Religiöser Wahn macht krank
Weltbild und seelische Gesundheit
Seelisch gesund ist, wessen Weltbild mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Wegen der Komplexität der Wirklichkeit gibt es zwischen seelischer Gesundheit und seelischem Kranksein fließende Übergänge. Je mehr von dem ins Weltbild einfließt, was durch unmittelbare Wahrnehmung überprüft werden kann, desto gesünder ist der Einzelne und desto angemessener kann er sein Verhalten in der Wirklichkeit lenken. Je mehr sein Weltbild von bloßen Vermutungen und Behauptungen bestimmt wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sein Verhalten an der Realität vorbei geht. Daraus entstehen jene psychischen Symptome, die die Wissenschaft heute als Ausdruck seelischer Erkrankungen definiert.
Wahn und Irrtum
So wie es fließende Übergänge zwischen gesund und krank gibt, so gibt es fließende Übergänge zwischen irrigen Vermutungen und der mutwilligen Behauptung unüberprüfter Inhalte. Wer von irrigen Vermutungen ausgeht, riskiert, dass ihn sein Fehlverhalten krank macht. Bei dem, der mutwillige Behauptungen als Leitlinie benutzt, ist es ebenso.
Während die irrige Vermutung durch die Wahrnehmung der tatsächlichen Zusammenhänge jedoch korrigiert werden kann, wird die Korrektur der Verirrung bei der mutwilligen Behauptung durch den Mutwillen selbst verhindert. Aus Irrtum wird Wahn.
Wahnhaft ist, wer Vermutungen zur Gewissheit erklärt, indem er sich weigert einzugestehen, dass er ihre Gewissheit nicht erkennen kann.
Während viele Irrtümer die seelische Gesundheit nicht ernsthaft gefährden, ist es beim Wahn anders. Während Irrtum eine kreative Etappe im Erkenntnisprozess ist, ist Wahn eine Versteifung ins Falsche. Von dem der wahnhaft wird, wird er oft als Befreiung erlebt; was den Wahn erst recht zementiert. Wahn verspricht Gewissheit. So befreit er vom Zweifel. Das macht ihn verführerisch.
Neurose / Persönlichkeitsstörung
Auch das Weltbild dessen, der als "seelisch gesund" gilt, wird von Irrtümern beeinflusst. Seine Irrtümer betreffen jedoch Aspekte, die die realitätsgerechte Steuerung des Verhaltens im individuellen Umfeld nur wenig stören. Wer glaubt, dass in China Suaheli gesprochen wird, kann in Deutschland trotz seines Irrtums problemlos leben.
Die Irrtümer dessen, der unter neurotischen Symptome leidet, betreffen im Gegensatz dazu seinen Bezug zur unmittelbaren Umwelt und zu sich selbst. Wer glaubt, dass er auf Gedeih und Verderb auf die Zuneigung seiner Mitmenschen angewiesen ist, wird Ängste und Depressionen erleiden. Wer am Wert seiner selbst zweifelt, weil er zerstörerischen Moralvorstellungen unterworfen ist, leidet ebenso.
Seelische Gesundheit und Offenbarungsglaube
Als primären Glaubensakt definieren Offenbarungsreligionen die Zustimmung zum Dogma ihrer göttlichen Herkunft. Dabei sehen sie es als unerlässliche Tugend an, Dogmen für wahr zu halten, obwohl sie nicht beweisbar sind.
•Gott hat Moses beauftragt
•Israel ist von Gott zur Herrschaft berufen
•Jesus wurde jungfräulich gezeugt
•Mohammed ist der letzte Prophet Gottes
Diese Lehrsätze könnten wahr sein. Ihr Wahrheitsgehalt ist aber nicht überprüfbar. Der Anspruch der Offenbarungsreligionen, dass diese Dogmen für unzweifelhaft wahr zu halten sind, gefährdet die seelische Gesundheit derer, die sich dem Anspruch nicht entziehen.
•Wer die Lehrsätze trotz ihrer Unbeweisbarkeit für unumstößlich hält, leidet unter einer wahnhaften Störung. Im Wahn kann er gefährlich für sich selbst und andere werden.
•Wer die Lehrsätze zwar nicht glauben kann, aber meint, der Glaube daran sei notwendig, um sich vor Strafe zu retten, riskiert neurotische Symptome, die seinen Bezug zu sich selbst empfindlich stören.
•Wer weder an die Dogmen glaubt noch an den Nutzen eines Glaubens daran, riskiert soziale Ausgrenzung; je nachdem, wieviel Macht der Glaube über die Gemeinschaft hat, in der er lebt. Oder er heuchelt, was die Gläubigen von ihm fordern.
Die Mehrzahl der "Gläubigen" ist nicht gläubig im Sinne ihres Credos. Deshalb ist sie auch nicht psychisch krank. Die Mehrzahl glaubt zwar an ein bewertendes Prinzip des Daseins und dass "gut" zu sein richtig ist. Sie glaubt aber nicht, dass sich Gott persönlich durch den Mund Einzelner für alle offenbart. Täte sie es, würde sie sich unmittelbar am überlieferten Text orientieren.
Verrückt ist, wer Falsches für unverrückbar erklärt. Falsch verstandene Religion macht krank.
Man kann feststellen, was man glaubt. Und man kann vorgeben, dass man glaubt. Festlegen, was man glaubt, kann man aber nicht. Der Glaube an die Dogmen der Monopoltheologien ist daher moralisch bedeutungslos.
http://www.glaube-und-gesundheit.de/gesundheit.html