen gibt es bereits heute viele und es werden sukzessive immer mehr, die sich mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigen und zu ähnlichen Schlüssen kommen. Und das ist auch gut so - auch wenn die Zeit wie die Aufklärung im Moment noch nicht so weit ist.

Ich denke und hoffe auch, das die EU hier mittelfristig klare, faire wie politisch sachgerechte Lösung finden wird und dabei z.B. die Kirchenstaatsverträge als nicht rechtens erachtet. Das deutsche Beamtentum allein stand schon mehrfach in der Kritik - nicht nur (aber auch) bei der EU und ist an sich schon ein "fragwürdiges" Konstrukt. Immerhin hat heute wenigstens die Telekom keine aus Steuern bezahlten, zigtausenden Beamten mehr (auch wenn wir alle deren Beamtenrente fleißig finanzieren dürfen). Das in Thüringen übrigens 60% aller Beamten die Linke gewählt haben, lässt weit blicken.

Wenn Deutschland diese Dinge nicht selbst klären kann bzw. wird, werden uns soziopathische Probleme in nicht allzu großer Ferne dazu zwingen - wenn nötig über die (hoffentlich handlungsfähige) EU. Zünder oder Lunte könnte z.B. die beginnende Diskussion zur bisher verfehlten Migrationspolitik - speziell im Kontext des dem Islam / der sog. "Islamisierung" - werden, solange die Bombe nicht zu früh und nach hinten losgeht - d.h. man irrigerweise die "christliche Kirche" auf Staatsebene stärkt, um "etwas gegen die Islamisierung in der Hand zu haben". Derartige Ideen hört man ja auch schon häufiger. Die Moslems wie andere Gruppen werden ähnliche Rechte und Privilegien fordern, wie sie die Kirche besetzt. Mich interessiert heute schon die Reaktion der Katholiken darauf...

Die anmaßenden Forderungen einiger (hauptsächlich katholischer) EU-Politiker (Polen, Deutschland usw.) nach einem "Gottesbezug" (zur Klarstellung: man meint den "christlichen Gott") in der neuen EU-Verfassung deutet m.E. schon darauf, das man sich der potentiell drohenden "Gefahr" bewusst ist.

Der Staat hat Aufgaben für die wir ihn als Steuerzahler finanzieren. Möchten wir, das der Staat nicht mehr für Bildung zuständig ist, dann ist er es halt nicht mehr - darf uns dafür aber auch nur weniger Steuern abnehmen (was wahrscheinlich utopisch ist).

Ein freier Zugang zu Bildung - also unabhängig von finanziellen Verhältnissen - ist eine Errungenschaft unserer heutigen Gesellschaft. Die Zeiten, als Arme nur Bildung an stark katechisierten kirchlichen Bildungseinrichtungen, wo Beten und "Christ-Sein" selbstverständliche Pflicht war, bekommen / "finanzieren" konnten sind zum Glück vorbei.
Gleichbehandlung
Ja, der Staat selbst handelt weltanschaulich weitgehend neutral. Die "staatlichen" Schulen aber werden von den Ländern und praktisch oft von der lokalen Politik betrieben. Deshalb halte ich eine bundeseinheitliche Bildungspolitik - weg von den Ländern - für sehr wichtig, denn dort findet häufig eben keine Gleichbehandlung statt.

Jeder Katholik, Kommunist oder Scientollogy-Anhänger hat Anspruch - wie jeder andere - auf einen staatlichen Schulplatz. Wer eine durch die eigene Religion gefärbte Schulzeit haben will, kann gern eine entsprechende Privatschule der Kirche oder sonstwen besuchen - er kann aber nicht erwarten, das man seine persönliche Glaubenswelt anderen aufbürdet oder er gegenüber anderen irgendwelche Vorzüge genießen kann, in welcher Form auch immer. Das EU-Gericht sah das bereits bei in staatlichen Schulen als Religionssymbol aufgehängten Kreuzen nicht mehr gegeben. Ich sehe das ebenso, schon weil das Kreuz als historisches Symbol der Macht und Unterdrückung auf manch einen auch negativ wirken kann. Eine staatliche

Schule sollte "weltanschaulich neutral" sein und sich am Wissen orientieren. "Neuralität" ist angesichts der verschiedensten möglichen Weltanschauungen heute praktisch nur machbar, wenn man Religion aus der Schule entfernt, sich maximal noch wissenschaftlich mit dem Phänomen beschäftigt. Ich denke mal, das die EU-Richter dies in der Urteilsbegründung besser formulieren konnten als ich.

Für absolut unakzeptabel in einer staatlichen Schule sehe ich z.B. die Pflicht zu beten oder an Messen teilzunehmen, denn dies kann - schon wegen der Weltanschauung der anderen - für ein oder viele andere in der Klasse belästigend oder eine Zumutung sein. So haben ja die beiden Weltreligionen schon ans sich - Du sollst keinen Gott haben (anbeten) neben mir. Je nach Auslegung des Betreffenden kann schon ein "aus Gag mitbeten" oder der bEsuch eines "fremden Tempels" Sünde und damit unzumutbar sein.

Als Privatschule ist auch hinnehmbar, das man nur nach Konfession o.ä. ausgewählte Schüler aufnimmt - an einer staatlichen nicht.

Das einige bayrische Schulen z.B. nach dem eindeutigen EU-Urteil zu Kreuzen in (wohlgemerkt staatlichen!) Schulen auf Staatskosten neue Kreuze angeschafft und aufgehängt haben zeigt nur einmal mehr die Diskrepanz von staatlichem Bildungsauftrag und praktischem Schulbetriebn.

Wie Du schon sagtest - jeder kann seine eigene Schule gründen - dann allerdings als Privatschule. Das diese auch Zuschüsse vom Staat bekommen kann, wenn sie den staatlichen Bildungsauftrag erfüllt - z.B. einheitliche Bildungsziele der Schüler erreicht) - stelle ich nicht mal in Frage.

Übrigens:
Jede Weltanschauung hat irgendwo ihre sozialen wie juristischen Grenzen. Nur weil eine Religionsgruppe z.B.
Am 1.1.2011 alle Kinder ihrer Anhänger - vielleicht auch noch Dritte - umbringen will, weil da das "Ende der Welt" kommt osä., kann man das nicht im Rahmen der Religionsfreiheit dulden. Wenn sie sich nur selbst umbringen wollen, meinetwegen schon.

Christel,
Alles was ich möchte IST Gleichbehandlung. Gleich heisst aber auch gleich.
(btw: ich dachte Du hättest mit "Gleichmacherei" ein Problem?)

Das Argument aus Georges Orwell's "Farm der Tiere":
"alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher als gleich"
ist ein gutes Beispiel für die häufigste MißInterpretation von "Gleichheit", mit dem Ungerechtigkeit oder gar Unterdrückung anfangen (können).

Größe oder Dauer der Historie einer Gruppe kann nicht maßgeblich für besondere Behandlung oder gar Privilegien sein. Damit waren schon - ohne historische Namen zu nennen - ganz andere auf dem Holzweg...
Christel
Senior- Mitglied
Beiträge: 4669
Registriert: Montag 22. Mai 2006, 19:55
PLZ: 99734

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:In einer Demokratie bestimmen die Wähler - direkt wie indirekt - über die Politik. Über juristische Befindlichkeiten - d.h. die Korrektheit / Schlüssigkeit und Einhaltung der Gesetze die Gerichte bis zum EU-Verfassungsgericht.
Soweit die Theorie! Wahrscheinlich bin ich zu alt, um zu glauben, dass ich die Welt oder auch nur die Gesetze in unserm Land verändern könnte. Die Kirchen können es auch nicht. Dank Trennung von Kirche und Staat machen die Kirchen die Gesetze nicht.

Die Staatskirchenverträge gelten nicht für alle, das sind besondere Regelungen mit Rechten aber auch Pflichten für die Kirchen. Die Aufgabe dieser Verträge würde nichts an der Situation ändern:
niels hat geschrieben:Größe oder Dauer der Historie einer Gruppe kann nicht maßgeblich für besondere Behandlung oder gar Privilegien sein. Damit waren schon - ohne historische Namen zu nennen - ganz andere auf dem Holzweg...
So ist es aber!
Siehe:
Die Einrichtung der Körperschaft des Öffentlichen Rechts stammt noch aus der Weimarer Verfassung und wurde 1949 ins Grundgesetz übernommen. Danach gilt immer noch die Regel, daß der Staat diesen Status auf Antrag hin verleihen muß, wenn Religionsgemeinschaften "durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr auf Dauer bieten". Dabei geht man von folgenden Richtwerten aus: 30 Jahre Bestandszeit, Mindestmitgliederzahl 1 Promill der Bevölkerung eines Landes, satzungsmäßige Strukturen und Mitgliedschaftsregelung, sowie eindeutige Rechtsvertretung. Eine inhaltliche Prüfung oder so etwas wie eine Qualitätskontrolle steht den Bundesländern (sie sind für die Verleihung zuständig) nicht zu.
http://www.religio.de/akinfo/96/103.html#4

Unser Staat ist weltanschaulich neutral, d.h. er schreibt seinen Bürgen weitestgehend nicht vor, was sie glauben und wie sie leben sollen.
niels hat geschrieben:wenn man Religion aus der Schule entfernt
Wer das vor hat, zeigt, dass er weltanschaulich nicht neutral ist.
niels hat geschrieben:Der Staat hat Aufgaben für die wir ihn als Steuerzahler finanzieren. Möchten wir, das der Staat nicht mehr für Bildung zuständig ist, dann ist er es halt nicht mehr - darf uns dafür aber auch nur weniger Steuern abnehmen (was wahrscheinlich utopisch ist).
Wer sollte das wollen? Dann gibt es bald Menschen, die sich noch nicht einmal eine einfache Schulbildung leisten können.

Es werden weltanschauliche Anbieter kommen, die die Bildung dann kostenlos anbieten. Die Armen haben die Wahl das oder nichts. – Das ist doch gerade das was Du nicht willst. Dabei werden sicher auch kirchliche Angebote sein, aber die Kirchen haben nicht die Kraft das zu Schultern. Sie könnten die Lücke, selbst, wenn sie wollten, nicht ausfüllen.

Die kath. Kirche im Bistum Erfurt wird sicher keine weitere Schule übernehmen als das Gymnasium in Heiligenstadt und das in Erfurt, die beide einen sehr guten Ruf haben.

Grüße
Christel
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
niels
Site Admin
Beiträge: 2326
Registriert: Freitag 22. März 2002, 16:15
PLZ: 37075
voller Name: Niels Dettenbach
Wohnort: Göttingen
Kontaktdaten:

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von niels »

[quote[..beide einen sehr guten Ruf haben[/quote]
Über den "guten Ruf" hat man mir auch schon in den letzten Jahren mehrfach berichtet - interessanterweise aber auschließlich aus Kreisen der Kirche oder einiger Katholiken, hauptsächlich aber aus der Schule selbst. Von den Schülern habe ich häufiger weniger "euphorisches" gehört. Spielt da nicht etwas Wunschdenken mit?

Das Heiligenstädter Gymnasium (staatlich - seit ca. 1900) hat einen mindestens "ebenso guten Ruf", falls man auf "Ruf" (wer ruft da eigentlich? Die "PR-Beauftragten des Bistums?) überhaupt irgendwas geben kann. Bei dem wohl seit zig Jahrzehnten "traditionellen" Jahrestreffen der Abiturienten traf und trifft man immer wieder eine Vielzahl interessanter Leute, die am Gymnasium ihr Abitur machten. Großes Aufsehen macht die Schule - entgegen dem jungen "katholischen Elisabeth-Gymnasium" - keines, das gebietet wohl schon das immer gepflegte "Understatement" der Einrichtung.

Zu meiner Zeit, in der Wendezeit und kurz danach - war die Schule ein Vorbild humanistischer Bildung. Religionsunterricht fand nur für die statt, die ihn wollten - für die anderen gab es Ethik-Unterricht. Nirgendwo hing ein Kreuz an der Wand, obgleich der Schulleiter bekennend katholisch und wohl auch CDU-Mitglied war. Auch die Lehrerschaft war stark gemischt - vom "erzkatholischen" Lehrer über Nicht-Gläubige und Protestanten. Das war nie Thema und auch gut so.

Das staatliche Gymnasium ist seit knapp 100 Jahren tatsächlich "weithin bekannt", ebenso eine ganze Zahl wirklich guter Lehrer - das neue katholische dagegen nur dort, wo man hauptsächlich katholisch ist. Persönlich möchte ich kein Abiturzeugnis, auf dessen Stempel eine heilige Maria und ein Kreuz oder Kirche prangt - und würde auch bei einem Bewerber erstmal stutzen.
...die Aufgabe dieser Verträge würde nichts an der Situation ändern
Nicht?
Warum hat man dann die Verträge (vor allem mit dem Staat)?

Ja, die Kirchen machen heute die Gesetze nicht mehr. Aber die Verträge bedeuten eine Verschiebung in Ungleichgewichte, die nicht rechtens sind, was wohl angeblich auch die Kirche weis. Warum hebt sie dann die Verträge nicht auf?

Die Verfassung gibt dem Staat weltanschauliche Neutralität vor - d.h. aber noch lange nicht, das der dies so umsetzt. M.E. tut er das nicht.
kotenlose Bildung
Bitte lies den Thread, dann wirst Du sehen, das Deine Aussage dazu nicht passt - der Einwand kam von Christel. Ich gebe Dir recht, da ich "Religionsschulen" im mittleren Osten und Afrika - also Islam und Christentum - kenne. Beides ist Sch****

Übrigens:
Einige der Koranschulen im mittleren Osten genießen nach eigenem Ermessen und in Islamkreisen - "hohes Ansehen" - außerhalb dieses "Mikrouniversums" nimmt die Schulen niemand wirklich für Ernst, deren Abschlüsse sind meistens nicht mal anerkannt. Religiöse Schulen führen zu einer weiteren Teilung der Gesellschaft, da dort Ausgebildete "besser" bei Arbeitgebern gleichen Glaubens, umso schwiedriger außerhalb bekommen. Das ist auch das, was religiöse Schulen erreichen wollen / sollen. Werös nicht glaubt, sollte sich mal die einschlägigen internationalen Jobvermittlungen anschauen, wo Religionszugehörigkeit oder -Bildung oft über Einstellung oder nicht entscheidet - oft schon in den Ausschreibungen der Arbeitgeber.

Ich halte einen staatlichen Bildungsauftrag für enorm wichtig - aber auch eine bundeseinheitliche Bildung, nicht eine der Länder. Privatschulen kann es natürlich ebenso geben, aber bitte auch in privater Eigenverantwortung.
Christel
Senior- Mitglied
Beiträge: 4669
Registriert: Montag 22. Mai 2006, 19:55
PLZ: 99734

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Wenn es auch ein gutes staatliches Gymnasium in Heiligenstadt gibt, dann sei doch zufrieden. In Erfurt gibt es außerdem kath. Gymnasium, ebenfalls gleichwertige staatliche Schulen. Das heißt, niemand muss die kath. Schulen besuchen. - Ist doch in Ordnung!

Sollten die kath. Gymnasien keine Schüler mehr bekommen, dann hat es sich damit erledigt. So ist das in der freien Marktwirtschaft. Das scheint aber nicht der Fall zu sein.

Die kath. Schulen haben nichts mit den Staatskirchenverträgen zu tun. Es sind auch keine Koranschulen.

Die Kirche kann Schulen, Kindergärten... in ihrer Trägerschaft haben. Sie muss es aber nicht!
Verzichtet die Kirche darauf, dann heißt das nicht, dass es keine christlichen Schulen, Kindergärten ... mehr gibt. Es ist nur eine Frage der Organisation.

Beispiel:
Nordhausen hat keinen Kindergarten in kirchlicher Trägerschaft. Wohl aber einen ökumenischen Kindergarten, genauer „Oekumenischer Kindergarten Nordhausen e.V. http://www.oekumenischer-kindergarten.de/
Träger ist nicht die Kirche, sondern ein Verein. So geht es auch. Gleichbehandlung!

Also, selbst wenn man den Kirchen die Trägerschaft von Schulen... verbieten würde, dann würde man dennoch nicht automatisch christliche Schulen, Kindergärten... los werden.

Würden Kirchen nicht mehr gefördert, würde sich Scientology nicht mehr Kirche nennen... – Vielleicht ein Modell? Aber Scientology wird man damit nicht los.

Selbst wenn man Religionen verbieten würde..., meinst Du damit wirst Du die Christen los?
Schon mal was von „Religionslosem Christentum“ gehört? http://de.wikipedia.org/wiki/Religionsloses_Christentum
Man muss sich noch nicht mal was Neues Ausdenken, um das zu umgehen.

Man kann auch die christlichen Organisationen verbieten. Ich kenne zahlreiche Christen, die stolz darauf sind keiner Organisation anzugehören. Das heißt aber nicht, das die liberaler sind als die Kirchen und dass sie es nicht verstehen sich zu organisieren.

Ich denke, entweder haben wir eine Demokratie nebst organisiertem Pluralismus (Interessenvertretungen von Gruppen) oder unser Staat wird zur Diktatur.

Grüße
Christel
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
niels
Site Admin
Beiträge: 2326
Registriert: Freitag 22. März 2002, 16:15
PLZ: 37075
voller Name: Niels Dettenbach
Wohnort: Göttingen
Kontaktdaten:

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von niels »

hallo Christel,

mein Ziel ist sicher kein Verbot von christlichen Vereinen, Unternehmen, Organisationen oder o.ä. juristischen Personen. Ebenso habe ich auch nichts gegen Privatschulen / privaten Bildungseinrichtungen, die von der Kirche betrieben werden (ich würde halt nur meine Kinder nicht hinschicken).

Die klare Trennung von Staat und Kirche - also allgemeiner und privater - Interessen halte ich für sehr wichtig. Um Mißverständnisse zu vermeiden: Sicher, auch die Gruppe der Christen gehört mit zur Bevölkerung unseres Staates, und damit zum Staat - das gilt aber ebenso für z.B. alle Mitarbeiter von z.B. Mac-Donalds oder Karstadt oder allen Hobbyfußballern. Alle haben das Recht auf freie Wahlen und damit Mitbestimmungsrecht im Land. Das ist OK und reicht m.E. auch lange aus.

Wo private und staatliche Interessen vermischt werden, ist Ärger quasi immer vorprogrammiert - egal ob es um die Deutsche Bahn, die ehem. Telekom, die Post, Sparkassen usw. geht - ebenso gilt dies für Vereine und (Glaubens-)organisationen. Da stößt auch die "freie Martwirtschaft" an ihre Grenzen. Das wird nur ein Ignorant abstreiten können.

Wenn z.B. der Landrat aus dem einzigen staatlichen Gymnasium in Worbis eine katholische Einrichtung machen will, haben alle worbiser Gymnasiasten wohl über 15km x2 jeden Tag zu fahren, um ein "ungefärbtes" Abitur genießen zu dürfen. Gerade im ländlichen Bereich findet man öfter ähnliche Beispiele.. Also hätten nicht-katholische Worbiser - die bis dahin eine freie Schule hatten - nur noch die Wahl, die Ausbildung mit "klar christlicher Prägung" (d.h. mit Pflichten wie Messen, Gebete, christliche Religionslehre, Kreuz an der Wand usw.) in Anspruch zu nehmen oder täglich 30km zu fahren, was sich imho nicht jeder leisten können wird. Nochmal: wir reden hier von einer staatlichen Schule. Das geht so nicht - auch nicht im angeblich "katholischen Eichsfeld". Frech wäre hier aber auch, wenn der Landkreis unter Vorwänden die Schule an die Kirche in private Trägerschaft gäbe - weil es in dem konkreten Fall ein Vorwand wäre

Solange der Kindergarten seine Finanzierung selbst regelt, sehe ich das nicht kritisch.

Bei Schulen aber greift die Schulpflicht und der staatliche Bildungsauftrag. Hier sollte man - abgesehen von Privatschulen - erheblich sauberer trennen und auf Gleichbehandlung der Schüler / Lehrer achten - dazu gehört m.E. eine weltanschauungsneutrale Schule, inkl. Ausstattung und Lehrplan.
Heinrich5

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Steuern und Zuschüsse

Abgesehen vom Kirchensteuereinzug durch den Staat (1992: 17 Milliarden!) werden den Kirchen zusätzliche Einnahmen und Zuschüsse aus den Staatshaushalten zugewendet. Begründet wird dies mit der angeblichen Verpflichtung zur Entschädigung der Kirchen für Vermögensverluste durch die sogenannten „Säkularisationen“. Merkwürdig: Für keine andere Gruppe erkennt der Staat nach derartigen Zeiträumen noch Entschädigungsansprüche an. Angesichts der seit fast zwei Jahrhunderten erfolgten Zahlungen aus öffentlichen Mitteln müßten alle evtl. bestehenden Ansprüche ohnehin längst abgegolten sein. Außerdem blieb bislang unberücksichtigt, daß sich die Kirchen vor der „Säkularisation“ ein Milliardenvermögen auf rechtlich fragwürdige Weise (z. B. Konfiszierung des Vermögens von „Hexen“ und Inquisitionsopfern) angeeignet hatten. Allein schon deshalb müßten die von der „Säkularisation“ abgeleiteten Staatszuschüsse ersatzlos gestrichen werden. (Übrigens: Die christlichen Kirchen haben ihre Opfer selbstverständlich niemals entschädigt.)
Über die Säkularisationsentschädigungen hinaus werden den Kirchen aus öffentlichen Haushalten Zuschüsse (z.B. Baukostenzuschüsse von Bund, Ländern und Gemeinden) in Milliardenhöhe sowie über Pauschalleistungen der Länder bis hin zur Mitfinanzierung kirchlicher Veranstaltungen (wie Kirchentage, ökumenische Feiern u. ä.) weitere Millionenbeträge gewährt. Diese Zuschüsse werden häufig von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr dynamisch fortgeschrieben, mitunter sogar an parlamentarischen Kontrollinstanzen vorbei.
Bei der Finanzierung öffentlicher Sozialeinrichtungen in kirchlicher Hand wird lediglich ein geringer Teil der Kosten von den beiden großen Kirchen selbst aufgebracht. Den überwiegenden Kostenanteil (zwischen 85 und 100 Prozent) tragen die Nutzerlnnen und die öffentlichen Hände, also auch die konfessionslosen SteuerzahlerInnen. Insgesamt läßt sich feststellen, daß kirchliche Sozialeinrichtungen den Staat teurer zu stehen kommen, als wenn er sie selbst unterhalten und dafür die immense Subventionierung der Kirchen einstellen würde.
Quelle:
http://www.schmidt-salomon.de/papst.htm
Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Amazon [Bot], Bing [Bot] und 73 Gäste