"heilige Kriege" - Version 3

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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

Drehen wir - der Einfachheit halber- die Sache mal um:

Wer oder was behauptet bzw. "lässt durchblicken", das "Religion unser Unglück" sei?

Womöglich habe ich Dich auch nur falsch verstanden und Deine Aussage auf mich bezogen (das hättest Du aber auch ebenso richtigstellen bzw. konkretisieren können).
...zitierst, dann bitte richtig...
Wie Du weißt, zitiere ich "per Hand" da am Handy. Wenn Du meinst, ich habe ein Zitat entstellt, dann berichtige dies entsprechend. Beeits halbwegs geübte Leser dürften darüberhinaus auch selbst in der Lage sein, nachzulesen.

Dennoch komme ich dem Punkt immer näher, an dem ich irgendwann feststellen muß, das Du an einer inhaltlichen Debatte wenig bis gar nicht interessiert bist - zumindest keinen Beitrag leistest.

Im Video werden die Ursachen der Konflikte noch detaillierter genannt
Nun,
Wir alle wissen, das - insbesondere globale Konflikte, weitaus vielschtichtiger sind als das man sie mit: weil das und das, gab es den und den Krieg - beschreiben wie begründen könnte. Religiöser Glaube allerdings spielte in fast allen großen Konflikten eine wesentliche Rolle bis heute - und wird dies daher auch zukünftig tun.

Auch schon bei den Kreuzzügen ging es den Kriegsführern nicht wirklich bzw. allein um Gottes Gnaden, sondern um Ressourcen - Gottes Gnade aber diente zur Legitimation, anderen Ressourcen wegzunehmen und andere Menschen in Massen totzuschlagen.

Allein mit dem 2. Weltkrieg und dem Nationalsozialismus beschäftigen sich bis heute viele Historiker, Soziologen wie auch Psychologen und man erkennt stetig neue Aspekte hinter der initialen (und recht "plumpen") Behauptung, "Polen habe Deutschland angegriffen". Schön, wenn ein Arte bzw. Phönix Beitrag von ein paar Minuten das bis ins Detail darlegen kann (ich denke das war auch nicht Ziel der Produzenten des Beitrages - immerhin gehörte Glaube und Religion schon immer irgendwie dazu, wenn es ums Kriegemachen ging...).

Und nicht zuletzt leben wir in keinem neutralen oder säkularen Staat, was die Annahme erlaubt, das offene Kritiken an Religionen bzw. religiösen Ideologien erschwert sind bzw. "politisch inkorrekt" gelten.

Während wir Gesetze haben, die die Auschwitz Morde bzw. den Holocaust als "historische Tatsache" schützen, gibt es keine, die ähnliches bezgl. der Kreuzzüge oder der mörderischen Inquisition bedingt - dabei waren die Beweggründe - die Ideologie - bei allen Beweggrund hinter den Schandtaten...

Natürlich stehen fast immer Ressourcen im Vordergrund des Ringens - und irgendwer zettelt den Ärger irgendwie an. Damit aber Millionen hinter einem Krieg stehen und sogar ihr Leben gegen andere in die Schlacht werfen, braucht es mehr als das Versprechen auf einen geglückten Raubzug und nicht zuletzt auch den Zuspruch, das der derartige Tod ein heldenreicher sei, der somit auch in eine "bessere Existenz" führe. Die Legitimation fand und findet sich - das zeigt die Historie wie heutige Situation - immer wieder in religiösen Glaubenskonzeten wie religiös bedingten "Ideen" derer, die Gott auff ihrer Seite zu haben meinen.

Die großen (d.h. einflußreichen) religiösen Institutionen haben bekanntermaßen wenig gegen derartigen "Mißbrauch" der Glaubenslehren getan - ja schickten und schicken sogar ihre Priester mit auf's Schlachtfeld und waren nicht selten engste Vertraute der Kriegsführer, die mit deren Unterstützung fast immer rechnen konnten (vor allem soweit man diesen "interessente Konditionen" der Partizipation zu bieten hatte).

Hätte es den Nationalsozialismus samt 2. Weltkrieg gegeben, wenn sich die Kirche von Beginn an GEGEN den Nationalsozialismus gestellt hätte? Die ersten großen Nazi-Hochburgen gab es bekanntlich auch dort, wo es die gläubigsten / meisten Christen gab - die Kirche den meisten Einfluß hatte.

Natürlich kämpfen somalische Piraten vornehmlich für Geld - ein globaler Konflikt aber ist daraus auch nicht absehbar. Selbst Konflikte zwischen einzelnen Ländern bleiben solange vergleichsweise "lokalisiert". Allerdings zeichnen sich schon jetzt - in den "Befreiungsaktivitäten" der traditionell, doktrinisch muslimischen Länder Ansprüche der muslimischen Schichten auf die politische Macht ab, entgegen einem Gutteil (und nicht selten dem Großteil) der jeweiligen Bevölkerung. Es kann gut, das die eigentlichen Streitigkeiten noch beginnen...

Ich kann nur sagen - ich weiß das ein Gutteil der modernen Jugend in vielen Ländern die ich besucht habe ein recht kritisches Bild gegenüber Religionen haben und hierin ein signifikantes Risiko für die Freiheit oder gar das Überleben der Menschheit. Das Prinzip der "heiligen Bombe" - wie es einst der Kinofilm "Platen der Affen" spielte - ist für nicht wenige gar nicht so abwegig.

Heute trennt uns einzig ein (gegen religiöse Legitimationen erkämpfte) rechtsstaatliches, freiheitlich demokratisches Staatenprinzip im (bisher noch) "einflußreicheren" Teil der Erde von mittelalterlicher religiöser wie ideologischer Doktrin - und die Decke ist immer noch schwach und löchrig. Sie allein garantieren uns unsere Freiheit wie unsere Bürgerrechte - die Weimarer Republik zeigt, wohin fast ein ganzer Planet driftet, wenn diese Werte - und sei es nur durch einen Teil der Menschen - auf einmal keine Unterstützung / keine Werte mehr finden. Absolutistische Religionen wie auch absolutistische Ideologien waren traditionell eher Gegner als Befürworter dieser Rechte wie der Freiheit des Einzelnen - und ebneten somit selbst den übelsten Schandtaten - begangen durch ganze Völker den Weg.

Mag sein, das es für manche Menschen ein (aktives oder christlich/islamisch passives) Leben nach dem Leben gibt. Für mich - wie viele andere - ist aber DIESES Leben relevant und das, was ich darin bzw. daraus mache.
niels
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

nun geklärt
Nun,
meine Frage ist immer offen...
Evolutionstheorie
Das ist sicher richtig,

Allerdings beschränkt sich diese Betrachtung auf einzelne Gruppen untereinander - nicht die gesamte Menschheit. Allerdings wäre es ebenso Teil der Evolution gem. Evolutionstheorie, wenn sich der Mensch - z.B. durch irgendwelche irrigen Ideen - selbst und umfassend auslöschen würde.

Wer sagt uns denn, das wir evolutionär überhaupt den Fortbestand "verdienen" oder nicht doch eher "schädlich" für die Fortentwicklung des Lebens auf unserem Planet sind?

Lt. Evolutionstheorie war er dann nicht in der Lage, sich neuen Bedürfnissen bzw. Bedingungen anzuspassen - und davon rede ich hier ja u.a...
Christel
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:das Du an einer inhaltlichen Debatte wenig bis gar nicht interessiert bist - zumindest keinen Beitrag leistest.
Ich halte, entschuldige, das Affentheater, welches Du hier veranstaltest hast, weil Du angeblich bezichtigt wurdest zu glauben, die „Religion sei unser Unglück“, für keinen inhaltlichen Beitrag, ebenso wenig wie Deine laufenden Unterstellungen gegen meine Person.
Ich sehe darin, den Versuch auf sachlichem Gebiet zu Punkten, indem Du meine Person (die Andersdenkende) herabsetzt. So ordne ich auch Deine Aussage auf S. 2 oben ein:
niels hat geschrieben:Dein Zitat behauptet ürigens selbst das Gegenteil Deiner Aussage
So nach dem Motto, Christels Argumente braucht man nicht ernst zu nehmen.
niels hat geschrieben:Allerdings beschränkt sich diese Betrachtung auf einzelne Gruppen untereinander - nicht die gesamte Menschheit.
In Kriegen hat bisher nie die ganze Menschheit gekämpft, sondern immer nur Gruppen. Was dabei immer zuerst stirbt, das ist die Wahrheit. Die Wahrheit stirbt auch dann, wenn die „Kriege“ nur verbal ausgetragen werden. Daher wünsche ich mir eine sachlichere Diskussion! Die Wahrheit ist für mich ein sehr hoher Wert.

Ich beschäftige mich gerade mit Hanna Arendt. Sie sagt bezüglich Eichmann zu Joachim Fest
Die Ideologie, glaube ich, hat keine sehr große Rolle dabei gespielt. Dies scheint mir das Entscheidende.
Arendt, Hannah ; Fest, Joachim C. „Eichmann war von empörender Dummheit : Gespräche und Briefe . - (Piper) ISBN: 978-3-492-05442-3 S. 39
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
niels
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

Apropos "Affentheater":

Und nochmal:
So nach dem Motto, Christels Argumente braucht man nicht für Ernst nehmen
Keine Ahnung wie Du auf ein derart schiefes Brett kommst. Was Du in meine Texte hineininterpretierst, ohne das dies dort wörtlich so steht, ist allein Deine Sache. Soweit Du derartige Argumentationsstrategien verwendest, ist das Deine Sache - aber mach das nicht zu meinem Problem.

Das "Affentheater" wie Du es nennst, ist Dir geschenkt - und kann es auch gern bleiben.

Aber nochmal:
WEN hast Du denn bitte mit dieser Aussage gemeint - wenn nicht mich (wie ich - wie ich ja bereits einräume - womöglich tatsächlich fehlinterpretiert habe)? Wer ist "man" oder "jemand"?
Eichmann war von empörender Dummheit
Das sehe ich anders. Er war offensichtlich ein geschickter wie engagierter Beamter und auch recht einfallsreich in der Erledigung seiner "Aufgaben" und Ziele. Dumme Leute sind zwar gefährlich - aber [zum Glück] nur selten potent genug, um größeres Unheil anzurichten.

Gefährlich werden Sie vor allem dadurch, das sie mit plumpen und falschen (d.h. unbegründbaren) Argumenten steuerbar sind - von wem auch immer - z.B. absolutistischen Ideologien / Religionen usw..

Halbwissende hingegen sind weitaus gefährlicher - vor allem die, die ihr Wissen zur Durchsetzung von Zielen basierend auf Mutmaßungen vs mythischen Annahmen verwenden. Eichmann ist da nur ein exzellentes Beispiel - ich bin davon überzeugt, das er selbst davon überzeugt war, etwas "Gutes" für die Menschheit zu tun - ja sogar eine "höhere Aufgabe" darin sah.
in Kriegen hat nie die gesamte Menschheit gekämpft
Ja,
aber bereits der letzte Weltkrieg hatte unmittelbare oder zumindest wesentliche mittelbare Auswirkungen auf die nahezu gesamte Menschheit.

Die Gefahr zukünftiger Konflikte aber ist wiederum anders gelagert - Atomwaffen wie fortentwickelte biologische oder auch chemische Waffen versetzen selbst vergleichsweise kleine Gruppen in die Position, die ganze Menschheit auszurotten.

Das sie wir ihr Volk dabei mit untergehen würden, ist für sie irrelevant - man strebt ja eh nach einem Leben nach dem irdischen, nach Ruhm in einer dem irdischen Leben übergeordneten Instanz. Selbst das Auslöschen der Menschheit stellt da im Zweifel keine wesentliche Hürde.

Irdische Machtmenschen oder gar kommerzielle Kriegsunternehmer hätten kein Interesse daran, das der Großteil der Menschheit vom Planet verschwindet. Man will Macht, um sie zu nutzen - man will Ressourcen beanspruchen, um sie zu verwenden usw.

Aber: Nicht nur kriegerische Konflikte sind ein Risiko...
Liborius
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Liborius »

Euren Disput kann man nur mit "Kopfschüttel" lesen.
Nils, hast Du jemals ein wissenschaftliches Buch über die Inqusition in der kath. Kirche gelesen?
Der Laie versteht unter dem Begriff Inquisition die vielen Hexenproszesse in Deutschland, die einmal besonders in protestantischen Ländern stattfanden und nur unter der Verantwortung der Landesfürsten stand.
Die richtige Inquisition war die Bemühungen der Kirche gegen Abweichler, den Häretikern. Wie überhaupt die Todesstrafe nie das eigentliche Ziel der Inquisition war. Die Häretiker sollten ihrem Irrglauben abschwören; wer dies nicht tat, verlor vielmehr den Schutz der Kirche und wurde der säkulären Macht übergeben, die dann für die Bestrafung verantwortlich zeichnete, fasst Wakefield (1974, 180) zusammen.

Hier Lesenswertes von Historikern
Trusen 1993: W. Trusen, Von den Anfängen des Inquisitionsprozesses zum Verfahren bei der inquisitio haereticae pravitatis, in: P. Segl (Hg.), Die Anfänge der Inquisition im Mittelalter, Köln-Weimar-Wien 1993 (= Bayreuther Historische Kolloquien 7), 39-76.

Wakefield 1974: W.L. Wakefield, Heresy, Crusade and Inquisition in Southern France
1100-1250, London 1974.
Christel
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Keine Ahnung wie Du auf ein derart schiefes Brett kommst. Was Du in meine Texte hineininterpretierst, ohne das dies dort wörtlich so steht, ist allein Deine Sache. Soweit Du derartige Argumentationsstrategien verwendest, ist das Deine Sache - aber mach das nicht zu meinem Problem.
OK! Den Satz habe ich mir gut abgespeichert. Falls Du Dich wieder beschwerst, ich hätte Dich falsch interpretiert, werde ich diesen Satz von Dir einfach als Antwort ins Forum kopieren. Das wird die Sache hoffentlich abkürzen.
niels hat geschrieben:Aber nochmal:
:o Dein eigener Spruch als Antwort:
>>Keine Ahnung wie Du auf ein derart schiefes Brett kommst. Was Du in meine Texte hineininterpretierst, ohne das dies dort wörtlich so steht, ist allein Deine Sache. Soweit Du derartige Argumentationsstrategien verwendest, ist das Deine Sache - aber mach das nicht zu meinem Problem. <<

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niels hat geschrieben:
Eichmann war von empörender Dummheit
Das sehe ich anders.
Wie kannst Du? Du hat Eichmann nicht gekannt! Hannah Arndt schon. Sie war Prozessbeobachterin in Jerusalem.

Arendt, Hannah
Eichmann in Jerusalem
Ein Bericht von der Banalität des Bösen
(Piper) ISBN: 978-3-492-26478-5
Paperback
ca. 448 S.

Arendt bezeichnet Eichmann als normalen Menschen. Abgesehen davon, dass er eine Karriere im SS-Apparat machen wollte, hatte er kein Motiv, vor allem war er nicht übermäßig antisemitisch. Er war psychisch normal, kein Dämon oder Ungeheuer. Er erfüllte nur seine Pflicht, er hat nicht nur Befehlen gehorcht, sondern dem Gesetz gehorcht. [1] Der Gesetzgeber war Adolf Hitler mit seinem Führerwillen, Eichmann war nicht länger Herr über mich selbst, ändern konnte ich nichts. Eichmanns Unfähigkeit, selbst zu denken, zeigte sich vor allem an der Verwendung klischeehafter Phrasen, einem Verstecken hinter der Amtssprache. Als auf der Wannseekonferenz die Spitzen von Ministerien, Justiz und Wehrmacht der Endlösung unwidersprochen zustimmten, fühlte Eichmann sich jeder Verantwortung enthoben: die gute Gesellschaft stimmte zu, was sollte er als kleiner Mann da machen? Nach der Wannseekonferenz, als er im Kreis der Großen fachsimpeln durfte, waren minimale Zweifel, eventuelle Gewissensbisse verschwunden. Sein Gewissen hatte er an die Oberen abgetreten. In diesem Augenblick fühlte ich mich wie Pontius Pilatus, bar jeder Schuld. [2] Im Gegensatz dazu betont Arendt, dass es auch unter der totalitären Herrschaft Wahlmöglichkeiten, eine Moral gibt. http://de.wikipedia.org/wiki/Eichmann_in_Jerusalem
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

wie kannst Du
Ich kenne seine Arbeit - ebenso wie die Prozessbeobachter im Eichmann-Prozess (den ich übrigens selbst fast am Stück gesehen/gehört habe - nur aus den Akten und dokumentierten Tatsachen, Zeugenberichten usw.

Wer sich mit seiner Arbeit wie Arbeitsweise und "Leistungen" beschäftigt, kommt nicht umhin festzustellen, das Eichmann ein außerordentlich effektiver wie effizienter Schreibtischtäter war und damit (wenn auch zweifelhafte) "Leistungen" erbracht hat, die so wohl kaum ein typisch "dummer" Mensch hätte leisten können.

Intelligenz ist ein vielschichtiger Zusammenhang und besteht u.a. aus sozialer Kompetenz, physischer Kompetenz wie empirischen / kausalen Kompetenzen. Das Fehlen einer Komponente bedeutet noch lange nicht, das der Mensch auch nicht über andere verfügt. "dumm" aber ist opauschal und bedeutet für mich eine in den meisten / allen Kompetenzen signifikante Minderung - und die kann ich - schon angesichts der Tatsachen - so pauschal lange nicht erkennen.

Ich würde fast sagen: während seine kausalen, logischen Kompetenzen verhältnismäßig ausgeprägt waren, war seine soziale eher unterentwickelt bis verkümmert (ein fast schon "ideales Einfallstor" für absolutistische, mythisch bedingte Ideologien / Religionen).

Interessanterweise betrachtet man Intelligenz erst seit kurzer Zeit derart komplex - zuvor beschränkte man dies auf die logische / kausale Komponente (wonach Eichmann schon gar nicht "dumm" gewesen wäre). Ein ihm derart vorgelegter "klassischer Intelligenztest" hätte - da bin ich mir sicher - zumindest durchschnittliche, wenn nicht sogar wesentlich überdurchschnittliche Ergebnisse zutage gebracht (zumindest während seiner "aktiven" Zeit - zum Prozess hat er ja nochmal merklich "abgebaut").
Christel
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Christel »

Liborius hat geschrieben:Euren Disput kann man nur mit "Kopfschüttel" lesen.
Weiß ich! (So was tut man nicht!) – Ziel ist jedoch nur, zu beiderseitiger Zufriedenheit zukünftig gut/besser miteinander auszukommen.
Menschen sind komisch, kleine Konflikte möchten sie gern unter den Teppich kehren. Da wird mit "Kopfschüttel" reagiert. Dabei hat der „Teppich“ noch nie eine Lösung gebracht.
Echte Kriege werden dagegen gar nicht so selten als Schicksal begriffen. Wäre hier nicht eher "Kopfschüttel" angebracht?
Was wäre gewesen, wenn in Deutschland 1932/33 mehr gestritten worden wäre, anstatt sich gleichschalten zu lassen? – Hätte mehr Disput den 2. Weltkrieg verhindern können?
Liborius hat geschrieben:Der Laie versteht unter dem Begriff Inquisition die vielen Hexenproszesse in Deutschland
Ja!

Und der Laie kommt nicht auf die Idee zu fragen, wieso der Höhepunkt der Hexenverfolgungen einsetzte nachdem die Reformation in Deutschland Einzug gehalten hatte. Denn, er glaubt die Hexenverfolgungen wären früher gewesen, nämlich im Mittelalter. Dabei setze dies erst im Übergang zur Neuzeit ein.

Der Laie weiß auch nicht, dass die meisten Hexenprozesse vor weltlichen Gerichten stattfanden. Ein Irrtum, der sicher daher rührt, da man meint, „Inquisition“ bezeichnet eine Institution, wohingegen weithin unbekannt ist, dass „inquisitio“ ein damals allgemein übliches Gerichtsverfahren bezeichnet:
Es etablierte sich in den ersten Jahrzehnten des 13. Jhs. zur Grundlage von Prozessen im Rahmen der Inquisition, die ihren Namen von dem Verfahren ableitet, entwickelte sich im Laufe des Spätmittelalters zur Hauptverfahrensform der weltlichen und geistlichen Gerichtsbarkeit und kam als solche bis ins 18. Jh. zum Einsatz http://de.wikipedia.org/wiki/Inquisitionsverfahren
Inquisition
Der Begriff "Inquisition" ist allgemein mit meist nebulösen Vorstellungen behaftet. Im Regelfall wird die spanische Inquisition mit Hexenverfolgungen in Verbindung gebracht, obwohl dort allerdings kaum Verfolgungen stattfanden. http://www.der-hexenhammer.de/Seiten/historie.html
Es war nicht im katholischen Spanien, Portugal, Italien, auch nicht in Rom, sondern hauptsächlich unsere Vorfahren...
http://www.dhm.de/ausstellungen/hexenwahn/karte.htm
Nicht die Kirche, sondern hauptsächlich weltliche Gerichte. Nicht nur Katholiken, es breitete sich mit dem Protestantismus aus.
Voraussetung: Unbiblischer Glaube an Magie, Hexerei... - Warum nicht im Mittelalter? Die glaubten daran nicht. Für sie war das einfach Unfug.

Siehe auch:
Decker, Rainer:
Die Päpste und die Hexen : Aus den geheimen Akten der Inquisition
(Primus) ISBN: 978-3-89678-235-9
gebunden
184 S. - 24,0 x 16,5 cm
€ 24,90
Die Päpste und die Hexen. Aus den geheimen Akten der Inquisition. (Gebundene Ausgabe)
Es gibt wohl kaum ein anderes Gebiet, auf dem sich populäre Irrtümer und weit von jeder Wissenschaftlichkeit entfernte Meinungen so hartnäckig - und oft auch wider besseren Wissens - behaupten, wie auf dem der europäischen Hexenverfolgung des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Der Umstand, dass diese Versionen zumeist zum Zwecke der Polemik gegen eine vermeintlich misogyne, gewaltlüsterne katholische Kirche erzählt werden, macht die Frage nach der tatsächlichen Haltung der Päpste gegenüber dem Phänomen Hexerei zu einer hochinteressanten Angelegenheit.
Rainer Decker, der 1996 als einer der ersten Historiker Zugang zum Archiv des Heiligen Offiziums bekam, liefert mit diesem Werk eine faszinierende Darstellung der Entwicklung von den Anfängen der Inquisition im Mittelalter bis zu den letzten Prozessen im 18. Jahrhundert.
Deckers Hauptaugenmerk gilt dabei den wechselvollen theologischen Debatten, die innerhalb der Kirche zu deren Haltung gegenüber der Hexerei geführt wurden. Es liegt dabei in der Natur der Sache, dass es keine einheitliche und durchgängige Meinung geben konnte. Insgesamt offenbaren die Quellen jedoch das Bild einer meist eher von Zurückhaltung und Mäßigung geprägten Politik der Kirche gegenüber einer im Verhältnis weit weniger von Rationalität und gesunder Skepsis belasteten weltlichen Justiz.
Der Autor gibt eine ausführliche Darstellung der Debatten im Kontext der Ereignisse: Werke wie der berühmt-berüchtigte "Hexenhammer" Heinrich Institoris' werden nicht nur vom Inhalt her, sondern auch über ihre Entstehungsgeschichte behandelt, was in der Darstellung ihrer Rezeption erkennen lässt, dass sie weit weniger die Billigung Roms erfuhren als vielmehr den Widerspruch zahlreicher Geistlicher. Decker legt den Wandel der in der Bevölkerung kursierenden Vorstellungen von Hexen dar und erzählt spannend über das beständige Ringen um Zuständigkeiten zwischen geistlicher und weltlicher Autorität. Dabei meistert der Autor die Komplexität des Themas, ohne dass sich an irgendeiner Stelle Längen ergäben.
Für Religionswissenschaftler und Historiker ist dieses Buch ein "Muss", für alle anderen eine überaus lohnende Lektüre. Sehr empfehlenswert!
http://www.amazon.de/product-reviews/38 ... ewpoints=1
Bezug, nich nur über "amazon", sondern auch über den örtlichen Buchhandel oder über http://www.buchhandel.de. Wer es lesen, aber nicht kaufen möchte, die örtliche Bibliothek hat es bzw. kann es sicher über Fernausleihe besorgen.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

nun,
ich wollte nur ergänzen, das ich mit "Inquisition" die entsprechende "Einrichtung" bzw. "Abteilung" der katholischen Kirche meine - historisch bis Ratzinger und heute. Allerdings blende ich auch die Tötungen im Namen der Inqusition nicht aus - in manchen europäischen Regionen schon fast mit einem "Holocaust des Mittelalters" vergleichbar. Natürlich fanden Verfahren vor weltlichen Gerichten statt - basierten jedoch unbedingt auf dem Glaubensbild der katholischen Kirche oder zumindest den vor der Kirche induzierten Glaubensbildern. Staat und Religion galt damals für untrennbar - und war es bekanntlich auch. Die höchste Macht war höchstselbst von Gott eingesetzt und legitimiert usw. Auch Protestanten (vor allem damals noch "Katholiken Light") führten derartige Verfolgungen - das Glaubenskonzept dahinter war dennoch weithin gleich, mit den selben Wurzeln. Als Beispiel zeigt sie - wie die Kreuzzüge - recht gut, wie leicht und gefährlich Menschen mittels Glaubensprinzipien Schweinereien sozial legitimieren können. Und dies macht vor einer noch so gut gemeinten Religion halt - vor allem keinen absolutistischen.

Man sagt zwar immer, im Mittelalter wäre es noch "normal" gewesen, Leute für rel. kleine Vergehen zu töten - ch halte jedoch entgegen das bereits zu Jesus Zeiten Jesus Lehre gegen derartige (Todes-)Urteile argumentiert und war - und das römische Reich war dahingehend ja selbst "barbarisch". Ich glaube jedenfalls nicht, das Jesus derartige Urteile legitim befunden hätte - eher das Gegenteil. Er wollte ja selbst ein Beispiel sein - aber womöglich verstehe ich da Jesus' Lehre auch nur falsch...

Kriege sind kein "Schicksaal", wenn auch oder besser weil Folge fehlender Kommunikation und mangelnder Diplomatie und Verantwortungsbewusstsein. Kriege werden nie von einzelnen begangen, sondern es braucht viele Beteiligte bzw. Akzeptanten.

Der 2. Weltkrieg war nahezu "unvermeidbar", WEIL die Menschen eben nicht in der Lage waren, aber auch nicht wirklich wollten, probleme diplomatisch zu lösen. Die "Abenteuerei" wurde zwar von oben kommuniziert - die unbedingte Hörigkeit gepaart mit fehlender Eigenverantwortung vieler Bürger brachten die Gesellschaft erst dorthin, wo quasi nur noch ein Gewaltkonflikt Ausweg bot. Man wäre also nicht umhin gekommen - hätte es höchsten "verschleppt". "Schicksal" allerdings war es nicht - das behaupten genau die, denen die o.g. Eigenverantwortung fehlt(e).

Es ist und bleubt Grundproblem jeder absolutistischen Ideologoe oder Religion - "sie runinieren die Menschheit im Sinne des Guten". Es spielt letzetndlich keine Rolle, wie gut oder böse etwas gemeint war, allein das Ergebnis zählt, weil nur das bleibt...
Christel
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Christel »

Ein Blick auf Wikipedia Inquisition zeigt, dass es „die Inquisition“ nie gab:

a) ist es die Bezeichnung einer auch von weltlichen Gerichten durchgeführten Form von Gerichtsverfahren, ab dem 13. – Ende 18. Jh.
Zwar wurde das Inquisitionsverfahren zunächst als innerkirchliche Verfahrensform unter Papst Innozenz III. geschaffen, es kam jedoch nicht nur im kirchlichen Bereich zur Anwendung, sondern wurde während des Spätmittelalters in verschiedenen Variationen auch die Hauptform bei Strafverfahren der weltlichen Gerichtsbarkeit, etwa im Fall der Venezianischen Staatsinquisition. http://de.wikipedia.org/wiki/Inquisition
Erst heute hatte ich ein Buch über Kaiser Friedrich II. (* 1194 † 1250) http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_II._%28HRR%29 sein Verhältnis zum Papst war gelinde gesagt ziemlich angespannt. Und später, die Zeit der Hexenverfolgungen stand der kath. Kaiser gegen prot. Fürsten, für Luther war schließlich der Papst der Antichrist… - So einheitlich war das alles nicht.

Wer sich mit Hexenwahn beschäftigt, weiß dass es Verfolgungswellen gab. Sie begannen im einfachen Volk… -
Hexenverfolgungen wurden teilweise aktiv wie auch gegen den Willen der Obrigkeit eingefordert und praktiziert. http://de.wikipedia.org/wiki/Hexenverfolgung
Zum Teil war es "die Inquisition", die sich gegen Hexenverfolgung wendete:
Die staatliche spanische Inquisition, gegründet im späten 15. Jahrhundert, lehnte Hexenverfolgung ausdrücklich ab.
Hexerei war für die Kirche kein derart bedrohliches Vergehen wie die Häresie. Dies wird deutlich in der Anweisung Papst Alexanders IV. vom 20. Januar 1260 an die Inquisitoren, Hexen seien nicht aktiv zu verfolgen, sondern auf Anzeigen hin festzunehmen. Prozesse gegen Hexen sollten bei Zeitmangel zurückgestellt werden, die Bekämpfung von Häresien habe Vorrang. Später verurteilte die Inquisition sogar zeitweise die Hexenprozesse. http://de.wikipedia.org/wiki/Hexenverfolgung
b) Die Inquisition war nicht eine „Institution“. Es handelte sich, sofern hier auch Institutionen gemeint sind, um unterschiedliche „Institutionen“ (siehe Wikipedia).

Die Institution der „Inquisition“ aus der heraus sich die spätere Kongregation für die Glaubenslehre entwickelt hat „Congregatio Romanae et universalis Inquisitionis“ also die Römische Inquisition wurde 1542 gegründet:
Im 16. Jahrhundert verfolgte die Spanische Inquisition (im Gegensatz zu den zeitgleich handelnden königlichen Gerichten) nur gelegentlich Hexen und Hexer. Auch von der Römischen Inquisition sind diesbezüglich nur Einzelfälle bekannt. http://de.wikipedia.org/wiki/Inquisition
Außer der physischen Verfolgung Verdächtiger, die jedoch im Vergleich zur Spanischen Inquisition in weitaus geringerem Ausmaß zustande kam, ging die Römische Inquisition vor allem gegen Druckwerke vor, die reformatorisches Gedankengut vermittelten. http://de.wikipedia.org/wiki/Inquisition
1798 von Napoleon abgeschafft, hatte die Institution nach Wiedereinsetzung einen anderen Charakter:
Sie wurde zwar 1814 wieder eingesetzt, besaß jedoch im 19. Jahrhundert einen bereits völlig anderen Charakter, da sie keine Exekutivmittel mehr besaß, sondern nunmehr auf die Macht des Wortes beschränkt war.
http://de.wikipedia.org/wiki/Inquisition
Gegen Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils ordnete Papst Paul VI. mit dem Motu Proprio Integrae servandae[1] vom 7. Dezember 1965 die Aufgaben und die Struktur der Kongregation neu und gab ihr den heutigen Namen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kongregati ... ubenslehre
Gemäß Artikel 48 der von Papst Johannes Paul II. 1988 promulgierten Apostolischen Konstitution über die römische Kurie, Pastor Bonus[2], hat die Kongregation für die Glaubenslehre die Aufgabe, „die Glaubens- und Sittenlehre in der ganzen katholischen Kirche zu fördern und zu schützen.“ Die Kongregation wurde von 1981 bis zum Tod von Johannes Paul II. 2005 durch Joseph Kardinal Ratzinger geleitet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kongregati ... ubenslehre

So gesehen kann man die Entwicklung dieser Institution zwar lange zurückverfolgen, aber sie ging ebenso wie das Heilige Römisches Reich Anfang des 19. Jh. unter. Ratzinger stand daher eben sowenig der (Römischen) Inquisition vor, wie Angela Merkel Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches ist.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

Das ist soweit richtig. "Inquisition" verstand und verstehe ich als die "Einrichtung"(en) die sich dem "Schutz" wie der "Stärkung" des jeweiligen Glaubens (in dieser Praxis eher "christlich katechistischen").

Probleme in Form von z.B. Mißverständnissen oder Falschauslegungen sehe ich vorprogrammiert, (wenn der Glaubenslehrer selbst nicht mehr greifbar ist) denn Menschen sind nun mal Menschen. Bei Religionen / Ideologien mit absolutistischen Anspruch ist die Gefahr umso höher, da jedwede kritische "Erdungen" fehlen - die Auswirkungen für die Menschen besonders umfassend sind - damit auch gemachte Fehler.

Wie diese aussehen können, zeigt z.B. auch die "Staatssicherheit" der DDR.

Gerade bei mythischen, absolutistuischen Konzepten (und dazu zähliche ich ein Stück weit auch die Ideologie der DDR / SED in ihrer Praxis) sehe ich es besonders kritisch wenn einzelne Menschen sich für die besseren Ideologen halten als andere - und damit z.B. Machtansprüche erheben, sichern oder auch irgendwelchen mehr oder weniger eigenen Interessen nach ausprägen.

Die Inquisition war jedenfalls nie eine wissenschaftliche Einrichtung im erkenntnistheoretischen wie praktischen Sinne - auch wenn manch Inquisitor sie dafür halt. Selbst wenn sie sich auch auf streng wissenschaftliche Weise mit der Glaubenslehre auseinandersetzte, dann täuscht dies nicht über einige "statische Grunpfeiler" hinweg, die als unkritisierbar gelten oder wo mögliche Erkenntnisse gegen diese gegen "nützlichere" ausgespielt wurden - jedenfalls wird die Inquisition keine Erkenntnisse verföffentlichen, die Grundfragen des katechistischen Glaubens widersprechen - solange man eh nicht gerade vorhatte, diese zu ändern. Denk- und Sprechverbote aber widersprechen jedweder wissenschaftlichen Arbeit. So entsprechen die "Ergebnisse" dieser Institution(en) erstaunlich häufig dem, was den aktuellen Machthabern wichtig ist - ihre eigenen Ziele und Vorstellungen legitimiert.
Christel
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Christel »

In „der“ Inquisition sehe ich geschichtliche Einrichtungen, a) als Gerichtsverfahren b) als Institutionen.

Ich denke, keine Einrichtung des Mittelalters oder der frühen Neuzeit wird unseren heutigen Ansprüchen gerecht. Das ist Geschichte, gut zu wissen, aber heute nicht mehr existent.
Ebenso zeigt ein Blick auf die Rechtsgeschichte, dass sich unser Recht aus früheren Rechtssatzungen… heraus entwickelt hat, aber eben nicht mehr dasselbe ist.

Die Stasi war ein Staat im Staate mit exekutiver Gewalt. – Hast Du schon mal im Stasi-Gefängnis in Bautzen gesessen? (Ich ja! – Aber zum Glück nach der Wende, als Besucher. :wink: )
Menschen sind nun mal Menschen
Daher werden Gewalten geteilt. Macht begrenzt… - Es kommt nicht nur auf den Anspruch an, sondern auch auf die Möglichkeiten und Machtmittel, die ein Mensch oder eine Institution… besitzt.
niels hat geschrieben:Probleme in Form von z.B. Mißverständnissen oder Falschauslegungen sehe ich vorprogrammiert, (wenn der Glaubenslehrer selbst nicht mehr greifbar ist) denn Menschen sind nun mal Menschen.
Ja!
Was aber sehr gut greifbar ist, ist der Glaube der kath. Kirche. Dieser wurde vor allem in den ersten Jahrhunderten definiert und dokumentiert. Dass sich nichts ändert, ist z.B. Aufgabe der „Kongregation für die Glaubenslehre“, also quasi Unterscheidung der Geister, Beurteilung.
Beispiel: Nach dem 2. Weltkrieg bildeten sich zahlreiche Geistliche Gemeinschaften. Die haben nicht lange gefragt, ob sie sich gründen dürfen, sie haben sich gegründet. Nach und nach sind diese nach Rom gegangen und haben sich dort anerkennen lassen. Manchmal wurde der Antrag erst nach Jahrzehnten gestellt. Aber er wurde gestellt, weil es so etwas wie ein Gütesiegel ist.

Nicht immer werden Gemeinschaften anerkannt, Beipiel:
Die katholische Glaubenskongregation hat den Gebrauch der Privatoffenbarungen von Gabriele Bitterlich 1983 und verstärkt 1992 beschränkt; die Privatoffenbarung wurde nicht anerkannt, in ihr enthaltene nichtbiblische Engelnamen durften nicht mehr angerufen werden und der Gebrauch entsprechender Schriften wurde Katholiken inner- wie außerhalb des Engelwerkes verboten. http://www.kathpedia.com/index.php?titl ... Bitterlich
Im Fall des Engelwerks, aus meiner Sicht, zu Recht. Laufen die Leute mit dem „Schild katholisch“ herum, steht die kath. Kirche in der Pflicht. Sie muss sich kümmern. - Verboten, heißt übrigens nicht, dass es nicht mehr praktiziert wird. - Die Machtmittel so ein Verbot durchzusetzen sind begrenzt. Wirklich verhindern können sie dabei gar nichts. – Sie können nur versuchen mit dem Menschen zu reden, zu arbeiten, dass Gütesigel (Anerkennung) verweigern bzw. Auflagen erteilen.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

ist der Glaube der katholischen Kirche
Das wäre mir neu,

Aber das Argument einer "Qualitätssicherung" durch die Doktrin einer Priesterobrigkeit hatten wir ja schon mal. Auch die katholische Kirche machte und macht belegbar das, was den eigenen - nicht selten höchstweltlichen Machtinteressen der Obrigkeit dient - zum Glaubensinhalt - transportiert dies lediglich im Namen von Jesus mit.

Die katholische Kirche bot ja selbsterklärend immer wieder die besten Beispiele, welches Ge- wie Mißbrauchspotential in absolutistischem Glaubenskonzepten steckt - vor allem WEIL es nun m al (unvollkommene) Menschen sind, die daran wie damit herumdoktorn - ob nun mit Gutem oder Bösem im Sinn, ist letztendlich zweitrangig unhd steht im Nachhinei immer hinter den Resultaten...
geschichtliche Einrichtungen
Ok,
allerdings betreibt die kath. Kirche bis heute eine Inquisition - auch wenn die in ihrer Ausrichtung immer mal wieder "angepasst" wurde. "Inquisition" bedeutet für mich "Glaubensdoktorei", das sich einzelne Menschen anmaßen besser wissen zu wollen als andere Gläubige, was Glauben ist bzw. was für diesen wesentlich ist aber vor allem welche rechtlichen und sozialen Implikationen von diesem gefordert werden. Die Einrichtung ist ja bis heute keine "offene Bibelrunde" wo z.B. jeder jede Sichtweise darlegen und vor der Gemeinschaft verargumentieren darf.
daher werden Gewalten geteilt
Eben - in absolutistische wie doktrinische Ideologien und Religionen jedoch nicht. Bei Religionen kommt dazu, das Beteiligte aufgrund nicht be- wie widerlegbarer Behauptungen Machtansprüche erlangen oder/und ausüben können.

Wir kommen der Sache also langsam näher...
Das sich nichts ändert
Das ergibt keinen Sinn, da:

- denn die Gesellschaften entwickeln sich ständig fort - Kirche hat zwei Optionen: sie entwickelt sich mit, womit obiges Problem eintritt oder sie bleibt bei einer sturen Auslegung und entwickelt sich sukzessive zum Dinosaurier. Afaik versucht die Inquisition wohl einen "Mittelweg", was demnach eher einer Notlösung gleichkommt - nicht aber einer "fundierten" Lösung aus Sicht der Gesellschaften der Gläubigen (weshalb wohl derzeit die Zahl der Aus- und Übertrittler in den fortentwickelten Gesellschaften pro Jahr stetig wächst.). In der Informationsgesellschaft hat die Kirche ihre traditionelle "Informationshoheit" weithin eingebüsst und tut es weiter - Gläubige sehen u.a. immer häufiger die Diskrepanzen innerhalb der Kirche wie zwischen Wort und Tat.

- die Kirche selbst legte und legt die Basis für die Legitimation absolutistischer Glaubenskonzepte wie daran gebundener Machtverhältnisse, was dem modernen Menschenbild mehr entspricht, wo immer mehr Menschen lernen, das derzeit Demokratie und Rechtsstaat die derzeit beste Form sozialen Zusammenlebens in Völkern und Staatengemeinschaften - ja selbst innerhalb von Familien - bietet, auch wenn diese Prinzipien ebensowenig "vollkommen" sind und weiterentwickelt werden müssen.

Dabei müssen heute viele Menschen noch lernen, wie das funktioniert, denn niemand hat es ihnen beigebracht - dabei bin ich davon überzeugt, das selbst Lehrer wie Jesus eine Demokratisierung wie Verrechtsstaatlichung befürwortet hätten - ja sogar bereits als eine Art "Fernziel" in ihren Lehren sahen - nicht aber die Doktrin einer Machtelite, die ihre Machtansprüche allein auf ihre "Nähe zu Gott" - wie auch immer die aussehen mag bzw. behauptet wird - begründen.

Soweit ich überhaupt etwas "glaube", dann ist es, das diese Interpretation zu einer gewissen Wahrscheinlichkeit zutreffend ist - wirklich wissen tun wir es alle nicht - weder Du, ich noch der Papst Ratzinger...
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