"Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

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"Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von niels »

zitiert von:
http://www.freigeist-weimar.de/beitrags ... er-wunsch/

Ich finde der Artikel trifft den Nagel recht gut auf den Kopf und dürfte auch uns Deutschen zu einer Revision unserer eigenen Politik anregen.

Ob und wann es jemand tut bzw. ob wir es schaffen uns derart fortzuentwickeln (auch ich sehe darin eine Fortentwicklung in eine modernere, offenere Gesellschaft), bleibt - angesichts der immer noch starken lobbyistischen Synergien unserer Regierungspolitik - leider weiterhin offen...


Religionsfreiheit - ist und bleibt das nur ein frommer Wunsch?


WEIMAR. (fgW) „Der Kampf um die Religions- und Weltanschauungsfreiheit“ war das Thema einer Veranstaltung, zu der kürzlich der Bund für Geistesfreiheit Erlangen den Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit des UN-Menschenrechtsrates, Prof. Dr. Heiner Bielefeldt, eingeladen hatte. Den nachfolgenden Text hat freigeist-weimar.de dem weblog der gbs-Regionalgruppe Erlangen/Nürnberg/Fürth entnommen.


Warum Kampf um Religions- und Weltanschauungsfreiheit? Weil Anspruch und Wirklichkeit weit auseinanderklaffen. In vielen Staaten der Welt ist es nicht weit her mit dem positiven Recht auf Ausübung der eigenen Religion, vom negativen Recht, eine Religion auch zu verlassen und auch keine Religion zu haben, ganz zu schweigen.

Heiner Bielefeldt betonte drei Aspekte des Menschenrechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit: Universalismus, Freiheit und Gleichheit. Es gelte überall und für jeden, es sei ein Freiheitsrecht, und es gelte für alle in gleicher Weise. Dabei ist zu betonen, dass das Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit in erster Linie eben dies ist: ein individuelles Menschenrecht, nicht ein Recht religiöser Organisationen oder religiös verfasster staatlicher Organe. Von diesen gehen dann auch in erster Linie die Angriffe auf die Religionsfreiheit aus. Wir sehen vielerorts Bestrebungen zu Partikularismus, Entliberalisierung und Diskriminierung.

Theoretisch, so Bielefeldt, sei es ganz einfach: Das Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit erzwinge geradezu den liberalen säkularen Rechtsstaat, dem dabei selbst aber nur eine Schiedsrichterrolle zukommt, der also nicht Partei werden darf im Streit der Weltanschauungen. In der Praxis sei es allerdings schwierig. Ja, es ist selbstverständlich schwierig für Staaten, die keine säkularen Rechtsstaaten sind. Aber noch schwieriger für die Menschen, die in solchen Staaten leben.

In der Diskussion erntete Bielefeldt Widerspruch zu seiner These, das Recht auf Mission gehöre notwendigerweise zur Religionsfreiheit dazu. Das religionskritische Erlanger Publikum hätte sicher keine Schwierigkeiten mit dem Recht auf Mission, wenn dadurch keine Machtposition ausgenutzt würde. Das ist aber natürlich meist der Fall, wie das heiß diskutierte Beispiel des Religionsunterrichts zeigt. Verzerrungen entstehen dadurch, dass sich multinationale Organisationen das individuelle Menschenrecht zu Nutze machen, um ihre professionelle Lobbyarbeit zu legitimieren. Oft ist der Inhalt solcher Lobbyarbeit gerade gegen die Menschenrechte gerichtet, insbesondere gegen das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit.

Vortrag und Diskussion machten deutlich, dass staatlich privilegierte missionierende Religionen mit dem Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit kollidieren. Hierzulande wären etwa die sozialen und arbeitsrechtlichen Benachteiligungen Konfessionsfreier, besonders in dem kirchlich dominierten Bereich sozialer Dienste, der Religionsunterricht an staatlichen Schulen und die sattsam bekannten finanziellen Privilegien für Kirchen zu nennen. In der Einrichtung von Konkordatslehrstühlen mochte Bielefeldt allerdings keine eklatante Menschenrechtsverletzung, sondern nur eine gewisse „Ungereimtheit" sehen, sozusagen Ärger in einem vergleichsweisen Paradies. Tatsächlich schrumpfen die Probleme, die wir hierzulande mit den Überresten des Kirchenstaats haben, in ihrer Bedeutung beträchtlich zusammen, wenn wir sie vergleichen mit der Bedrohung für Leib und Leben von Anders- und Nichtgläubigen in anderen Teilen der Welt, insbesondere in den islamischen Theokratien. Aber auch Ungereimtheiten sind aufzulösen.

Autor:
Harald Stücker
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von Christel »

Niels, ich sehe, Du hast einen Kommentar zu einem Vortrag von Prof. Dr. Heiner Bielefeldt eingestellt.
In vielen Staaten der Welt ist es nicht weit her mit dem positiven Recht auf Ausübung der eigenen Religion, vom negativen Recht, eine Religion auch zu verlassen und auch keine Religion zu haben, ganz zu schweigen.
Anscheinend bezog sich der Vortrag vor allem auf die weltweite Situation.
Dabei ist zu betonen, dass das Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit in erster Linie eben dies ist: ein individuelles Menschenrecht, nicht ein Recht religiöser Organisationen oder religiös verfasster staatlicher Organe.
Sehr richtig und wichtig!
In der Diskussion erntete Bielefeldt Widerspruch zu seiner These, das Recht auf Mission gehöre notwendigerweise zur Religionsfreiheit dazu.
Das Recht auf Mission gehört zur positiven Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Ein Recht, welches die „Freigeister“ sehr wohl für sich in Anspruch nehmen.
Das Projekt fühlt sich in seinem Anliegen insbesondere der Giordano Bruno Stiftung verbunden. http://www.freigeist-weimar.de/der-freigeist/
Die Giordano Bruno Stiftung würde ich als missionarisch bezeichnen. Ob unsere Kirchen wirklich missionarisch sind, da habe ich meine Zweifel.
Vortrag und Diskussion machten deutlich, dass staatlich privilegierte missionierende Religionen mit dem Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit kollidieren.
Der Vortrag? Hier ernte Prof. Bielefeldt doch Widerspruch, als er sagte, "das Recht auf Mission gehöre notwendigerweise zur Religionsfreiheit dazu"!
Wieso nur Religionen und nicht auch Weltanschauungen? Steuerbegünstigt ist die GBS auch! – Hm?

Kann der Vortrag von Prof. Dr. Heiner Bielefeldt irgendwo nachgelesen werden?
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von niels »

vor allem auf die weltweite Situatuion
Was auch seiner Aufgabe entspricht. Da Deutschland nun mal "zur Welt" dazugehört - und er auch an Deutschland Kritik zu richten hat - war Deutschland auch ein Thema.

Das es andere Länder gibt, die z.B. mit Meinungsfreiheit erheblich mangelhafter umgehen - ist hinlänglich bekannt - dennoch haben auch wir Deutschen noch einiges zu tun - noch einige Mängel zu beseitigen.
Recht auf Mission
Ich denke das sich bereits aus dem Recht auf Meinungsfreiheit und Freiheit in der Weltanschauung alle erforderlichen wie legitimen Rechte ableiten lassen. Darüberhinaus sollten für alle - d.h. auch für Religionen - die selben Beschränkungen gelten, wie diese für Vereine, Unternehmen, kommerzielle bzw. nichtkommerzielle Werbung usw. greifen.

Den Term "Mission" halte ich für Debatten um Freiheits- und Menschenrechte für recht ungeeignet, da er sich - um alle subjektiven Deutungsvarianten befreit - auf freie Meinungsäußerung beschränken liesse (was wiederum juristisch wie kausal recht klar greifbar ist). Was "Mission" ist und was nicht, bestimmen oft und gern die, die es tun wollen bzw. tun - und da gibt es sehr weit differierende Interpretationen / Auslegungen, mit denen man auf keinen gemeinsamen nenner kommen wird.

Ein explizites - d.h. gesetzlich festgeschriebenes - "Recht auf Mission" ist daher weder erforderlich noch u.U. (d.h. nach möglichen Interpretationen des Terms "Mission") legitim.

Wie er wohl auch feststellt ist aber auch wichtig, das Religionen bzw. bestimmte Weltanschauungen keine ausgewählten staatlichen Privilegien genießen dürfen/sollten, da es sonst Verzerrungen dieses Prinzips gibt, die u.a. diskriminierende Wirkung haben (ähnlich wie man dies im Wettbewerbsrecht begreift).

Ohne säkularem Staatsprinzip wie ohne gleichberechtigende weltanschauliche Freiheitsprinzipien erreicht man keine Religionsfreiheit im Sinne eines freien Wettbewerbes der Weltanschauungen wie Religionen. Freier Wettbewerb ist aber die Basis für Gerechtigkeit und Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz wie einer freien Entfaltung aller.

positiven Religions- und Weltanschauungsfreiheit
Hmmm,
Was bitteschön ist eine "positive" Religions- oder Weltanschauungsfreiheit? Will man hiermit zwischen "guten" und "bösen" Weltanschauungen oder gar Religionen unterscheiden? Wenn ja, wer wollte dies tun und auf welcher Basis (in etwa so, wie die SED der DDR jedwede Kritik in "konstruktive" oder "destruktive" Kritik einzuteilen pflegte)?
Ein Recht, welches die „Freigeister“ sehr wohl für sich in Anspruch nehmen.
Nun,
k.A. wer "Die Freigeister" sein sollen bzw. sind und was die wollen - afaik haben die Menschen, die sich derart bezeichnen weder eine einheitliche Meinung noch Weltanschauung...

Giordano Bruno Stiftung würde ich als missionarisch bezeichnen. Ob unsere Kirchen wirklich missionarisch sind, da habe ich meine Zweifel.
Das zeigt nur einmal mehr, wie subjektiv der Begriff "Mission" im Sprachgebrauch gehandelt wird

Tatsache ist, das die röm-katholische Kirche selbst vielfältige missionarische Einrichtungen wie Aktivitäten betreibt - und diese auch als solche (unter der Begrifflichkeit "Mission") offen kommuniziert. Im umgangsprachlichen Gebrauch des Wortes "Mission" außerhalb von Religionen wird dies als Synonym für "Reise" bzw. "Reise mit Auftrag" verwendet - z.B. im Wort "Weltraum-Mission" - und nebenbei: auch Reisefreiheit ist schließlich ein Grundrecht...
Der Vortrag? Hier ernte Prof. Bielefeldt doch Widerspruch, als er sagte, "das Recht auf Mission gehöre notwendigerweise zur Religionsfreiheit dazu"!
k.A, wer da gegen was widersprochen hat.

Meinetwegen soll JEDER seine Sicht der Dinge verbreiten können oder für sein Weltanschauungs- oder Lebensmodell werben können. Wichtig aber ist, das für alle die selben Spielregeln gelten und der Staat eine säkulare Form annimmt/einhält, in der jedwede Weltanschauung wie Gruppierung die selbe Legitimation wie auch die selben Rechte (wie Pflichten) genießt. Und davon sind wir in Deutschland - vor allem in der Praxis (aber auch juristisch) - leider immer noch weit entfernt.

Eine Basis für ein gleichberechtigendes Zusammenleben kann m.E. auch nur entstehen, wenn der Staat bei der Bildung von Rechtsnormen und -prinzipien rein kausalen Gesichtspunkten folgt, denn die einzige gesellschaftlich übergreifende Legitimation für Recht und Gesetz - d.h. für alle verbindliche (!) Normen und Werte - kann nur aus [reproduzierbarem] Wissen erwachsen (wozu - nicht oft genug zu sagen - auch gehört zu wissen, was wir nicht wissen bzw. niemand weiß).

Prof. Bielefeldt legt da meine Sichtweise recht verständlich dar - denke ich:
http://ooe.orf.at/magazin/studio/stories/122500/

"... Säkularität kann sehr unterschiedliche Assoziationen erwecken, dies sei laut Bielefeldt eine Quelle möglicher Missverständnisse. Wenn man von Säkularität als liberales Fairness-Prinzip im Umgang mit Pluralismus spricht, so sei dies die einzig sinnvolle Möglichkeit. ..."

Zwar ist auch Wissen "fehlbar", allerdings ist dies Teil des Konzeptes und so bietet das Prinzip jedem die Option, wissenschaftliche Annahmen zu untermauern oder nach objektiven Gesichtspunkten per reproduzierbarem "Experiment" / "Versuch" zu widerlegen, wenn er diese als "inkorrekt" empfindet bzw. sieht - so bietet das Konzept naturwissenschaftlichen Wissen / Denkens auch jedem Gläubigen ein Werkzeug, weltanschaulich übergreifend zu kommunizieren wie zu argumentieren.

Wenn dagegen jeder alles behaupten - und daraus legitimieren - könnte, wäre kein kultiviertes Zusammenleben - schon gar keine Fortentwicklung - möglich. Von einer solchen Gesellschaft sind wir aber selbst noch ein Gutteil entfernt - wir versuchen uns stattdessen mit abenteuerlichen Behelfskonstrukten und scheinkausalen Argumentationsketten um diese Konsequenz zu drücken. Soviel Freiheit oder Gleichberechtigung scheint vielen immer noch zu abenteuerlich oder gar ängstigend - m.E. eine "Spätfolge" der jahrtausendelangen Diktaturen und Indoktrinationen...

Das kausale Wissensprinzip nimmt - entgegen den Behauptungen manch Religiösen - eine für die Menschheit grundwichtige Sonderstellung unter den Weltanschauungen ein, denn es erlaubt einer Gesellschaft - ja sogar der gesamten Menschheit - unabhängig von Glaube / Religion - zu kommunizieren, ebenso wie es ihnen eine gleichwichtende "Verhandlungsbasis" bietet. Das simple "Einreihen" vom Wissensprinzip in die Reihe aller denkbaren Weltanschauungen oder gar Religionen ist daher grundfalsch.

"...Die Toleranzpolitik in einem christlichen Konfessionsstaat hielt sich an den Unterschied zwischen religiöser Wahrheit und Irrtum. Die Religionsfreiheit klammert jedoch den Unterschied zwischen religiöser Wahrheit und Irrtum als Kriterium staatlichen Handelns aus. "Sie darf für die Bestimmung des rechtlichen Status eines Menschen in einer Gesellschaft fortan keine Rolle mehr spielen." Wird also die Religionsfreiheit als Menschenrecht gesehn, so geht sie auch über eine skeptisch motivierte Toleranz hinaus. "Ein Staat, der den Menschenrechten verpflichtet ist, kann sich nicht darauf beschränken, religiöse und weltanschauliche Freiheit lediglich zuzulassen, sondern steht vor der Aufgabe, ihre Entfaltungschancen nach Maßgabe von Gleichberechtigung aktiv zu sichern."..."

...gut auf den Punkt gebracht!...

Wieso nur Religionen und nicht auch Weltanschauungen?
Wie was?
Ich denke der Begriff "Mission" bringt uns keinesfalls weiter - auch die dortige Debatte ist für mich nur ein Beleg mehr, das der Begriff weder sachlich noch inhaltlich greifbar ist - und hauptsächlich subjektiven Interpretationen / Besetzungen unterliegt. Ansonsten gilt auch hier das oben Gesagte...

Steuerbegünstigt ist die GBS auch! – Hm?
k.A. - kann schon sein - wenn, dann recht wahrscheinlich weil eine Satzung die Gemeinnützigkeit (wie für jeden gemeinnützigen Verein bzw. Stiftung) kausal darlegt und ein Gericht bzw. das FiNa dies für gemeinnützig befunden hat - die Stiftung demnach auch nicht gewinnorientiert arbeiten darf (also kein "Unternehmen" ist).

Was willst Du damit sagen? z.B. das die GBS eine "Religionsgemeinschaft" ist? Das sehe ich (und wohl auch das Gesetz) anders. Ich verstehe die GBS hauptsächlich als eine Art recht loser Bürgerrechtsgruppierung aus Menschen mit verschiedenen Weltanschauungen und z.T. auch sehr verschiedenen Vorstellungen. Die GBS gibt es - davon bin ich recht überzeugt - auch nur deshalb, WEIL wir Deutschen immer noch keinen säkularen Staat geschafft haben - dieser aber von immer mehr Menschen angestrebt wird.

Es gibt wohl ein paar sich "humanistische" bezeichnender Gruppierungen, die - i.d.R. aus vornehmlich politischen Gründen - als eine "Religionsgemeinschaft" anerkannt werden wollen. Ich halte davon wenig, denn siehe oben...

Kann der Vortrag von Prof. Dr. Heiner Bielefeldt irgendwo nachgelesen werden?
Den Vortrag im detail selbst habe ich nicht gefunden - nehme an es handelte sich um einen Vortrag dieser Reihe:
http://www.cph-nuernberg.org/akademie/v ... 460ef02711

Allerdings sind zahlreiche Veröffentlichungen von ihm im Umlauf / zu haben, in denen er die Topics z.T. recht ausführlich angeht.
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

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niels hat geschrieben:Ich verstehe die GBS hauptsächlich als eine Art recht loser Bürgerrechtsgruppierung aus Menschen mit verschiedenen Weltanschauungen und z.T. auch sehr verschiedenen Vorstellungen.
Das könnte man von der katholischen Kirche auch sagen. Schaut man sich die Katholiken an, dann sind das Menschen mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen. Insgesamt ergibt sich jedoch ein recht klares Profil, wie bei der GBS. Ich rechne sie zu den „neuen Atheisten“. Auf die Idee, sie als Religion zu verstehen, bin ich noch gar nicht gekommen. – Du verwendest den Begriff „Religion“ zuweilen sehr weit… - ja in diesem Sinne könnte man die GBS als eine missionarische (Diesseits)Religion verstehen. – Solche „Diesseitsreligionen“ werden gemeinhin allerdings als Weltanschauungen bezeichnet.

Katholische Kirche und Mission: Wir hatten vor einigen Jahren eine sog. „Gemeindemission“. Diese war völlig nach innen gerichtet, an die Adresse der eigenen Gemeindemitglieder. Woanders nennt man das Evangelisation oder Gemeindeerneuerung, aber nicht Mission.
niels hat geschrieben:Was bitteschön ist eine "positive" Religions- oder Weltanschauungsfreiheit? Will man hiermit zwischen "guten" und "bösen" Weltanschauungen oder gar Religionen unterscheiden?
Natürlich nicht!
Es geht um das Recht frei eine Religion zu praktizieren oder auch nicht zu praktizieren. Zuweilen wird es auch als „negative Glaubensfreiheit“ (= Freiheit keinen Glauben zu haben bzw. seinen Glauben nicht öffentlich zu leben) bzw. „positive Glaubensfreiheit“ (= Freiheit einen Glauben zu haben, ihn öffentlich zu bekennen, zu leben…) bezeichnet.
Auch Prof. Bielefeldt beschreibt dies in seinem Vortrag (Schade, dass der Vortrag nirgends zu finden ist und wir daher nur auf den Kommentar zurückgreifen können.):
In vielen Staaten der Welt ist es nicht weit her mit dem positiven Recht auf Ausübung der eigenen Religion, vom negativen Recht, eine Religion auch zu verlassen und auch keine Religion zu haben, ganz zu schweigen.
Stoßen negative und positive Glaubensfreiheit aufeinander, dann müssen beide Rechte gegeneinander abgewogen werden. Auch die negative Glaubensfreiheit darf nicht so weit gehen, dass dadurch die positive Glaubensfreiheit anderer in umfassender Weise beschränkt wird. – Auch Glaubende haben Bürgerrechte!
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von niels »

[quote...]positive Glaubensfreiheit...[/quote]
Das Recht auf Freiheit in der Weltanschauung schließt beide Sachverhalte, die Du mit "positive" und "negative" Religions- bzw. Weltanschauungsfreiheit beschreibst - ein - was implizit auch eine Abwägung derartiger Sachverhalte - auf Basis rechtsstaatlicher kausaler Prinzipien - bewirkt.

Was nicht funktioniert ist, wenn man Religionsfreiht lediglich einseitig aus der Warte Religiöser betrachtet (in der Annahme, es beträfe ja nur sie/diese) - es funktioniert nur über ein umfassenderes, gesamtgesellschaftliches Prinzip der Meinungs- und Lebensführungsfreiheit.

Er beschreibt auch recht anschaulich, warum nur ein säkular-neutraler Staat das Optimum an Gleichberechtigung der Menschen wie ihrer Interessen bietet..

In Deutschland wird eine Kirche wie Scientology oder auch eine Satanskirche - ebenso die allermeisten kleineren religiösen Gruppen und Strömungen - weder gesetzliche Feiertage, einen gesetzlich gesicherten Religionsunterricht, Einfluß auf öffentlich-rechtliche Strukturen u.a. Privilegien noch eine sonstige derartige staatliche / politische PRivilgierung finden, wie sie die traditionellen Kirchen genießen. Ideologische Gruppierungen sind da quasi ganz außen vor.

Ein Staat, der dierartige Gleichstellung nicht bietet, bietet keine echte Religionsfreiheit [für alle und gleichberechtigt] - sondern betreibt Partikularismus. Auch das legt er in seinen Veröffentlichungen recht gut dar. Er legt auch gut dar, warum die "verbreitete Angst" unter Religiösen, das ein derart säkular-neutraler Staat Religion(en) diskriminiere oder auch aus dem öffentlichen Leben zurückdränge, unbegründet weil unrichtig ist. Bisher hat mir bisher auch noch niemand darlegen können, wie und wo ein säkularer Staat Religionen diskriminiert.


Das könnte man von der katholischen Kirche auch sagen
Es ging mir vornehmlich darum zu sagen, das die GBS selbst aus weltanschaulich recht verschieden gerichteten Leuten zusammensetzt bzw. anspricht - sich also nicht (wie z.B. die katholische Kirche) eine Art "Weltanschauungsinstanz" versteht oder gar einer religiösen Gruppierung gleichkäme. Selbsterklärte Mitglieder der katholischen Kirche hingegen sind weltanschaulich Christen (zumindest dürfte es wohl nur wenige Ausnahmen geben) - und die Kirche vesteht sich als (i.d.R. sogar als einzige) legitime Instanz dieser Religion.
neuen Atheisten
Wenn es Dir Spaß macht - aus der Realität weiß ich, das unter den Mitgliedern wie der Gruppierung nahestehenden Personen auch Religiöse, Agnostiker usw. zu finden sind - ebenso Menschen, die zwar nicht bestreiten, das es einen oder viele Götter gäbe - die Reaktionen und Schlußfolgerungen vieler Menschen hierauf aber für unbegründet oder auch anmaßend halten - die Religionen nicht als legitime Vertreter einer solchen Instanz / Sachverhaltes sehen. Atheisten machen nur einen Teil der Gruppierung aus. Mit "Atheist" machst Du es Dir also nicht nur mehr als einfach - Du liegst sogar offensichtlich falsch.

Allerdings spreche ich nicht im Namen der GBS, sondern meiner Person - bediene mich lediglich an Informationen, die diese (wie andere) Gruppierungen bereitstellen - k.A., warum Du deshalb immer wieder in Richtung dieser Gruppierung läufst bzw. deren Beweggründe untersuchst. Wenn Du die von mir lediglich zitierte Information anzweifelst, dann begründe dies bitte inhaltlich. Zumindest an Fakten ändert sich wenig, wenn derjenige, der sie verbreitet - ein anderer ist, als ggf. jemand annimmt. Soviel Medienkompetenz dürfen wir uns schon zutrauen.
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von niels »

Falls Du tatsächliche eine weltanschauliche Einordnung der Gruppoerung GBS versuchen möchtest, dann zähle bitte auch die hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Agnostizismus

aufgeführten weltanschaulichen Varianten dazu. Dort ist auch erklärt, warum selbst div. Nichtgläubige vs Nichtreligiöse weder atheistisch sind, noch atheistischen Vorstellungen folgen.

Die mir z.B. noch aus der DDR unter Christen weithin geläufige Vorstellung im schwarz-weiß Schema, jeder der nicht an (der/das/die) Gott/Götter glaube sei "Atheist", war und ist m.E. viel zu kurz gegriffen und bildet die Vielfalt der betr. Varianten nicht mal annähernd ab.

Demnach ist Gott- bzw. Götterglaube nur eine kleine Submenge von einer Vielzahl verschiedenen Weltanschauungen und nimmt darunter auch keine legitimierbare Sonderstellung ein.

Dennoch würde mich immer noch interessieren, worin nach der Vorstellung von z.B. Gesetzgebern usw. ein Unterschied zwischen Religion und [gelebter] Weltanschauung liegt bzw. liegen soll - es muß ja Gründe dafür geben, das auch in Gesetzestexten hierfür verschiedene Begrifflichkeiten getrennt zur Anwendung kommen.

Die Frage blieb bisher leider imemr wieder unbeantwortet - gleich wo ich fragte.
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Was nicht funktioniert ist, wenn man Religionsfreiht lediglich einseitig aus der Warte Religiöser betrachtet (in der Annahme, es beträfe ja nur sie/diese) - es funktioniert nur über ein umfassenderes, gesamtgesellschaftliches Prinzip der Meinungs- und Lebensführungsfreiheit.
Richtig! Das geht von Religions- und Weltanschauungsfreiheit aus:
Grundgesetz Art 4:
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
http://dejure.org/gesetze/GG/4.html
Ebenfalls muss bedacht werden, dass religiöse Menschen nicht nur von der positiven, sondern ebenso von der negativen Religions- bzw. Weltanschauungsfreiheitgebrauch machen und ohne Ausnahme jeder Einzelne, jede Gruppe, jede Institution…
Menschen, Gruppen, Organisationen…, die sich als nicht religiös verstehen, nehmen keinesfalls nur die negative Religionsfreiheit für sich in Anspruch, sondern ebenfalls die positive wie auch die negative Weltanschauungsfreiheit.
Da jeder Mensch irgendwo einen Standpunkt hat und sei es der, dass alles gleichgültig sein müsse, ist kein Mensch wirklich neutral.
Wie bekommen wir angesichts dieser Tatsachen einen neutralen Staat hin?
Auf jeden Fall nicht so, dass eine Gruppe die Führung übernimmt, auch keine weltanschauliche Gruppe. Auch der heute auftretende sog. „säkulare Humanismus“ und die mit ihm verbunden Gruppen Freidenker, Freigeister… sind eben nicht neutral, sondern repräsentieren vielmehr eine bestimmte Weltanschauung. Am einfachsten wird dies deutlich durch einen Blick auf die Seiten der GBS. Neutralität sieht für mich anders aus.

Manchmal sind Kleinigkeiten ungeheuer wichtig, lieber Niels z.B. Anführungszeichen. Genau schrieb ich bezüglich der GBS:
Christel hat geschrieben:Ich rechne sie zu den „neuen Atheisten“.
Das heißt nicht, dass alle Menschen, die mit dieser Organisation Verbindung stehen, sich als „Atheisten“ verstehen. Das Taten die SED-Genossen auch nicht, obgleich sich die Partei, als atheistische Partei verstand. Gemeint ist die Stoßrichtung und was ich auf den Seiten der GBS sah, geht gegen den Theismus. Das eigentlich „Neue“ ist, das der Klassenkampf fehlt.
Außerdem schrieb ich, dass ich sie zu den „neuen Atheisten“ rechne, nicht das sie es sind. Also ich gehe von einem Phänomen aus, welches umfassender ist.

Siehe auch:
Schröder, Richard: Abschaffung der Religion? : Wissenschaftlicher Fanatismus und die Folgen (Verlag Herder) ISBN: 978-3-451-29842-4
Aus einer Rezension zum Buch:
Schröder wendet sich den "heiligen Schriften" des "neuen Atheismus" zu, Dawkins' populären Büchern "Das egoistische Gen" (eine evolutionistische Grundlage der Soziobiologie) und "Der Gotteswahn" (eine Art "Bibel" des "neuen Atheismus"), deren Kernthesen zum verbindlichen "Credo" jedes "neuen Atheisten" gehören, der was auf sich hält: Der Mensch ist ein Tier, Materie ist alles, was existiert, Wissenschaft hat "Allerklärungskompetenz" (Schröder), Religion ist Wahn, Religionsunterricht ist Kindesmissbrauch, Gott - der nur als Hirngespinst existiert - ist an allem Schuld, weil er Menschen zu stumpfsinnigen Bestien macht. http://www.literaturkritik.de/public/re ... abe=200904
Er entlarvt zwei inhaltliche Grundfehler des "neuen Atheismus", die sich auf dessen Selbstbild und dessen Religionsverständnis beziehen.
1. Im Innenverhältnis diagnostiziert Schröder den Hang des "neuen Atheismus", sich aus der eigenen Tradition herauszunehmen, mit der Folge: "Dawkins hat den schmerzlichen Schritt zu einer kritischen Sicht der Geschichte des Atheismus noch vor sich". Die Korrumpierbarkeit des Atheismus erweist sich in totalitären Regimen, mit denen man als "neuer Atheist" verständlicherweise nichts zu tun haben will (und wohl auch mehrheitlich de facto nichts zu tun hat). Gleichzeitig wird den Religiösen diese Abgrenzung nicht zugebilligt, weil hier zwischen missbräuchlicher Instrumentalisierung von Religion und der Religion selbst nicht mehr unterschieden wird, was den Protestanten mit Blick auf die Kirchengeschichte besonders ärgert, weil dabei die theologische Kritik an bestimmten Formen von Religiosität (Ketzerverfolgung, Kreuzzüge), wie sie die Reformation anstieß, übersehen wird. Der evangelische Christ Schröder kann hier auch nicht mit Kirchenkritiker Luther auftrumpfen. Auch Luther fällt durchs Raster der guten, klugen und seelisch gesunden Menschen, denn: Luther war kein Atheist. Nur deren Zeugnis kann man ja trauen.
Der Trick besteht darin zu sagen, dass diejenigen, die im Namen des Atheismus Gräueltaten begingen, eben keine "echten Atheisten" waren, sondern Pseudoreligiöse (da hat man den Feind wieder vor der Flinte http://www.literaturkritik.de/public/re ... abe=200904
Frankfurt (ots) - Der britische Evolutionstheoretiker und Religionskritiker Richard Dawkins wird am 12. Oktober in Frankfurt den mit 10.000 Euro dotierten Deschner-Preis der Giordano Bruno Stiftung entgegennehmen. http://www.presseportal.ch/de/pm/100013 ... o_stiftung
PS: Deine Frage nach dem Unterschied im Recht zwischen Weltanschauung und Religion, wurde Dir unter "Was ist Religion" beantwortet. Weshalb fragst Du? Glaubst Du, dass ein Jurist mitliest?
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von niels »

"Was ist Religion" beantwortet.
nein,
denn es wurden weder die bestehenden / zu erkennenden Widersprüche gelöst noch sind die verwendeten Begrifflichkeiten als solche definiert.
Richtig! Das geht von Religions- und Weltanschauungsfreiheit aus:
nein,
denn Artikel zwei beschränkt die Freiheit der "Ausübung" auf Religion.
Ebenfalls muss bedacht werden, dass religiöse Menschen nicht nur von der positiven, sondern ebenso von der negativen Religions- bzw. Weltanschauungsfreiheitgebrauch machen und ohne Ausnahme jeder Einzelne, jede Gruppe, jede Institution…
Was - wie bereits gesagt - durch eine allgemeingültige Meinungs- und Weltanschauungsfreiheit impliziert wird. Die Freiheit der Wahl der Weltanschauung schließt automatisch das Recht auf Aus- und Eintritt aus wie in Gruppierungen oder der unabhängigen Zuordnung nach freier persönlicher Entscheidung ein.
Da jeder Mensch irgendwo einen Standpunkt hat und sei es der, dass alles gleichgültig sein müsse, ist kein Mensch wirklich neutral.
Eben, womit sich schon aus dem Verstand ergäbe, das keine Anschauung besser oder wichtiger bzw. legitimer als die andere sei. Diese Unterscheidung aber ist Praxis - auch in Deutschland.
Wie bekommen wir angesichts dieser Tatsachen einen neutralen Staat hin?
Säkularität per Verfassung
Auf jeden Fall nicht so, dass eine Gruppe die Führung übernimmt, auch keine weltanschauliche Gruppe.
Was damit auch gegeben wäre (sofern man die juristische Definition für "Religion" berichtigt sowie "Religion" und "Weltanschauung" juristisch gleichbehandelt.
Das heißt nicht, dass alle Menschen, die mit dieser Organisation Verbindung stehen, sich als „Atheisten“ verstehen.
Nun, es sind auch lange nicht alle - wenn Du schon die verschiedenen Formen des Agnostizismus unter "Atheosmus" packst (was offensichtlich falsch ist - siehe die Definitionen der Formen), dann würdest Du Christen oder Muslime wohl kaum als "Atheisten" bezeichnen wollen, jedenfalls nicht ohne grobes Schmunzeln zu ernten...
dass ich sie zu den „neuen Atheisten“ rechne, nicht das sie es sind.
geht gegen den Theismus
Nein,
die GBS akzeptiert wie toleriert Religionen - räumt diesen aber gegenüber kausalen Weltanschauungen keine Sonderstellung ein und fordert dies auch politisch (in Form z.B. eines säkularen Staates).
Nun, das wäre dann wohl allein Dein Problem...
Christel
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von Christel »

@
niels hat geschrieben:Nein,
denn es wurden weder die bestehenden / zu erkennenden Widersprüche gelöst noch sind die verwendeten Begrifflichkeiten als solche definiert.
Dann definiere Du!
Richtig! Das geht von Religions- und Weltanschauungsfreiheit aus:
nein,
denn Artikel zwei beschränkt die Freiheit der "Ausübung" auf Religion.
Du meinst, Absatz 2 des Art. 4 des GG. Vielleicht haben Weltanschauungen nicht so viele Rituale?
Außerdem sagt Artikel 4,1
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
Im AGG wird ebenfalls beides garantiert.
niels hat geschrieben:Eben, womit sich schon aus dem Verstand ergäbe, das keine Anschauung besser oder wichtiger bzw. legitimer als die andere sei. Diese Unterscheidung aber ist Praxis - auch in Deutschland.
In der Rechtspraxis wird nicht unterschieden. Es sei denn, es werden die Rechte anderer berührt, der Staat sieht die Demokratie gefährdet…
Wenn alles gleich ist, warum bist Du dann aus der kath. Kirche ausgetreten? Oder irre ich mich? Wenn alles gleich ist, hättest Du dann nicht dort bleiben können, wo Du hineingeboren bist?
Ich sehe "Religion" und "Weltanschauung" juristisch gleichbehandelt.

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@ Offensichtlich hast Du Dich mit dem Phänomen „neuer Atheismus“ noch nicht beschäftigt, denn Dir entgeht völlig, was ich damit meine.
„Brights“ und „Neuer Atheismus“

Erstmals 2006 wurden einige Autoren, die in den vorangegangenen drei Jahren auf vorwiegend empirisch-naturwissenschaftlicher Basis gegen theistische Glaubensformen argumentierten, als „Neue Atheisten” bezeichnet.[78] Zu ihnen zählen die US-Amerikaner Sam Harris, Daniel C. Dennett, Victor J. Stenger und Christopher Hitchens und der Brite Richard Dawkins.[79] Ohne Stenger traten sie im September 2007 als „The Four Horsemen” gemeinsam auf.[80] Ihre jeweiligen Bücher erzielten hohe Auflagen. Anschließend wurden auch der Franzose Michel Onfray, der Deutsche Michael Schmidt-Salomon und andere Autoren hinzugezählt, so dass die Bandbreite der so bezeichneten Position zugenommen hat.
http://de.wikipedia.org/wiki/Atheismus# ... s.E2.80.9C
Zur Erläuterung von Joachim Kahl über Atheismus:
Ein solider und seriöser Atheismus hebt sich deutlich ab von einem alarmistisch aufgeladenen Krawallatheismus, der sich an einem medial erzeugten Strohfeuer wärmt und an einem „Heidenspaß“-Spektakel ergötzt. Im Folgenden versuche ich, innerhalb der atheistischen Szene zu typologisieren und zu unterscheiden zwischen
- einem nostalgischen Atheismus,
- einem bilderstürmerischen Atheismus und
- einem reifen Atheismus. http://www.information-philosophie.de/? ... 2&y=4&c=84
Ebenda:
Im Gegensatz dazu bleibt der bilderstürmerische Atheismus weitaus weniger liebenswürdig an die Religion fixiert. Er ergeht sich in einer eifernden Antithese zu ihr, und er erschöpft sich darin. Er will tabula rasa machen, reinen Tisch. Die ganze Welt soll zur „religionsfreien Zone“ erlöst werden, wo nur die reine Lehre der vermeintlich Aufgeklärten gelten soll. Der alte Dualismus von Heil und Unheil, von Licht und Finsternis wird undurchschaut beibehalten und antireligiös umgedreht. An je einem aussagekräftigen Beispiel aus Arbeiten der beiden Hauptvertreter des bilderstürmerischen Atheismus, des Briten Richard Dawkins und des Deutschen Michael Schmidt-Salomon, soll dessen theoretische Dürftigkeit aufgezeigt werden.

Ich zitiere die Schlüsselthese aus Schmidt-Salomons Buch Wo bitte geht’s zu Gott? fragte das kleine Ferkel. Ein Buch für alle, die sich nichts vormachen lassen (Alibri, Aschaffenburg, 2007), für das im Verlagsprospekt geworben wird mit dem Slogan „Dawkins for Kids“ und der – vom Autor sicher gedeckten – These, es handele sich auch um einen „subversiven Erwachsenen-Comic“. Das Buch schließt mit den Worten: „Der Gottesglaube auf dem Globus / Ist fauler Zauber: Hokuspokus. / Rabbis, Muftis und auch Pfaffen / Sind, wie wir, nur ‚nackte Affen’/ Bloß, dass sie ‚Gespenster’ sehn / Und in lustigen Gewändern gehen.“ Unbestreitbar gibt es Spielarten des Gottesglaubens, die mit „faulem Zauber“ und “Hokuspokus“ Hand in Hand gehen. Aber ihn platt damit zu identifizieren ist eine unfaire und unsachgemäße Vergröberung. http://www.information-philosophie.de/? ... 2&y=4&c=84
Michael Schmidt-Salomon ist Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung (GBS).
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von niels »

dann definiere Du
Ich möchte mich nicht schon wieder detailliert wiederholen.

M.E. könnte man die Begriff Religion wie auch Weltanschauung oder Glaube ersatzlos durch z.B. "Weltbild" und "Lebenskonzeption" ersetzen.
nicht beschäftigt
Jaein,
ich habe mich jedoch eingehend mit dem Begriff "Atheismus" beschäftigt.
im AGG wird beides ebenfalls garantiert
Ich sehe nirgendwo, das die Ausübung einer Weltanschauung garantiert sei - aber schon den Artikel, der dies dem Glauben / Religionen explizit einräumt. Wenn sich dies so - wie Du sagst (hervorgehend aus anderen Gesetzen) - ergibt, dann kann man die (2) problemlos ersatzlos streichen.

Mein Eindruck ist, das die Grundgesetzväter zwar eine gewisse "Angst" vor der Freiheit von Weltanschauungen bewegte - nicht aber in der bzw. den Religionen sahen (womöglich nicht zuletzt, da sie ja selbst religiös und damit quasi ein Stück weit befangen waren). Dieser Irrung sitzen jedenfalls bis heute nicht wenige Deutsche oder auch Politiker (vor allem bayrische...) auf. Man bedenke vor allem die Zeit seiner Entstehung in den Anfängen der Bundesrepublik, in der noch selbst die kleinsten / unbedeutendsten Sozialisten bzw. Kommunisten verboten und ganz offiziell politisch verfolgt wurden - während höchste Ex-Nazis zusammen mit den Christen der Ex-Zentrumspartei bzw. vice versa die Bundesregierung stellten.

Das Religionen nicht mindere Gefahren bieten können wie andere Weltbilder / -anschauungen (u.U. sogar mehr) wird augenscheinlich (und dies unbegründet) verneint.
nicht so viele Rituale
Achne,
und wer legt das fest? Der Gesetzgeber?
Natürlich haben auch weltanschauliche Gruppierungen bzw. div. Weltanschauungen Rituale - und "die Ausübung" bezieht sich ja nicht lediglich auf "Rituale", sondern jedwede denkbare Handlungsstrategie. Selbst Freud beschreibt gut, sachlich und detailliert, was Rituale sind und vor allem das sie Teil eines jeden Menschen bzw. seiner Lebensführung sind.
in der Rechtspraxisw wird nicht unterschieden
Das hatten wir nun bereits zig mal. Bereits in der Gesetzgebung wird hier wesentlich unterschieden - wenn auch mittelbar - z.B. durch die Praxis der Anerkennung von Religionen als solche, die Praxis der KösRs,, Kirchenstaatsverträgen wie dem regierungsnahen glaubensverbandlichen Lobbyistentum.

Wir leben nun mal in keinem säkularen Staat, dem eine derartige Gleichbehandlung vor dem Gesetz zementiert wie praktiziert. So kritisiert ja auch der UN-Vertreter, das der deutsche Staat weltanschauliche wie religiöse "Wettbewerbs-" bzw. "Machtverzerrung" bedinge bzw. betreibe (womit wir wieder beim Thema wären).
wenn alles gleich ist
Offensichtlich hast Du mich nicht verstanden. Wo behaupte ich bitteschön, "das alles gleich ist" - oder womöglich sogar "das alle Weltbilder gleich sind"?

Nein,
Ich sehe nur keinen Grund dafür, warum das Weltbild des einen gegenüber anderen oder gar der gesamten Gesellschaft mehr Legitimität genießen sollte.

Auf interkultureller Ebene hingegen bieten sogar lediglich kausale / empirisch betrachtbare Teile legitimierbar, denn wenn jeder alles täte, was er - oder irgend ein Lehrer - gerade für richtig bzw. legitim hielte, gäbe es kein funktionierendes, gleichberechtigtes Zusammenleben der verschiedenen Menschen und Kulturen. Hier kann nur der empirische Beleg legitimieren.

Sprich: Was Religiöse bzw. Menschen einer Weltanschauung untereinander in unbedingtem Einvernehmen tun, ist allein ihre Sache.

Ich bin übrigens aus vielerlei Gründen aus der Kirche ausgetreten - so z.B. die gelebte Bigotterie - weil Wort und Tat innerhalb der Kirche immer seltener in Einklang zu bringen waren - ich stetig neue Widersprüche in der kirchlichen vs christlichen Glaubenslehre fand - Katechismus und christliche Lehre in keinen Einklang zu bringen waren und auch wie ich für mich feststellte, das die christliche Lehre (ähnlich z.B. der Marxschen Lehre vom Kapital) als Gesellschaftskonzept m.E.n. einige grundlegende Konstruktionsfehler birgt (gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht) - es m.E.n. fairere wie zugleich zukunftsfähigere Konzepte des Zusammenlebens gibt. Zudem habe ich erlebt, das ein konstruktives, menschliches Miteinander - entgegen den Behauptungen der Kirchenleute unter/in dem DDR Regime - auch und vor allem dort zu finden war, wo Glaube vs. theistische Religion keine Rolle spielte.

Ein Gutteil der Argumentationen auf meine damaligen (schlicht ehrlich gemeinten Fragen) empfand ich als immer wieder schlicht anmaßend wie ignorant - aber wenig hilfreich - als gepflegten wie vorzüglich bedienten Narzißsmus. Zudem habe ich immer wieder m.E. heftige Boshaftigkeiten bis hin zu Sadismus und Sexismus binnen der Kirchenorigkeit wie Kirchgemeinde selbst erlebt, die nicht selten über Glaubenskonzepte verargumentiert worden sind. Vor allem aber passt mein Verständnis von Ehrlichkeit und Verantwortung nicht mit dem zusammen, was mir dort vermittelt wie vorgelebt wurde.

In alleiniger Eigenverantwortung für meine Lebensführung sehe ich die für mich ehrlichste Form. Die Abkehr von der Kirche war für mich ein Akt der persönlichen Lebens-Hygiene. Allerdings ist dies mein persönlicher Standpunkt - meine Meinung uns Sicht der Dinge, bedingt durch mein persönliches Weltbild. Demnach ist nur logisch, das dies andere recht wahrscheinlich wiederum anders sehen.

Und dennoch werde ich immer noch von der Christenreligion (inzwischen vermehrt auch dem Islam) auf verschiedenste Weise schlicht vereinnahmt - sei es mit gesetzlichen religiösen Feiertagen oder der Auflage, wann ich mein Auto waschen, in Gasteinrichtungen tanzen oder lachen darf, das ich keine Sterbehilfe in Anspruch nehmen kann, das ich (wenn ich eine Frau wäre) einen nur mit Hürden und zuweilen auch öffentlicher Mißachtung (durch Ärzte, Beamte usw.) einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen darf, (das ich heute überhaupt aktive Familienplanung mit natürlicher Sexualität vereinnen darf, hat eine bürgerrechtliche Schicht gegen enorme Widerstände wie Druck der Kirchen auf den Staat regelrecht erkämpft ) enorme Lärmbelästigung durch Glockengebaumel, das z.B. mein Werbeschild oder Bau nie so hoch werden darf wie der örtliche Kirchturm, das ich Gebühren für einen Austritt aus einer Organisation zahlen muß (in die ich afaik nicht mal geschäftsfähig eingetreten bin), das man mich schon als Kind - bevor ich sprechen konnte - für eine Religion vereinnahmte, mit nicht unwesentlichen Steuerbeiträgen (auch ohne "Kirchensteuer"), mit Pfaffen, die mir im TV schon zum Frühstück Moralpredigten halten, mit Gebühren für ein öffentlich-rechtliches Fernsehen, das in erster Line (teils recht fragwürdige) kirchlich-bedingte TV-Produktionen produziert, einem stetig schrumpfenden Angebot an Kindergärten und Bildungseinrichtungen, Jugend- u.a. Einrichtungen, die nicht unter kirchlicher Trägerschaft stehen, einer gesperrten A38 weil der Papst kommt uswusf. Einiges davon stört mich wenig - anderes dagegen sehe ich als erheblichen, unberechtigten Eingriff in meine persönliche Freiheit wie Lebenskonzeption durch Dritte, die meinen Moral und Werte für sich gepachtet zu haben - dabei selbst in Diktatoren und als Mörderbande auftrat.

Ich habe aber auch verstanden, das ein Gutteil unserer heutigen Freiheitsrechte wie gleichberechtigtem, sozialen Miteinander (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) eben KEIN Ergebnis der Einflüsse und Machtpositionen aus Religion verdanken sondern vor allem denen, die sich gegen deren Druck - gegen deren Machtansprüche auf die gesamte Gesellschaft - mit viel Aufwand, Schweiß und zuweilen auch Blut, erarbeiten bzw. erkämpfen mussten.

Ich halte es auch nicht für unwahrscheinlich das Jesus selbst - wäre er heute im Kontext unserer Zeit und Kultur - am Leben - selbst ein Verfechter dieser Bürger- und Freiheitsrechte wäre. Wissen tut es [leider] niemand...

Aber das ist schließlich meine persönliche Sicht der Dinge, ein anderes Thema und schlußendlich wohl auch meine Entscheidung....
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Eben, womit sich schon aus dem Verstand ergäbe, das keine Anschauung besser oder wichtiger bzw. legitimer als die andere sei. Diese Unterscheidung aber ist Praxis - auch in Deutschland.
Ich sehe auch Du unterscheidest in den Praxis!
Es geht auch gar nicht anders, jeder Mensch unterscheidet für sich selbst!
Es ist Dein Freiheitsrecht aus der Kirche austreten, den christlichen Glauben zu verneinen…
Jeder Mensch muss in Übereinstimmung mit sich selbst leben. Freiheit heißt nicht zuletzt, etwas nicht tun zu müssen.
niels hat geschrieben:Und dennoch werde ich immer noch von der Christenreligion (inzwischen vermehrt auch dem Islam) auf verschiedenste Weise schlicht vereinnahmt- sei es mit gesetzlichen religiösen Feiertagen
Als Unternehmer bist Du sowieso freier als es Arbeitnehmer sind, oder?
Als Arbeitnehmerin, werden mir als Katholikin einige religiöse Feiertage vorenthalten, Marienfeiertage, Allerheiligen. Das schränkt meine positive Religionsfreiheit ein. :cry: Gleichzeitig wird mir der Reformationstag aufgezwungen. Dies schränkt meine negative Religionsfreiheit ein. :cry:

Lieber Niels, bitte kämpfe jetzt nicht für meine negative Religionsfreiheit! Ich habe keine Lust auf meinen Reformationstag auch noch zu verzichten! :wink: Für meinen Reformationstag bin ich bereit zu kämpfen, auf die Straße zu gehen… :!:
niels hat geschrieben:enorme Lärmbelästigung durch Glockengebaumel
Das ist das Freiheitsrecht der positiven Religionsausübung!
Wird das verboten, schränkt dies die Freiheit anderer ein! :( Das ist ebenso wenig gerecht, wie das Verbot des Tragen eines Kopftuchs, das Verbot des Aufhängens von Kreuzen oder das Verbot des Baus von Minaretten oder gar des Verbots von christliche Fernsehsendungen. Fernsehsendungen… kann man abschalten, einen anderen Sender wählen... - Verbot ist Dikatur! :(
niels hat geschrieben:In Deutschland wird eine Kirche wie Scientology oder auch eine Satanskirche - ebenso die allermeisten kleineren religiösen Gruppen und Strömungen - weder gesetzliche Feiertage, einen gesetzlich gesicherten Religionsunterricht, Einfluß auf öffentlich-rechtliche Strukturen u.a. Privilegien noch eine sonstige derartige staatliche / politische PRivilgierung finden, wie sie die traditionellen Kirchen genießen. Ideologische Gruppierungen sind da quasi ganz außen vor.

Ein Staat, der dierartige Gleichstellung nicht bietet, bietet keine echte Religionsfreiheit [für alle und gleichberechtigt] - sondern betreibt Partikularismus.
Wusste gar nicht, dass Scientology oder auch Satanisten eigene Feiertage für sich fordern. Schätze Du forderst ein, was diese Gruppen gar nicht wünschen. - Ich könnte, mir vorstellen, dass es den Satanisten gefallen könnte, wenn der „Nichtsonntag“ zum gesetzlichen Feiertag erhoben würde, d.h. alle Tage wären Feiertag und damit arbeitsfrei mit Ausnahme des Sonntags. :mrgreen:

Übrigens, ich rate Dir mal den Begriff „Partikularismus“ nachzuschlagen. Nicht hat das, was praktiziert wird ist Partikularismus, sondern das, was Du forderst.

LG Christel
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von niels »

als Unternetnehmer bist Du sowieso freier als Arbeitnehmer
Als Unternehmer habe ich zwar Freiheiten, die manchem Arbeitnehmer so nicht möglich sind - dafür aber auch Pflichten und Verantwortungen, die den meisten Arbeitnehmern fremd sein dürften.

Allerdings hat dies wohl wenig mit der Thematik zu tun, auf die Du das beziehst - zumindest ändert sich daran nichts Wesentliches. Ich möchte auch ungern jeden Punkt meiner persönlichen Beweggründe GEGEN die Kirche bzw. Religion debattieren - wie bereits gesagt - lediglich darlegen, weil danach gefragt wurde.
bitte kämpfe bitte nicht für meine negative Religionsfreiheit
Wie bitteschön? Wie kommst Du auf den schmalen Ast? Was Du persönlich machst oder tust, ist mir doch völlig gleich...
Das ist Freigheitsrecht der positiven Religionsausübung
Juristisch ja - dennoch ist und bleibt es für nicht wenige Außenstehende lediglich Lärmbelästigung. Wenn jeder aufgrund seiner Weltauffassung irgendwelchen öffentlichen Lärm generieren würde, würde das sicher auch kaum jemand akzeptieren wollen. Wir reden immerhin nicht von einem Privatgrundstück (auch wenn den Kirchen in manchem eichsfelder Ort nicht selten 2/3 der Gemarkung gehören).

Damit liefest Du selbst den Beleg dafür, das religiös bedingte Weltanschauungen - bzw. einige davon - offensichtlich staatliche Privilegien genießen und auch ein gutes Beispiel dafür, mit welcher Anmaßung und Selbstgerechtigkeit sie diese Ansprüche an die gesamte Gesellschaft legitimieren.

In der Informationsgesellschaft gibt es zig denkbare wie funktionierende Optionen der Multicast-Kommunikation (Pager-Dienste, Internet, Telefon, Fax oder den guten alten Wecker). Angesichts der Tatsache das inzwischen ja eh nur noch wenige Prozent sich in die Kirche rufen lassen, dafür allen Ernstes noch einen "Kirchenmelder" brauchen, weil ja nur eh nur noch wenige hingehen, ist die Belästigung der Allgemeinheit m.E. nicht mehr ninnehmbar. Broadcast-Kommunikation wie Glockengebaumel ist ineffizient und überholt. Und es soll auch eine Erfindung namens Uhr geben...

Und wenn ich z.B. die "Glaubensbrüder der AC/DC Kirche" gründen würde, wird man mir auch nicht erlauben, einen ganzen Ort regelmäßig mit Hard-Rock Musik zu beschallen.

Als Unternehmer kann ich meine Mitarbeiter am Ort des morgens auch nicht mit der großen Glocke zusammenbaumeln - das gäbe recht sicher umgehend Ärger. Freiheit muß da ihre Grenze haben, wo sie die Freiheit anderer beschränkt. Was man sich selbst an Freiheiten herausnimmt, das muß man so auch unbedingt anderen zugestehen.

Btw. wäre mir auch neu, das Glockengebaumel Teil der christlichen Lehre wäre, mittels derer die christlichen Kirchen / Christen ja ihre religiösen Ansprüche legitimieren..
Freiheit
Dein "Freiheitsverständnis" befremdet mich sehr.

Wer hält Dich davon ab Dir ein Kreuz um oder Deinen privaten Räumen aufzuhängen? Ich darf auch nicht einfach an fremdem Eigentum irgendwas anbringen - auch nicht an öffentlichem Eigentum - an mir selbst dagegen schon - ebenso in meinen persönlichen Räumlichkeiten etc..

Das m.E. religiöse Bekenntnisse auch in staatlichen Einrichtung allein auf den Persönlichkeitsbereich der Bürger wie Beamten beschränkt bleiben soll / muß, halte ich für selbstverständlich - aus Respekt vor dem gemeinschaftlichen, religionsunabhängigen Staat wie dessen Basis - alle Bürger. Aber auch das ist ein anderes Thema.

Wenn jemand Kopftücher tragen will, soll er's tun. Dort, wo es aber für alle anderen verboten ist (z.B. Versammlungsgesetz) sollte dies auch für jeden gelten.
Schätze Du forderst ein, was die nicht wünschen
Achso:
Im Rechtsstaat verteilen wir Rechte wie Privilegien nach dem Prinzip, das nur der Rechte bekommt, der sie für sich esxplizit fordert - und das natürlich nur für sich. Das würde erklären, warum gerade die großen Kirchen so erfolgreich im Durchsetzen exklusiver Privilegien sind.

Aber nein:
Es gibt eine ganze Reihe an Ideen bis hin zu Forderungen div. Weltanschaulicher Gruppierungen wie auch Religionen nach "eigenen" gesetzlichen Feiertagen - die Forderungen der muslimischen Lobbyverbände werden ja momentan auch in den Medien debattiert.

Dagegen gibt es noch die Schicht, die eine Abschaffung religiöser Feiertage fordert - wiederum ein Teil mit der Vorstellung, das Menschen stattdessen eine feste Zahl freier Tage im Jahr als Urlaub / Feiertag nehmen dürfen / müssen, die sie selbst frühzeitig ankündigen.
Partikularismus
Für wen? Für die Allgemeinheit wie deren Gleichstellung / Gleichbehandlung vor Staat und Gesetz - unabhängig von Weltbild oder Lebenskonzeption?

Zu deiner m.E. hier höchst ignoranten Art gesellt sich nun augenscheinlich auch noch Realitätsferne (oder -flucht?) - offensichtlich gehst Du weder auf entsprechende Argumente ein, stattdessen wiederholst Du immer häufiger plump alles das, worauf ich bereits (meist mehrfach und detailliert) Stellung bezogen habe oder unsterstellst mir [wiederholt] Beweggründe oder Intentionen, die vielleicht Deine - aber sicher nicht meine sind (wobei Du üblicherweise auf jedwede sachliche Begründung verzichtest bzw. Argumente nicht eingehst).

Ich stelle fest, das ich meine Zeit inzwischen anderweitig effizienter wie fruchtbarer zu widmen weiß.
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von niels »

abschließend möchte ich hier noch zitieren:

"Wenn die Wahrheit der religiösen Lehren abhängig ist von einem inneren Erlebnis, das diese Wahrheit bezeugt, was macht man mit den vielen Menschen, die ein solches Erlebnis nicht haben?

Wenn der Eine aus einem ihn tief ergreifenden extatischen Zustand die unerschütterliche Überzeugung von der realen Wahrheit der religiösen Lehren gewonnen hat, was bedeutet das dem Anderen?

Allein dieses Credo ist nur als Selbstbekenntnis interessant, als Machtanspruch ist es ohne Verbindlichkeit. Es gibt keine Instanz über der Vernunft."

Siegmund Freud

"Was für eine schlaue Erschleichung und hinterlistige Insinuation in dem Wort Atheismus liegt! - als verstände der Theismus sich von selbst."
Arthur Schopenhauer

"Es bleibt wahr: Das Märchen von Christus ist Ursache, das die Welt noch zehntausend Jahre stehen kann und Niemand recht zu Verstand kömmt..."
Johann Wolfgang Goethe
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von Christel »

niels hat geschrieben:Und dennoch werde ich immer noch von der Christenreligion (inzwischen vermehrt auch dem Islam) auf verschiedenste Weise schlicht vereinnahmt - sei es mit gesetzlichen religiösen Feiertagen
Lieber Niels, wieder einmal steht ein religiöser Feiertag vor der Tür. Ich hoffe er belastet Dich nicht zu sehr! – Wie Dich der Islam im Eichsfeld vereinnahmt ist mir allerdings schleierhaft.

Hast Du es auch schon erlebt? Du bist in der 3. Etage, die Fenster sind geschlossen, doch es geht bum, bum, bum und Du denkst, hoffentlich geht das bald vorbei. Was ist das? Nur ein haltendes Auto an der Kreuzung mit „Musik“. Will heißen, wir alle müssen einiges hinnehmen.

Unsere Grenzen sind dort, wo die Freiheit und das Wohl anderer Menschen beeinträchtigt wird.
Eine Welt ohne Religion, bedeutet denke ich, weniger Feiertage.
Autowaschen auch am Sonntag, ja da könnte man großzügig sein. Man könnte auch großzügig auf den Sonntag ganz verzichten. Wozu ein Sonntag? – Aber vielleicht beinhaltet gerade der Sonntag Freiheit?

Ein Schwangerschaftsabbruch bedeutet töten. – Freiheit zum Töten?
Aber die Freiheit in der Öffentlichkeit ein Kreuz aufzuhängen, die soll es nicht geben?

Wird die negative Religionsfreiheit Einzelner höher bewertet, als die Freiheit der positiven öffentlichen Religionsausübung und zwar auch in Gegenden, wo die Religiösen die Mehrheit bilden, dann ist das eine beträchtliche Einschränkung der positiven Religionsfreiheit. - Partikularismus pur. Der Wunsch einer Minderheit wird zum Maßstab, die sich die Mehrheit beugen muss. Kulturelle Traditionen können nicht gepflegt werden, weil sich Einzelne gestört fühlen. Die Freiheit und die Durchsetzung des Willens Einzelner führt dann dazu die Freiheit der Mehrheit der Bevölkerung einzuschränken und ihr Recht auf positive Religionsausübung beträchtlich auszuhöhlen.
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Re: "Religionsfreiheit - ein frommer Wunsch?"

Ungelesener Beitrag von niels »

bumm bumm bumm
nun, würde jemand jeden Tag "bumm bumm bumm" in der Strasse machen - und das in der Lautstärke manches Kirchengebimmels, wäre die Akzeptanz wohl schnell dahin.

Ich erinnere mich an eine Episode, wo wir auf einer Wiese ausserhalb der Stadt einen Gitarrenverstärker zur Geburtstagsfeier eines Kollegen bedienten. Kaum 5 Minuten "Sound" stand doch allen Ernstes ein schwarzbekittelter Pope vor mir - herangerannt aus einer ca. 2-3km entfernten Waldkapelle und schimpfte lautstark, was uns denn einfallen würde, dort wollten Leute beten...

Mit der Toleranz manch Religioten ist es doch recht einseitig bestellt - so nicht nur meine Erfahrung.

Gesetzliche Toleranz aber kann sich nicht an persönlichen Befindlichkeiten Einzelner orientieren, sondern allein einheitlichen Regeln für alle.

Ach was wär das nur für ein Spaß, wenn zukünftig mehrmals täglich der Muezzin durch ganz Heiligenstadt blöken würde....

Schwangerschaftsabbruch - Recht zum Töten
Nein,
Hierzu hat jede Frau Ihre eigene Position zu finden, in die ihr niemand reinreden darf.

Solange ein Lebeswesen nur als Teil eines anderen fortexistiert, ist es kein eigenständiges Lebeswesen. Es gibt mE kein Recht, in den Körper eines Menschen aus gesetzlichen oder moralischen Befindlichkeiten irgendwelcher Moralapostel einzugreifen - ebensowenig, das man einem Menschen das Recht verwehrt, selbst in seinen Körper einzugreifen.

ME beginnen Rechte eines Menschen erst mit dessen Geburt - dem ersten Akt einer Eigenständigkeit / Unabhängigkeit eines neuen Menschen.

Wer das anders sehen mag, der soll es tun und danach eben, aber ich verbitte mir jedwede Vorschrift derer, die meinen, sie hätten jedwede Moral für sich gepachtet.

Das heute überhaupt Verhütung gesetzlich erlaubt ist, ist denen zu verdanken, die sich gegen Kirchenpopanz und Co auflehnten. Das wir heute weder Sterbehilfe noch genetische Untersuchungen an unseren eigenen Körperzellen erlaubt wird, ist ein weiterhin bestehendes Relikt aus einer Zeit in der sich Menschen einbildeten, aus moralischen Gründen in die persönlichsten Belange eines Menschen einmischen zu dürfen wie gar zu müssen.

Ach - und apropos Töten:
Seit wann sind Christen allle strenge Vegetarier bis Veganer? Warum dürfen Haustiere - selbst ohne Krankheitsbefund eingschläfert werden - ein 'ensch aber nicht mal auf eigenen Willen?

Mit jedem Schritt tretet Ihr tausende bis Millionen von Mikroorganismen tot - oder tötet sie mit Haushaltsreinigern, Insektiziden oder auch Pestiziden, mit Antibiotika - darüber habe ich noch keinen Christen bis dato lamentieren hören.

Christliche Prieste ziehen sogar mit auf die Schlachtfelder unserer Kriege - und die Kirchen lassen verlautbaren, man dürfe zwar töten, wenn man müsse, dürfe sich aber nicht drüber freuen.

Das erinnert mich doch wieder an "Pfarrer Dietmar Heeg" - dem offiziellen Moralapostel von SAT1, der Deutschland - sozusagen dessen "moralische Instanz" vertretend - schon zum Frühstück Nachhilfe in Moral erteilt:

Darf man lügen?
Pfarrer Heeg: "man sollte nicht, aber man darf - wichtig ist aber, das die "großen Wahrheiten" der Welt "unangetastet" bleiben. Denn hierum ging es Jesus."

Schöne, verlogene Gesellschaft....
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