7% "Ethiksteuer"?

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Christel
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Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Wenn z.B. der Landrat aus dem einzigen staatlichen Gymnasium in Worbis eine katholische Einrichtung machen will, haben alle worbiser Gymnasiasten wohl über 15km x2 jeden Tag zu fahren, um ein "ungefärbtes" Abitur genießen zu dürfen.
Dann sicher aber nicht mit der Kirche als Träger. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Bistum Erfurt noch ein weiteres Gymnasium übernimmt.
Ansonsten kann ich Deine Argumente verstehen. Die Schüler hätten in Worbis keine Wahl mehr.
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Christel
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Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Hallo Heinrich,

Du zitierst Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung, welcher einen klaren anti-kirchlichen Standpunkt vertritt. Das Zitat gibt die Meinung von Herrn Schmidt-Salomon wieder. Wie ist denn Deine Meinung dazu?

Wenn man in dem Text vom Kirchensteuereinzug durch den Staat liest, klingt es fast so, als würde der Staat die Kirchensteuern bezahlen. Doch der Staat übernimmt hier nur eine Dienstleistung. Eine Dienstleistung bei der de Staat verdient. Das Geld, die Kirchensteuern, die der Staat weiterreicht, gehört dem Staat nicht.
Es ist das Geld von Katholiken (also Menschen, die die Kirche bilden). Es ist bestimmt für ihre Organisation, die Kirche. Wieviel das ist, spielt keine Rolle. Das Geld gehört dem Staat nicht!

Grüße
Christel
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Heinrich5

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Ich schließe mich der Meinung von Schmidt-Salomon natürlich an. Klarer und präziser kann man es kaum noch auf den Punkt bringen.

Schmidt-Salomon spricht hier nicht über die Kirchensteuern sondern vom Kirchensteuereinzug als Dienstleistung des Staates an die Kirche.

Der obige Artikel von Schmidt-Salomon bezieht sich auch nicht auf die Kirchensteuer, sondern auf die "zusätzlichen Einnahmen und Zuschüsse" aus dem Staatshaushalt an die Kirchen als "Entschädigungsanspruch" für die erfolgte Säkularisation von Teilen des Kirchenvermögens vor fast 200 Jahren.
Liborius
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Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Liborius »

Wenn ich die Beiträge hier so lese dann glaube ich, die Erhebung der Kirchensteuer ist hier im Board nicht so richtig verstanden.
Die Kirchensteuer betragt je nach Bundesland 8 bis 9% von der erhobenen Lohnsteuer bzw. Einkommensteuer (ohne Soli) - und nicht auf das Nettoeinkommen berechnet. Daneben haben alle Bundesländer einen sogenannten Kappungssatz, der nicht überschritten werden darf. Dieser Kappungssatz bezieht sich dann auf das steuerbare Einkommen. Dieser Kappungssatz beträgt zwischen 3 bis 4% des steuerbaren Einkommens und begünstigt die großen Einkommen mit den Spitzensteuersätzen.
Hier in Frankreich ist die kath. eigentlich froh, selbstständig zu sein und allein durch Spenden der Mitglieder finanziert zu werden. Lediglich die Gehälter der Pfarrer zahlt der Staat als Ausgleich für die Säkularisation. Diese Spende an das Bistum kann man zu 50% bei der ESt-Erklärung geltend machen.
http://www.nettoeinkommen.de/kirche.htm
Heinrich5

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

@Christel
Wie diese "zusätzlichen Einnahmen und Zuschüsse" aus dem Staatshaushalt an die Kirchen aussehen, kann man hier am Beispiel des Bundeslandes Baden-Württemberg nachlesen.

Unglaubliche finanzielle Verflechtung von Kirche und Land Baden-Württemberg

Auszüge aus einem Flugblatt des Freiburger Regionalverbands des IBKA, Dezember 2009

Sechs Punkte zum Nachdenken !!!

http://www.ibka.org/node/933
niels
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Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von niels »

Unserer katholischen Kirche in Deutschland fehlt die Überzeugung, neue Christen gewinnen zu können.
Aber klar doch - irgendwas müssen "wir" dem Islam ja entgegensetzen, nicht wahr? ;)

"Die Welt erobern" wird aus christlicher Seite gern unter geografischem Aspekt betrachtet, dem man hauptsächlich dem aktuellen Islam "nachsagt", denn die christliche Kirche hat ja bereits ja quasi - zumindest geografisch - "die Welt erobert". Nun geht es hauptsächlich um die Durchdringung der Bevölkerungen, was man lieber "Mission" als "Christianisierung" (oder gar "heiliger Krieg") bezeichnet, hört sich ja auch besser an...
Hier in Frankreich ist die kath. eigentlich froh, selbstständig zu sein und allein durch Spenden der Mitglieder finanziert zu werden.
Hört sich soweit sehr gut an - ein gutes Beispiel für Deutschland.
Lediglich die Gehälter der Pfarrer zahlt der Staat als Ausgleich für die Säkularisation
hmmm,
wieso lediglich? Ist sicher nicht gerade "Kaffekasse"...

und wofür? "Säkularisation"? Was ist das? Ich interpretiere das Wort eigentlich mit "Verkirchlichung" und "Mission" - beides alles andere als Part des Staates (und damit auch nicht von ihm zu finanzieren).

Werden auch islamische Prediger oder meinetwegen auch buddhistische bezahlt? Auch Scientology?
Christel
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Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Heinrich5 hat geschrieben:Schmidt-Salomon spricht hier nicht über die Kirchensteuern, sondern vom Kirchensteuereinzug als Dienstleistung des Staates an die Kirche.


Ist schon klar. Jedoch so wie es formuliert ist, kann beim ungenauen Lesen der Eindruck entstehen, der Staat zahlt die Kirchensteuer:
Abgesehen vom Kirchensteuereinzug durch den Staat (1992: 17 Milliarden!) werden den Kirchen zusätzliche Einnahmen und Zuschüsse aus den Staatshaushalten zugewendet. http://www.schmidt-salomon.de/papst.htm
Doch so ist es wirklich:
(2) Die Kirchen leisten eine angemessene Verwaltungs -
kostenvergütung. Sie wird vom Finanzministerium im
Einvernehmen mit dem zuständigen Evangelischen Ober -
kirchenrat festgesetzt.
http://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksach ... 2169_d.pdf
Ob Du Schmidt-Salomon zitierst, die Giordano-Bruno-Stiftung oder IBKA, dahinter stehen dieselben Leute, dieselbe anti-kirchliche Ausrichtung.
Übrigens, hinter IBKA, steht „gemeinnütziger Verein“ - das bringt finanzielle Vorteile vom Staat, oder?
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
Heinrich5

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Ist schon klar. Jedoch so wie es formuliert ist, kann beim ungenauen Lesen der Eindruck entstehen, der Staat zahlt die Kirchensteuer
Ich habe nicht studiert, aber einigermaßen genau lesen kann ich schon noch.
Ob Du Schmidt-Salomon zitierst, die Giordano-Bruno-Stiftung oder IBKA, dahinter stehen dieselben Leute, dieselbe anti-kirchliche Ausrichtung.
Es ist mir schon klar, hinter diesen Leuten siehst Du den "Leibhaftigen Teufel" Mensch sei Dank stehst Du damit ziemlich allein da.
Christel
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Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Heinrich, in weltanschaulich Andersdenkenden sehe ich keine Teufel. Ich bitte Dich, zukünftig solche Unterstellungen zu lassen!

Michael Schmidt-Salomon ist Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung, auf der IKBA-Seite taucht er auch auf. Die anti-kichliche Ausrichtung ist unübersehbar.

Anscheinend hat IKBA nur wenige Mitglieder:
Der IBKA hat nach eigener Angabe derzeit über 800 Einzelmitglieder und 11 korporative Mitglieder
http://de.wikipedia.org/wiki/Internatio ... _Atheisten
Die Girdano-Brundo-Stiftung hat auch nicht viel mehr:
Die Mitglieder der Stiftungsorgane, derzeit ungefähr 50 Personen (überwiegend Professoren, einige Schriftsteller und Künstler), üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Dem „Freundes- und Förderkreis“ der Stiftung gehören zur Zeit über 1800 Personen aus 25 Ländern an.
http://de.wikipedia.org/wiki/Giordano_Bruno_Stiftung
Dennoch wird der Anspruch erhoben Leitkultur zu sein und „dritte Konfession“:
Schmidt-Salomon warb für eine Form der Leitkultur, die „Leitkultur Humanismus und Aufklärung“, die der „europäischen Leitkultur“ Tibis verwandt, jedoch „inhaltlich schärfer akzentuiert“ sei.

Humanismus als dritte Konfession
Mehr: http://www.ibka.org/node/578


Die Kirchen sollen aus den Schulen, aus der Kinderbetreuung... verschwinden - oder bist Du anderer Meinung, Heinrich?.
Aber der Humanistische Verband geht in die Schulen, übernimmt Kindergärten ... - Auch hier zahlt der Staat!
... und überall taucht der Name Michael Schmidt-Salomon auf.
Jugendfeier statt Konfirmation, Weltanschauung statt Religion: In Brandenburg haben Verfassungsrichter den Humanisten das Recht auf das eigene Schulfach "Lebenskunde" zugesprochen – der Staat dürfe sich nicht mit bestimmten Religionen identifizieren.

In Berlin wird Lebenskunde als freiwilliges Fach ohne Zensuren unterrichtet; die Lehrkräfte stellt der Humanistische Verband.
http://www.spiegel.de/schulspiegel/wiss ... 83,00.html

Darüber hinaus organisiert der HVD so genannte „Internationale Begegnungen“. In Nürnberg betreibt er mit der turmdersinne-gGmbH eine wissenschaftspädagogische Erlebnisausstellung in einem Turm der mittelalterlichen Stadtmauer. Unter dem HVD-Dach werden Medienwerkstätten, Bildungsreisen und Seminare durchgeführt. Im Bundesland Berlin sind mehr als 40.000 Schüler Teilnehmer an Humanistischem Lebenskundeunterricht, der alternativ zum Religionsunterricht angeboten wird. Die erste „Humanistische Schule“ wurde im bayerischen Fürth 2008 eröffnet[1]. Weitere Schulen sind sowohl in Bayern als auch in Berlin im Stadium der Planung. Der HVD Berlin erbringt mit Sozialstationen, Beratungsstellen, betreutem Wohnen, Sterbebegleitung, Trauergruppen u.v.a. eine Fülle von Dienstleistungen. Es existiert ein eigener Jugendverband namens „Junge HumanistInnen“.

Insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern verankert ist der HVD Träger einer Vielzahl von Kindertagesstätten, Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit und Schülerclubs. Er ist auch tätig in der Schulsozialarbeit.
http://de.wikipedia.org/wiki/Humanistis ... utschlands
Das "Humanistische Selbstverständnis", das der HVD im Jahre 2001 beschlossen hat, bildet die programmatische Grundlage für die Tätigkeit des HVD Thüringen. In diesem Dokument heißt es u.a.:

Michael Schmidt-Salomon: "Manifest des evolutionären Humanismus"

"Wenn der neue Humanismus eine echte Alternative zur Religion sein soll, so darf er nicht bloß Theorie bleiben, er muß praktisch werden.
Das bedeutet u.a., daß soziale Institutionen geschaffen werden müssen, die vom Geist des neuen Humanismus getragen sind.
Letztlich geht es jedoch um mehr, nämlich um eine evolutionäre Weiterentwicklung der Gesellschaft als Ganzes. So brauchen wir dringend eine neue, humanistische Ökonomie.
Wir brauchen nicht zuletzt auch eine neue humanistische Bildung, in der Wissen nachhaltig in den Köpfen erhalten bleibt."

Michael Schmidt-Salomon
http://www.hvd-thueringen.de/wir-ueber- ... matisches/
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
Heinrich5

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zitat Christel:
Heinrich, in weltanschaulich Andersdenkenden sehe ich keine Teufel. Ich bitte Dich, zukünftig solche Unterstellungen zu lassen!
Auf Deine Aussage:
„Ob Du Schmidt-Salomon zitierst, die Giordano-Bruno-Stiftung oder IBKA, dahinter stehen dieselben Leute, dieselbe anti-kirchliche Ausrichtung.“,
hätte ich wohl besser antworten sollen, dass Du in allen diesen Leuten ein rotes Tuch siehst. Im Grunde genommen kommt es auf das Gleiche heraus.

Dabei sind alle diese Leute zwar anti-kirchlich aber weniger anti-religiös ausgerichtet als Du sie hier immer wieder hinstellst.

Warum ist das so?

Obwohl etwa ein Drittel der deutschen Bevölkerung keiner der beiden Großkirchen und 27% überhaupt keiner Religion, Kirche oder Sekte angehören, tritt diese zahlenmäßig ansehnliche Bevölkerungsgruppe im politischen Leben kaum in Erscheinung.

Folge: Die Rechte und Interessen von Konfessionslosen werden ständig übergangen, obwohl der Staat eigentlich zu weltanschaulicher Neutralität verpflichtet ist.
Die unbestreitbare Tatsache, dass die Glaubensfestigkeit der Kirchenmitglieder ständig schwindet, (zu ersehen an der ständig steigenden Zahl der Kirchenaustritte und leerer Kirchenbänke auch an den Sonntagen) ändert hieran nichts. Es kann im Gegenteil beobachtet werden, dass gerade der Glaubensschwund bei ihren Mitgliedern die Kirchen veranlasst, ihre Machtposition im weltlichen Bereich immer mehr auszubauen.
Das persönliche Leben kirchenferner Menschen wird durch die Machtfülle der christlichen Großkirchen beeinträchtigt. Die ständig größer werdende Bevölkerungsgruppe der Konfessionslosen - in Ermangelung einer politischen Interessenvertretung – hat bisher kaum etwas dagegen unternommen.

Die Giordano Bruno Stiftung wurde erst vor fünf Jahren als Stiftung anerkannt. Offensichtlich war die Zeit reif für eine solche Organisation. Der Erfolg der Stiftung belegt, dass viele Menschen heute das Bedürfnis haben, eine zeitgemäße Alternative zu den bestehenden Religionen zu entwickeln.
Ging es in den letzten Jahrhunderten der freigeistigen Bewegung hauptsächlich um eine Entzauberung religiöser Mythen sowie um den politischen Kampf gegen religiös gestützte Repression, sehen sich die Konfessionslosen der Gegenwart mit einer in dieser Dimension neuen Aufgabe konfrontiert, nämlich der Entwicklung und gesellschaftlichen Verankerung von säkularen Alternativen, die sich in Konkurrenz zu den bestehenden religiös geprägten Angeboten bewähren müssen.

Bei uns in Ost-Deutschland hat sich die Notwendigkeit dieser Kurskorrektur seit der Wiedervereinigung verschärft.
Es hat einige Zeit gedauert, bis sich die ostdeutschen Konfessionslosen an den neuen Status gewöhnt hatten, plötzlich zu den drei großen „Konfessionen“ (katholisch, evangelisch, konfessionslos) im Lande zu gehören. Langsam aber scheinen die Konfessionslosenverbände die damit verbundene gesellschaftliche Verantwortung in konsequenterer Weise annehmen zu wollen, was angesichts der Prognose, dass es in absehbarer Zeit wohl mehr „nominelle Konfessionslose“ als „nominelle Christen“ geben wird, auch zwingend erforderlich ist.
Es ist also notwendig neue Organisations-Formen zu finden, mit deren Hilfe freigeistige Positionen besser in der Gesellschaft verankert werden kann.

Als sehr zweckmäßig würde ich es ansehen, einen „Zentralrat der Konfessionslosen in Deutschland“ zu gründen, in dem die verschiedenen Verbandsinteressen der Konfessionslosen-Verbände konsequent zurückgestellt werden, um auf diese Weise mit gebündelter Kraft und Kompetenz darauf hinwirken zu können, dass freigeistige Positionen in der Politik auch die Rolle spielen, die sie verdienen.
Die Konfessionslosen sollten die noch bestehende Ungleichverteilung von Macht nicht länger hinnehmen. Es ist an der Zeit, endlich jene politischen Strukturen zu schaffen, die den tatsächlichen gesellschaftlichen Veränderungsprozessen entsprechen.
Wir brauchen ein neues, ein starkes, säkulares Selbstbewusstsein. So etwas entwickelt sich nicht im Selbstlauf. Es geht darum, unsere Freiheitspotentiale sinnvoll zu nutzen und die Grundsteine für eine wahrhaft säkulare, offene Gesellschaft zu legen, die diesen Namen auch wirklich verdient. Von einer wirklichen Trennung von Staat und Kirche kann noch keine Rede sein.

Zitat Christel:
Dennoch wird der Anspruch erhoben Leitkultur zu sein und „dritte Konfession“:
Schmidt-Salomon warb für eine Form der Leitkultur, die „Leitkultur Humanismus und Aufklärung“, die der „europäischen Leitkultur“ Tibis verwandt, jedoch „inhaltlich schärfer akzentuiert“ sei.
Während konservative Politiker eine christlich-patriotische Leitkultur („Werte des christlichen Abendlandes“) einklagen und mitunter gar zum Kulturkampf gegen „gott- und vaterlandslose Gesellen“ aufrufen, träumen andere von der „multikulturellen Gesellschaft“ und einer „Einbürgerung des Islam“ inklusive eines „flächendeckenden Angebots von Islamunterricht an deutschen Schulen“.
Schmidt-Salomon und die Giordano Bruno Stiftung halten beide Strategien für verfehlt: Weder die konservative Wiederbelebung der Idee einer „christlichen Festung Europa“ noch die postmoderne Beschwichtigungspolitik gegenüber dem Islam oder anderen religiösen bzw. esoterischen Strömungen werden das Projekt einer „offenen Gesellschaft“ voran bringen.
Deshalb setzen diese konsequenter als je zuvor auf jene Leitkultur, mit der der gesellschaftliche Fortschritt in der europäischen Geschichte tatsächlich verknüpft war, nämlich dem Zusammenspiel von diesseitigem Humanismus und wissenschaftlicher Aufklärung. Die Giordano Bruno Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die Idee einer solchen „progressiven Leitkultur“, die sich auf die besten Traditionen von Wissenschaft, Philosophie und Kunst stützt, öffentlichkeitswirksam in die gesellschaftspolitische Debatte einzubringen.
niels
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Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von niels »

dito,
dem weiß ich eigentlich gar nichts mehr hinzuzufügen.

Wirklich gut!
Liborius
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Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Liborius »

Art. 52 AO (Abgabenordnung) lautet:
„Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.“
Den Titel "gemeinnützig" verleiht das Finanzamt nur an juristische Personen. Es ist ein steuerrechtlicher Titel und hat mit Ethik, Gleichberechtigung, Religion etc. nichts zu tun.
Auch das Altenheim der Muslime in Berlin ist gemeinnützig, obwohl nur Muslime aufgenommen werden. Selbst wenn eine solche Einrichtung per Satzung nur MA der eigenen Religion beschäftigen sollte, ändert das nichts am Zustand der Gemeinnützigkeit.

@christel
es kommt einzig auf die Statuten des Vereins an, ob der Fiskus den Titel anerkennt oder nicht. Ein Schachclub kann sich z.B. vereinbaren nur Kinder mit Trisomerie als Mitglieder aufzunehmen. Ich glaube nicht das der Fiskus die Gemeinützigkeit verweigert.
Die AO lässt übrigens sehr viel Spieraum zu, daher wäre es nicht verwunderlich wenn die Entscheide des Finanzamtes unterschiedlich ausfallen würden.
Die Internatsschule Schloß Salem in BW ist gemeinnützig und vom Klientel eine Eliteinternatsschule und kaum ein normales Elternhaus kann sich die monatlichen Kosten leisten. Der Ehemann der Queeen ging hier zur Schule. Da aber der Stifter, der Großherzog von Baden, einmal festlegte das bis zu 20% der Schüler mit einem Stipendium aufgenommen werden können, ist die Gemeinützigkeit gewahrt.
Heinrich5

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

@Liborius
Die meisten Vereine (auch Hühnerzuchtvereine und Kaninchenzuchtvereine u.a.) sind als Gemeinnützig durch die Finanzämter anerkannt.
Es kommt nur darauf an,
-dass sie beim Amtsgericht als e.V. im Vereinsregister eingetragen sind
-und dass sie eine Vereinssatzung haben, in welcher gemeinnützige Ziele des Vereins festgelegt sind.

Die weitere Aufnahme von Personen in den Verein wird durch die Satzung geregelt. Nur wer die Satzung des Vereins (und damit auch seine gemeinnützigen Ziele) anerkennt, kann Vereinsmitglied werden.
Die Vereinssatzung und damit auch die festgelegten gemeinnützigen Ziele können durch Beschluss der Mitgliederversammlung geändert werden. Dazu bedarf es aber mindestens einer zwei/drittel Mehrheit oder drei/viertel Mehrheit aller abgegebenen Stimmen und es werden auch Anforderungen an die Zahl der erschienenen Vereinsmitglieder gestellt.

Im Übrigen wird alle zwei Jahre durch das Finanzamt die satzungsgemäße (gemeinnützige) Verwendung der finanziellen Mittel des Vereins überprüft. Werden hier Verstöße festgestellt, kann der Status der Gemeinnützigkeit auch wieder entzogen werden und es werden Steuern fällig.
niels
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Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von niels »

auch wenn ich schon bei einigen Vereinsgründungen mitgewirkt habe:

M.E. sollte der Titel "gemeinnützigs" an klare, vor allem straffere Bedingungen geknüpft werden.

Theoretisch ist ja auch der lokale ALDI "gemeinnützig" - abgesehen davon, das er Geld verdient. Mit der Gemeinnützigkeit wird in Deutschland einige Schindluder betrieben - ebenso auch der Verein "Deutsch-Nationalisten" irgend eines Verlegers..

Gemeinnützigkeit sollte u.a. daran gebunden werden, das jede Person Mitglied werden kann, solamnge sie den in der Satzung gefassten Vereinszweck erfüllt. Möchte ein Verein nicht derart offen sein, muß er das in seiner Satzung entsprechend verankern. Da die Satzung Basis für die Prüfung der Gemeinnützigkeit ist, dürfte das ein Schritt in Richtung Transparenz sein.

Legt die Satzung dann fest, das z.B. nur Mitglieder einer Konfession zugelassen sind, handelt es sich m.E. nicht mehr um Gemeinnützigkeit, denn die Gemeinschaft hat ja wenig davon.

Ich sehe darin kein Problem, da eine Einrichtung, die nichts verdient ja auch keine nennenswerte Steuerlast zu fürchten hat.

Die Anmeldung eines "gemeinnützigen" Vereines ist heute "Kokulorus" - mit zwei drei Stichpunkten wie: "kultujrelle Gemeinschaftsveranstaltungen", "Förderung der Kultur" oder "Unterstützung von Mitgliedern" usw. hat man die Gemeinnützigkeit quasi in der Tasche. Die Ausgaben so zu lenken, das sie nicht als "Entnahmen" erkannt werden, hat viele sehr erfinderisch werden lassen. Nicht umsonst haben sich Einrichtungen a la Spenden-TÜV o.ä. gegründet, denn die Gemeinnützigkeit allein ist lange noch kein Garant für "besondere" Geneinnützigkeit für die Gesellschaft.
Heinrich5

Re: 7% "Ethiksteuer"?

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

@ Niels:
Die Ausgaben so zu lenken, das sie nicht als "Entnahmen" erkannt werden, hat viele sehr erfinderisch werden lassen. Nicht umsonst haben sich Einrichtungen a la Spenden-TÜV o.ä. gegründet, denn die Gemeinnützigkeit allein ist lange noch kein Garant für "besondere" Geneinnützigkeit für die Gesellschaft.
Das stimmt. In vielen Vereinen werden deshalb die Vereinseinnahmen nicht zu hundert Prozent auf dem Vereinskonto gebucht. Von diesen versteckten Einnahmen werden dann die Sommerfeste, Weihnachtsfeiern und andere Feten finanziert, welche nicht selten mit einem totalen Besäufnis der Vereinsmitglieder nebst Ehefrauen enden. Das hält aber den Verein zusammen. Von Gemeinnützigkeit bleibt da allerdings nicht mehr viel übrig.
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