Deine oder meine Meinung spielt keine Rolle.
Nein?
Wessen denn dann? Die Zeiten, als der Vatikan oder die SED für uns das Denken und entscheiden abnahmen, sind doch hoffentlich schon lange vorbei.
Wenn die Kirche die Probleme tatsächlich kennt und nicht behebt (denn das könnte sie, indem sie die Verträge kündigt und auf die betr. Privilegien freiwillig verzichtet), dann will sie auch diese Probleme oder nimmt sie zur Realisierung eigener Interessen billigend in Kauf.
Wenn der Staat die christliche Kirche tatsächlich gleichbehandeln würde, benötigte es keiner Kirchenstaatsverträge (die ja die bestehenden Gesetze fast ausschlie0lich zugunsten der Kirche ergänzt). Die bestehenden Gesetze decken dann ja alles ab, was nötig und (gleichberechtigt) möglich ist, oder etwa nicht?
In einer Demokratie bestimmen die Wähler - direkt wie indirekt - über die Politik. Über juristische Befindlichkeiten - d.h. die Korrektheit / Schlüssigkeit und Einhaltung der Gesetze die Gerichte bis zum EU-Verfassungsgericht.
Bisher hat noch niemand die Kirchenstaatsverträge - insbesondere ihre Auswirkungen - verfassungsrechtlich prüfen lassen. D.h. nicht das diese verfassungskonform sind. Die EU-Verfassung ist zudem noch sehr neu und nicht überall im Detail fertig. Der Name "Vertrag" ist hier übrigens irreführend, da es sich vielmehr um Gesetze bzw. die bestehenden Gesetze abändernde Regeln handelt - nicht um einem simplen "Vertrag" zwischen zwei Parteien gem. BGB. (schon - aber nicht nur - weil die Partei "Kirche" eine in der dort verwendeten Form "fragwürdige" juristische Person ist)
Ich nehme an, das die Kirche kein Problem mit einer erneuten Prüfung der Verträge - u.U. auch außerhalb Deutschlands - hätte. Die deutsche Regierung handelt eben nicht immer "formal", sonst gäbe es ncht immer wieder vor dem Verfassungsgericht "zerlegte" Gesetze, die teils lange in Kraft waren.
Meine Meinung allein wird sicher nicht viel ausrichten, wenn aber immer mehr Menschen ähnlich denken, spielt das schon eine Rolle. Von diesen gibt es bereits heute viele und es werden sukzessive immer mehr, die sich mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigen und zu ähnlichen Schlüssen kommen. Und das ist auch gut so - auch wenn die Zeit wie die Aufklärung im Moment noch nicht so weit ist.
Ich denke und hoffe auch, das die EU hier mittelfristig klare, faire wie politisch sachgerechte Lösung finden wird und dabei z.B. die Kirchenstaatsverträge als nicht rechtens erachtet. Das deutsche Beamtentum allein stand schon mehrfach in der Kritik - nicht nur (aber auch) bei der EU und ist an sich schon ein "fragwürdiges" Konstrukt. Immerhin hat heute wenigstens die Telekom keine aus Steuern bezahlten, zigtausenden Beamten mehr (auch wenn wir alle deren Beamtenrente fleißig finanzieren dürfen). Das in Thüringen übrigens 60% aller Beamten die Linke gewählt haben, lässt weit blicken.
Wenn Deutschland diese Dinge nicht selbst klären kann bzw. wird, werden uns soziopathische Probleme in nicht allzu großer Ferne dazu zwingen - wenn nötig über die (hoffentlich handlungsfähige) EU. Zünder oder Lunte könnte z.B. die beginnende Diskussion zur bisher verfehlten Migrationspolitik - speziell im Kontext des dem Islam / der sog. "Islamisierung" - werden, solange die Bombe nicht zu früh und nach hinten losgeht - d.h. man irrigerweise die "christliche Kirche" auf Staatsebene stärkt, um "etwas gegen die Islamisierung in der Hand zu haben". Derartige Ideen hört man ja auch schon häufiger. Die Moslems wie andere Gruppen werden ähnliche Rechte und Privilegien fordern, wie sie die Kirche besetzt. Mich interessiert heute schon die Reaktion der Katholiken darauf...
Die anmaßenden Forderungen einiger (hauptsächlich katholischer) EU-Politiker (Polen, Deutschland usw.) nach einem "Gottesbezug" (zur Klarstellung: man meint den "christlichen Gott") in der neuen EU-Verfassung deutet m.E. schon darauf, das man sich der potentiell drohenden "Gefahr" bewusst ist.
Der Staat hat Aufgaben für die wir ihn als Steuerzahler finanzieren. Möchten wir, das der Staat nicht mehr für Bildung zuständig ist, dann ist er es halt nicht mehr - darf uns dafür aber auch nur weniger Steuern abnehmen (was wahrscheinlich utopisch ist).
Ein freier Zugang zu Bildung - also unabhängig von finanziellen Verhältnissen - ist eine Errungenschaft unserer heutigen Gesellschaft. Die Zeiten, als Arme nur Bildung an stark katechisierten kirchlichen Bildungseinrichtungen, wo Beten und "Christ-Sein" selbstverständliche Pflicht war, bekommen / "finanzieren" konnten sind zum Glück vorbei.
Gleichbehandlung
Ja, der Staat selbst handelt weltanschaulich weitgehend neutral. Die "staatlichen" Schulen aber werden von den Ländern und praktisch oft von der lokalen Politik betrieben. Deshalb halte ich eine bundeseinheitliche Bildungspolitik - weg von den Ländern - für sehr wichtig, denn dort findet häufig eben keine Gleichbehandlung statt.
Jeder Katholik, Kommunist oder Scientollogy-Anhänger hat Anspruch - wie jeder andere - auf einen staatlichen Schulplatz. Wer eine durch die eigene Religion gefärbte Schulzeit haben will, kann gern eine entsprechende Privatschule der Kirche oder sonstwen besuchen - er kann aber nicht erwarten, das man seine persönliche Glaubenswelt anderen aufbürdet oder er gegenüber anderen irgendwelche Vorzüge genießen kann, in welcher Form auch immer. Das EU-Gericht sah das bereits bei in staatlichen Schulen als Religionssymbol aufgehängten Kreuzen nicht mehr gegeben. Ich sehe das ebenso, schon weil das Kreuz als historisches Symbol der Macht und Unterdrückung auf manch einen auch negativ wirken kann. Eine staatliche
Schule sollte "weltanschaulich neutral" sein und sich am Wissen orientieren. "Neuralität" ist angesichts der verschiedensten möglichen Weltanschauungen heute praktisch nur machbar, wenn man Religion aus der Schule entfernt, sich maximal noch wissenschaftlich mit dem Phänomen beschäftigt. Ich denke mal, das die EU-Richter dies in der Urteilsbegründung besser formulieren konnten als ich.
Für absolut unakzeptabel in einer staatlichen Schule sehe ich z.B. die Pflicht zu beten oder an Messen teilzunehmen, denn dies kann - schon wegen der Weltanschauung der anderen - für ein oder viele andere in der Klasse belästigend oder eine Zumutung sein. So haben ja die beiden Weltreligionen schon ans sich - Du sollst keinen Gott haben (anbeten) neben mir. Je nach Auslegung des Betreffenden kann schon ein "aus Gag mitbeten" oder der bEsuch eines "fremden Tempels" Sünde und damit unzumutbar sein.
Als Privatschule ist auch hinnehmbar, das man nur nach Konfession o.ä. ausgewählte Schüler aufnimmt - an einer staatlichen nicht.
Das einige bayrische Schulen z.B. nach dem eindeutigen EU-Urteil zu Kreuzen in (wohlgemerkt staatlichen!) Schulen auf Staatskosten neue Kreuze angeschafft und aufgehängt haben zeigt nur einmal mehr die Diskrepanz von staatlichem Bildungsauftrag und praktischem Schulbetriebn.
Wie Du schon sagtest - jeder kann seine eigene Schule gründen - dann allerdings als Privatschule. Das diese auch Zuschüsse vom Staat bekommen kann, wenn sie den staatlichen Bildungsauftrag erfüllt - z.B. einheitliche Bildungsziele der Schüler erreicht) - stelle ich nicht mal in Frage.
Übrigens:
Jede Weltanschauung hat irgendwo ihre sozialen wie juristischen Grenzen. Nur weil eine Religionsgruppe z.B.
Am 1.1.2011 alle Kinder ihrer Anhänger - vielleicht auch noch Dritte - umbringen will, weil da das "Ende der Welt" kommt osä., kann man das nicht im Rahmen der Religionsfreiheit dulden. Wenn sie sich nur selbst umbringen wollen, meinetwegen schon.
Christel,
Alles was ich möchte IST Gleichbehandlung. Gleich heisst aber auch gleich.
(btw: ich dachte Du hättest mit "Gleichmacherei" ein Problem?)
Das Argument aus Georges Orwell's "Farm der Tiere":
"alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher als gleich"
ist ein gutes Beispiel für die häufigste MißInterpretation von "Gleichheit", mit dem Ungerechtigkeit oder gar Unterdrückung anfangen (können).
Größe oder Dauer der Historie einer Gruppe kann nicht maßgeblich für besondere Behandlung oder gar Privilegien sein. Damit waren schon - ohne historische Namen zu nennen - ganz andere auf dem Holzweg...