"Freies" Amerika -was manch deutsche Politiker kopieren will

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niels
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"Freies" Amerika -was manch deutsche Politiker kopieren will

Ungelesener Beitrag von niels »

In Florida hat der Sheriff einer Kleinstadt eine neue "Maßnahme" eingeführt, die die (in den USA bzw. Florida ja generell verbotene) Prostitution eindämmen soll.

Er erklärt stolz:
"Jeder an den einschlägigen Straßen aufgegriffene Mann wird für 24h eingesperrt, dazu schreibe ich, der Sheriff oder meine Frau einen Brief an die Ehefrau des Aufgegriffenen."

In dem Brief steht in etwa:
"wir haben Ihren Ehemann beim Besuch einer Prostituierten festgenommen. Prosttitution ist illegal und Ursache für Drogenhandel, Gewalt und die Verbreitung schwerer Geschlechtskrankheiten. Auch ihr Mann könnte sich bei illegalem Sex angesteckt haben. Wir empfehlen Ihnen deshalb zu Ihrem Schutz und Ihrer Familie, sich in ärztliche Untersuchung zu begeben.... usf."

Kondome in der Tasche werden als "Beweismittel" gesehen...

Zusätzlich hat der Sheriff mit der Stadt eine "Website" gebaut, auf der ALLE in Polizeigewahrsam genommenen Personen, potentielle Freier wie prostituierte Frauen und Mädchen (es wurde ein Beispiel eines 14-jährigen Mädchens gezeigt) mit Name, Bild und Anschrift für jeden einsehbar veröffentlicht werden. Da die Daten nach einem Urteil möglicherweise wieder gelöscht werden müssen, haben findige Geschäftemacher eine Website gebaut, die die Datensätze kopiert und die Daten lebenslang und darüberhinaus für jeden zugänglich hält - vom Arbeitgeber bis zum Nachbarn...

Der Sherrif dazu:
Wer in dieser Straße aufgegriffen wird, hat seine Bürgerrechte einfach verwirkt - also auch sein Recht auf Privatsphäre...

Ein junges Anwohnerpaar der Straße dazu:
Sie: "ich wurde schon mal aus einem Auto angesprochen, das war ekelhaft. Ich finde es gut, das so gehandelt wird"
Er: "Die Prostituierten erzählen oft, sie müssen sich prostituieren, weil sie nur so Geld für ihren Drogenkonsum finanzieren könnten. Warum gehen die nicht einfach einem ordentlichen Job nach? Also sind sie selber Schuld!"

Ähnliches erzählt auch die Frau des Sherrifs - ebenfalls Polizstin - "die können doch mit den Drogen aufhören und einem ordentlichen Job nachgehen".

Angesichts der Tatsachen klingt das reichlich naiv (immerhin sind auch Sherrifs keine Studierten...), selbst wenn man weiß, das die Prostituierten meist nur 10 USD pro Freier und Blow-Jobs bekommen.

Damit wären wir wieder beim Thema: Der Datenhandel in Amerika boomt immer mehr mit dem Abbau immer neuer Datenschutzrechte. Jeder Arbeitgeber fordert heute Urin, und/oder Blutproben - oft regelmäßig - und lässt jeden Bewerber vorher von spezalisierten Firmen "durchleuchten", also auf gespeicherte Datensätze wie oben untersuchen. Wie sollte so ein Mensch einen "ordentlichen Job kommen, selbst wenn er Drogen und Prostitution den Rücken gekehrt hat?".

Dabei ist illegale Prostitution und Drogenkonsum dort ein Kreislauf, den man nicht unterbricht, indem man den Prostituierten erzählt: "Drogen sind schlecht, hört auf damit" - Drogenabhängigkeit ist eine Krankheit, bei der der Betreffende kaum bis keinen Einfluß auf seinen Konsumdrang hat. (Das man das überhaupt bestrafen kann, halte ich für fraglich). Aber selbst wenn, solange die Menschen keine andere - halbwegs aequivalente Option auf Arbeit haben, werden auch des Sherrifs tollen Ideen kaum helfen.

Mit ähnlichen Unsinn feiert sich der in den USA berühmte Talkmaster "Steve Wilkis" - ehemaliger Polizist - der besonders schlaue Ideen zu haben meint, wie man mit dem Drogenproblem oder Prostitution "umgehen muß" - und Amerika johlt vor Freude.

Während in Europa legale Prostitution möglich ist und sehr zur Arbeits- und Lebensqualität legaler Prostituierter beigetragen hat, ist sie im ach so freien wie brüden Amiland / Florida immer noch illegal, "weil Gott es so will" (hört man zumindest häufiger als Begründung).

selbst der örtliche Pfarrer des Ortes hat seine Zweifel und Probleme mit diesem Vorgehen:
Es ist doch nicht rechtens, das man Menschen derart vorverurteilt, anprangert und öffentlich diskreditiert, während noch kein Urteilsspruch die Schuld eines Verdächtigen feststellen konnte.

Na immerhin, Allerdings halte ich auch für zweifelhaft, einen Verurteilten seiner "Bürgerrechte" zu berauben.

Noch debenklicher finde ich, das in den USA die Polizei selbst derartige Maßnahmen - oder auch der Bürgermeister einer Stadt eigene Gesetze - einführen darf, ohne das es hierzu einen parlamentarischen Konsenz oder Prüfung der Verfassungkonformität gibt.

Leider finden sich immer wieder und mehr Deutsche (Stammtisch-)Politiker, die das "Vorbild Amerika" hochhalten und für die Übernahme solcher "Ideen" plädieren. Von Hrn. Schäuble möchte ich gar nicht mehr reden, der zu Zeiten Busch's und dessen Zersetzung der Bürgerrechte nicht schnell genug nacheifern konnte.

In den USA scheint man sich an die neuen Gesetze "gewöhnt" zu haben und man adoptiert fleißig aus den Anti-Terror-Gesetzen und Heimatsschutzplänen - wie Schäuble selbst so treffend sagte - "in andere Lebensbereiche".

Prostitution ist verboten, aber das Ausspionieren und Entreißen der Bürgerrechte von Bürgern schon? Komische "Freiheit"...

"Gott schütze Amerika" - das Land der "unbegrenzten" Möglichkeiten!...
Josef
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Re: "Freies" Amerika -was manch deutsche Politiker kopieren will

Ungelesener Beitrag von Josef »

Da geb ich Dir 100% Recht Nils !

Josef
Kurt Brakelmann
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Re: "Freies" Amerika -was manch deutsche Politiker kopieren will

Ungelesener Beitrag von Kurt Brakelmann »

Zitat Niels:
Noch bedenklicher finde ich, dass in den USA die Polizei selbst derartige Maßnahmen - oder auch der Bürgermeister einer Stadt eigene Gesetze - einführen darf, ohne das es hierzu einen parlamentarischen Konsenz oder Prüfung der Verfassungkonformität gibt.
Leider finden sich immer wieder und mehr Deutsche (Stammtisch-)Politiker, die das "Vorbild Amerika" hochhalten und für die Übernahme solcher "Ideen" plädieren. Von Hrn. Schäuble möchte ich gar nicht mehr reden, der zu Zeiten Busch's und dessen Zersetzung der Bürgerrechte nicht schnell genug nacheifern konnte.
In den USA scheint man sich an die neuen Gesetze "gewöhnt" zu haben und man adoptiert fleißig aus den Anti-Terror-Gesetzen und Heimatsschutzplänen - wie Schäuble selbst so treffend sagte - "in andere Lebensbereiche".
Ja so ist der Trend in den USA. Der Ku-Klux-Klan und die Lynchjustiz erfahren eine Renaissance und werden weiter gesellschaftsfähig.
Der Ku-Klux-Klan sieht sich selbst als eine radikale christliche Organisation. Von den frühen 1900er Jahren durch die 1940er hinweg sahen hunderttausende fundamentalistischer Protestanten (vor allem aus dem mittleren Westen, aber mit der Zeit auch wieder aus dem Süden) den KKK als Teil ihres Glaubens. Millionen weitere sahen die Methoden des KKK zwar als tadelnswert und extrem an, erkannten die Mitglieder aber trotzdem als vollwertige Christen an und stimmten mit der Meinung des Klans überein, dass weiße Protestanten von Geburt an anderen Gruppen überlegen seien. Zu dieser Zeit wurde die Unterdrückung von Schwarzen, Juden, Katholiken und Moslems von vielen als Teil von „Gottes Plan“ gesehen.
Die Ku-Klux-Klan-Mitglieder verstehen sich als verfassungstreue Patrioten; bei Aufnahme in den Klan wird ein Eid auf die US-Verfassung abgelegt. Einige amerikanische Neonazis lehnen den Klan daher als zu gemäßigt ab.
Stark verfolgt und um ihr Leben fürchten müssen vorwiegend Ärzte und Frauen, welche abtreiben, Homosexuelle und Lesben, welche sich zu ihrer Neigung bekennen, Prostituierte sowieso und zunehmend solche, welche ihr Leben nicht nach der Bibel ausrichten und die Bibel nicht wörtlich nehmen.
Der in den USA entstehende christliche Fanatismus, der sich weiter festigende christliche Fundamentalismus und die kritiklose Bibelgläubigkeit ähnelt stark der Korangläubigkeit und dem islamischen Fanatismus.

Nach der christlichen Philosophie der Anschauung: „Der Zweck heiligt die Mittel“, welche sich als politischer Realismus versteht, resultiert dann die Auffassung der uneingeschränkten Macht, des unkontrollierten Machtgebrauchs und des unbegrenzten Machterwerbs dieser „Ordnungskräfte“ in den USA.

Kurt
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niels
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Re: "Freies" Amerika -was manch deutsche Politiker kopieren will

Ungelesener Beitrag von niels »

ja,
aber Christ ist schließlich, wer an Christus glaubt. Schon wenige Jahre nach seinem (wahrscheinlichen) Tod teilten sich die Meinungen derer, die sich "Christen" nannten über das, was "Christentum" sei.

Heute ist mir imho keine Gruppierung bekannt, die tatsächlich und weitestgehend konform der christlichen Lehre (zumindest soweit ich sie aus Bibel & Co. kenne) lebt / agiert. Da die "heilige Schrift" nun mal zeitlich-räumlich recht weit weg liegt, scheint eine halbwegs einheitliche Interpretation nicht oder wenn überhaupt nur in wenigen Grundsätzen möglich. Jeder, der behauptet er sei "Christ" hat ebenso recht wie unrecht - keiner steht da wirklich "über" dem anderen.

Der KKK migriert und "assimiliert" die "christliche Lehre" einfach nur auf die amerikanische Gesellschaft und deren Tradition. Sicher, das Resultat scheint schon recht merkwürding, aus unserer Sicht gelegentlich sogar krankhafte Züge zu tragen - hier kommen aber lediglich die Dinge zum Vorschein, die die amerikanische "Kultur" durch Doppelmoral, Prüderie und radikalisiertem Christenglaube zwar hervorbringt, aber sonst nicht an der Oberfläöche duldet - was wohl der Grund sein dürfte, warum sich die Mitglieder afaik ausschließlich vermummt treffen.

Deutsche haben bisher wohl deshalb keinen KKK o.ä., weil sie dem Vatikan weitaus höriger sein dürften, der gern selbst bestimmt, welche Gruppierungen in "seiner" Kirche geduldet werden. Aber ähnliche "Sauereien" gibt es auch hier, dafür halt in kleineren - dynamischeren Vorgängen unterliegenden - Gruppen..
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