Unser Internet wie unser Rechtssystem in den Händen der "verarmenden" Musikinduistrie
Täglich hageln zigtausenden deutschen Internetnutzern neue kostenbewährte Abmahnungen ins Haus, in denen "namhafte" Kanzleien "im Auftrag" ihrer bedauernswerten Klienten wie z.B. "Nena", "Bushido" und ähnlichen (haben die auch echte Vor- wie Zunamen?) vorwerfen, über den "Internetanschluß" desjenigen hätte jemand "illegal" Musik heruntergeladen und sich damit strafbar gemacht, aber vor allem den armen Künstler erheblich geschädigt. Im Raum stehen da Schadenersatzforderungen i.H.v. zigtausend Euro für ein heruntergeladenes Musikstück. Da man sich aber "gütlich einigen wolle", böte man dem Anschlußinhaber an gegen Abgabe einer Unterlassungserklärung - und nicht zuletzt der Zahlung der Anwaltsgebühren i.H.v 400,- 500,- EUR "die Sache einstellen" zu wollen.
Wer da glaubt, es handele sich um einen der vielen Betrugsversuche über das Internet, täuscht sich sehr. Nach aktueller deutscher Rechtssprechung ist das alles ganz "rechtens". Interessanterweise spielt es auch keine Rolle, wer der "Downloader" der Datei war oder ob ein solcher überhaupt vorgenommen wurde. Da in der Praxis von professionellen Kriminellen die Anschlüsse von einfachen Internetnutzern verwendet werden, womit die Kriminellen ihre Identität gut verschleiern können, sind die eigentlichen "Übeltäter" selten zu kriegen.
Allerdings ist der Nachweis, das eine Person einen "illegalen" Download durchgeführt hat, quasi unmöglich bzw. sehr aufwendig geworden. Während es im Strafrecht das Prinzip "in dubio pro reo" (im Zweifel für den Angeklagten) gibt, haben sich findige "Geschäfts-Anwälte" auf eine neue Masche verlegt - die sog. "Störer-Haftung". So haftet z.B. der Betreiber eines WLANs, wenn ein Dritter seinen Anschluß für illegale Downloads verwendet hat - unabhängig davon ob das WLAN offen oder nach aktuellsten Standards gegen unberechtigte Nutzung gesichert war. Ebenso kann ein Virus auf dem PC von Dritten dazu verwendet werden um illegale Downloads zu tätigen oder "geschützte Werke" zu kopieren - ganz ohne Wissen des Inhabers von PC oder Internetanschluß. Die Beweispflicht des Klägers entfällt somit ganz...
Die Beweislage wird damit total umgekehrt. Während die Firmen und Kanzleien, die mit einfachen Softwaremitteln "illegale" Downloader jagen vor Gericht lediglich ein paar ausgedruckte Screenshots vorzeigen brauchen - nötigenfalls untermauert durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung - hat der Beschuldigte praktisch keine Möglichkeit das Gegenteil zu beweisen. Er kann ja auch nicht eidesstattlich versichern hundertprozentig zu wissen was vielleicht jemand ohne sein Wissen mit seinem Internetanschluß, PC oder Router angestellt hat.
Ein namhafter Jura-Professor aus den USA bemerkte mal zur deutschen Rechtslage:
"Ich habe eine Scheune auf dem Lande, die ich nur manchmal besuche. Während meiner Abwesenheit verkauft dort jemand - ohne meine Erlaubnis oder Wissen - in meiner Scheune illegale Kopien von Musikstücken. Ich hafte dafür als "Störer", da ich dem Raubkopierer - ohne mein Wissen - meine Scheune bereitgestellt habe. Das ich um die Scheune einen 2m hohen Zaun und Schlösser angebracht habe, der Raubkopierer also eingebrochen sein muß, spielt nach deutscher Rechtsauffassung keine Rolle. Das ist irsinnig..."
In der Realität hat diese Rechtspraxis dazu geführt, das quasi keine freien Internetzugänge mehr möglich sind - was in der Informationsgesellschaft eigentlich ein Grundrecht sein sollte. Während man in anderen Ländern - wie auch früher noch in Deutschland - in vielen Städten freie WLAN Internetzugänge nutzen konnte, ist das heute nicht mehr möglich. Selbst Internet-cafe-Betreiber müssen sich tagtäglich fürchten durch die Musikindustrie an die wand gespielt zu werden.
Nun,
manch einer mag vielleicht verstehen, warum ein Künstler wie der Sänger von Metallica sich nun nur noch ein Zweitanwesen mit nur noch 15 Badezimmern (statt wie zuvor geplant mit 28) kaufen kann, bedauernswert ist. Viele Bürger verstehen nicht mehr, warum deutsche gerichte wie unsere Freiheitsrechte für ein veraltetes geschäftsmodell der Musikindustrie mißbraucht und zerstört werden.
Allerdings gibt es offenbar auch einzelne deutsche Gerichte (so z.B. auch das AG / LG Köln), das unter den Kanzleien besonders bevorzugt wird, da es - so munkelt mancher - besonders "urheberfreundlich" entscheidet und besonders schnell arbeitet. So sieht das LG Köln z.B. bereits "gewerbsmäßiges strafbares" Handeln wenn jemand eine ganze CD (Album) eines Interpreten aus dem Netz illegal kopiert habe. Ob und woher dieses "herausragend kooperative" Verhalten mit der Abmahnindustrie herrührt, lässt sich nur spekulieren...
Für einen Anbieter von Internetzugängen ist es praktisch nicht möglich sog. "illegale Downloads" zu sperren oder zu verhindern, da es beliebig viele Möglichkeiten zur Umgehung von möglichen Sperren gäbe.
Noch kranker scheint man lediglich in England vorzugehen - dort kann einem Bürger jedweder Zugang zum Internet untersagt werden, wenn er beim "illegalen Kopieren" von geschützten Werken erwischt wird.
Dabei ist das deutsche Urheberrecht eigentlich relativ "offen". Z.B. ist das Kopieren und Weitergeben von Musikstücken unter "Freunden" zum privaten gebraucht ausdrücklich erlaubt. Eine klare Grenze lässt sich nur schwer ziehen. Während man noch vor Monaten zigtausende Euro Schadenersatz für ein kopiertes Musikstück fordern konnte, haben die meisten (nicht alle) Gerichte eine "Modernere Auffassung" und sehen lediglich noch einige hundert Euro für angemessen. darauf hat nun auch die Abmahnindustrie reagiert und verdient nun vordringlich mit Rechtsanwaltsgebühren. Wurde z.B. (angeblich) ein Sampler wie "The Dome" o.ä. - also eine CD mit ca 10-20 Musikstücken verschiedener Interpreten - kopiert, hat der Anschlußinhaber gute Chancen gleich eine ganze Reihe einzelner Abmahnungen verschiedener "Künstler" und Anwaltskanzleien zu erhalten, die jeweils "nur" ein paar hundert Euro wollen (womit man wiederum auf einen recht ansehnlichen Schnitt von mehreren tausend Euro kommt).
Zwar gab es bereits mehrfach die Debatte in Deutschland, gewerbsmäßiges Abmahnen durch Kanzleien verbieten zu wollen - die Lobby aber scheint viel zu groß und einflußreich. Ja sogar Poltiker beschleicht die Angst, unsere Musiker könnten "verhungern". Dabei scheinen sie zu vergessen, das gut 95% der Einnahmen aus Lizenzen, GEMA und welchen Quark noch an die gehen, die heute schon zigfache Millionäre oder Gro?konzerne sind, während die kleineren / "echten" Künstler davon gar nix haben / bekommen... Tonträgerverkauf wie GEMA haben bisher keinem kleinen Künstler geholfen - der Kunst wie Ihrer Entwicklung schon gar nicht...
Dabei weiß auch die Musikindustrie selbst, das das bisherige Geschäftsmodell mit immer neuen Kopien der selben Tonträgern immer neues Geld hereinzuspülen überaltet ist - so wie jedes Geschäftsmodell sein endliches Leben hat. Aber man hat über viele jahrzehnte viel zu fett und einfach damit verdient,a ls das man dieses Privileg aufgeben wollte. Warum ist es "normal"; das z.B. noch die Enkel eines längst verstorbenen Künstlers täglich kräftig weiterverdienen, wenn die Musikstücke des Künstlers (die er einmal in einem Studio eingespielt hat) irgendwo in einer Kneipe, im Radio oder in Uservideos auf YouTube gespielt oder gar weitergegeben werden?
Kann ein Klempner sein Leben lang Geld von jedem verlangen, der das von ihm montierte Waschbecken benutzt?
Ist die Arbeit eines POP-Musikers, der nicht selten kaum mehr als 1-3 Songs "produziert" hat ("produzioert" heißt dabei meist ja nicht mal selbst geschrieben, sondern lediglich vom Blatt abgeahmt), soviel wert, als das er damit sein Leben lang Millionen über Millionen Euro verdienen sollte? Welch überragenden Beitrag für die Gesellschaft hat er denn i.d.R. geleistet? Das "klassische geschäftsmodell" der Musikindustrie ist wertefrei wie wertlos - und das ist auch gut so.
Immerhin - seit Bach und Bethoven gibt es angeblich keine 6 aufeinanderfolgenden Töne die nicht bereits einmal komponiert / gespielt worden sind. Wer der POP-Musiker kann also für sich beanspruchen das ihm eine Melodie "gehöre"?
Dabei gibt es sogar unter den "ganz Großen" (wie z.B. Robby Williams) Vertreter, die öffentlich zum freien Kopieren ihrer Musik aufrufen (was wohl selbst seine Produzenten erblassen ließ) - die ja immerhin die beste Werbung für den Künstler ist. "Kopiert meine Musik und kommt zu meinen Konzerten!..." - das finde ich fair und zukunftsfähig... Allerdings verdienen dann viele, die sich an die Millionen für's wenig bis nix tun gewöhnt haben, wieder ganz schön "normal" aus...
Aber:
Wir ALLE bezahlen schon immer - d.h. beim Kauf einer Leerkassette bis hin zum CD- und DVD-Brenner im Computer - mit der sog. "Kopierschutzabgabe" kräftig mit. Dabei spielt es - wie bei der GEZ - keine Rolle, ob ich den CD-Brenner oder die Musikkassette verwende, ob ich darauf meine eigenen Aufzeichnungen oder Urlausb-Foto-Sammlung unterbringe. Dann allerdings frage ich mich, warum dann das Kopieren nicht auch erlaubt wird...
Das man in Deutschland YouTube & Co. überhaupt noch im Netz erreichen kann, liegt an der "gütlichen Einigung" von GEMA und YouTube. Nachdem die GEMA an YouTube eine gepfefferte Rechnung über zig Millionen schrieb (und YouTube ablehnte) drohte die Einstellung der Website in Deutschland. Mittlerweile haben sich GEMA und YouTube wohl geeinigt - über "genauere Beträge" hat man Stillschweigen vereinbart. Kleinere offene Videoportale haben in Deutschland keine Existenzmöglichkeit - schon gar keine nichtkommerziellen. Wer heute einen Internetansachluß (und das zu verwendung nötige )
Der neueste Clou u.a. der "Links-Autonomen" von ATTAC, den Grünen, ja sogar der "Piratenpartei" wie einer ganzen Reihe "Bürgerrechtsgruppen" ist die "Kulturabgabe".- Alle Bürger sollen monatlich pauschal ca. 5,- EUR "Kulturabgabe" bezahlen - dafür darf dann jeder alle Musik und Filme aus dem Netz herunterladen und verwenden. Die "Kluturabgabe" soll sicherstellen, das auch in Zeiten des Internets die Einkommen der "Kulturschaffenden" gesichert bleiben. Dabei käme bei den "echten" Künstlern - also denen, die Kunst der Kunst und nicht des Kommerzes wegen machen - kein Cent an. Aber selbst wenn - wer wollte festlegen, was "Kunst" ist... Natürlich blieben GEMA, GEZ, Kopierschutzabgaben ebenso erhalten - wir aollen ja alle nicht, das solch "arme" (und kulturell wichtigen!) Künstler wie "Lady Gaga", "Nena" und "die Toten Hosen" doch tatsächlich auf ein Normalverdiener-Niveau verarmen / "verwahrlosen", oder?
Tolle Idee! Wenn nun selbst schon Bürgerrechtler, Parteien und sog. "Autonome" auf derart kranke Ideen kommen, zeigt das eindrucksvoll wie weit unsere Gesellschaft bereits in die Hände partiellerIdioten abgedriftet scheint.
Also liebe Leute:
Überlegt Euch gut, ob Ihr auch weiterhin das Risiko eingehen möchtet einen Internetanschluß anzumelden - oder gar anderen aus Eurem Familien.- oder Freundeskreis erlauben wollt den Anschluß mitzubenutzen. das Internet dient hauptsächlich als Medium zur Distribution von "Kunst- und Kúlturproduktionen". Wer was anderes damit anstellt ist selbst Schuld...
Damit hat die Musikindustrie in Deutschland das geschafft, was man sonst nur Staaten wie dem Iran oder China zugetraut hätte. Ein frei-zugängliches Internet wäre dementgegen ein wichtiger Beitrag für die Fortentwicklung einer mündigen Gesellschaft. Es ist schade zuzusehen, das wir diese Option zugunsten ewig gestriger, unfähiger Geschäftemacher aufgegeben haben...
Abmahnungen - seltsame deutsche Rechtsauffassung
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Re: Abmahnungen - seltsame deutsche Rechtsauffassung
Hochinteressant - wissensWERT > 10 Punkte ! 

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