Islam & Christentum – was gleich ist?

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Christel
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Heinrich5 hat geschrieben:Das ist doch lächerlich. Natürlich ist das eine Frage der Weltanschauung. Daraus resultieren unsere unterschiedlichen Auffassungen zu den Gemeinsamkeiten von Islam und Christentum.
Wieso?
Unterschiede und Gemeinsamkeiten resultieren aus dem Selbstverständnis des Islam und des Christentums.
Es gibt Fakten. Diese können sachlich vorgebracht werden.

Gut, wenn ich Deine Aussagen so lese, die leiten diese sich doch sehr aus Deiner eigenen Weltanschauung ab.

Erst schreibst Du:
Heinrich5 hat geschrieben:Zu b)
Ich habe nicht behauptet, dass Islam, Christentum und Fundamentalismus identisch sind, ich habe lediglich Islam und Christentum miteinander verglichen und Gemeinsamkeiten festgestellt.
Dann behauptest Du, in Deinem Text (Mi 20 Jan, 2010 10:44), eigentlich genau das Gegenteil. Du unterstellst, Fundamentalismus!
Außerdem Feindschaft gegen Demokratie und Pluralismus, zu Grund- und Menschenrechten, argumentiert mit dem StGB...
Heinrich5 hat geschrieben:Christentum und Islam haben gemeinsam, dass sie auf jedes Infragestellen ihrer Positionen mit wütend-allergischen Angriffen regieren.
Freundlich klingen Deine Behauptungen nicht gerade. - Oder müßte ich das so empfinden?
Angenommen Du hättest die Macht, Du könntest Christentum und Islam verbieten. Würdest Du es tun?

Grüße
Christel
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
niels
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von niels »

Zu gern behauptet der Mensch in allen Dingen die er sagt und tut "objektiv" zu sein. Tatsächlich sind alle seine Aussagen in irgend einer Form "geprägt". So lernt auch jeder Journalistikstudent, das es keine "objektive Berichterstattung" gibt und geben kann.

Mit Äpfel und Birnen wollte ich lediglich sagen, das die Gemeinsamkeiten von Islam und Christentum - je weiter man sich von beiden entfernt und als "Außenstehender" draufschaut - immer größer, die Differenzen dagegen schrumpfen - vielleicht auch irgendwann gegen Null tendieren. Demnach macht auch die Diskussion "was ist unterschiedlich" nur begrenzt Sinn.

Interessant finde ich, das einige Beteiligte beider Seiten große - ja zuweilen sogar "unüberwindliche" - Differenzen sehen (vor allem dort wo die jeweilige Religion den anderen nicht voll toleriert - damit meine ich nicht die Lehre, denn Religion wird ja bekanntlich von ihren Anhängern "gelebt").

Sicher sind beide Religionen - wie Äpfel und Birnen - voneinander verschiedene Entwicklungswege gegangen. Für den Menschen allgemein macht das aber keinen nennenswerten Unterschied. Er kann in beiden Religionen ebenso gut wie schlecht sein "Wertemodell", seine Freunde / "Familie" wie seine "Erlösung" finden.

Das sich einige Beteiligte binnen den Religionen gern über "die anderen" stellen, scheint ein Prinzip der Sache zu sein. Man erhöht sich scheinbar dadurch, indem man andere unter sich platziert - ein uraltes wie für viele funktionierendes Prinzip. toleranz wird da allerdings zum Irrwitz - alle Gottgläubigen sind genauso gut wie die meiner Rekigion, nur das halt die Religion die "bessere" ist, weil angeblich näher dran am "Alten"...
Christel
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Niels,
volle Zustimmung, völlig objektiv ist niemand! Für meinen Geschmack sollte Berichterstattung... dennoch um Objektivität bemüht sein!

Jetzt bin ich schon den ganzen Abend am Grübeln:

Heinrich hat hier zwar den Islam angesprochen:
Heinrich5 hat geschrieben:Die Buchreligion des Islam steht darüberhinaus mit zahlreichen demokratischen Grund- und Menschenrechten auf Kriegsfuß.


Aber er stellte es ausdrücklich unter diese Überschrift:
Heinrich5 hat geschrieben:Es gibt noch vielmehr Gemeinsamkeiten:
Weiter schreibt Heinrich:
Heinrich5 hat geschrieben:Christentum und Islam haben gemeinsam, dass der heutige erreichte gesellschaftliche Pluralismus nicht als Errungenschaft begriffen, sondern im Gegenteil als Zeichen eines „Sinnverlustes“ bzw. „Wertezerfalls“ gedeutet wird. Dieser Entwicklung entfliehen Christen und Muslime, in dem sie sich auf unantastbare Fundamente beziehen. Und genau das macht den christlichen und islamischen Fundamentalismus heute für Christen und Muslime so attraktiv.

Christentum und Islam haben gemeinsam, dass sie auf jedes Infragestellen ihrer Positionen mit wütend-allergischen Angriffen regieren. Sie können nicht offen für Veränderungen sein, da die ihnen bzw. ihren geistlichen Führern offenbarte „Wahrheit“ nicht hinterfragbar ist.
Wie war es nach dem Krieg möglich, trotz einer beinahe 100%ige Kirchenzugehörigkeit der deutschen Bevölkerung, im Westteil Deutschlands eine pluralistische demokratische Gesellschaft zu schaffen?
http://fowid.de/fileadmin/datenarchiv/R ... 0-2008.pdf

Wie schaffen das die Amerikaner?

niels hat geschrieben:Man erhöht sich scheinbar dadurch, indem man andere unter sich platziert - ein uraltes wie für viele funktionierendes Prinzip. toleranz wird da allerdings zum Irrwitz
Das Prinzip ist sehr allgemein verbreitet. Es pflegen auch Nichtreligiöse. Scheint irgendwie psychologisch und allgemein menschlich zu sein.
Mögliche Mortive:
- das eigenes Selbstwertgefühl erhöhen,
- andere Menschen blenden.

Wer Machtverhältnisse, Schlechtigkeit aller Art, Demokratiefeindlichkeit... bei anderen kritisiert, wird leicht selbst für freiheitlich gesinnt, gut, demokratisch... gehalten. Dafür muss er nichts tun! Er muss nicht gut sein, nicht tolerant ... - Polemik und beißende Kritik reichen.
Es gute alter Freund von mir formulierte dazu lapidar: „Freiheit gilt, bis wir das Sagen haben.“

Grüße
Christel
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Heinrich5

Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Was bei Islam und Christentum weiterhin gleich ist, ist der religiöse Wahn. In diesem religiösen Wahn unterscheiden sie sich dann in wenigen Nuancen.
Frage von Christel:
Wie war es nach dem Krieg möglich, trotz einer beinahe 100%ige Kirchenzugehörigkeit der deutschen Bevölkerung, im Westteil Deutschlands eine pluralistische demokratische Gesellschaft zu schaffen?
Nach 1945 stand man vor der Aufgabe die Nazi-Ideologie in den Köpfen der Deutschen zu beseitigen. Das ging nur mit Aufklärung einher. Nicht nur der schon längst begonnenen Säkularisation gab das einen ungemeinen Auftrieb.
niels
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von niels »

Spätestens nach unserem letzten Kaiser (von Gottes Gnaden), der sich auf (aus der Sicht vieler damals) "beschämende Weise" ins Exil bbrachte, ging auch der politische "Arm" der Kirche - mit der Weimarer Republik - spätestens aber mit den Nazis, denn die wollten ganz sicher keine politisch-wirksame oder gar aktive Kirche mehr haben - war die Entkirchlichung der Regierung und Politik da.

Die Kirche hat sich nicht bewusst und gewollt aus der Politik "zurückgezogen" - sie wurde von den Menschen, die neue Ideen und Bedürfnisse an Freiheit entwickelten, nach und nach verdrängt.

Nach dem ;Krieg blieb dies so in der DDR auf Beschluß der Regierung, im "freieren" Westteil dagegen sammelten sich die politische Käfte der Kirche in der frühen CDU wie der CSU. Erst in den letzten Jahren bewegt sich die CDU "spürbarer" weg von der Position eine Art "linke Hand der Kirche" zu sein, da sie als Volkspartei auch nicht anders kann. Eine recht enge Bindung in so mancher Region scheint es davon ungeachtet auch heute noch zu geben.
Christel
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Heinrich5 hat geschrieben:Nach 1945 stand man vor der Aufgabe die Nazi-Ideologie in den Köpfen der Deutschen zu beseitigen. Das ging nur mit Aufklärung einher. Nicht nur der schon längst begonnenen Säkularisation gab das einen ungemeinen Auftrieb.
Das lief aber nicht so! Die Demokratie wurde gleich geschaffen. Nicht erst nach dem weiteren Rückgang der Kirchlichkeit. Wir haben heute die Demokratie, obwohl 2/3 der Bevölkerung zur Kirche gehören. - In den USA glauben die meisten Menschen an Gott, dennoch ist es eine Demokratie.
niels hat geschrieben: - spätestens aber mit den Nazis, denn die wollten ganz sicher keine politisch-wirksame oder gar aktive Kirche mehr haben - war die Entkirchlichung der Regierung und Politik da.
Eben:
Es wurde angeordnet, dass der HJ-Dienst künftig während der Gottesdienstzeit veranstaltet werde. Die Auswirkung auf Religionsunterricht an den Schulen und im Konfirmandenunterricht war für die Kirche verheerend. Auch die NS-Frauenschaft in Lauffen warb nun ständig für den Kirchenaustritt.
http://www.mahnung-gegen-rechts.de/page ... NSZeit.htm
Der kirchliche Kindergarten in der Schulstraße sollte enteignet werden. In der Oberschule wurde der Weltanschauungsunterricht (WAU) eingeführt.
http://www.mahnung-gegen-rechts.de/page ... NSZeit.htm
Die Nazis schafften dennoch keine Demokratie. Die Kommunisten auch nicht!
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von niels »

...und die Kirche über mehr als tausend Jahre ebensowenig.

Für unsere heutigen - für viele "selbstverständlichen - Freiheitsrechte haben allein schon die 68/69 Bewegungen mehr in Gang gesetzt als Kirche & Co. über tausend Jahre.

Die Weimarer Republik war ebenso wenig Idee oder Wunsch der Kirche wie die humanistische Aufklärung, an der selbst Luther wohl mehr Anteil hatte als diese selbst. Die BRD der 50er - unter Adenauer & Co, - war immer noch weithin nazistisch und prüde vermieft, bis der Druck von Prüderie und gefühlter Ungerechtigkeit sich in der Jugend von 68/69 regelrecht "entlud" und sich einige sogar bis in gegenteilig extreme Positionen begaben.

Die Kirche - wie auch eine Reihe besonders "katholischer" bzw. erzkonservativer Politiker (z.B. in Polen) - stehen und engagieren sich selbst heute noch (wenn auch nicht auf dem Papier und teils wohl auch gegen die Punkte des 2. Konzils) gegen eine ganze Reihe freiheitlicher Rechte und (eigentlich selbstverständliche) Bürgerrechte - als würden diese gar nicht existieren. Das diese Rechte angeblich "unsittlich" oder "unmeschlich" sind, sagen interessanterweise fast nur die betr. Religionsmitglieder / -verfechter. Dafür empfinden immer mehr Außenstehende Versuche oder Akte der Einmischung oder Einflußnahme auf Politik & Co.

Halbwegs "gemäßigt", erheblich offener und wohl auch moderner dürfte zumindest noch die protestantische Kirche sein, die sich m.E. erheblich mehr an den Bedürfnissen der Menschen / zumindest ihrer Mitglieder entlangbewegt. Zuudem scheint auch der Druck auf Politik und Gesellschaft merklich weniger spürbar, auch wenn es ihn dort auch hie und da gibt.

Als "eher angenehm" empfinde ich den Umgang mit Göttern und Religionen der Menschen in einigen fernasiatischen Ländern. Nicht nur, das diese im Mittel erheblich ausgeglichener und freundlicher miteinander umgehen - Religion wird eher als Option und "Erweiterung" als Einschränkung des Lebens gelebt. Jeder Mensch strickt sich - je nach Ethnie, Lebensumfeld oder schlicht persönlichen Vorlieben - sein eigenes "Buqet" aus Göttern und anderen esotherischen Wesen / Geistern zusammen, wie ER es für sich am besten hält. Nichtkonfessionellen geht man ebensowenig auf den Sack, wie man sie als "Außenseiter" oder gar "feindlich" betrachtet - man schließt sie ebenso und selbstverständlich in betreffende Kreise ein und akzeptiert und erfreut sich - ohne jedwede Diskussion (oder gar Missionsversuch/-debatten) - dessen gleichrangige Anwesenheit.

Die katholisch-christliche wie islamische stetig zu wiederholende Kriecherei um Gnade und wohlwollen des "allgütigen" Herrn wirkt dagegen merkwürdig bis betroffenmachend. Wie schlimm muß es um Lebensmut und - freude stehen, wenn man nur auf solche Weise noch "Hoffnung" erreichen kann?

Das Gefühl des "erwählt-seins" scheint vielen immerhin viel wert zu sein und es scheint zuweilen so, als könne man sich als "Erwählter" auch hie und da besondere Bosheiten herausnehmen, da man ja den Herrn auf seiner Seite hat.

Wird "Hoffnung" aus Religion gar zur Anhaftung, folgen daraus alle für Anhaftung typischen Symptome. Man ist zwar nicht gesund oder gesünder - fühlt sich aber wenigstens so während einer Spielsucht-Session, beim Konsum von Drogen oder auch während eines Kaufsüchtigen "Shopping-Tags". Es gibt Menschen denen reicht das nicht nur, sie können ohne dem nicht leben und tun alles dafür, um "dranzukommen". "Hoffnung" kann ebenso süchtig wie abhängig machen - egal woher sie auch kommen mag und ob sie auch nur einen Funken begründet ist.

Leider aber sehen einige Religionsinstitutionen "Anhaftung" als eines der wichtigsten und höchsten Ziele - vermitteln "geistige Exklusivität" als "reinen Geist", was sie besonders gefährlich macht - vor allem wenn schon Kinder damit "geimpft" und geprägt werden.

Deshalb halte ich persönlich auch "weltanschauliche Erziehung" von Kindern für eine die freie Persönlichkeitsentwicklung am schlimmsten beschränkenden Mißbrauch, den man einem Kind antun kann. Auch wenn das manchem nicht einfach fallen mag - man kann zwar gern als "Vorbild" leben - den rechten Weg zur Weltanschauung kann und sollten gesunde Kinder auch sehr gut selbst finden. Solange das auf der Erde nicht weithin halbwegs funktioniert, wird es aus jeder "exklusivierten" (sich "erwählt" fühlenden) mono-theistischen Glaubensgruppe immer wieder mal Ärger geben.
Heinrich5

Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zitat Christel:
Wir haben heute die Demokratie, obwohl 2/3 der Bevölkerung zur Kirche gehören
3/4tel oder 4/5tel Anteil Kirchenmitglieder an der Bevölkerung hätten Demokratie bei uns eventuell sicher verhindern können. :(

Da müssen wir echt froh sein, dass der Anteil der Bevölkerung, der zur Kirche gehört auf 2/3 gesunken ist. :D 2/3 ist aber für die Kirchen eine Zahl, von der sie heute nur noch träumen können.
Heinrich5

Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Was gleich ist?
Dazu zähle ich auch die religiöse Intoleranz zwischen Muslimen und Christen welche durch Fanatiker auf beiden Seiten immer wieder angestachelt wird.
Hass zwischen Muslimen und Christen führt seit 1999 in Nigeria immer wieder zu religiöser Gewalt und blutigen Unruhen im bevölkerungsreichstem Land Afrikas. Ähnlich geht es in Ländern Süd-Ost Asiens Bsp. Indonesien u.a. zu.
Nigeria:
1999: Bei der Einführung des islamischen Rechts Scharia kommt es zu religiös-ethnischer Gewalt mit rund 1000 Toten.
2008: 200 Tote
Januar 2009: 300 Tote
Juli 2009: 150 Tote
Januar 2010: 300 Tote
März 2010: 500 Tote
Nigeria hat 140 Millionen Einwohner, davon ca. 50 % Muslime und ca. 50 % Christen.
Die Täter brauchen in dem afrikanischen Land keine Strafe fürchten. Es wurde bisher (seit 1999) noch nie jemand angeklagt. Mit jeder neuen Gewalttat wächst der Hass zwischen Muslimen und Christen. Die Abstände zwischen den Gewalttaten werden immer kürzer. Wirtschaftlicher Erfolg, Konkurrenz um Wasser und Weide- oder Ackerland sind die eigentlichen Quellen des Konflikts. Religiöse Fanatiker auf beiden Seiten haben nur allzu oft leichtes Spiel, die Schuld an Problemen dann der jeweils anderen Gruppe zuzuweisen.
http://www.welt.de/politik/ausland/arti ... nl_Politik
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von niels »

seit ein paar Jahren habe ich den wachsenden Eindruck, das die Islamisierung vor allen in den west bis nord-westafrikanischen Ländern immer intensiver zu spüren ist - vor allem aber auch auf politischen Ebenen in der Regierung. Islamische Themen und Sendungen in den Staats-TV-Sendern haben merklich zugenommen und auch in der Öffentlichkeit scheinen Muslime sich "stärker" zu fühlen (oder jedenfalls zu geben). Regierungschefs zeigen sich bei Besuchen mit Saudis und betend zu hohen islamischen Feiertagen.

Zwar waren die Länder auch früher u.a. islamisch "mitgeprägt" - die ismalischen Schichten (interessanterweise vor allem ehemalige soziale "Unterschichten") benehmen sich wie "Neureiche" oder "neu erstarkte". Die Politik nutzt diese Lobby geschickt für Innen- wie Außenpolitik.

Dabei sind die meisten westafrikanischen Länder traditionell gar nicht islamisch - jedenfalls nicht vordringlich.

Allerdings könnte sich das Christentum - wie schon früher -irgendwannd ebenso "auzuschwingen" versuchen. Je nachdem was politisch gerade nützlich oder praktisch ist.

In Ländern, in denen verschiedenste Ethnien und Religionen bisher streßfrei zusammenlebten scheint der Druck sichtbar zu wachsen - von Tag zu Tag - Monat zu Monat.
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Mit solchen Beispielen als Beleg ist es so eine Sache:
- Nimmt man nur Beispiele, die die Intoleranz belegen, kommt man zu dem Ergebnis, oh sind die intolerant.
- Nimmt man Beispiele für Toleranz und ein gutes Miteinander (auch die gibt es), lautet das Ergebnis, sie sind tolerant.

Gibt es unterschiedliche Gruppen, die in Konkurrenz miteinander stehen, um welche Güter auch immer, gibt es Spannungen, die sich auch in bewaffneten Konflikten äußern. Seinen das nun ethnische Gruppen, unterschiedliche Stämme, Gesellschaftssysteme (Ost-West-Konflikt) oder was auch immer.

Erinnern möchte ich an dieser Stelle, an den Völkermord in Ruanda:
In den Jahren zwischen 1990 und 1994 entwickelte sich eine Rhetorik gegen die Tutsi, die die Verfolgung und Vernichtung dieser Gruppe vorbereitete. Diese Rhetorik prägte die Aufrufe zur Gewalt in den Tagen des Völkermords. Einer ihrer zentralen Aspekte war die Technik des Verdrehens. In spiegelbildlichen Anschuldigungen warf die extremistische Hutu-Propaganda den Tutsi vor, sie planten die Vernichtung der Hutu. Ein kollektiver Präventivschlag der angeblich Bedrohten sei darum unvermeidlich. In diesem Zusammenhang spielten erfundene Meldungen über bestialische Gewalttaten an Hutu eine wichtige Rolle. Ein weiteres Element war die Ausgrenzung der Tutsi aus der Gemeinschaft der Ruander. Allein das Mehrheitsvolk der Hutu sei zur Herrschaft berechtigt.
http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord_in_Ruanda
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von niels »

Gäbe es die verschiedenen Religionen nicht, gäbe es auch keine religiös geprägte Intoleranz und die Frage nach Toleranz erübrigte sich von selbst.

Sicher - auch außerhalb von Religion gibt es Intoleranz - die hat aber andere Gründe (i.d.R. Verteilungskämpfe).

Religionen fördern die "Kultivierung" von Ethnien und die Sozialisierung neuer Gruppen, die es ohne diese nicht gäbe. In der Masse fühlt man sich offenbar leichter stark und mächtig, was m.E. Intoleranz und Verteilungskämpfe begünstigt. Dazu kommt, das sich immer wieder Menschen selbst bei übelsten "Schandtaten" allein deshalb im Recht"

Auch der immer wieder aufschwellende Konflikt zwischen Christentum und Islam ist an seiner Basis ein Verteilungskampf. Religion ist und wird da allein Mittel zum Zweck - auf beiden Seiten. Die verschiedenen - von der Religion geprägten - relativ "unflexiblen" (also starren) Vorstellungen und Wertesysteme fördern die Abgrenzung und damit die für K;ämpfe "erforderlichen" Spannungen zwischen den Gruppen.
Heinrich5

Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zitat Christel:
Erinnern möchte ich an dieser Stelle, an den Völkermord in Ruanda:
Der Völkermord in Ruanda kann mit den Vorgängen in Nigeria nicht verglichen werden. In Nigeria besteht der Nordteil des Landes vorwiegend aus Muslimen, während der Südteil hauptsächlich aus Christen besteht. Deshalb wurde schon erwogen, den Nordteil vom Süden durch eine Grenze abzugrenzen und das Land zu teilen.

In Ruanda war für den Völkermord die christliche Regierung (vorwiegend Katholiken) verantwortlich. Christliche Tutsi wurden gegen christliche Hutus aufgehetzt und umgekehrt. Davon waren 68 % katholisch und 18 % protestantisch Die 1 % Muslime waren am Morden nicht beteiligt.
Seit dem Völkermord verloren die christlichen Kirchen Ansehen und Mitglieder. Viele Christen konvertieren zum Islam. 2006 war der Anteil der Muslime von 1% auf 8,2% gestiegen.
Ruanda galt bis 1994 als das am stärksten katholische Land in Afrika. 68 Prozent der Bevölkerung zählten vor April 1994 zur katholischen Kirche, 18 Prozent gehörten protestantischen Kirchen an. Ungefähr ein Prozent waren Muslime. Gegen alle christlichen Gemeinschaften mit Ausnahme der Zeugen Jehovas[126] werden Vorwürfe erhoben, in den Völkermord verstrickt gewesen zu sein. Dem Klerus wird insbesondere das mehrheitliche Schweigen zum Völkermordgeschehen vorgehalten. Zwar schützte eine Reihe von Kirchenvertretern Verfolgte und trat der Gewalt vor Ort entgegen, jedoch kamen aus den Reihen des Klerus auch Täter. Zugleich zählten mehrere Hundert Kleriker, insbesondere Tutsi, zu den Opfern der Gewalttaten. Kirchen waren außerdem sehr häufig Tatorte von Massakern. In besonderem Maß wird der katholischen Kirche eine Mitverantwortung für das Völkermordgeschehen vorgeworfen. Sie verfügte über enge Beziehungen zur Machtgruppe um Habyarimana. Nach dem Ende des Genozids führte dies zu einem Ansehensverlust. Viele Ruander hinterfragten ihren christlichen Glauben. Eine Auseinandersetzung mit dem Schweigen des Klerus und mit der aktiven Beteiligung einiger Kirchenvertreter an Völkermordstraftaten hat bei den betroffenen Kirchen bislang kaum stattgefunden. Es gibt jedoch von einigen Kirchen wie den protestantischen Kirchen Ruandas Schuldbekenntnisse oder Entschuldigungen. 1996 lehnte Papst Johannes Paul II. eine Mitverantwortung der katholischen Kirche für den Völkermord ab. Die Schuld liege allein bei einzelnen Tätern aus den Reihen der Gläubigen.

Während des Genozids haben Muslime auffällig oft bedrohte Tutsi und Hutu beschützt. Eine umfassende Teilnahme an den Gewalttaten ist nicht bekannt. Als Gruppe waren sie zugleich nicht das Ziel der Gewalt. Viele Ruander hielten sie nicht für Einwohner des Landes, sondern für eine Sondergruppe, die ihre Identität nicht aus dem Bezug zur geografischen Heimat, sondern aus der Gemeinschaft der Muslime herleitete. Die Bereitstellung von Verstecken und die weitgehende Verweigerung, sich am Genozid zu beteiligen, haben die Wertschätzung der Muslime im postgenozidären Ruanda nachhaltig verbessert. Sie gelten als Beispiel für die anzustrebende nichtethnische, die ruandische Identität. Der Anteil der Muslime ist seit Mitte 1994 sehr stark angestiegen und belief sich im Jahr 2006 auf ungefähr 8,2 Prozent. Für Konversionen wird eine Reihe von Faktoren angeführt. Die christlichen Kirchen, insbesondere die katholische Kirche, leiden unter Ansehensverlusten. Muslime hätten sich in den Monaten des Völkermords als Retter existenziell bedrohter Menschen erwiesen. Einige Konvertierte hoffen zudem, durch ihren Übertritt zum Islam möglichen zukünftigen Gewaltausbrüchen entgehen zu können. Führende Muslime in Ruanda betrachten es als ihre Aufgabe, zur Versöhnung von Tutsi und Hutu beizutragen, und nennen diese Obliegenheit den Dschihad in Ruanda. Islamischer Fundamentalismus wird in Ruanda nicht beobachtet.
http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord_in_Ruanda
Christel
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Religionen fördern die "Kultivierung" von Ethnien und die Sozialisierung neuer Gruppen, die es ohne diese nicht gäbe.
Den Begriff „Religionen“ halte ich für sehr schwammig!
Islam und Christentum sind universal und wirken Gruppenbildung und der Einteilung in Ethnien entgegen.
Die katholische Kirche ist ja nicht umsonst eine Weltkirche!

Entstanden ist das Christentum vor ca. 2000 Jahren, der Islam vor etwa 1400 Jahren.

Was gab es vorher? Völker, Kriege, Gruppen, Gemetzel...
Was leisteten Atheisten, siehe 20. Jahrhundert? Mord und Todschlag!

Was wird es geben, sollten Christentum, Islam und sämtliche Religionen verschwunden sein?
Mord und Todschlag! Und vielleicht dann doch die große Ruhe, wenn es keine Menschen mehr gibt.
Warum? Weil wie die Geschichte zeigt, weder Islam noch Christentum die Ursache der Gewalt sind.

Solange Menschen Andersdenkende dämonisieren, werden sie sie bekämpfen!
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Re: Islam & Christentum – was gleich ist?

Ungelesener Beitrag von niels »

Den Begriff „Religionen“ halte ich für sehr schwammig!
Religionen im Sinne derer, die diese als solche verstehen ( wollen / tun).
Islam und Christentum sind universal und wirken Gruppenbildung und der Einteilung in Ethnien entgegen.
das ist mir aber neu.
da habe ich die falsche Bibel wie den falschen Koran gelesen...

Muslime bilden ebenso eine kulturelle Gruppe mit durch den Islam definierten Abgrenzungen wie das Christentum. Mag sein (wenn dies jemand so sieht) das das "theoretisch" so mal nicht gedacht war - die Praxis funktioniert aber anders. Schon die Unterscheidung von "Abend-" und "Morgenland" hat tiefreligiöse Ursprünge - ebenso wie die Teilung und Differenzierung der betr. Kulturen / Kulturgruppen.

Klar - in beiden Religionen findet sich: "Unser Gott ist für alle Menschen - wie auch unser Glaube". In beiden finden sich aber auch "Ungläubige" und wie mit diesen "zu verfahren sei". Wer nicht überläuft, ist entweder Feind oder halt "nur minderbemittelt". Aber: Abgrenzung von Ethnien oder Kulturen / Gruppen passiert schon viel früher. Der Islam findet seine "Ursache" in der "Abkapselung" der Juden, die sich - über Religion kulturell "vernetzt" - aus der Sicht der verbliebenen Gruppen wie Familien für "zu mächtig" entwickelt hatten, weshalb ein Mohammed Ihnen kut einem "gleichwertigen" Konzept für sein Volk (was bis dahin nicht mals ein eines war) "Paroli" bieten wollte.

Kulturell gibt es sehr klare Abgrenzungen zwischen den verschiedenen Glaubensgruppen wie auch Menschen die an nichts oder anderes glauben. Zwar wird das Gegenteil im Rahmen der "wir sind tolerant" Programme immer wieder kommuniziert - in der Realität aber bleiben solche "frommen" Wünsche fast immer "Folklore"...

Dabei hätten wir zumindst dieser Art Differenzen erst gar nicht wenn wir keine Religionen hätten.

Goeorge Orwell:
"alle Tiere sind gleich.
;Manche Tiere sind gleicher als gleich"


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