Blutentnahme benötigt richterliche Anordung?!

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pOng
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Blutentnahme benötigt richterliche Anordung?!

Ungelesener Beitrag von pOng »

Der BGH hat wohl auf eine Klage eines Deutschen hin festgestellt, das eine von der Polizei zwangsweise geforderte Blutentnahme nach geltendem Bürgerrecht nur auf richterliche Anordnung hin erfolgen darf, da eine solche Entnahme - im Gegensatz zum "Blasen" - ein Eingriff in die Persönlichkeit und die Gesundheit eines Menschen sei. In der Praxis bedeutet dies: stimmt ein Verdächtiger einer freiwilligen Entnahme nicht zu, muß eine richterliche Verfügung ewirkt werden, was bisher in adäquaten Fällen bis zu mehrere Stunden dauern konnte. In der Zwischenzeit könnte der Blutalkoholgehalt merklich gesunken und eine zu hohe Promillezahl nur noch schwer gerichtsfest nachweisbar sein.

Ebenso sehen die Richter nun auch in Deutschland körperliche Durchsuchungen ("Leibesvisiten") für einen Eingriff und sehen hier Bedarf einer richterlichen Anordnung.

Nun preschen einige CDU-Politiker vor, die "ganz selbstverständlich" eine "Korrektur" der betr. Gesetze auf der Innenministerkonferenz erreichen wollen. Mit den Rechtsfolgen scheint sich dagegen niemand zu befassen. Wer eine solche "Durchsuchung" bereits persönlich erleben durfte, weiß wovon der BGH redet.

In Holland dagegen ist wohl selbst eine körperliche Durchsuchung schon lange nicht mehr ohne Richtervorbehalt möglich - eine geplante Änderung dieser Gesetze brachte große Entrüstung unter den Holländern. In Deutschland ist das täglicher Alltag in der Polizei.

Sicher wird es damit schwerer, den Konsum von Alkohol am Steuer - mit den bisherigen Mitteln - gerichtsfest festzustellen. Aber seit wann werden Bürgerrechte dafür abgeschafft / eingeschränkt, damit man den Beweis einer Straftat vereinfacht? Es ist Aufgabe der Polizei wie der Judikative eine Straftat festzustellen - sie allein muß die entsprechenden Beweise erarbeiten und vorlegen. Nur weil ein Beweis sonst nur schwer erbracht werden kann, kann man die Bürger nicht zur Aufgabe von Persönlichkeitsrechten zwingen.

Kritisch sehe ich auch manches Landesgesetz, das in Ergänzung des Gesetzes zur "Erkennungsdienstlichen Erfassung" von möglichen Straftätern - deren Daten bei bewiesener Unschuld binnen Monatsfrist aus den Polizeidatenbanken zu verschwinden haben - eine "präventive" Erfassung vorsehen, die jedes einfache Ordnungsamt / Stadtverwaltung anordnen kann (ohne Richter) die in einem Bürger eine "Gefahr" sieht - z.B. wegen früher begangenen Straftaten (z.B. im Verkehrsrecht). So lädt z.B. die Stadt bzw.

Landkreis Göttingen reihenweise erfasste ehem. Ladendiebe, Schwarz(Bus-/Bahn)fahrer oder auch mal renitente Falschparker (z.B. auch viele "eigentlich normale" Jugendliche - auch Einmaltäter) zur Abgabe von DNA-Probe, Fingerabdrücken, Fotos, Hautmerkmale, Biometriedaten usw. vor. Das verwendete Gesetz sieht die Sicherung vor erneuten Straftaten als Ziel. Krank...
Dazu kommt, das diese Daten keiner Löschfrist unterliegen - können also das Leben lang gegen einen Bürger verwendet werden - selbst nach Ablauf aller denkbaren Verjährungsfristen. Was selbst im Strafrecht nicht geht, machen Ordnungsämter und Landkreise ganz einfach möglich...

So hebeln Landesgesetze, Polizeigesetze und Durchführungsverordnungen unser Grundgesetz wie verbrieften Bürgerrechte durch die Hintertür aus - ohne großes Aufsehen.
Liborius
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Re: Blutentnahme benötigt richterliche Anordung?!

Ungelesener Beitrag von Liborius »

Man muß aber das BGH Urteil im Kontext zu früheren Entscheidungen sehen.
Urteil: »BGH: Atemalkoholmessung ist beweissicher«
BGH, Aktenzeichen: 4 StR 507/00 – Urteil vom 27.05.2001

Mit diesem Urtei ist letztinstanzlich die beweissichere Alkoholmessung in der Atemluft festgestellt. Ebenfalls hat das BGH jeden Abzug wegen möglicher Messungenauigkeit abgelehnt. Der kontrollierte Autofahrer sollte im eigenen Interesse auf eine Blutabnahme bestehen.
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