"heilige Kriege" - Version 3

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"heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

Nachdem ein christlicher Pastor in den USA vor gut zwei Wochen eine "Koranverbrennung" organisierte, bei der wohl zeitgleich an verschiedenen Orten in den USA (in bzw. bei christlichen Kirchen) der Koran als Druckwerk verbrannt wurde.

Auf diese offensichtlich als solche beabsichtigte Provokation des Islam als Religion bzw. der Muslime reagierte man mit Demonstrationen im mittleren Osten. Bei einer Demonstration in Afghanistan wurden gestern/heute sieben UN-Mitarbeiter getötet.

Der Pastor - als Vorsteher der betreffenden, inzwischen wohl personell wesentlich gewachsenen "christlichen" Bewegung teilte mit, er wolle mit seiner Aktion Aufmerksamkeit für seine Forderung erwecken, "den Islam in die Schranken zu weisen". Er teilte auch mit, er sehe sich "nicht verantwortlich" für die getöteten UN-Mitarbeiter.

Nur mal vorab, wer provoziert, muß auch mit Reaktionen rechnen.

Offensichtlich ist die "Marke" Christentum ebensowenig Garant für Toleranz wie dies - vor allem in der westlichen Welt - dem Islam abgesprochen wird. Gerade heute in Deutschland argumentieren mehr und mehr "Christen" wie "christliche" Politiker, der Islam sei "inkompatibel" mit unserem Rechtssystem und eine Art "Religion der Intoleranz", währenddessen das Christentum "moderner" und "fortschrittlicher" sei, vor allem aber "humaner".

Ebenso wird gern behauptet, das der Islam sozusagen "konstruktionsbedingt" die Ursache für Terrorismus und Fundamentalismus sei.

Nun,
wo Toleranz drauf steht, ist noch lange keine drin. Während selbsterklärte Vorbildchristen wie z.B. die Familie Bush nach eigenem Verständnis "im Namen Gottes" sich gern und offiziell als die "Weltpolizei" präsentieren, tatsächlich aber ausschließlich egoistische, handfseste Macht- wie Ressourcenpolitik betreiben, sehen sich Muslime in den betreffenden Ländern als erneutes Opfer eines "heiligen Krieges" - und dies womöglich nicht einmal zu unrecht, denn aktuelle Äußerungen wie Taten im Westen unterstreichen eine solche Sichtweise, entkräften diese nicht wirklich.

Während manch Westler bisher eher belächelnd auf die Bilder aus dem mittleren Osten schaut, wo auf Demonstrationen gegen die USA auch US Flaggen verbrannt werden und die betreffenden als "Opfer" einer "religiösen Ideologie" bestempelt, dürfen die selben nun auch auf ihresgleichen schauen.

Das Argument "Christentum" sei "besser als Islam" hat - abgesehen von der subjektiven Realität einiger selbstgefälliger Christen, die das behaupten - offensichtlich keinerlei Basis.

Es wäre schön, wenn Christen ebenso wie Muslime derartige Taten wie Täter der Intoleranz (die, wie auf beiden Seiten ja gern behauptet wird, "Einzeltäter" seien und nicht representativ für die Religionsgemeinschaft) öffentlich und eindeutig verurteilen bzw. derartige "Fundamentalisten" strikt aus ihren Reihen auschließen.
Christel
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Christel »

Der Wunsch nach öffentlich eindeutiger Verurteilung wurde inzwischen erfüllt!
Aber wie sollen Christen derartige "Fundamentalisten" strikt aus ihren Reihen ausschließen?

Ausschließen kann man nur aus einer Gemeinschaft. Da es aber keine organisatorische Gemeinschaft aller Christen gibt, kann er da auch nicht ausgeschlossen werden. Außerdem, da weder das Wort „Christ“ ist geschützt, noch das Wort „Kirche“, noch das Wort Religion“ kann sich jeder so nennen.

Selbst, wenn es möglich wäre, wie soll man tolerant sein (auch eine Forderung) und gleichzeitig ausschließen? Wer ausschließt zeigt, dass er in diesem Fall nicht bereit ist zu dulden (tolerieren).

Und dann soll man ja religiöse Minderheiten nicht unterdrücken, meint auch Terry Jones, das ist der Koranverbrenner:
Terry Jones, Christliche Gemeinde Köln (CGK), und Wolfgang Margies, gemeinde auf dem Weg, beteiligen sich an Scientology-Kampagne gegen angebliche Unterdrückung religiöser Minderheiten in Deutschland und nahmen an einer von Senator D'Amato veranstalteten Anhörung in Washington teil.
http://www.ajs.nrw.de/idz/literatu/Einzeldo/919.htm
Nun, wenigstens eine Gemeinschaft hat ihn wohl inzwischen ausgeschlossen, das war aber noch vor der Koranverbrennung:
In der Christlichen Gemeinde Köln hat Terry Jones kaum noch Anhänger. Vor zwei Jahren hatte der Pastor nicht nur seine Gemeinde, sondern auch Deutschland Hals über Kopf verlassen. Viele Gläubige sind überzeugt, dass Jones Gelder der Gemeinde veruntreut hat. Koranverbrennung
inzwischen wohl personell wesentlich gewachsenen "christlichen" Bewegung
Davon habe ich nichts gefunden, sondern:
Auf seiner Ranch in Florida interessieren sich noch etwa 50 Menschen für seine radikale Weltsicht

zeitgleich an verschiedenen Orten in den USA
Davon weiß ich auch nichts:
Im 21. März 2011 wurde nach einem Scheinprozess gegen den Koran in der Kirche die Koranverbrennung im Beisein von Terry Jones als „Zeuge“ durchgeführt.


Wie gesagt, es ist so eine Sache mit der Toleranz: Eine Koranverbrennung ist nicht tolerant. Die Verurteilung desjenigen, der es tut, ist auch nicht tolerant.

Für den Islam ist die Koranverbrennung eine Provokation, ebenso wie Mohammed Karikaturen und "Satanische Verse".
Der Westen macht hier einen Unterschied.
„Justitia“ trägt eine Binde vor den Augen. Sie ist blind, was die Personen, Gruppen, Organisationen… betrifft, damit sie sehen kann, was wirklich gerecht ist.

Es gibt außer der Toleranz, die ihre Grenzen haben muss, auch anderer Werte z.B. Gerechtigkeit und Respekt vor dem, was anderen Menschen heilig ist.


LG Christel
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

öffentliche Verurteilung
Auch die islamistischen Terrorakte wurden und werden "öffentlich verurteilt".
ausschließen?
Ja, ein Ausschluß der Person aus den jeweils übergeordneten Organisationen / Institutionen / Körperschaften wäre ebenso denkbar wie eine Art Exkommunizierung oder der Entzug der "Priesterwürde". Das machen die Kirchen ja afaik sonst auch.
Tolerant sein und gleichzeitig ausschließen
Bzw.
Verurteilung ist auch nicht tolerant.
1. IST Christenkirche nicht tolerant - so auch nicht gegen die in den eigenen Reihen, die sich entgegen der "Hausregeln" benommen haben usw. So wird man z.B. als katholischer Priester schnell die Grenzen jedweder innerkirchlicher Toleranz erleben, wenn man sich in eine Frau verliebt und sie gar noch ehelichen wollte - oder als Frau Priester werden wollte...

2. Toleranz hat prinzipbedingt dort ein Ende, wo man den anderen in seiner Freiheit einschränkt oder etwas von ihm erwartet, was man selbst nicht erbringen wollte / könnte. Aus dem Grund kann und wird auch ein freiheitlicher Rechtsstaat Straftaten zum Schaden Dritter nicht tolerieren können.

Religion bedeutet nun einmal Abgrenzung als Gruppe von anderen - auch und insbesondere durch Einschränkung von Toleranzprinzipien. Das dies nun gerade bei derartigen, nach Haß und Abgrenzung gerichteten Taten / Aktionen nicht der Fall sein soll, wirft aus der Sicht Außenstehender wie manch anderer Mitglieder einen mehr als schalen Beigeschmack. Immerhin hat Herr Jones nach eigenem Bekunden nicht als Privatperson, sondern im Amt des Priesters seiner Kirche bzw. "der Christenheit" gehandelt. Jones war/ist ja auch nur ein Beispiel...

Jones ist aus Deutschland - so jedenfalls die Darstellung einiger Medien - geflohen um sich möglicher Strafverfolgung zu entziehen. Sein "Außschluß" (sofern es einen solchen gab) erfolgte allem Anschein nach allein oder vornehmlich im Inneninteresse der Gruppe, deren Geld er wohl veruntreute, dessen Akzeptanz denen dann doch "zuviel Toleranz" gewesen wäre.

Koranverbrennung und Karrikaturenstreit sind zwei verschiedene Sachverhalte, das Karrikaturenzeichnen hat ebensowenig mit religiösen Ansichten zu tun wie es ihm entstammt. Die Koranverbrennung erfolgte durch wie im Namen von Religionsanhängern, die den anderen vorwerfen, das man ihre Zeichen verbrennt usw.

Ich persönlich habe KEIN Problem mit der Verbrennung eines Korans oder einer USA-Flagge. Ich sehe allerdings das Argument derer in der westlichen Welt wie unserem Lande, der Islam sei solange intolerant und Hort von Krieg und Gewalt, bis die Muslime sich von den Fundamentalisten explizit, laut und öffentlich distanzieren würden auf exakt der selben Ebene wie die Sicht der Muslime, die entgegengesetzt argumentieren.

Als "Außenstehender" sehe ich die selben Strukturen auf beiden Seiten und empfinde es lediglich als Anmaßung, sich für "die bessere Religion" zu deklarieren oder zu verstehen - oder damit gar politisch zu argumentieren (was ja selbst in Deutschland am laufenden Band passiert). Diese und ähnliche Irrungen sind es, die ganze Völker bis hin zur gesamten Weltgemeinschaft in eine Spirale an Haß und Gewalt führen, denen dann auch Dritte / Unbeteiligte nicht mehr entfliehen können.

So betrachtet sehe ich die großen, omnipotent theistischen Weltreligionen als einen (es gibt sicher noch andere) nicht unwesentlichen Sicherheits- bzw. Risikofaktor für die Zukunft unserer Erde wie unserer Art.

Die kommenden Probleme der Menschheit werden immer häufiger nur noch gemeinsam bis global lösbar sein - und da stehen traditionell gepflegte Antipathien oder totalitär bedingter Allmachtsglaube im Weg. Kulturelle Diversifikation ist wichtig und wird es bleiben - allerdings wird sie uns zur Fußangel, wenn sich Kultur an adynamischen Fixpunkten totalitär festhält und somit eine flexible Evolution der gesamten Art verhindert. Soweit dies nur kleinere Gruppen der Menschheit betrifft, werden diese halt von der Evolution "aussortiert" - sind es ganze Völker, steht die Art auf dem Spiel.

Mein Eindruck ist auch, das bei allen Beteiligten der ehrliche Wille fehlt, ein gemeinsames, friedliches Miteinander anzustreben - wohl auch weil ein damit einhergehender Machtverlust der religiösen Institutionen befürchtet wird - "teile und herrsche" - das wär schon Cäsars Machtprinzip.
Christel
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Christel »

Ja, ein Ausschluß der Person aus den jeweils übergeordneten Organisationen / Institutionen / Körperschaften wäre ebenso denkbar wie eine Art Exkommunizierung oder der Entzug der "Priesterwürde". Das machen die Kirchen ja afaik sonst auch.
Welche übergeordnete Organisation?
Welche "Priesterwürde"?
Welche Kirchen?

Es gibt keine übergeordnete Organisation:
Das Dove World Outreach Center (DWOC) ist eine kleine, 50 Gemeindemitglieder zählende Freikirche in Gainesville, Florida, die 1986[18] vom 1996 verstorbenen Donald Northrup[3] gemeinsam mit Co-Pastor Richard H. Wright[19] gegründet wurde und seit 2004 von Terry und Sylvia Jones geführt wird.[20] Jones und Northrup gehörten beide zu Maranatha Campus Ministries, wo sie sich erstmal begegneten. Die DWOC gehört zu keiner christlichen Konfession und hat keine Kontakte zu anderen Pastoren in der Stadt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Terry_Jones_%28Prediger%29

Pastor… kann sich jeder nennen. Das ist ebenso wenig ein geschützter Begriff wie Kirche.

Terry Jones:
“Nach einer Tätigkeit als Hotel-Manager arbeitete Terry Jones ab 1978 insgesamt 30 Jahre lang als Missionar in Deutschland“

Jeder kann losgehen, kann sich „Pastor“ nennen, ohne jede Ausbildung und seine eigene „Kirche“ gründen. So läuft das.
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Christel »

ZG11040503 - 05.04.2011
Permalink: http://www.zenit.org/article-22903?l=german
Erneute Bibelverbrennungen im Iran

Menschenrechtler kritisieren Doppelstandard

FRANKFURT, TEHERAN, 5. April 2011 (ZENIT.org).- Iranische Revolutionsgarden haben am 8. Februar rund 300 Bibeln in persischer Sprache öffentlich verbrannt. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) kritisiert, dass dieser Vorgang weltweit ignoriert werde, während die Verbrennung eines einzelnen Korans in Florida durch eine winzige christliche Splittergruppe zu Regierungserklärungen, Massenprotesten, Gewaltexzessen und Enthauptungen geführt habe. In der Islamischen Republik Iran und anderen Teilen der islamischen Welt werde beim Schutz von Religions- und Gedankenfreiheit mit zweierlei Maß gemessen. Bücherverbrennungen jeder Art seien ein Zeichen für totalitäres Denken.
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

Ich denke, Ahmadinedschads "Fürze" interessieren inzwischen kaum einen mehr - weder im Inland noch im Ausland (es sei denn er lässt mal wieder mit dem Säbel in Richtung Israel "klappern").

Was wäre er ohne Religion? Ein mehr schlecht als rechter Diktator, dem auch die Unterstützung im eigenen Land fehlen dürfte - vor allem der im Schnitt geringer gebildeten Landbevölkerung...

Wäre der Bush Clan ganze 30 Jahre und bis heute immer noch an der US-Macht, wäre das Interesse für seine "machtreligiösen" Ergüsse und Aktionen inzwischen wohl auch wesentlich geringer...

Wären es dagegen die Taleban oder Saudis gewesen, wäre es dagegen wahrscheinlich über alle westlichen Ticker gerattert.

Was nun gerade die IGFM dazu bewegt, sich "der Sache anzunehmen" ist mir nicht ganz klar - ich weiß diese Organisation aber auch sonst nicht politisch (oder gar religiös) einzuordnen. Jede der großen, theistischen Religionen basiert immerhin auf totalitären Prinzipien wie "Denken".

Und das Beispiel belegt ja auch, das die Meldungen immerhin die erreichen, an die man u.a. adressiert hat - die Christen im Westen über z.B. deren religiös geprägte Medien.

Den meisten anderen (nichtreligiösen) Menschen persönlich dürfte das wohl genau so ziemlich egal sein wie eine Koranverbrennung, soweit diese religiösen "Sandkastenstreitereien" der Religionsgruppen untereinander nicht die Sicherheit aller gefährdet.

Denn davor, das Religionen die Grundlage oder den Auslöser für einen 3. Weltkriegsbrand legen könnten, haben auch die Angst, die mit Religion sonst wenig am Hut haben.
Christel
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Christel »

Hm Menschen, die dem Islam angehören, haben sich über die „Satanischen Verse“ entrüstet, über die Mohamed-Karikaturen, auch der Papst muss aufpassen, was er zitiert…
Also wer immer etwas gegen den Islam tut oder sagt, muss mit entsprechenden Reaktionen rechnen. Dass diese Menschen selbst keinen Koran verbrennen würden… ist auch klar. So gesehen fordern sie von anderen, was sie selbst einhalten. Es geht ihnen nur um die Verteidigung des Islam. – Das ist alles soweit klar.

Jetzt folgt, was mir nicht klar ist. - Ich werde in Anführungszeichen schreiben „der Islam“, denn ich weiß, dass es „den Islam“ so nicht gibt. Ebenso schreibe ich „der Westen“, einfach um mein Problem kurz und knapp zu formulieren. – Was die Menschen allgemein darüber denken, ob islamischen Glaubens, christlich oder wie auch immer, ist bestimmt eine andere Sache.

Also, „im Westen“ erfolgt die Diskussion auf einer anderen Ebene und zwar auf der von Werten und Moral. Diesen Menschen geht es darum Werte, wie Freiheit und Toleranz zu verteidigen. - Sagen sie jedenfalls, oder?

Über die Medien / die öffentliche Meinung kam Folgendes bei mir an:
* „Satanischen Verse“, Mohamed-Karikaturen… übten Kritik am Islam. Der Islam reagierte und die „westliche Welt“ verteidigte die Freiheit so etwas zu tun.
* Eine Rede des Papstes enthielt u.a. ein islamkritisches Zitat, „der Islam“ reagierte.Die „westliche Welt“ verteidigte jetzt nicht etwa die Freiheit der Rede, sondern kritisierte gemeinsam mit „dem Islam“ den Papst.

*
Iranische Revolutionsgarden haben am 8. Februar rund 300 Bibeln in persischer Sprache öffentlich verbrannt
http://www.zenit.org/article-22903?l=german

Das war „der westlichen Welt“, wohl kaum eine Meldung wert. – Ich habe es jedenfalls erst jetzt zufällig entdeckt.

* Ein einzelner Spinner, der sich Pastor und Christ nennt, verbrennt einen Koran. – Die ganze Welt empört sich, die „Westliche Welt“ gemeinsam mit dem Islam.

Hier im Forum wird dazu ein eigenes Thema eröffnet: "heilige Kriege" - Version 3. Gemeinsam mit „dem Islam“ wird verallgemeinernd von dem Christentum gesprochen, obwohl gerade dieses Christentum sich selbst „Toleranz auf die Fahne“ geschrieben hat, gar nicht organisatorisch mit „dem Pastor“ verbunden ist und in der Regel von solchen Fundamentalisten gar nicht als Christen anerkannt werden, weil zu liberal.
niels hat geschrieben:Den meisten anderen (nichtreligiösen) Menschen persönlich dürfte das wohl genau so ziemlich egal sein wie eine Koranverbrennung, soweit diese religiösen "Sandkastenstreitereien" der Religionsgruppen untereinander nicht die Sicherheit aller gefährdet.
Es wird sich über die Koranverbrennung empört, es werden Konsequenzen gefordert, obwohl man die Koranverbrennung nicht schlimm findet!

Unter dem Aspekt "Sicherheit" müssten die „Satanischen Verse“ und die Mohamed-Karikaturen genauso verurteilt werden, denn „der Islam“ bewertet es gleich, reagiert darauf gleich!

Doch man verteidigt die Freiheit des einen und empört sich über den Andern! – Geht es wirklich um den Wert „Freiheit“? Warum wird den einen mehr Freiheit zugestanden und den anderen weniger?
niels hat geschrieben:Koranverbrennung und Karrikaturenstreit sind zwei verschiedene Sachverhalte, das Karrikaturenzeichnen hat ebensowenig mit religiösen Ansichten zu tun wie es ihm entstammt. Die Koranverbrennung erfolgte durch wie im Namen von Religionsanhängern, die den anderen vorwerfen, das man ihre Zeichen verbrennt usw.
Da kommen wir der Sache schon näher. Es ist also gar nicht interessant, was jemand tut, sondern wer es tut.
Wie hätte "der Westen" reagiert, wenn ein Atehist die Bibel und den Koran verbrannt hätte?
niels hat geschrieben:So betrachtet sehe ich die großen, omnipotent theistischen Weltreligionen als einen (es gibt sicher noch andere) nicht unwesentlichen Sicherheits- bzw. Risikofaktor für die Zukunft unserer Erde wie unserer Art.
Das glaubt auch „der Islam“ von sich:
„Der islamische Rechtsbegriff Dār al-Islām (arabisch ‏دار الإسلام‎, DMG dār al-islām, ‚Haus des Islams‘) bezeichnet alle Gebiete unter muslimischer Herrschaft. Gegenbegriff ist Dār al-Harb (Land des Krieges)“ http://de.wikipedia.org/wiki/Dar_al-Islam

Der Islam muss verbreitet werden, wegen des nicht unwesentlichen Sicherheits- bzw. Risikofaktor für die Zukunft unserer Erde wie unserer Art, die andere Weltanschauungen mit sich bringen. :wink:
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

Hm Menschen, die dem Islam angehören, haben sich über die „Satanischen Verse“ entrüstet, über die Mohamed-Karikaturen, auch der Papst muss aufpassen, was er zitiert…
hmm,
Menschen, die dem Christentum angehören haben sich über verbrannte US-Flaggen oder Christuskreuze im mittleren Osten entrüstet oder sind [auch] in den "heiligen Krieg" gegangen - sogar von oberster Stelle des [angeblich] "gewichtigsten" Staates der Erde...

Also wer immer etwas gegen den Islam tut oder sagt, muss mit entsprechenden Reaktionen rechnen
Auch das ist bei Christen nicht wirklich anders - ebenso bei Juden usw....
Also, „im Westen“ erfolgt die Diskussion auf einer anderen Ebene und zwar auf der von Werten und Moral.
Also, "im [mittleren] Osten"... (ich will's gar nicht wiederholen)

Was denkst Du denn, auf welcher "Ebene" z.B. die Politiker wie die religiös-institutionellen "Machthaber" im mittleren Osten zu reden meinen? "Werte" und "Moral" sind wohl die häufigsten Worte, die man in deren Reden hören darf. Schalt doch mal nen typischen religiösen Satelliten-TV-Sender ein (oder über's Internet). Man könnte bei einigen Sendern problemlos mit Radio Vatikan um die Wette zählen, wer "Werte" und "Moral" häufiger in den Mund nimmt...
Diesen Menschen geht es darum Werte, wie Freiheit und Toleranz zu verteidigen. - Sagen sie jedenfalls, oder?
Das behaupten auch beide / alle...
denn ich weiß, dass es „den Islam“ so nicht gibt
eben,
ebensowenig wie es "das Christentum" gibt...
„Satanischen Verse“, Mohamed-Karikaturen… übten Kritik am Islam. Der Islam reagierte und die „westliche Welt“ verteidigte die Freiheit so etwas zu tun.
Nun,
die Freiheit der Meinung wie dessen Bekenntnis ist mir ebenfalls einer der wichtigsten Werte überhaupt. Denn nur darin lebt Toleranz. Religionen aber sind eben NICHT tolerant - schon gar nicht gegen- bzw.untereinander - und darin sehe ich ein erhebliches Risiko für ALLE Menschen.
Eine Rede des Papstes enthielt u.a. ein islamkritisches Zitat, „der Islam“ reagierte.Die „westliche Welt“ verteidigte jetzt nicht etwa die Freiheit der Rede, sondern kritisierte gemeinsam mit „dem Islam“ den Papst.
Ja,
weil wohl in der irrigen Annahme, das "moderne" Christentum habe die Werte Meinungs- bzw. Lebenskonzeptionsfreiheit wie die Toleranz solcher quasi aus unseren gesellschaften "geerbt" bzw. schlösse diese ein - oder in der Erkenntnis, das das Christentum neben den eigenen Meinungen keine anderen ernsthaft toleriere - ebenso wie der Islam.
Das war „der westlichen Welt“, wohl kaum eine Meldung wert. – Ich habe es jedenfalls erst jetzt zufällig entdeckt.
Zeniot.org ist doch westlich? Und Du hast es auch entdeckt? Warum also ist es nicht angekommen?
Ein einzelner Spinner, der sich Pastor und Christ nennt, verbrennt einen Koran. – Die ganze Welt empört sich, die „Westliche Welt“ gemeinsam mit dem Islam.
Ja,
ebenfalls in der irrigen Annahme, wir "Westler" hätten von Toleranz und Meinungsfreiheit mehr abbekommen müssen als manch östliche Kultur, die nur Diktaturen oder Monarchien kannte/kennt.
Es wird sich über die Koranverbrennung empört, es werden Konsequenzen gefordert, obwohl man die Koranverbrennung nicht schlimm findet!
Du hast mich offensichtlich nicht ganz verstanden.

Mich PERSÖNLICH interessieren solche Dinge wenig - ich nehme das als "Freestyle Karrikatur" - allerdings obliege auch ich zuweilen der (offensichtlich irrigen) Annahme, wir Westler hätten (da immerhin politisch / rechtlich seit vielen jahrzehnten die Möglichkeit vergleichsweise meinungsfrei zu leben) gerade den Völkern eine Vorbildfunktion, denen in ihrer Erfahrung rechtsstaatliche Freiheit wie Demokratie bisher unbekannt war/ist. Offensichtlich ist dem nicht so.
Geht es wirklich um den Wert „Freiheit“?
Mir? Ganz sicher. Für andere wage ich da nicht zu sprechen...
Warum wird den einen mehr Freiheit zugestanden und den anderen weniger?
Weil sich der eine in der irrigen Annahme befindet, er wisse es besser als die anderen bzw. seine Religion sei besser, als die des anderen usw. Solange man um Wissen ringt, bewegt man sich mit gezwungener "Bodenhaftung" - bei Religionen fehlt eine solche, interkulturelle "Erdung", was eine m.E. Basis einer erheblich riskanteren Dynamik sein/werden kann.

Nochmal Farm der Tiere (Goerge Orwell): "Alle Tiere sind gleich - aber manche Tiere sind gleicher als gleich".
Da kommen wir der Sache schon näher. Es ist also gar nicht interessant, was jemand tut, sondern wer es tut.
Nein,
WAS er (selbstkommuniziert) tut.

Ein Karrikaturist z.B. würde sich kaum darüber echauffieren, wenn man ihn karrikieren würde - oder maximal die offene, transparente Debatte des Gegenübers suchen. Die Meinungsfreiheit ist ihm wichtig - damit ebenso die Meinung des anderen, die seiner auch arg widersprechen kann.

Ein Christ (z.B. Katholik), in dessen Kirche ein Moslem [aus verachtung] in den Taufbrunnen pinkelt echauffiert sich darüber wahrscheinlich ebenso, wie ein Moslem, dessen Koran man verbrennt. Das das Buch als Objekt dem Muslimen wichtiger ist als die Bibel dem Christen, ist schlicht Zufall. Man könnte sich beliebige gegenteilige, gleichgewichtete Szenarien ausmalen.

Das glaubt auch „der Islam“ von sich:
Na klar - ebenso wie die Christen. Auch wenn diese ursprünglich wenig mit geopolitischen / topologischen Prädikaten agierten - sie hatten ja kein Land (haben sich dafür unabhängig von geografischen Ländergrenzen verbreitet). Die Juden hingegen schon, weshalb sie ihr Land (wie auch das des Nachbarn) auch als "von Gott gegeben" verstehen und sich bis heute hierauf auch berufen. Aber was macht das für einen Unterschied? Ob Expansion nun geografisch oder intra-soziologisch gegen den Willen aller Betreffenden erfolgt, macht für den Betreffenden keine Differenz. Zudem streitet man sich schon heute um Ressourcen jensweits von Grund und Boden. Das nicht weniger Christen ihre Religion (oder dem daraus "erwachsenen" "Wertesystem") als Basis bzw. Legitimation zur Eroberung/ Inanspruchnahme von Ressourcen anderer sieht, zeigt lediglich die Verwandschaft der monotheistischen Religions-Ideen seit dem alten Agypten auf. (wenn in der "gängigen" Kausalkette auch stark abkekürzt) "Wir glauben an DEN einen Gott, also steht UNS die Ressource zu" usw. Das findet sich in allen Religionen.

Zur Beruhigung / Betäubung des Ego wird dann häufig dazukolportiert: "Wir wollen die Ressourcen ja nicht für uns selbst [allein], sondern zur [besten] Verteilung an alle [weil wir wissen am besten, wem was zusteht].".

Natürlich gibt es Verschiedenheiten zwischen den Religionen - irgend ein Historiker gab mal zum besten: "Religionen haben viele kluge kleine Unterschiede, aber große dumme Gemeinsamkeiten".

Man kann es auch etwas sachlicher ausdrücken: Religionen definieren sich vor allem über ihre Unterschiede, weil man sich nicht zu ähnlich sein will (denn sonst würde die Abgrenzung nicht funktionieren, die eine "starke" Gruppe nun mal braucht).

cheers,


Niels.
Christel
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Man kann es auch etwas sachlicher ausdrücken: Religionen definieren sich vor allem über ihre Unterschiede, weil man sich nicht zu ähnlich sein will (denn sonst würde die Abgrenzung nicht funktionieren, die eine "starke" Gruppe nun mal braucht).
Genauer, jede Gruppe definiert sie über die Unterschiede, auch wenn es nur "Helau" oder "Alaaf“ ist. Am Karnevalsruf erkennt man, wer aus der falschen Gegend kommt, also wo der Spaß aufhört.
- Auch jede Person definiert sich über Unterschiede. – Ohne Unterschiede keine Identität.
Unterschied schaffen ebenso Heimat und Zugehörigkeit. Ein Kind will nicht irgendwelche Eltern, sondern seine Eltern. Ist der Wellensittich entflogen, reicht nicht irgendein Wellensittich, es muss eben dieser sein. Auch Spielzeug, Dinge… sind nicht beliebig austauschbar, ersetzbar.
Wer nicht unterscheidet, ist nicht Beziehungsfähig.
- Unterschiede, ermöglichen Sprache und Denken, indem wir die Dinge… unterschiedlich benennen. Wer keine Unterschiede sieht ist „blind“, kann nicht differenziert denken… - Ohne Unterschiede keine Mathematik, keine Wissenschaft…
Zusammenfassend kann man sagen, es wichtig beides zu sehen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie die richtige Zuordnung:
- So unterscheiden sich Menschen, die dem Christentum zu gerechnet werden, nicht darin, dass sie bessere Menschen wären, als Nichtchristen. Auch historisch und was sie Organisation betrifft, lässt sich das nicht sagen. Sie sind auch nicht schlechter. – Was sie unterscheidet ist, dass sie sich als Sünder bekennen, jedenfalls die „Kirchenchristen“. Andere scheinen irgendwelche Vorfahren auszumachen oder Gesinnungsgenossen in deren Tradition sie sehen, und die ohne Fehl und Tadel.

Die Christen (christlichen Kirchen) sind seit langem auf den Weg der Ökumene sowie des interreligiösen Dialogs. Christen bilden keine Nationalstaaten. Kriege werden aber von Nationalstaaten geführt oder von der Weltgemeinschaft.
Dann gibt es noch sogenannte „neue Kriege“. Hier sind es auch nicht „die Christen“, die sie führen.
"Werte" und "Moral" sind wohl die häufigsten Worte, die man in deren Reden hören darf. Schalt doch mal nen typischen religiösen Satelliten-TV-Sender ein
Auch hier sehe ich keinen Unterschied zwischen Menschen, die sich als religiös verstehen und denen, die sich als nichtreligös verstehen.

Es gibt einen Unterschied zwischen der Empörung, Forderung… und echtem ethischen Handeln. Solche Sprüche dienen oft mehr der Manipulation, auch der Selbsttäuschung, als das es ein wirkliches Anliegen ist.

Wären die Probleme z.B. mit dem Islam religiös bedingt, müssen bei uns Christen mehr Probleme mit dem Islam haben als Nichtchristen. Mit dem Rückgang der Zahl der Christen, müssten die Probleme abnehmen. - So ist es aber nicht!


Vor Jahren las halb Deutschland das Buch von Betty Mahmoody „Nicht ohne meine Tochter“
http://de.wikipedia.org/wiki/Nicht_ohne ... %28Film%29

Ich habe ein kritisches Buch dazu gelesen. Ich glaube es war dies: „Nicht ohne meine Betty : kurze Antwort / T. Rasi“

Ich kann mich nicht erinnern, dass religiöse Probleme thematisiert wurden.

In dem kritischen Buch wurde westliche Arroganz und Oberflächlichkeit thematisiert. Die mangelnde Bereitschaft sich auf eine fremde Kultur einzulassen und die Erwartung, dass sich andere, in dem Fall, der iranische Mann, anpasen. -> „Besserwessis“
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

Wie bereits beschrieben - ich habe nichts gegen Unterschiede. Unterschiede allein der Identitätsbildung (also "des Unterschieds") wegen allerdings find ich ziemlich Unsinn.

Btw:
Ein besonderes "Interesse" für die eigenen Vorfahren finde ich übrigens erstaunlich häufig dort, wo man sich für besonders christlich geprägt hält.

Die meisten Menschen meiner Umgebung, die sich als nichtreligiös bezeichnen, suchen ihre Lebensverantwortung allein bei sich selbst - weder bei Vorfahren noch bei anderen - und man betreibt - mehr oder weniger aktiv - "Gewissenhygiene", hat selbst gelernt eigene (soziale) Werte zu suchen wie zu setzen wie man bestrebt ist diese zu leben. Die Idee eines externen, was einen stetig als "Sünder" definiert, ist ihnen fremd. Da sie weder eine Einrichtung der "Beichte" oder gar gewissenmäßige "Generalreinigungen" kennen, obliegt ihnen die alleinige Verantwortung für ihre Fehler wie dessen "Bereinigung" - auf welchem Weg auch immer. Wenn "Beichte", dann dem gegenüber, dem man etwas bzw. die betreffende Sache zu verantworten hat. Letztendlich spielt es keine Rolle, was Dritte zu den eigenen Taten sagen, sondern wie man selbst damit umgeht.
"neue Kriege"
Der Term wäre mir neu, aber zum einen habe ich nicht behauptet, das Christen Verursacher oder Anstifter jeden Krieges waren / sind, zum anderen sind - soweit ich sehe - doch erstaunlich viele der Kriegskonflikte religiös motiviert oder zumindest signifikant mitbedingt.

Die Gefahr sehe ich auch eher in der Größe der heutigen religiösen Gruppen, die allein schon den Background eines globalen "Weltenbrandes" bieten könnten. Meint: Durch Religion können sich Konflikte weitaus größer entwickeln als in den "üblichen Macht und Ressourcenstreitigkeiten". Beispiele aus der Vergangenheit haben wir ja mehr als genug.
zwischen Menschen, die sich als religiös verstehen und die sich nicht als religiös verstehen.
Nun,
ich schon, und würde da auch einige Wetten eingehen.
Man braucht ja z.B. nur mal die Inhalte konfessionell gebundener mit nichtkonfessionell gebundenen Medien
Vergleichen und "mitzählen".z.B. Radio Vatikan, die muslimischen TV Sender des Iran oder der Saudis mit z.B. Deutschlandradio oder halt HR 1,2,3,4 bzw. NDR (obgleich letztere zumindest anteilig von institutionellen Christen über die Medienräte mitgesteuert werden).

Ich denke das es für einen "normal" (durchschnittlich entwickelten) entwickelten Menschen selbstverständlich ist, Werte zu haben wie anzustreben. Das es bei manchem bis heute bei der eigenen Wertebildung hapern mag, liegt m.E. ein gutes Stück darin, das man Ihnen nie beigebracht oder gezeigt hat, aus sich selbst heraus wie aus eigenem Verstand eigene Werte zu bilden - das aber war lange nicht Teil unserer Kultur. Für Werte und Moral waren und sahen sich andere "zuständig".

Eine starke, zukunftsfähige Gesellschaft (auch aus evolutionärer Sicht) braucht vielfältige, dynamische Wertebildung wie eine Kultur dazu - die aber fehlt bisher. Man redet zwar über Werte, indem man Sie kommuniziert, in einer Weise die dem Einzelnen abzusprechen scheint, aus eigenem Gewissen und Verstand sozial handeln zu können, statt auf die Wertebildung des Einzelnen zu vertrauen. Man setzt Werte, ohne diese offen wie transparent zu hinterfragen - und verhindert so deren Fortentwicklung.
mit dem Rückgang der Christen müssten auch die Probleme abnehmen
Dieser "Logik" kann ich nicht folgen. Denn einerseits macht die Zahl der Christen doch nicht die "Menge der Probleme" aus - diese sind recht häufig ein Produkt ihrer Zeit - andererseits wünschen sich z.B. die Kirchenoberen wie Herr Ratzinger selbsterklärt eine Kirche, deren Mitglieder eine "stärkere Bindung" zur katholischen Kirche herstellen würden statt eine mit mehr Mitgliedern - also mehr "Qualität" als "Quantität". Überspitzt gesagt, möchte man lieber mehr Fundamentalimus als breite Akzeptanz (zumindest in Europa).

Die "Probleme" werden - auf beiden Seiten - vor allem von denen zu Problemen gemacht (abgesehen von ein paar verirrten "politisch immer Korrekten"), die sich (wie sie z.B. selbst sagen) "in einer Gesellschaft christlicher/islamischer bedingter Kulturgesellschaft / Tradition sehen".

Ob und wie weit man die den Religiösen dazuzählen darf, sei mal dahingestellt - sie selbst sehen das jedenfalls fast immer so. Beispiele habe ich ja bereits oben schon genannt.

Letztendlich ist es auch nicht die Frage, ob diese Idee Teil der Religion ist bzw. durch diese gedeckt wird - das interessiert die Beteiligten, das lehrt uns die Historie, i.d.R. wenig - schlußendlich zählt, das diese Leute im Glauben im Glauben ihrer Religion Legitimation für Ihre Schandtaten zu finden und die Religionen bzw. Gruppierungen auch keine entsprechende, wirksame Selbsthygiene betreiben oder entwickelt haben, was die Annahme erlaubt, das diese Leute (auch oder gerade) als Religionsmitglied handeln - im Namen des "gemeinsamen" Glaubens. Gefährlich dabei ist, das diese Leute im Namen der Religionen (und damit vieler / aller ihrer Anhänger) agieren und dies in beiden beteiligten Gruppen (wie auch außerhalb) als Aktion / Wille der Gruppe wie ihrer Mitglieder bei vielen auch so gesehen wird.
"Besserwessis"
Nun,
Toleranz bedeutet u.a., den anderen eine Kultur leben zu lassen, die man selbst ablehnt bzw. nicht leben möchte - damit auch, das man dem anderen keinen geringeren Anspruch auf die selben Ressourcen einräumt wie man sich selbst einräumt..

Arroganz bedeutet, das man dem anderen seine eigene Kultur überstülpen will, weil man sie (unkritisch) für die bessere hält - damit im Umkehrschluß das die Möglichkeit voneinander zu lernen von vornherein verstellt bleibt.

Vor, in wie nach der Wende und bis heute habe ich ähnlich viele "Besserossis" kennengelernt wie "Besserwessis" (weshalb ich den Begriff nicht wirklich mag). Wir hätten beide voneinander lernen können und könnten es immer noch. Die Lernbereitschaft bei vielen "Ossis" ist m.E. nicht nennenswert höher als die durchschnittlicher "Wessis".

Auf ähnliche Weise trennen heute Islam wie Christentum und Judentum Kulturen und ganze Völker - ebenso wie die "ressourcenbeansoruchenden" Europäer und Amis von dem großen - weithin "armen" - Rest der Welt, was manch findiger (selbsterklärter) "Christ" damit rechtfertigt, das der Westen die modernere Kultur weil bessere Religion habe.

Derartigen Quark bekommt man fast immer von Leuten zu hören, die sich für religiös halten und im Namen der Religionsbrüder sprechend verstehen. Areligiöse Menschen kommen - soweit ich sehe - selten auf die Idee, Ansprüche mit Religionszugehörigkeiten zu argumentieren...
Liborius
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Liborius »

Derartigen Quark bekommt man fast immer von Leuten zu hören, die sich für religiös halten und im Namen der Religionsbrüder sprechend verstehen. Areligiöse Menschen kommen - soweit ich sehe - selten auf die Idee, Ansprüche mit Religionszugehörigkeiten zu argumentieren...

Sie tun es aber ständig und lassen keine Gelegenheit aus ihre "areligiöse" Einstellung als das wahre Seelenheil zu verkünden.
Es gibt keine "heiligen Kriege". Das ist ein Widerspruch in sich selbst. Sicher wurde oftmals in der Geschichte die Religion als Vorwand für kriegerische Auseinandersetzungen benutzt, die Ursache dafür war aber Religion nie. Selbst die Kriege des Mohammed dienten der Machtausbreitung und nicht der himmlischen Botschaft.

Was willst du eigentlich mit deiner Botschaft sagen? Was hat ein verbohrter Jones mit Religion zu tun? Soe wie der Atta nicht für den Islam steht, so steht auch der Jones nicht für die Christen. Das sollte man nicht vergessen.
niels
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

Sie tun es aber ständig
Wo? Beispiele (abgesehen von "selten")?
und lassen keine Gelegenheit aus ihre "areligiöse" Einstellung als das wahre Seelenheil zu verkünden.
Ach?
Die meisten "Areligiösen" die ich kenne, interessieren sich weder für Religion noch dafür, anderen etwas für deren "Seelenheil" empfehlen zu wollen - die allermeisten aber wollen i.d.R. ebensowenig, das man ihnen derart "beigeht". Die allerwenigsten fordern die "Abschaffung" jedweder Religion - dafür umso mehr die (auch gesetzlich verbriefte wie realisierte) Toleranz und Gleichberechtigung gegenüber jedwedem Glaubens- und Lebensmodell innerhalb einem / dem grundgesetzlichen Rahmen.

Das sich auch manch Areligiöse zuweilen untereinander kritisch über Wertebildung o.ä. austauschen oder auch religiöse Ansprüche an die ganze Gesellschaft kritisieren, hat mit "verkünden" ebensowenig zu tun wie einer statischen / absolutistischen Wertewelt. "verkünden" bedeutet Kommunizieren absolutistischer Ideen, kausales, wissenschaftliches Denken aber weiß, das es Dinge gibt, die man nicht weiß und das jedes Wissen letztendlich eine Wahrscheinlichkeit - oder auch nur Tendenz zur Wahrscheinlichkeit bietet.

Das viele Menschen auch mit der Gewissheit, lange nicht alles zu wissen gut leben können, liegt auf der Hand und man sollte dies m.E. Religionen im gesellschaftlichen Kontext keinesfalls unterordnen. Meine persönliche Überzeugung ist, das angesichts immer globalerer Probleme letztendlich lediglich Wissen die Option auf Lösung der Probleme und damit den Fortbestand der Art bietet - Religionen dagegen nur im vergleichsweise "kleineren" raumzeitlichen Kontext einen evolutionären Vorteil boten - beschränkt auf die Gruppe der Anhänger und auf Kosten Aussenstehender.

Darüberhinaus sollte heute / im Rechtsstaat eh jeder das machen können und dürfen, was ER will, solange er damit niemanden anderen in seiner gleichartigen Freiheit einschränkt.

Zwar soll es wohl auch "Atheisten" geben, die die eigene Ideologie zur "Religion" hoch (oder runter?) stilisieren, die aber würde ich damit auch zu "Religion" zählen, da sie die selben Merkmale teilen (mythische Beweggründe, absolutistisches Wertemodell u.a.).

Allerdings bin ich überzeugt davon, das im gesamtgesellschaftlichen Kontext vornehmlich kausal bedingte Beweggründen der Vorzug gegeben werden sollte, solange die Konsequenzen von allen getragen werden müssen - denn nur Wissen und kausale Schlüsse bieten einen kleinsten gemeinsamen Nenner, auf den sich jeder Bürger (auch der Religiöse) eindeutig beziehen wie berufen kann. Auch deshalb war und bin ich z.B. gegen einen "Gottesbezug" in der EU Verfassung, wie ihn selbst einige eichsfelder politische wie religiöse Lokalgrößen forderten.

Was willst du eigentlich mit deiner Botschaft sagen?
Wie bereits mehrfach beschrieben - das ich in den heutigen, großen, vornehmlich monotheistischen Religionen ein erhebliches Sicherheitsrisiko für die gesamte Menschheit sehe (das es so - ohne sie - in der Form nicht gäbe).

Das es in der Welt auch noch andere Risiken gibt, schließe ich dabei nicht aus - ebensowenig das es Religiöse gibt, die die riskanten Ideen und Ideologien nicht mittragen (nur scheint deren Einfluß auf die anderen - die sich ihrer mitbeanspruchen - lange nicht kompensierend genug).
Christel
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Ein besonderes "Interesse" für die eigenen Vorfahren finde ich übrigens erstaunlich häufig dort, wo man sich für besonders christlich geprägt hält.
Mit Ausnahme der Mormonen, wo die Taufe für die Toten Bestandteil der Glaubenspraxis ist, kann ich das nicht bestätigen. – Aber unsere persönlichen Erfahrungen dürften ohnehin nicht repräsentativ sein.

niels hat geschrieben:Unterschiede allein der Identitätsbildung (also "des Unterschieds") wegen
Das habe ich nicht geschrieben!
Unterschiede gibt es das ist Fakt! Aus diesem Fakt folgt u.a. Identitätsbildung. „jede Person definiert sich über Unterschiede. – Ohne Unterschiede keine Identität“
Auch Du definierst Dich so, grenzt Dich ab!

Das hängt auch damit zusammen, dass wir in nicht unterschätzender Weise gesellschaftliche Wesen sind. Wir sind auf die Gesellschaft angewiesen, ohne sie gar nicht lebensfähig und unsere Werte, Moral, Ethik sind gesellschaftlich bedingt, auch die persönlichen Wert- und Moralvorstellungen, die jeder entwickelt.
Ich schaue eher selten speziell religiöse Sendungen…
Aber wenn ich einfach hier in Forum unsere Beiträge vergleiche, dann bin ich der Meinung, dass Du Moral, Werte, Ethik… sehr viel stärker thematisiert als ich, einschließlich die Kritik an die Ethik… anderer Menschen.
Und wenn ich bestimmte atheistische Seiten, Literatur… ansehe, dann triefen die nur so, vor Moral. Sie moralisieren und sie stellen sich selbst immer als die besseren Menschen dar. Jedenfalls kann ich das nicht anders deuten, wenn sich jemand als nichtreligös bezeichnet und „die Religion“ kritisiert.
So gesehen, hebt sich da was auf! Und beim „Normalbürger“, kann hier keinen Unterschied feststellen zwischen religiösen und nichtreligösen Menschen.

Würde ich „Moral…“ als das eigentlich Christliche nehmen, dann müsste ich aufgrund meiner Beobachtungen feststellen, dass es gar nicht speziell Christliches gibt. Oder das Atheisten u.a. die besseren Christen wären, weil sie besser moralisieren können. :wink:
Das ist aber nicht das Wesentliche des Christentums!

"Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und unser Glaube sinnlos.“ So zitiert Joseph Ratzinger(Benedikt XVI.) Paulus. S. 266 Jesus von Nazareth / Ratzinger, Joseph (Benedikt XVI.).- Bd. 2.: Vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung . - (Verlag Herder) ISBN: 978-3-451-32999-9

Nicht nur Katholiken lesen begeistert die Bücher von Joseph Ratzinger. Er ist ein hervorragender Theologe. Gut finde ich, dass er seine Sichtweise ausführlich begründet. Dadurch hatte ich schon manches Aha-Erlebnis.
niels hat geschrieben:z.B. die Kirchenoberen wie Herr Ratzinger selbsterklärt eine Kirche, deren Mitglieder eine "stärkere Bindung" zur katholischen Kirche herstellen würden statt eine mit mehr Mitgliedern - also mehr "Qualität" als "Quantität". Überspitzt gesagt, möchte man lieber mehr Fundamentalimus als breite Akzeptanz (zumindest in Europa).
Quantität ist, wenn z.B. Kirche auf Moral und Werte sowie als Rahmen für Familienfeste, Tradition… reduziert wird.
Fundamentalismus ist schlechte Theologie, also keine Qualität!
Qualität, ist was ganz anderes! Da weiß ich, was und wem ich glaube!
Wie gesagt, Ratzinger steht für Qualität und daher eben nicht für Fundamentalismus! Gerade in unserem Bistum wird viel für Bildung getan. Die Kurse werden alle vom Bistum finanziell gestützt: Bistum-Erfurt
niels hat geschrieben:"neue Kriege" Der Term wäre mir neu
Der Begriff wird seit gut 10 Jahren verwendet. Mit ist er schon öfter begegnet.
Seit dem Ende der 1990er Jahre werden innerstaatliche Konflikte zunehmend als "neue Kriege" bezeichnet. Damit soll deutlich gemacht werden, dass ein grundsätzlicher Wandel des Krieges stattgefunden hat. Eine neue Form bewaffneter Konflikte habe sich herausgebildet (Kaldor 2000, Münkler 2005). Die "neuen" Kriege sind durch die Privatisierung der Gewaltmittel gekennzeichnet. "Neue Kriege" werden primär aufgrund wirtschaftlicher Ziele begonnen; das Handeln der Akteure wird nicht durch eine Ideologie angeleitet. http://www.bpb.de/themen/GMQL0X,0,0,Das ... smus_.html
Die Realität sieht offensichtlich etwas anders aus, als die Theorien mancher Nichtmonotheisten es beschreiben. Die erste monotheistische Religion hat ihre Vision von der Zukunft der Menschheit so beschrieben: „Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg.“ Jes. 2,4

Man sollte den Anteil der monothetischen Religionen zur Friedenssicherung nicht unterschätzen.
Siehe auch: http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Sc ... haren.html
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
niels
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von niels »

das habe ich nicht geschrieben
Nein,
auch deshalb schreibe ich es ja. Wo bestreite ich, das es Unterschiede gibt? Unterschiede allein der Unterschiede wegen - also Individualisierung der Individualisierung wegen - halte ich für unnötig bis unsinnig.

Natürlich sind wir soziale Lebewesen und aufeinander angewiesen. Schon deshalb liegt es dem Menschen quasi "im Blut" sozial zu agieren. Werte aber werden von Menschen gebildet - und erst in ihrer Überschneidung in der Gruppe zur "Moral". Es gibt aber m.E. keinen Grund dafür, warum bestimmte Menschen besser in der Wettebildung sein sollen als andere - ich traue das jedem Menschen zu (so wie auch die Demokratie dem Menschen zutraut, politisch bestimmen zu dürfen, was er heute auch immer noch lernt, man hat ihm ja auch das über Jahrhunderte bis -tausende abgesprochen - meist "im Namen Gottes" übrigens) - m.E. brauchen wir weder besondere Instanzen zur Wertebildung noch einzelne Menschen oder Gruppen, die ihre Werte derart für "legitimer" halten, als das diese auf alle Menschen projeziert werden sollen - z.B. per Gesetz.

speziell religiöse Sendungen
Hmm, Ich stolpere fast täglich über deutlich religiös geprägte Sendeinhalte bis hin zu von den Kirchen initiierten bzw. "in Kooperation" produzierten Sendungen - im öffentlich-rechtlichen Bereich ebenso wie bei den deutschen Privatsendern (was womöglich damit zusammenhängt, das einige davon vor allem in den christlichen "Hiochbrungen" Köln und München produzieren / beheimatet sind).

Ich bin inzwischen immer häufiger erstaunt, wo bzw. bei was für Sendungen die Kirche überall mitproduziert - von Krimi-Serien über ganze "Frühstücks-" und "Vormittagssendungen" (vor allem am Wochenende, wo ein Gutteil der Christen doch eh in der Kirche sein dürfte und kaum Zeit zum TV schauen hätte). Podiumsdebatten und ganze Abendsendungen sind ebenfalls in kirchlicher Hand gelandet. Die altbekannten Prinzipien des "Produkt Placement" in den Unterhaltungsproduktionen durch die Kirchen findet man ebenso wie die allmorgendliche Moralpredigt eines katholischen Pfarrers im Frühstücksfernsehen mit ausgesuchten Bibelzitaten, der seine Morapredigten selbsterklärt an alle Zuschauer / Menschen richtet - eben NICHT exklusiv oder vornehmlich an Christen. Es scheint mir das Immer dann, wenn ich in meiner wenigen Freizeit mal zum TV schauen komme, auf oder über solche Sendungen "stolpere" - im Fachmund auch "zuden besten [bzw. zweitbesten] Sendezeiten", wo auch die sonst arbeitenden Menschen mal dazu kommen, eine Glotze anzuschalten.

Bei einigen Sendungen bringt erst ein genauer Blick in den Abspann oder Sendungsinformationen im Internet an den Tag, das die Produktion mit der oder durch die Kirche erfolgte. Für den "Normalkonsumenten" des TVs ist es gar nicht so einfach, sich den "religiös geprägten" Sendungen zu entziehen. Das selbst Christen offensichtlich nur selten klassische religiöse schauen, haben die Marketingexperten der Kirchen inzwischen erkannt und offensichtlich auch drauf reagiert.

Genau so oder zumindest doch sehr ähnlich funktionieren auch die religiös geprägten bis dominierten TV-Produktionen im mittleren Osten. Religion wird inzwischen in alle möglichen Sendeinhalte "verpackt".

Offensichtlich hat die Kirche das TV als Missions- und Marketingmedium erobert - so wie jedes andere Unternehmen (allerdings mit Vorzugsbehandlung, da Unternehmen für die Sendeplatzierungen teuer bezahlen müssen, den Kirchen edagegen quasi per gesetzlicher Vorgabe Sendezeit gesichert wird).



Privatisierung der Gewaltmittel
Ach ne,
meines Wissens waren auch Waffen wie Armeen vieler Monarchien VOR dem 1. WK sozusagen "Privateigentum" und selbst hohe Römer hielten sich eigene Legionen. Es gab zwar einige Ausnahmen zwischen Napoleon und 2. WK (Vietnamkrieg partiell), aber "neu" ist der Typus Krieg m.E. keinesfalls. Selbst Bürgerkriege gibt und gab es quasi ewig - wenn früher auch "seltener".

Krieg um anderen Ressourcen wegzunehmen gab es schon lange vor den Römern und wird auch heute ebenso noch von Staaten betrieben (siehe z.B. USA -> Irakkrieg). Kriege waren afaik immer Ressourcenstreitigkeiten - nur haben sich mit der Zeit Legitimationsprinzipien wie Gruppierungsstrukturen geändert - so z.B. kann man heute kulturelle Gruppierungen immer seltener an Staatengrenzen festmachen, was gerade anderen Gruppierungsmerkmalen wie -prinzipien wieder mehr "Präsenz" verschafft..

Was dagegen wirklich neuen Charakter [bekommen] hat, ist der sukzessive globalisierte Terrorismus, der sich vor allem der Religion als Medium wie Werkzeug zur Rekrutierung wie dezentralen Steuerung bedient oder gar um religiöse Ideen dreht. Natürlich geht es auch dort um Ressourcen - um Ressourcenansprüche z.B. einer religiösen Gruppe usw. Quasi alle der größten, derzeitig aktiven Terrororganisationen sehen sich religiösem Auftrag oder bedienen sich religiösen Prinzipien.
Christel
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Re: "heilige Kriege" - Version 3

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Wo bestreite ich, das es Unterschiede gibt?
Was soll die Frage? – Davon habe ich hier nichts geschrieben!
niels hat geschrieben:Unterschiede allein der Unterschiede wegen - also Individualisierung der Individualisierung wegen - halte ich für unnötig bis unsinnig.
Diese Option fehlt in meiner Aufzählung über den Sinn… der Unterschiede!
Aber bezüglich der Identität gibt es auch das. - In gewisser Weise ist das natürlich unsinnig.

Man ignoriert die Realität und schafft gleichzeitig eine Neue.


"Neue Kriege":
niels hat geschrieben:Was dagegen wirklich neuen Charakter [bekommen] hat, ist der sukzessive globalisierte Terrorismus, der sich vor allem der Religion als Medium wie Werkzeug zur Rekrutierung wie dezentralen Steuerung bedient oder gar um religiöse Ideen dreht. Natürlich geht es auch dort um Ressourcen - um Ressourcenansprüche z.B. einer religiösen Gruppe usw. Quasi alle der größten, derzeitig aktiven Terrororganisationen sehen sich religiösem Auftrag oder bedienen sich religiösen Prinzipien.
Wenn es nur auch um Ressourcen geht, warum dann der Anschlag auf das „World Trade Center“?

Das Eigentliche, das worum es wirklich geht, wird selten ausgesprochen. Es müssen immer edle Ziele herhalten: Volk, Vaterland, Recht, Demokratie, Frieden, Freiheit…

In unserem Fokus ist der Islamismus. Global sieht manchen anders aus:
Piraten, Warlords, Kindersoldaten, private Militärunternehmer und Söldner
bestimmten in den letzten Jahren die öffentliche Debatte als „neue“ Akteure in
gewaltsamen Konflikten und Kriegen. Hat sich mit diesen Kriegsparteien und der
zunehmenden Privatisierung des Krieges auch der Krieg selbst verändert? Wie
sehen Bürgerkriegsökonomien aus und welche Rolle spielt die globale Wirtschaft in
den heutigen Kriegen? Stehen wir vor oder sind wir mitten in so genannten „neuen
Kriegen“ oder zeigen sich „alte“ Kriege im neuen Gewand?
Mehr: http://www.thomasroithner.at/cms/images ... iraten.pdf
"Mit offenen Karten | Die derzeitigen Kriege | 2010"
http://www.youtube.com/watch?v=-p7EcwoMmts
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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