Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

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Heinrich5

Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zurück zur Erbsünde
Noch eine interessante Feststellung:
Die Erbsünde schwächt den menschlichen Willen ( macht ihn aber nicht etwa "willenlos" !) und zeitigt die Neigung zur ungeordeten Begierlicheit, zur Sünde ! Die unfehlbare Lehre der Heiligen Mutter Kirche über die Erbsünde wird denn heute gleichsam vielfach als "Relikt alter Zeiten" in die Neuzeit "übersetzt"....Diese "Uebersetzung" lautet denn:"piep, piep, piep...wir haben uns alle lieb....wir sind alles "Gut-Menschen" mit lediglich psychosomatisch bedingten "Fehlern", die denn auch wieder menschlich behoben werden können..."
Heute zu Beginn des 21. Jahrhunderts müssen wir feststellen:
Die Sünde ist innert kürzestes Frist von einer spass- und vergnügungssüchtigen Gesellschaft der Selbstvergötterung "abgeschafft" worden ! Erschreckend, aber traurige Tatsache !
Alleine eine Rückbesinnung auf die heilige Tradition der Heiligen Mutter Kirche vermag diese in den Herzen / Seelen festsitzende Schlacke der Lüge wieder zu entsorgen....vorausgesetzt, dass dieses verdorbendste Menschengeschlecht aller Zeiten dies überhaupt noch will. Bei versteinerten - unbussfertig verstockten - Herzen vermag selbst die BARMHERZIGKEIT CHRISTI nicht durchzudringen ! Auch dies ist ein Mysterium.....des Bösen ! Tun wir denn, was in unserer Macht steht, um fürbittend und sühnopfernd für jene zu bitten, die Gefahr laufen, durch ihre Verstocktheit seelisch auszutrocknen und auf ewig zu sterben...die ewige Bestimmung der Unbussfertigen ist schrecklich !
http://www.razyboard.com/system/morethr ... 946-0.html

Ich bin also noch nicht verloren! Für mich, für mein versteinertes, unbussfertig verstocktes Herz wird also doch noch etwas getan! Für mich wird fürbittend und sühnopfernd gebetet. Halleluja :D
Christel
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Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von Christel »

@ Heinrich, zu Deinem Beitrag vom Sa 14 Jul, 2012 8:34:
Heinrich5 hat geschrieben:[nach den berichteten Wundern zu urteilen, der Eindruck auf die Zeitgenossen in Jerusalem nachhaltig hätte sein müssen.
Diese Annahme zeugt von Unkenntnis in Sachen historischer Quellenlage allgemein. Selbst von den Herrschern der Antike ist die Quellenlage zuweilen außerordentlich dünn. Noch im Mittelalter gibt es außerordentlich große Lücken, selbst was Herrscher betrifft. – Würde man solche Quellen in Aussagen von Anhängern und Gegnern trennen und nur die der Gegner berücksichtigen, wüsste man von so mach einer historischen Persönlichkeit gar nichts.

Jerusalem war eine Provinz, Rom war der Nabel der Welt. Der Eindruck, den Jesus in Jerusalem hinterlies war groß genug, um ihn zu kreuzigen. – Dies haben auch die Gegner des Christenrums nie bestritten. – Anbetracht der Tatsache, dass Jesus aus der normalen Bevölkerung stammt und im Vergleich zur allgemeinen historischen Quellenlage ist Jesus außerordentlich gut belegt!


@
von Heinrich5 » Sa 14 Jul, 2012 14:37
Zurück zur Erbsünde
Ich bin beeindruckt, was Du alles für randständige Quellen findest. „Katholisches Forum der Tradition“, was ist denn das? Kannst Du mir das sagen? Ich habe nach dem Impressum gesucht und es nicht gefunden. Wo ist es?
Wenn Du tatsächlich über Erbsünde diskutieren willst Heinrich, dann musst Du „Erbsünde“ von „Sünde“ unterscheiden.

FG Christel
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Heinrich5

Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Die Erfahrung hast Du doch sicher auch schon gemacht, beim „ googeln“ findet man so einiges Interessantes. Und das Impressum ist doch ganz leicht zu finden:
http://www.razyboard.com/impressum
Zwischen der Erfindung einer nichtexistierenden Erbsünde und einer tatsächlich begangenen „Sünde“ kann ich schon unterscheiden.
Christel
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Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von Christel »

@ Heinrich, ich fragte nicht nach dem Betreiber der Plattform.
„razyboard.com kostenlose foren für Jedermann“ ist bekannt. Ich fragte nach diesem bestimmten „Jedermann“ auf den Du verlinkt hattest.


@
Heinrich5 hat geschrieben:Zwischen der Erfindung einer nichtexistierenden Erbsünde und einer tatsächlich begangenen „Sünde“ kann ich schon unterscheiden.
Und warum bitten dann Deutsche, die in der NS-Zeit noch nicht lebten noch immer für die Untaten der Nazis um Verzeihung?
Weshalb bekommen heutige Katholiken noch immer Kreuzzüge und Hexenverfolgung vorgeworfen?
Weshalb ist es der Menschheit bisher nicht gelungen eine gerechte Welt zu schaffen?
Weshalb gelingt es niemanden gegenüber seinen Mitmenschen immer gerecht zu sein?
Weshalb schaffen Menschen mitunter gerade dann Leid, wenn sie meinen etwas Gutes zu tun?
Lassen sich Menschen heute nicht mehr durch die Aussicht auf eine "Belohnung" verführen? Wenn's dann anders kommt, schieben sie dann heute einander nicht mehr die Schuld zu, wie es schon in Gen 3 beschrieben ist?
Wenn es keine Erbsünde gibt, dann dürfte es das alles gar nicht geben.

Wer meint, es gibt keine Erbsünde oder die Erbsünde sei hinweggenommen, müsste der dann nicht mit seinen Mitmenschen anders umgehen?
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Heinrich5

Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Und warum bitten dann Deutsche, die in der NS-Zeit noch nicht lebten noch immer für die Untaten der Nazis um Verzeihung?
Weshalb bekommen heutige Katholiken noch immer Kreuzzüge und Hexenverfolgung vorgeworfen?
Weshalb ist es der Menschheit bisher nicht gelungen eine gerechte Welt zu schaffen?
Was bitte schön hat das mit der von Augustinus erfundenen und nicht existierenden Erbsünde zu tun?
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Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von niels »

@Christel: Du verwechselst hier grundlegend: Die Erbsünde trifft das Individuum als Nachfahren dessen oder deren, die eine Sünde begangen haben, unmittelbar selbst.

Wenn die Kirche oder der Nationalsozialismus kritisiert werden, dann werden hier Institutionen kritisiert - wegen ihrer "Taten" bzw. der aus der von ihne verbreiteten Ideologie begangenen Verbrechen. Natürlich darf man auch kritisieren, das Menschen diese Ideologien weiter stützen, womit wir Gefahr laufen das aus diesen "Lehren" wiederum neue Verbrechen verursacht werden können - doch zum Verbrecher wird man erst durch die Tat, die man selbst begeht.

Ich verstehe nicht, wie man das nicht differenziert bekommt.
Christel
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Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von Christel »

1)
niels hat geschrieben:@Christel: Du verwechselst hier grundlegend: Die Erbsünde trifft das Individuum als Nachfahren dessen oder deren, die eine Sünde begangen haben, unmittelbar selbst.
Nicht ganz: Es geht nicht um „eine Süde“, sondern um die Sündenmacht. Es geht nicht um Nachfahren und Vorfahren, sondern um den Menschen schlechthin. Der Mensch ist nicht gerecht. Kein Mensch ist wirklich gerecht.
Bei der Erbsünde geht es also nicht, um persönlich begangene Sünden / Verbrechen, auch nicht um die Sünden der Vorfahren. Es ist eine Aussage über den Menschen schlechthin.
-> Folglich hat der Mensch hat keine Möglichkeit sich selbst gerecht zu machen.


2)
niels hat geschrieben:Wenn die Kirche oder der Nationalsozialismus kritisiert werden, dann werden hier Institutionen kritisiert - wegen ihrer "Taten" bzw. der aus der von ihne verbreiteten Ideologie begangenen Verbrechen.
Nach dieser Vorstellung ist der Mensch sozusagen Opfer einer Ideologie. Er wird von der Ideologie zur Sünde / Verbrechen verführt.
-> Folglich kann der Mensch gerecht werden, indem er sich von dieser Ideologie trennt, oder?


3)
niels hat geschrieben:Natürlich darf man auch kritisieren, das Menschen diese Ideologien weiter stützen, womit wir Gefahr laufen das aus diesen "Lehren" wiederum neue Verbrechen verursacht werden können - doch zum Verbrecher wird man erst durch die Tat, die man selbst begeht.
Diese Menschen sind sozusagen die „Träger des Bösen“. Durch sie droht das Böse auszubrechen.
-> Während im Modell „Erbsünde“ alle Menschen gleich sind, teilen sich hier die Menschen in Gerechte und potenziell Ungerechte / Gefährliche.


4) Nun ist aber die Kirche keine Ideologie, sondern eine Institution. Wird dieser Institution alles Mögliche zu Last gelegt, wird sie in die Naziecke gestellt, dann wird die Institution zur Ursache des Bösen. Sie dient nun als Sündenbock und ihre Träger müssen als Sündenböcke herhalten.

Zum Vergleich:
Früher im Kommunismus / Sozialismus war die Kirche lediglich Relikt einer überholten Gesellschaftsordnung in der sie Teil des Überbaus war, Instrument der herrschenden Klasse. Die eigentliche Ursache der Probleme war jedoch das Privateigentum an Produktionsmitteln.
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Heinrich5

Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Der Islam kennt keine Erbsünde und braucht diese nicht:
Der Islam kennt keine Erbsündenlehre. Im Koranwird sogar ausdrücklich erwähnt, dass Allah Adam bereits verziehen habe, weswegen das christliche Dogma von der Erbsünde dem islamischen Dogma vom allverzeihenden Gott gegenübersteht. Jeder einzelne Mensch wird nach islamischer Lehre nur für seine eigenen Taten zur Verantwortung gezogen; beim Gericht kann niemand einem anderen Menschen helfen oder schaden. Wenn ein Mensch schlechte Taten aufrichtig vor Gott bereut und um Vergebung bittet, so wird ihm diese zuteil.
Das Judentum kennt keine Erbsünde und braucht diese nicht:
Das Judentum kennt den Begriff der Erbsünde nicht.
Wenn der Mensch sündigt, verunreinigt er seine Seele, hat aber durch aufrichtige Reue und den konsequenten Entschluss, diese Sünden nie wieder zu begehen die Möglichkeit, seine Seele wieder rein zu machen, denn Gott ist barmherzig und vergibt Sünden. Hätten Adam und Eva ihre Sünde bereut, dann hätte Gott auch ihnen vergeben. Die Sünden der Vorfahren haben keinen Einfluss auf die Seele des Menschen, denn er war nicht an ihnen beteiligt und es wäre ungerecht, ihn dafür verantwortlich zu machen. Eine Erlösung im christlichen Sinne ist darum nicht nötig, weil es eben keine Erbsünde gibt. Das Warten im Judentum auf den Messias hat nichts mit Erlösung zu tun, sondern ist das Zeichen für den Beginn der „Kommenden Welt“, in der alle Juden (von den „vier Enden der Erde“) zusammengesammelt werden.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Erbs%C3%BCnde
Der Theologe Eugen Drewermann schreibt über die Erbsünde:
Noch im "Weltkatechismus" von 1992 lehrt die katholische Kirche, daß am "Anfang" der Menschheit "historisch" die "Tat" eines Menschenpaares, von Adam und Eva, gestanden habe, die durch ihren "Ungehorsam" gegen den "Willen Gottes" verstoßen hätten und damit aus der "Gnade" Gottes herausgefallen seien; seither habe zur "Strafe" die gesamte Natur sich verschlechtert, - Krankheit und Tod seien die Folgen der "Erbsünde" und auch moralisch neige der Mensch nunmehr zum Bösen. In dieser Form vorgetragen, ist die Lehre von der "Erbsünde" erkennbar unstimmig.
Sie vereinbart sich nicht mit den elementaren Forderungen menschlicher Gerechtigkeit - es ist nicht richtig, für die Tat eines Einzelnen all seine Kinder in Sippenhaft zu nehmen; sie vereinbart sich nicht mit den Grunddaten der Biologie - der Tod kam mit der Mehrzelligkeit der Lebewesen in die Welt, so wie der Schmerz unvermeidbar mit dem Nervensystem ins Leben trat, beide haben mit dem Verhalten von Menschen nichts zu tun; zudem vereinbart eine solche Lehre sich nicht mit dem heutigen Wissen von der Herkunft des Menschen aus der Tierreihe - wer eigentlich soll Adam und Eva gewesen sein: der Australopithecus africanus vor 3 Millionen Jahren, der homo erectus vor 1 Millionen Jahren, der Neandertaler vor 100 000 Jahren, der Cro Magnon-Mensch vor 30 000 Jahren oder erst die frühen Ackerbauern vor 8 000 Jahren? Das biblische "Weltbild" umfaßt einen Zeitraum von nur etwa 6 000 Jahren, und es ist und war ein schwerer Fehler, die symbolischen Erzählungen am Anfang der "Genesis" von dem "Sündenfall" Adams und Evas als Informationen über "historische" "Tatsachen" mißzuverstehen. In Wirklichkeit handelt es sich um Bilder, die das Dasein des Menschen deuten; sie zeigen eine Alternative auf, vor der ein jeder steht, wenn er seiner Lage in dieser Welt bewußt wird, nämlich, ob er sein Leben von Angst oder von der Haltung eines tieferen Vertrauens bestimmen läßt.
Bereits höher entwickelte Tiere werden in Gefahrenmomenten von Angst heimgesucht; sie merken, daß ihr Leben bedroht ist und versuchen, der jeweiligen Gefahr zu entkommen. Auch wir Menschen haben Angst vor dem Tod, doch anders als jedes Tier wissen wir unser Leben lang, daß wir im letzten dem Tod nicht entlaufen können. In der Sprache der Mythen spricht da die "Schlange", der verschlingende Rachen des Nichtseins, mit uns und stellt uns die Frage, wie wir mit der Angst umgehen, die zu unserer Existenz als Menschen gehört.
Psychologisch scheint es unvermeidlich, auf die Angst immer noch so zu antworten, wie es Tiere tun würden, nur daß sich in unserem Erleben die Angst verunendlicht und nach einer endgültigen Lösung drängt. So häufen wir aus Angst vor dem Verhungern auf der Nordhalbkugel der Erde so viele Geld- und Nahrungsmittel an, daß zwei Drittel der Menschheit dabei verarmen und verhungern; aus Angst vor einem möglichen Feind rüsten wir die Armeen der Länder so weit auf, daß sie alle sich gegenseitig vernichten können; und aus der Angst, als Mensch stets zu wenig, nur "Staub der Erde" zu sein, versucht ein jeder von uns, aus seinem Leben so viel wie möglich zu machen, etwas Absolutes, das man ohne Widerspruch anerkennen muß. Doch dieses Streben, "wie Gott zu sein", offenbart nur um so deutlicher, wie hilflos und "nackt" wir Menschen in Wahrheit sind, und so dreht die Spirale der Angst sich unrettbar immer weiter.
Nicht einen Akt des "Ungehorsams" oder des "Stolzes" beschreibt daher das Symbol der "Erbsünde", sondern es kennzeichnet die Deformation eines Daseins, das von Grund auf durch Angst geprägt ist. Eben deswegen ist es nicht möglich, auf die Not des menschlichen Daseins mit moralischen Mitteln: mit Geboten und Appellen, zu antworten. Die Angst eines Menschen löst sich nicht mit Willensentschlüssen und guten Vorsätzen, sondern nur im Gegenüber einer Person, der er absolut vertrauen kann; dann auch erst begreift er, wie sinnlos all die verzweifelten Fluchtmechanismen der Angst, die vormals so unvermeidbar schienen, in Wirklichkeit sind. Erst wenn ein Mensch das Gefühl wiederbekommt, trotz allem geliebt zu sein, wird er auf dieser Welt wieder zu Hause werden. Dann erst, als ein "durch Gnade" "Erlöster", vermag er den Zustand der Verzweiflung seines Daseins aus Angst als etwas Unnötiges, als "Daseinsschuld" zu begreifen. Nicht zur Anklage, sondern zum tieferen Verstehen des Menschen in seiner Entfremdung sollte die Lehre von der "Erbsünde" dienen.
Weiter Eugen Drewermann:
Die katholische Kirche versucht, diese Angst, die dazugehört, daß man ein Mensch ist und ein Individuum wird, zu beschwichtigen, indem sie ihre eigenen Institutionen als haltgebend an die Stelle Gottes rückt. ... Mein Hauptvorwurf an die katholische Kirche: Sie ist überhaupt nicht daran interessiert, daß Menschen sich als Person in Freiheit entwickeln. Das fürchtet sie geradezu. Denn es untergräbt ihr Herrschaftssystem. ... Wer sagt, daß Menschen Gott in ihrer Seele finden können, der wird der Kirche fürchterlich. Den muss sie bekämpfen. Der macht den Apparat der Außenlenkung offenbar überflüssig. Glaubensfragen werden so zu Machtfragen.
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Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von niels »

@ Heinrich: Freiheit vs freie individuelle Entfaltung (im Sinne zB einer FDGO) war und ist den Kirchen wohl der größte Dorn im Auge - definiert man sich ja gerade durch die Beschränkungen in ebendieser, sei es im Denken, im selbstbestimmten Leben oder Sterben usw.. Ich kenne n.ur wenige Diktaturen deren Vertreter beim Begriff "Freiheit" wie "individuelle Entfaltung" so angewidert das Gesicht verziehen wie die meisten Kirchenvertreter.
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Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Heinrich, Islam heißt so viel wie Hingabe an Gott, völlige Unterwerfung unter Gott. Es wird zwar auch vom barmherzigen, verzeihenden Gott gesprochen, aber dies gibt es nicht umsonst.

Was Eugen Drewermann hier schreibt, kennt der Islam nicht:
Erst wenn ein Mensch das Gefühl wiederbekommt, trotz allem geliebt zu sein, wird er auf dieser Welt wieder zu Hause werden. Dann erst, als ein "durch Gnade" "Erlöster", vermag er den Zustand der Verzweiflung seines Daseins aus Angst als etwas Unnötiges, als "Daseinsschuld" zu begreifen. Nicht zur Anklage, sondern zum tieferen Verstehen des Menschen in seiner Entfremdung sollte die Lehre von der "Erbsünde" dienen.
(Auszug aus dem Zitat von Heinrich, die genaue Quelle ?)

Im Christentum tut Gott selbst durch Jesus Christus das Eigentliche! Die Antwort des Menschen ist „Danksagung“; dank sagen = Eucharistie
"Jetzt gibt es keine Verurteilung mehr für die, welche in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes und des Lebens in Christus Jesus hat dich frei gemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes".(Röm 8,1f.)
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Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von niels »

@Christel: Auch Augustinus "redefinierte" den Begriff "Religion" in etwas wie "Demut vor Gott". (religare - zurückziehen o.ä.) (wohingegen ich "Hingabe" noch für weniger desktruktiv hielte, aber egal).

In Scientology tut die Natur sich durch Ron Hubbard dem Menschen mitteilen - mehr oder minder mittelbar.

Eucharistie bedeutet in der Praxis virtuellen Kannibalismus - man "ißt" ein Stück "Heiland" um seine Stärke zu empfangen, eine soziale Bindung mit ihm einzugehen - aus ebendiesen Gründen fraßen Menschen früher Feinde und / oder große Vorfahren auf, ja sogar Affen oder Ratten tun das. Es ist ein "Urritual" zur sozialen Restrukturierung - mit verschiedensten Zwecken und Zielen.

In Deinem beschriebenen Fall geht es um kollektive Gewissenshygiene. Statt sich mit der eigenen Individualität wie den eigenen Handlungen reflektiert befassen zu müssen, was sicher niciht immer angenehm oder leicht ist, erfindet man eine "Müllabfuhr" für's Gewissen, ein Radiergummi für eigene Schandtaten, weil es vor allem bequem scheint, aber Faulheit ist...
Heinrich5

Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Christel schrieb:
Was Eugen Drewermann hier schreibt, kennt der Islam nicht
Ist ja logisch. Der Islam kennt keine Erbsünde und Drewermann schreibt über die Erbsünde.
Christel zitierte:
"Jetzt gibt es keine Verurteilung mehr für die, welche in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes und des Lebens in Christus Jesus hat dich frei gemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes".(Röm 8,1f.)
Genau dafür muss die Erfindung der Erbsünde herhalten. Man redet den Gläubigen ein, dass ihre Säuglinge mit der Erbsünde geboren wurden und sofort getauft werden müssen um frei zu werden. So sichert sich die Kirche ihren Mitgliederbestand.
Christel
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Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:In Deinem beschriebenen Fall geht es um kollektive Gewissenshygiene. Statt sich mit der eigenen Individualität wie den eigenen Handlungen reflektiert befassen zu müssen, was sicher niciht immer angenehm oder leicht ist, erfindet man eine "Müllabfuhr" für's Gewissen, ein Radiergummi für eigene Schandtaten, weil es vor allem bequem scheint, aber Faulheit ist...
Nun, hier im Forum beschäftigt Ihr (Du und Heinrich) Euch nur mit den Sünden der anderen.

„Religion“ ist für Euch, nach meinem Eindruck, so ziemlich alles, außer dem, woran Ihr selbst glaubt und wofür Ihr beide steht.
Nicht der Mensch ist Schuld von Natur aus (unabhängig von persönlicher Schuld = Erbsünde), sondern die Religion ist nach Eurer Auffassung die Ursache. -> Wenn das keine geniale Gewissenshygiene ist, dann weiß ich nicht.

An dieser Stelle doch mal ein kleines Zitat aus dem Katechismus. Es zeigt wie sehr Du mit Deiner Schlussfolgerung irrst:
Sie ist der Verstandesschwäche, dem Leiden und der Herrschaft des Todes unterworfen und zur Sünde geneigt; diese Neigung zum Bösen wird ,,Konkupiszenz" genannt. Indem die Taufe das Gnadenleben Christi spendet, tilgt sie die Erbsünde und richtet den Menschen wieder auf Gott aus, aber die Folgen für die Natur, die geschwächt und zum Bösen geneigt ist, verbleiben im Menschen und verpflichten ihn zum geistlichen Kampf. http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P1J.HTM
Gerade der Christ muss sich mit sich selbst und seinen Schandtaten befassen, denn er muss sich einst dafür vor Gott verantworten - so der kath. Glaube!

Und "Kommunion" ist genau das, was das Wort sagt, es geht um Gemeinschaft mit Christus. - Man bekommt da eben nicht "ein Stück Heiland" gereicht. Das ist nicht unsere Glaube, sondern Deine Unterstellung!
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Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von niels »

@Christel: Keinesfalls, Religion bedeutet für mich (Heinrich5 sieht dies afaik zumindest ähnlich) irrationale Überzeugungssysteme. Die Kirchenreligionen (Katechismus etc.) wiederum hegen zudem diverse Absolutheitsansprüche auf "Wahrheit", sie behaupten "unumstößliche Wahrheiten".

Die Formen des "Nicht-Glaubens" wiederum sind vielfältig. Ich persönlich sehe mich dem rationalen Verstand verpflichtet, wie er zB in der Naturwissenschaft Basis ist. Das bedeutet nicht, das ich nicht auch Dinge glaube, aber:

- ich behaupte nicht, das auch nur eine der geglaubten Annahmen / Behauptungen wirklich wahr sein muß, schon gar nicht "unumstößlich" oder absolut richtig (a la "Die Partei die Partei die hat immer Recht..." oder eben die theostischen Religionen)

- ich gestehe mir ein, das wir Menschen bisher nur ein begrenztes rationales Wissen haben, alle von uns darüber hinaus gemachten Annahmen / Behauptungen nur sehr begrenzt wahrscheinlich zutreffend sind oder von beliebigen willkürlichen in der Wahrscheinlichkeit ihres Zutreffens nicht zu unterscheiden sind

Damit kann auch auch recht gut leben, wenngleich auch mich - wie jeden Primaten - der "Schuh der Mustererkennung" drückt, der es nicht immer leicht macht auch ohne eine getroffene Erkenntnis zu schlafen und dafür bereit ist Scheinerkenntnisse einzusetzen, die man sich selbst als sichere Realität verkauft.

Ich kann nicht erkennen, wo der Mensch durch Taten seiner Vorfahren oder gar als Tatsache seiner Artzugehörigkeit sich selbst in persönliche Verantwortungen für frühe oder gar alle Vorfahren begibt.

Wenn Du derartiges behauptest, dann leg bitte rational dar, wie dies der Fall sein soll.

Selbst wenn dem so sei, so käme jedem Menschen ja ab Geburt (die er sich bekanntlich weder wählen noch aussuchen kann) der Makel seiner Existenz zu, womit dies eine natürliche Eigenschaft des Menschen wäre, für die er sich wohl kaum schämen braucht.

Die von der Kirche gestrickte "Erbsündentheorie" zeigt allerdings eine Vielzahl an Verflechtungen mit höchst weltlichen Interessen, insbesondere deren Inverkehrbringer, weshalb mE schon sehr (!) wahrscheinlich sein dürfte, das vor allem diese Interessen der eigentlichen Idee Pate standen.

Für Religiöse allerdings bietet das Erbsündekonzept wie der Glaube daran erstaunliche Optionen - bietet es doch die Möglichkeit, sich durch Buße beim Schöpfer besonders einzuschmeicheln, der einen dafür mit "ewigem Leben" und anderen angeblich Erstrebenswertem "belohnt", denn obgleich ja Schöpfers Liebe wie das Himmelreich unendlich sind - Platz für alle gibt es prinzipbedingt ebensowenig wie die gleiche Liebe (was schon die Idee der Unendlichkeit auf den Kopf stellte, aber auch egal...).

Mit meinen "Sünden", nein, meinem ganzen Leben / Fehlern usw., gehe ich - im Gegensatz zu Religioten bleibt mir auch gar nichts anderes übrig, wenn ich mich nicht selbst bescheißen will, eigenverantwortlichst auseinandersetzen - da gibt es nix zu Beschönigen oder Dritten zuzuschieben - ich brauche aber ebensowenig einen imaginären Aufpasser oder Bestrafer dafür. Dennoch habe ich kein Problem damit.

Zum Konzept der katholischen "Zauberkekse" kann ich wenig sagen, außer das mir bis heute zig Leute - inkl. Priestern, Bischöfen und "einfachen" Katholen, alle was komplett Gegensätzliches / Verschiedenes dazu erzählt haben - nur simple Brotkekse waren es wohl für die wenigsten. Letztlich ist es wohl der individuellen Phantasie überlassen, was man sich dabei hinredet, wenn man sich die Dinger in den Mund steckt (oder wie meine Frau noch bei der Erstkommunion, an der sie auf Druck der Großeltern teilzunehmen hatte (man hatte Angst vor weiter eskalierender Diskriminierung, sie wurde ja eh schon fast täglich vermöbelt) vom Pfaffen eine "geschossen" bekam, weil sie die falsche Hand hinhielt).

Meinetwegen können Katholen auch die Überreste ihrer Bischöfe und Päpste, ja soger deren Exkremente "verköstigen" um sich ihnen noch näher zu fühlen - das wäre ja auch nicht wirklich neu in der Affen-, äh, Menschheitsgeschichte...
Christel
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Re: Christentum - die Erfindung der Erbsünde?

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Die Kirchenreligionen (Katechismus etc.) wiederum hegen zudem diverse Absolutheitsansprüche auf "Wahrheit", sie behaupten "unumstößliche Wahrheiten".
Was sind denn „Kirchenreligionen“?

Die verbindlichen Lehrdokumente einer Organisation, Kirche… beinhalten die Selbstdefinition dieser Organisation. Sie sagen, was in dieser Gemeinschaft geglaubt wird.

Es gibt zwei Möglichkeiten der Diskussion über Glaubensinhalte:
a) Man spricht über den persönlichen individuellen Glauben;
b) Man spricht über den Glauben einer bestimmten Organisation, Kirche…

Bei a) läuft es in Form eines persönlichen individuellen Austausches. Hier können offizielle Glaubensdokumente außen vor bleiben. Die Diskussion läuft auf rein subjektiver Ebene.

Bei b) bilden offiziellen Dokumenten der jeweiligen Organisation, Kirche die Grundlage der Diskussion.
Werden diese entstellt wiedergegeben und ist nicht der Wille zu erkennen, diese richtig wiederzugeben, dann ist eine Diskussion darüber sinnlos.

Erbsünde, habe ich erläutert. Über die Kommunion machst Du Dich nur lustig.
Folglich gibt es keine Diskussionsbasis.
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