"Deutschlands schlimmster Kinderschänder"

[niels]

"Deutschland schlimmster Kinderschänder"
tönt es heute aus dem RTL-Nachrichtenprogramm.

Ich möchte den Angeklagten nicht in Schutz nehmen - schon gar nicht die ihm vorgeworfene Tat rechtfertigen, aber im Rechtsstaat Deutschland gilt immer noch die Unschuldsvermutung, solange noch kein Gericht per Urteil die Schuld des Beschuldigten festgestellt hat.

Für ebendies gibt es auch klare Gesetze und Richtlinien für den Journalismus, dessen sich wenigstens "qualifizierte" Journalisten bewusst sein müss(t)en.

Dabei sehe ich nicht nur Probleme bei den Bürgerrechten des Angeklagten, derartige Berichterstattung kann u.U. sogar den gesamten Prozess - u.U. zugunsten eines Schuldigen - verzerren, denn öffentliche Vorverurteilung durch die Medien war schon häufiger Grund für ein unerwartetes Ende von Prozessen - oft zugunsten wohl tatsächlich schuldiger Angeklagten.

Nebenbei: "Kinderschänder"? Wo leben wir denn? Im Mittelalter? Das Gesetz kennt heute schon lange den Begriff "Schande" nicht mehr, denn "Schande" wird nicht vom Schuldigen wie auch nicht dem/der Betroffenen - sondern von der das Opfer umgebenden Gesellschaft ausgeübt. Man akzeptiert das Opfer nicht mehr als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft, da "Schande" über ihm liegt... greulich...

Begriffe wie "Schande" oder (z.B. diese Jungfrau wurde) "geschändet" kannte ich bis dato maximal noch aus rückständigeren Kulturen im Islam oder einigen türkischen Mitbewohnern - ev. noch ein paar Neonazis.

Egal welche Tat einem Beschuldigten vorgeworfen wird und selbst wenn er geständig ist - bis zu einer Verurteilung ist jeder Angeklagte / Beschuldigte als "mutmaßlicher" Krimineller zu bezeichnen - vor allem im Journalismus.

Nun wird dem "Kinderschänder" öffentlich in den Nachrichten vorgeworfen, er würde "seine Opfer verhöhnen" - Stein des Antoßes war, das er im Gerichtssaal sein Gesicht mit einem Aktenordner verdeckte, auf dem u.a. ein (kleiner) Aufkleber "ich pass auf Dich auf" angebracht war - neben einer Reihe weiterer offenbar älterer Aufkleber.

Während die Mutter eines Opfers diesen Aufkleber als "gezielte Ansprache an die Opfer" sieht, teile der Angeklagte über den Anwalt auf die aufbrausende Reaktion mit, er wollte mit dem Aufkleber ursprünglich seinen persönlichen Bedarf nach "Schutz" zum Ausdruck bringen. Dennoch titeln die Medien: "Kinderschänder verhöhnt jetzt auch noch seine Opfer".

Damit sind wir in Amerika angekommen, in dem Vorverurteilungen und Verleumdungen in öffentlichen Medien akzeptiertes wie probates Mittel sind um Auflagen zu erhöhen und mehr Zielgruppen zu erreichen - auf Kosten Beschuldigter oder auch Opfer.

Ich finde es gut, das in Deutschland keine Live-Übertragungen oder Aufzeichnungen von Gerichtsprozessen erlaubt sind - die Medien kommen ja schon jetzt ihrem rechtsstaatlichen Auftrag nicht angemessen nach.

Cheers,

Niels.

[Josef]

Genauso denke ich auch.
>Es ist einfach unverantwortlich wie gewisse Medien mit Menschen umgehen. Und niemand sagt öffentlich etwas dagegen, alle stecken mit im Filz. Außer z.B. P.Sloterdijk und ganz wenig andere.
Wozu haben wir einen Posten "Bundespräsident"?
Übrigens : alle ehemaligen Bundespräsidenten beziehen ihre VOLLEN Bezüge bis an das Lebensende weiter.... Scheel, Weizsäcker,Herzog ...

>Man ist nur auf Senationen, Umsatz, Einschaltquoten aus.Jede Woche wird ein neues Schwein durch´s Dorf getrieben. Moral - Fehlanzeige.
>Journaille ! Besonders die Springerpresse.

Josef
liest z.Z. "Schuld und Sühne"