Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

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Christel
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Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Christel »

Antijudaismus + Säkularisierung + Rassenbiologie + Beschleuniger = Antisemitismus

Antijudaismus unterscheidet sich vom Antisemitismus durch das Fehlen einer Rassentheorie. Ist ein Zwist weltanschaulich bedingt, kann man die Weltanschauung wechseln. Ist er rassistisch bedingt, dann ist ein Wechsel nicht möglich. Hinzu müssen „Beschleuniger“ kommen: Hetzer wie Hitler und Co., die pragmatische Lösungen zum gegenseitigen Vorteil ausschließen und Öl ins Feuer gießen.
Das faschistische Italien tat sich schwer mit dem Antisemitismus. Mussolini agierte ambivalent. Der konsequente Antisemitismus wurde Italien von Hitlerdeutschland aufgezwungen.

Hitler war 1938 in Italien. Lapide schreibt dazu in Rom und die Juden / Pinchas E. Lapide. -2. Aufl. Ulm : Gerhard Hess Verl., 1997. – auf S. 48:
„Drei Wochen nach diesem Besuch erschien eine Kommission vom Rassenpolitischen Amt der NSDAP in Mailand, und kurz darauf erließ Italien die von den Deutschen inspirierten Rassengesetze.“ …“von Hitler erzwungen wurden“.
Der erste, der dagegen protestierte, war Papst Pius XI. Am 15. Juli verurteilte er in einer Ansprache an katholische Studenten öffentlich den Rassismus und Antisemitismus und „jeden übertriebenen Materialismus, der Schranken zwischen den Völkern errichtet.“ „Die menschliche Rasse“, sagte er in einer öffentlichen Ansprache am 28. Juli 1938 in Rom, „die ganze menschliche Rasse ist nur ein einziges und universales Geschlecht der Menschen. Es gibt darin keinen Raum für besondere Rassen. Wir dürfen uns deshalb fragen, weshalb Italien ein Bedürfnis verspürt haben sollte, Deutschland schändlich nachzuahmen.“ Um sicherzugehen, daß sein „Nachbar“ die Nachricht auch erhielt, ließ er die ganze Ansprache zwei Tage später auf der ersten Seite des Osservatore Romano erscheinen.


Über den Antisemitismus schreibt Lapide auf S. 39f.:
Es ist kein Zufall, daß der auf der ganzen Welt benutzte Ausdruck „Antisemitismus“ aus Deutschland stammt. Die deutsche Rassentheorie läßt sich auf Hegels Verherrlichung des deutschen Staates und Geistes zurückführen, die von literarischen Antisemiten, wie Immanuel Fichte, Friedrich Wilhelm Schlegel, Friedrich Ernst Schleiermacher und Adolf von Harnack, geschickt wiederholt wurde.
[…]
Zur Veranschaulichung des deutschen Antisemitismus des 19.Jahrhunderts, der zugleich Anti-Christentum war, mag eine Stelle aus Friedrich Nietzsches „Antichrist“ aus dem Jahre 1888 genügen: „Man tut gut, Handschuhe anzuziehen, wenn man das Neue Testament liest. Die Nähe von soviel Unreinlichkeit zwingt beinahe zu …“ „Wir würden uns ‚erste Christen‘ so wenig wie polnische Juden zum Umgang wählen. Sie riechen beide nicht gut.“ Wenige Zeilen später erklärt Nitzsche, die einzige Figur des Neuen Testaments, die man ehren müsse, sei Pilatus, der sich weigerte, „einen Judenhandel ernst zu nehmen… Ein Jude mehr oder weniger – was liegt daran?"
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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niels
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von niels »

Wie kann mans ich selbst nur so in die Taschen lügen:

Dank der Bekanntheit Luthers haben wir von ihm ja ausgiebige Ueberlieferungen, wie judenfeindlich er war, wie er dies aus seiner christlichen Religionslehre ableitete und wie erfolgreich er seine "Judenthesen" propagierte.

Dabei war Luther ja keinesfalls der erste Christ, der den Juden ans Fell wollte und dies mit christlicher Theologie zu begründen wusste.

Hegel lebte bekanntlich Jahrhunderte später - da hatten Christen schon tausende Juden totgeschlagen und zehntausende vertrieben - und das nicht nur in Deutschland.

Aber Christel, was nicht "sein darf", das "kann nicht sein", nicht wahr?!? Was wäre Deutschland ohne seinen "christlich geprägten" Deutschen, die es immer wieder erstaunlich gut schaffen, sich ihrer historischen Verantwortungen zu entziehen. Das dürfte auch den kommenden "Belzebuben" freuen, der das Land samt Volk für den nächsten Massenmord begeistert - gegen wen auch immer.
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Heinrich5
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zitat Christel
Antijudaismus + Säkularisierung + Rassenbiologie + Beschleuniger = Antisemitismus
Eine Gleichung welche nicht aufgeht.
Was hat die Säkularisierung (die Aufklärung) hier zu suchen?
Diese Gleichung kommt der Wahrheit näher:
Christentum + Antijudaismus / Antisemitismus + Beschleuniger = Holocaust

Christliche Theologie ist nicht frei von Schuld an dem, was im Nationalsozialismus an Verbrechen an Juden begangen wurde.
„Besonders die späten Schriften Luthers gegen die Juden wurden von der nationalsozialistischen Propaganda gern ausgegraben. Eine wohl insgesamt nachhaltigere Wirkung auf die evangelische Theologie als diese übte jedoch Luthers Gegenüberstellung von Gesetz und Evangelium aus. In seiner Wirkungsgeschichte führt diese zur Abwertung des Alten Testaments. Es degradiert das Judentum als „Gesetzesreligion“ zur Negativfolie, vor der sich das Christentum als Religion der Liebe abhebt. Begleitet wird die negative Entwicklung seit den Kreuzzügen von Pogromen. Dabei darf man im Zuge der Verfolgungen nicht alle Juden umbringen – so die damalige Vorstellung –, damit die Vision des Paulus einer endzeitlichen Vereinigung von Kirche und Israel erfüllbar bleibt. Pogrome hatten dann auch in zunehmendem Maße wirtschaftliche Gründe. Auch der Neidfaktor gegenüber einem Volk, das im Durchschnitt einen höheren Bildungsstandard aufwies, sollte nicht unterschätzt werden. Die Judenfeindschaft mündet später in den Rasseantisemitismus des 19. Jahrhunderts und in die Shoa. Christliche Theologie ist insofern nicht frei von Schuld an dem, was im Nationalsozialismus an Verbrechen an Juden begangen wurde. Sie lieferte manchem auch Argumente für sein Handeln.“
Dr. Ulrich Oelschläger, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN)

http://www.ekhn.de/aktuell/toleranz-ueb ... aeger.html
Christel
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Christel »

Niels, ich nannte den Antijudaismus als eine der Ursachen! Dies ignorierend, unterstellst Du mir
niels hat geschrieben:Wie kann mans ich selbst nur so in die Taschen lügen:


Habe ich irgendwo den Antijudaismus als eine der Ursachen ausgeschlossen?

Nein!

Habe ich es nicht deutlich genug geschrieben?

Nein!
Denn Heinrich hat es gesehen und sogar wiederholt, dass ich schrieb: „Antijudaismus + Säkularisierung + Rassenbiologie + Beschleuniger = Antisemitismus“

Niels, Wie kannst Du so blind sein?

Bitte beachtet:
Eure Gegenthesen stehen keinesfalls nur gegen meine Aussagen, sondern gegen die Aussagen des Juden Pinchas E. Lapide, der unter Hitler im Konzentrationslager saß, fliehen konnte… und so die Shoa überlebte.

1967 veröffentlichte Lapide erstmalig sein Buch „Rom und die Juden“ aus dem ich zitierte und dessen Ausführungen zum Antisemitismus ich so zusammenfasste:
"Antijudaismus + Säkularisierung + Rassenbiologie + Beschleuniger = Antisemitismus"


Die Shoa / Holocaust ist eben mit nichts vergleichbar, was zuvor war. Oder wollt ihr den Holocaust verniedlichen?
------------------


Es gibt einen Unterschied zwischen Antijudaismus und Antisemitismus.
Luther war ein großer Polemiker. Er polemisierte auch gegen die kath. Kirche. Für ihn war auch der Papst der „Antichrist“…
Als Hauptvertreter dieser Werkgerechtigkeit zählte Luther ... Papsttum, Judentum und Islam miteinander auf ... spiegelten damit die Gefährdung aller Gläubigen und bedrohten deren endzeitliche Heilsgemeinschaft. Seine Kritik an der Selbstrechtfertigung zielte zuerst auf die Christen selbst, nicht nur auf die Andersgläubigen. http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Lut ... _die_Juden
Konsens besteht heute weitgehend darin, dass Luthers Aussagen zu Juden nicht rassistisch, aber konstant antijudaistisch waren, während sich seine praktischen Forderungen zum Umgang mit Juden seit 1523 stark wandelten. http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Lut ... _die_Juden
Zu Luthers Zeiten gab es noch keine Rassenlehre!

Noch zu Beginn der Aufklärung war „Rasse“ kein biologischer Begriff, sondern ein historisches Konzept.
Der erste Naturforscher, der in systematischer Weise die Bezeichnung „Rasse“ bei der Unterteilung der Menschheit verwendete und in diesem Sinn in der Wissenschaftssprache etablierte, war Georges-Louis Leclerc de Buffon in seiner Histoire naturelle (1749).

1775 erschienen zwei Werke von Johann Friedrich Blumenbach und Immanuel Kant, in denen die gesamte Menschheit in vier Varietäten bzw. Rassen eingeteilt wurde.
Bei Kant war – wie bei vielen seiner Zeitgenossen[27] – mit der Unterscheidung von Rassen eine Über- bzw. Unterordnung verbunden: Seiner Ansicht nach unterschieden die Rassen sich in ihrer Bildungsfähigkeit. An der Spitze der Vernunftbegabten standen die weißen Europäer.[28] So schrieb er: „In den heißen Ländern reift der Mensch in allen Stücken früher, erreicht aber nicht die Vollkommenheit der temperierten Zonen. Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der ‚race‘ der Weißen. Die gelben Inder haben schon ein geringeres Talent. Die Neger sind tiefer, und am tiefsten steht ein Teil der amerikanischen Völkerschaften.“[29]
Die Erklärung der Rassenunterschiede durch das Klima übernahm Kant zeitweilig von französischen Vordenkern wie Montesquieu[30]; später distanzierte er sich davon und betonte die Erblichkeit der Rassenmerkmale. http://de.wikipedia.org/wiki/Rassentheorie
Mehr als 300 Jahre mussten nach Luther vergehen bis Darwin seine Theorie „Über die Entstehung der Arten“ veröffentlichte, woraus der Sozialdarwinismus resultiert.
Die schärfste Zuspitzung und Radikalisierung erfuhr das rassenbiologische Denken im Nationalsozialismus.[54] Dort war es nicht nur Bestandteil der Propaganda, sondern ein zentraler Punkt der Ideologie und der betriebenen Politik.Adolf Hitlers Buch Mein Kampf enthielt ein umfangreiches Kapitel über Eugenik, und den von ihm entfesselten Krieg einschließlich der sogenannten Konzentrationslager betrachtete er als einen Überlebenskampf zwischen Rassen. Unterstützt wurde die „Nationalsozialistische Rassenhygiene“ auch von deutschen Wissenschaftlern.
http://de.wikipedia.org/wiki/Rassentheorie
Antisemitismus steht für nationalistische, sozialdarwinistische und/oder ethnisch-rassistische Judenfeindlichkeit. http://de.wikipedia.org/wiki/Antisemitismus
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Heinrich5
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zitat Christel:
Denn Heinrich hat es gesehen und sogar wiederholt, dass ich schrieb: „Antijudaismus + Säkularisierung + Rassenbiologie + Beschleuniger = Antisemitismus“
Richtig. Ich schrieb, dass das eine Gleichung ist welche nicht aufgeht.

Zitat Christel:
Luther war ein großer Polemiker.
Das ist eine starke Untertreibung. Luther war ein großer Judenhasser. Eigentlich brachte er nur die Stellung der Christen zu den Juden auf den Punkt.

Luthers antijüdischer Hass erfuhr 1543 eine schaurigen Höhepunkt in der Schrift „Von den Juden und ihren Lügen".
Luther fordert darin von der Obrigkeit:
• Vernichtung aller Synagogen („mit Feuer, Schwefel und Pech")
• Zerstörung aller Privathäuser der Juden
• Entwendung aller liturgischen Bücher und der Bibel
• Untersagung des Besuchs öffentlicher Gottesdienste und jeder Lehrveranstaltung der Rabbiner (ansonsten Todesstrafe)
• Verbot, Gottes Namen auszusprechen
• Juden nicht mehr als Händler wirken lassen; Verbot, sich frei auf der Straße zu bewegen
• Verbot des Wuchers; Geld und Wertsachen wegnehmen
• Zwangsarbeit für alle jungen Juden beiderlei Geschlechts

Luther erwog letztlich sogar die Deportation der Juden nach Palästina, gleichzeitig pries er die Staaten, die die Juden verjagt hatten. Auch in seiner letzten Predigt am 15.2.1546 beschäftigte er sich in Eisleben mit dem Judenproblem. Hierbei forderte er die weltlichen Herren auf, bekehrungsunwillige Juden aus dem Machtbereich zu vertreiben. Erst unter Hitler wurde dies alles vollstreckt wenn auch die Nazis kein Interesse an der Bekehrung der Juden hatten.

1998 forderte die lutherische Landeskirche Bayern als erste EKD-Mitgliedskirche: Luthers „Kampfschriften gegen die Juden“ und alle Stellen, „an denen Luther den Glauben der Juden pauschalisierend als Religion der Werkgerechtigkeit dem Evangelium entgegensetzt“, gelte es „wahrzunehmen, ihre theologische Funktion zu erkennen und ihre Wirkung zu bedenken“. Die Lutherischen Kirchen müssten sich nicht nur inhaltlich davon distanzieren, sondern Ursachen, Motive und Wirkungsgeschichte erforschen und kritisieren.

Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre, die LWB, Römisch-katholische Kirche und Weltrat methodistischer Kirchen 1999 beschlossen, kam ohne Beteiligung von Juden zustande. Kritisiert wurde, dass sie den hohen Rang der Rechtfertigung aus Glauben im Judentum nicht berücksichtigt und das Judentum erneut mit einer lebensfeindlichen, überholten Gesetzesreligion gleichgesetzt habe

http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Lut ... _die_Juden

Der "andere" Luther: Sozialrassist, Antisemit, Reaktionär

Martin Luther ist "in": Bei der ZDF-Umfrage nach dem "Größten Deutschen" landete der Reformator auf Platz zwei und in dem Kinostreifen LUTHER wird er als "deutscher Held" verklärt, der das Mittelalter beendete. Daß Luther jedoch wesentliche reaktionäre Elemente der römisch-katholischen Lehre übernahm und sie teilweise noch verstärkte, wird völlig verdrängt. Nicht ohne Grund lobte Adolf Hitler den Kirchengründer schon 1923 als antisemitischen Vordenker.
In dem von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mitfinanzierten Film LUTHER wird anschaulich das Leben des Augustinermönchs Martin Luther (1483-1546), seine Auseinandersetzungen mit inneren (er fühlt sich ständig in Versuchung gebracht durch "den Teufel") und äußeren Anfechtungen (durch geistliche wie weltliche Obrigkeit) sowie die Fehler und Verkrustungen der römisch-katholischen Kirche dargestellt.

Kirchenreformator ... und "deutscher Held"?

Auslöser von Luthers Gegnerschaft zur römisch-katholischen Amtskirche war der Ablaßhandel. Der Papst war verschuldet und wollte eine prächtige neue Kirche in Rom bauen, den Petersdom. Das Geld dafür sollten Ablaßprediger beschaffen, die gegen Geld Dokumente verkauften, in denen der Ablaß von Sünden versprochen wurde. Durch Spenden konnte so ein Platz im Himmel "erkauft" werden. Diesen antichristlichen Brauch lehnte Luther genauso ab wie Heiligenverehrung, Zölibat (ursprünglich Ehe-, später auch Sexverbot für den Klerus) und Priesterkult.

Für Heilige, Reliquienkult und fürs Zölibat sah er keine biblische Rechtfertigung, ebensowenig für die Hierarchie zwischen Priestern und LaiInnen. Mit der Übersetzung der Bibel ins Deutsche, die Sprache der gewöhnlichen Menschen, schuf er die Grundlage für das Priestertum aller Gläubigen sowie für das moderne Hochdeutsch. Luther kämpfte gegen den römisch-katholischen Klerus und Zentralismus, ersetzte ihn allerdings durch die Vergötzung weltlicher Herrschaft. Dem Hedonismus der kirchlichen Obrigkeit stellte der Reformator seine radikale Ablehnung jeglicher Fröhlichkeit und Freiheit entgegen.

An diesen zwei Beispielen wird die Zwiespältigkeit Luthers deutlich, der meist einen Fehler durch einen anderen ersetzte, z.B. die Macht der Päpste durch die der Fürsten. Dennoch leistete er einiges für die Reformation der Kirche, was in dem Film einleuchtend erklärt wird. Äußerst ärgerlich jedoch ist die starke Verklärung Martin Luthers. Er wird als "deutscher Held" porträtiert, der durch seinen Widerstand gegen das reaktionäre Papsttum in Rom und die Herrschaft der Priesterkaste über die Gläubigen angeblich das Mittelalter beendete und die Aufklärung nach Deutschland brachte.

Unbändiger Haß auf "das andere"

Daß Luther aber wesentliche reaktionäre Elemente der römisch-katholischen Lehre übernahm und sie teilweise sogar noch verstärkte, wird dabei ausgeblendet. Wer in der sozialen Hierarchie unten stand oder von gesellschaftlichen Normen abwich, zog sich den unbändigen Haß Luthers zu. Die Ermordung oder totale Auslöschung von Menschengruppen macht die grauenhafte "Qualität" seines Denkens aus. Seine sozialrassistischen Ansichten über Frauen, Atheisten, Bauern und Behinderte, sein eliminatorischer Antisemitismus, nicht zuletzt seine totalitären Ansichten über weltliche Herrschaft rückt der Film in mildes Licht oder verdreht sie gar ins Gegenteil.
Vordenker der Judenvernichtung

Am übelsten wütete Luther gegen Juden. Zu Beginn seiner dubiosen Karriere bekämpfte er noch den Antijudaismus. Als jedoch seine Judenbekehrungs-Versuche scheiterten, entwickelte er sich zum glühenden Judenhasser. Auf Luthers rassistischen, eliminatorischen Antisemitismus berief sich 1923 sogar Adolf Hitler ("Luther war ein großer Mann, ein Riese. Mit einem Ruck [...] sah er den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen") und noch am 29. April 1946 verteidigte sich der Herausgeber des antisemitischen Hetzblatts "STÜRMER", Julius Streicher, bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen mit Luther. "Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind": Diese Luther-Worte kommen der STÜRMER-Parole "Die Juden sind unser Unglück" tatsächlich verblüffend nahe.

Der christliche Antijudaismus beschränkte sich bis Luther meist darauf, Juden zwangszutaufen bzw. ihnen gegen einen Übertritt zum Christentum Freiheit von Verfolgung und Benachteiligung zu versprechen. Luthers Antisemitismus hingegen war völkisch-rassistisch. Er wollte die Juden ausrotten, egal ob konvertiert oder nicht: "Ich will meinen treuen Rat geben. Erstlich, daß man ihre Synagoge oder Schule mit Feuer anstecke, und was nicht verbrenne, mit Erde überhäufe und beschütte, daß kein Mensch einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich [...] Zum anderen, daß man auch ihre Häuser zerstöre."

"Siebtens soll man den jungen, starken Juden und Jüdinnen Flegel, Axt, Spaten, Rocken und Spindel in die Hand geben und sie ihr Brot verdienen lassen im Schweiße des Angesichts." Diese Forderung nach Konzentrationslagern zur Verwertung und Vernichtung von Juden wurde schließlich durch die Nazis in die Tat umgesetzt. Zur gleichen Zeit wie Luther warb hingegen der christliche Humanist Erasmus von Rotterdam (1469-1536) für ein liberales Christentum und legte damit eine der Grundlagen für die modernen Konzepte von Demokratie und Menschenrechten. Selbstverständlich verwarf Luther derartig "ketzerische" Gedanken aufs heftigste.

Noch immer Vorbild?

Angesichts der eindeutigen Fakten ist unverständlich, warum die protestantische Kirche den üblen Demagogen Martin Luther weiter als Vorbild verkauft, z.B. in einer Unterrichtsbroschüre zum LUTHER-Film für die Klassen 7-13. Hubertus Mynarek, einer der prominentesten Theologen und Kirchenkritiker des 20. Jahrhunderts, schreibt in seinem Buch "Die neue Inquisition": "Nach heutigem Rechtsverständnis war Luther ein Krimineller, den der Staatsanwalt sofort verhaften ließe wegen Volksverhetzung (§130 StGB), Anstiftung zum Mord (§§26,211), [...] zum Landfriedensbruch (§§26,125) und [...] zu schwerer Brandstiftung (§§26,306)." Die eindringlichen Teufels-Heimsuchungen im Spielfilm LUTHER lassen den Kirchengründer sogar als Psychopath erscheinen. Wenn die protestantische Kirche (Ersatz-)Heilige benötigt - den Heiligenkult hatte Luther bekanntlich ebenso radikal abgelehnt wie eine "lutherische" Kirche -, sollte sie besser den protestantischen Humanisten und Reformator Philipp Melanchthon (1497-1560) würdigen.

Michael Kraus

Literatur:

http://www.luther-der-film.de.vu

http://home.arcor.de/hvd.wuerzburg/9%20Humanismus.htm
http://www.projektwerkstatt.de/religion ... rbild.html
Christel
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Christel »

Heinrich, Du bist echt lustig oder wie soll ich ausdrücken, dass Du

a) Martin Luther kritisierst,
Heinrich6 hat geschrieben:„Von den Juden und ihren Lügen".
Ist etwa Deine Diskreditierung der monotheistischen Religionen, als „Theolügen“, Religioten“, „Großkapitalisten“… „Indoktrination, vor der man insbesondere Kinder bewahren muss“ besser?
Wenn Du und Deinesgleichen das Sagen haben, bekommen dann christliche Eltern ihre Kinder weggenommen? – Sind das etwa keine Feindbilder? Ist das nicht auch Feindbildpropaganda?

b) einer entschiedenen Katholikin gerade Martin Luther vorhältst. – Erzähl das den Lutheranern, aber nicht mir!

c) Entschuldige, aber mit Deinem kritischen Zitat aus Wikipedia, dass bei der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ das „Judentum nicht berücksichtigt“ wurde, entpuppst Du Dich als theologischer Depp. Das Konzept „Rechtfertigung allein aus Glauben an Jesus Christus", hat nur seine Berechtigung, wenn man Jesus als Herr (Gott), Heiland und Messias anerkennt.
Oder um es mit Martin Luther zu sagen, sola scriptura, sola fide, sola gratia, solus Christus. – Das Heilige Israel versammelt sich nicht um Jesus Christus sondern um das Gesetz. Lass Dir das von dem Rabbiner Jacob Neusner erklären. Lies dazu sein Buch „Ein Rabbi spricht mit Jesus“. Ich habe das hier schon mehrfach empfohlen.
–> Und wer sagt denn, dass es wirklich so platt und einfach ist, Rechtfertigung gegen Werkgerechtigkeit. Evangelikale behaupten das. Ich orientiere mich an Dietrich Bonhoeffer, er kam zu einem andern Schluss und ich bin katholisch.

Wie auch immer, Luthers Antijudaismus, Dein Antijudaismus… - das ist kein Antisemitismus. Ihr vertretet keine Rassenlehre. Wie sagst Du, „Glaube ist heilbar“…. Man hat so zumindest die Möglichkeit zu heucheln, um sich zu schützen…

Das Verhalten gegenüber den Juden war immer ambivalent. Gründe waren u.a., dass die Christen, was Handel und Wohlstand betraf auf die Juden und deren Verbindungen angewiesen waren.
Die Kirche selbst kann nicht ohne die Juden. Das Christentum wurzelt nicht nur im Judentum, wir haben unsere Bibel von den Juden, Jesus war Jude… und die Juden sind Zeugen der Echtheit. –

Außerdem, ich wiederhole noch einmal: Wer begreifen will, was Christsein bedeutet, dem empfehle ich das Buch von Rabbi Jacob Neusner „Ein Rabbi spricht mit Jesus“.
Wie sagten die beiden Päpste, Pius XI.: 6. September 1938
„Der Antisemitismus ist nicht vertretbar. Im geistlichen Sinne sind wir Semiten.“

Pacelli (Pius XII.) bei einer Ansprache in Rom:
„Es ist dem Christen nicht möglich, am Antisemitismus teilzunehmen; im geistlichen Sinne sind wir Semiten.“
viewtopic.php?f=10&t=3646&p=11854&hilit=semiten#p11854

Die Juden brauchen die Christen nicht, aber wir Christen sind auf die Juden, auf das Judentum angewiesen.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Heinrich5
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zitat Christel:
Die Juden brauchen die Christen nicht, aber wir Christen sind auf die Juden, auf das Judentum angewiesen.
So?
Wie schriebst du doch:
,,,,,,,,,,einer entschiedenen Katholikin gerade Martin Luther vorhältst. – Erzähl das den Lutheranern, aber nicht mir!
Manchmal sind die Lutheraner Christen – manchmal aber auch nicht. :mrgreen: :D

Um bei deiner Überschrift zu bleiben: Der Antisemitismus ist ein christliches Produkt. Ein Produkt deutscher Christen.

Die erste deutsche antisemitische Partei wurde schon 1878 als Christlichsoziale Arbeiterpartei (CSAP) von dem protestantischem Pfarrer und Hofprediger Adolf Stoecker gegründet.

Pfarrer Stoecker betrachtete sich als „Begründer“ und „Vater der antisemitischen Bewegung“. Er erhob „als erster den Antisemitismus zum zentralen Credo einer modernen politischen Partei“. Der Antisemitismus war und blieb sein „fundamental-zentrales“ Leitthema. Er war „ein integraler Bestandteil seines gesamten Denkens und seines öffentlichen Redens … Der Antisemitismus strukturierte und vitalisierte alles, was er sagte, schrieb und tat.“

Pfarrer Stoecker war einer der Erstunterzeichner der „Antisemitenpetition“ prominenter Judengegner. Sie denunzierte die Angehörigen der Minderheit als kollektive „Gefahr für unser Volksthum“. Sie verlangte unter anderem die Erfassung des jüdischen Bevölkerungsteils, den Ausschluss der jüdischen Deutschen aus allen obrigkeitlichen Funktionen und dem Lehramt der Volksschulen, ihre nur eingeschränkte Verwendung in den weiterführenden Schulen und der Justiz sowie ein Verbot der jüdischen Zuwanderung.
http://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Stoecker

Die Partei richtete sich auf die unteren Mittelschichten aus. Das verbindende Element der widersprüchlichen Programmmischung war ihr Antisemitismus: Linksliberale und Sozialisten bezeichnete sie als „verjudet“, so wie ihr Antipode, die Eigentümer der großen Kapitalien, „verjudet“ seien. Ein weltverschwörerisch agierendes „internationales Judentum“ plane die Vernichtung u. a. des „deutschen Volkes“ (zu dem die Christlich-Sozialen die jüdischen Deutschen nicht rechneten).

Die CSP schloss sich zunächst der Deutsch-Konservativen Partei (DKP) an. Auf deren „Tivoli-Parteitag“ 1892 gelang es den Antisemiten in der DKP unter christlich-sozialer Führung, den Antisemitismus im Parteiprogramm zu verankern. An den antisemitischen Kampagnen der 1880er und 1890er Jahre beteiligten sich die Christlich-Sozialen mit hohem Einsatz. Zu den bevorzugten Themen gehörten Ritualmordanklagen gegen die jüdische Minderheit, die sie in ihren Parteizeitungen und in anderen Schriften umfangreich verbreiteten.

http://de.wikipedia.org/wiki/Christlich ... iserreich)
Christel
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Christel »

Heinrich, versuch‘s mal mit einfacher Logik:
Zum Geschirr gehören Töpfe, Tassen, Teller, Gläser… bestehend aus unterschiedlichen Materialen. Der gemeinsame Oberbegriff bedeutet nicht, dass alle Teile des Geschirrs dieselben Eigenschaften besitzen.
So ist es auch mit den Christen. Der Oberbegriff ist „Christen“ und doch unterscheiden sich z.B. Katholiken von Protestanten.

Das Trinkglas besitzt andere Eigenschaften als der Kochtopf. Nur weil Luther in seinen späten Jahren gegen Juden polemisiert hat, ist das noch lange keine Eigenschaft aller Christen.
Nur weil der Protestant Adolf Stoecker ein Antisemit war, sind noch lange nicht alle Christen Antisemiten.

Adolf Stoecker trug zwar zur Popularität des Antisemitismus bei, aber dessen Erfinder war er nicht. Denn diesen gab es schon vor und unabhängig von dem 1835 geboren Stoecker.

Von Stoecker auf alle Christen zu schließen, ist nichts anderes wie „Alle Juden sind…“
Im gleichnamigen Buch ist aus S. 41 f. zu lesen:
Das Wort „Antisemitismus“ ist als Gegenstück des Begriffs „Antijudaismus“, also die Abkehr vom Judentum als Religion, eingeführt worden. … Am Ende des 19. Jahrhunderts wurden antisemitische Ideen von vielen als „modern“ angesehen, denn sei waren nicht aus den „altmodischen“ religiösen Vorurteilen entstanden, sondern basierten auf der neuen, wissenschaftlich anmutenden Rassenlehre.
https://www.annefrank.de/onlineshop/pro ... ucts_id=64
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Christel, versuch‘s mal mit einfacher Logik:
Zum Geschirr gehören Töpfe, Tassen, Teller, Gläser… bestehend aus unterschiedlichen Materialen. Der gemeinsame Oberbegriff bedeutet nicht, dass alle Teile des Geschirrs dieselben Eigenschaften besitzen.

Wie heißt deine Überschrift?

Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Okay, das kann man aber noch etwas mehr konkretisieren:

Der Antisemitismus ist ein christliches Produkt. Ein Produkt deutscher Christen.

Zitat Christel:
Nur weil der Protestant Adolf Stoecker ein Antisemit war, sind noch lange nicht alle Christen Antisemiten.
Wie schön für dich, dass er kein Katholik war. Pfarrer Stoecker war der erste in Deutschland , der den Antisemitismus politisch und parteimäßig organisiert hat. Damit war er ein Vorbild für den Katholiken Hitler, Himmler und andere.
Christel
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Christel »

Komisch, wenn es Dir in den Kram passt, dann sind plötzlich alle Deutschen wieder Christen.

Kürzlich hast den Rassentheoretiker Immanuel Kant noch ein als Wegbereiter den Atheismus gepriesen:
Heinrich6 hat geschrieben:Es ist mir ziemlich egal ob Kant, Einstein oder andere zuweilen auch religiös waren. Kant hat mit seinen aufklärerischen Schriften das Zeitalter der Aufklärung eingeleitet und damit dem Atheismus den Weg bereitet und das ist sein eigentliches Verdienst. Dafür ist ihm der Atheismus heute dankbar.
viewtopic.php?f=10&t=3509&p=11514&hilit=Kant#p11514
1775 erschienen zwei Werke von Johann Friedrich Blumenbach und Immanuel Kant, in denen die gesamte Menschheit in vier Varietäten bzw. Rassen eingeteilt wurde.
Bei Kant war – wie bei vielen seiner Zeitgenossen[27] – mit der Unterscheidung von Rassen eine Über- bzw. Unterordnung verbunden: Seiner Ansicht nach unterschieden die Rassen sich in ihrer Bildungsfähigkeit. An der Spitze der Vernunftbegabten standen die weißen Europäer.[28] So schrieb er: „In den heißen Ländern reift der Mensch in allen Stücken früher, erreicht aber nicht die Vollkommenheit der temperierten Zonen. Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der ‚race‘ der Weißen. Die gelben Inder haben schon ein geringeres Talent. Die Neger sind tiefer, und am tiefsten steht ein Teil der amerikanischen Völkerschaften.“[29]
Die Erklärung der Rassenunterschiede durch das Klima übernahm Kant zeitweilig von französischen Vordenkern wie Montesquieu[30]; später distanzierte er sich davon und betonte die Erblichkeit der Rassenmerkmale.
http://de.wikipedia.org/wiki/Rassentheorie
Himmler war Anhänger rechter Esoterik. Er feierte Wintersonnenwende statt Weihnachten. Für ihn war das Christentum eine Pest, die er vernichten wollte:
Für die Zeit nach dem "Endsieg" plante Himmler die Eliminierung aller christlichen Wurzeln und den Ausbau einer neuen, "völkischen" Pseudoreligion. http://www.zdf.de/ZDFinfo/Himmlers-Wahn-6870340.html
Laut Himmler-Biograph Peter Longerich hatte die Auseinandersetzung mit der christlichen Welt für Himmler „wahrhaft existentielle Bedeutung, und indem er die Christenbekämpfung mit der Vorstellung verband, die versunkene Welt Germaniens wiederherzustellen, hatte er sich eine Lebensaufgabe gestellt.“

Gemäß Himmler waren die germanischen Religionsquellen durch das Christentum verschüttet worden. Es galt daher diese aus alten Sagen „wie durch einen Brunnenschacht wieder ans Licht zu heben“.
Ihm ging es darum, „eine durch wissenschaftliche Forschung belegbare und durch einen anerkanntenÜberlieferungsträger authentisierte Religion - die im Laufe von Jahrtausenden durch die Zeitläufe und eigensüchtige Priesterschaften in Vergessenheit geraten war - wieder ans Licht zu heben.“
1937 ließ Himmler innerhalb seines Persönlichen Stabes eine Denkschrift zur Entwicklung einer artgemäßen Religion und Sittenlehre erstellen, in der es hieß: „Wir leben im Zeitalter der endgültigen Auseinandersetzung mit dem Christentum. Es liegt in der Sendung der Schutzstaffel, dem deutschen Volk im nächsten Jahrhundert, die außerchristlichen arteigenen weltanschaulichen Grundlagen für Lebensführung und Lebensgestaltung zu geben.“ http://www.parzifal-ev.de/?id=638
Statt Weihnachten feiert Himmler das Fest der Wintersonnenwende (Julfest) und verschenkt Julleuchter an verheiratete SS-Männer ("Gerade die Frau will ja, wenn sie den Mythos der Kirche verliert, irgendetwas anderes haben"). Er entwirft neue Riten für Taufen ("Namensweihe"), Eheschließungen ("Eheweihe"), Begräbnisse.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-61822072.html
Dass Hitler kein Christ war, darauf hatten wir uns schon geeinigt:
viewtopic.php?f=10&t=3566&hilit=Hitler&start=15
Intern gab Hitler so etwas zum Besten:
„Daß die antike Welt so schön, so heiter und unbeschwert war, erklärt sich daraus, daß sie von zwei Seuchen verschont geblieben ist: der Syphilis und dem Christentum!
Das Christentum war der Vor-Bolschewismus, die Mobilisierung von Sklavenmassen durch den Juden zum Zwecke der Aushöhlung des Staatsbaues; deshalb haben sich die anständigen römischen Elemente von der neuen Lehre auch ferngehalten.

Das Christentum war alles zerstörender Bolschewismus.

Während es [das Christentum] abstirbt, will der Jude nun wieder mit dem Urchristentum, dem Bolschewismus, beginnen. Das Christentum hat für tausend Jahre das Aufblühen der germanischen Welt niedergehalten; erst im 18. Jahrhundert kamen wir wieder annähernd auf das Niveau, das die Römer bis zum Einbruch des Christentums bereits hatten.

Nie hat Nero Rom angezündet, das haben die Christen-Bolschewiken gemacht,

Ein Unfug ist es, daß einer, wenn er aus der Kirche austritt, noch ein Jahr weiter Steuer zahlen muß. Es soll so werden, daß eine bloße Zuschrift: Ich trete aus! genügt… wir wollen damit nur noch warten, bis Friede ist.

Was hat sich die Kirche im Laufe dieser eineinhalbtausend Jahre nicht für Einnahmequellen erschlossen: Es ist ein ungeheures Geschäft! Ich bin gezwungen, ungeheuer viel bei mir aufzuhäufen; das bedeutet nicht, daß in mir erlischt, was ich, ohne gleich zu reagieren, zur Kenntnis nehme. Es kommt auf ein Konto; eines Tages wird das Buch herausgezogen. Auch den Juden gegenüber mußte ich lange tatenlos bleiben. Es hat keinen Sinn künstlich sich zusätzliche Schwierigkeiten zu machen; je klüger man verfährt, desto besser. Wenn ich so Reden von einem Menschen, wie dem Galen lese, so sage ich mir: Nadelstiche zu versetzen ist zwecklos; besser, man schweigt; man müßte denn Zweifeln an der Zukunft der Bewegung! Wenn ich glaube, daß die Bewegung ein paar Jahrhunderte existiert, dann kann ich warten. Ich wäre auch mit dem Marxismus nicht fertig geworden, wenn ich hinter mir nicht die Gewalt gehabt hätte. Nur mit geistigen Mitteln kommt man nicht weiter

Wie gegen eine Kirche vorgehen

Es ist gut, daß ich die Pfaffen nicht hereingelassen habe in die Partei … Ich habe den Staat gegen den Fluch der beiden Konfessionen erobert;

Ich würde imV[atikan] einmarschieren, die ganze Gesellschaft herausholen. Ich würde sagen: Verzeihung, ich habe mich geirrt! Aber: die sind weg!
...
Wer es [das Christentum] hat, hat stets Bazillen bei sich!


Quelle: Adolf Hitler Monologe im Führerhauptquartier 1941-1944 / aufgezeichnet von Heinrich Heim. Hrsg. von Werner Jochmann. - München : Orbis Verl., 2000. – S. 96, 99. 107f., 151f.
Wenn das Christen sind, dann sind alle Menschen Christen, auch Du und Niels.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Heinrich5
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Der Weg vom christlichen Antijudaismus zum christlichen Antisemitismus war nur ein kurzer. Es war kein Zufall, dass ausgerechnet ein christlicher Pfarrer (katholisch oder evangelisch tut hier nichts zur Sache) sich zum „Begründer“ und „Vater der antisemitischen Bewegung“ herauskristallisierte.

Pfarrer Stoecker betrachtete sich als „Begründer“ und „Vater der antisemitischen Bewegung“. Er erhob „als erster den Antisemitismus zum zentralen Credo einer modernen politischen Partei“. Damit wurde ein christlicher Pfarrer, zugleich Begründer und Parteivorsitzender der ersten antisemitischen Partei Deutschlands welche sich zugleich auch noch christlich und sozial bezeichnete. Diese Partei war eine der geistigen Grundlagen des faschistischen Nationalsozialismus des dritten Reiches.
Stoeckers antisemitische Aussagen schillerten zwischen einem traditionellen christlichen Antijudaismus und modernen ökonomisch, völkisch und rassisch begründeten Varianten, was ihre Anschlussfähigkeit erhöhte.
Er trug maßgeblich zur Verbreitung des Antisemitismus in Politik, Kirche und Gesellschaft, vornehmlich aber im Protestantismus und in den konservativen Parteien bei. Er brüstete sich damit, „die Judenfrage aus dem literarischen Gebiet in die Volksversammlungen und damit in die politische Praxis eingeführt“ zu haben.

http://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Stoecker
Christel
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Christel »

Ach, jetzt gibt es schon „christlichen Antisemitismus“. Da sind die Päpste Pius XI. und Pius XII. anderer Meinung:
Pius XI.: 6. September 1938 „Der Antisemitismus ist nicht vertretbar. Im geistlichen Sinne sind wir Semiten.“

Pacelli (Pius XII.) bei einer Ansprache in Rom: „Es ist dem Christen nicht möglich, am Antisemitismus teilzunehmen; im geistlichen Sinne sind wir Semiten.“
viewtopic.php?f=10&t=3646&p=11854&hilit=semiten#p11854

Wie bereits mehrfach geschrieben, der Antisemitismus ist geprägt durch eine Rassenlehre. Es gibt keine christliche Rassenlehre. Die Rassenlehre wurde erfunden von der Wissenschaft, insbesondere die Naturwissenschaft. Auch Christen können wissenschaftsgläubig sein. Das ist der Zusammenhang mit Stoecker.

Wenn Du wikipedia liest, dann lies genau und zitiere richtig:
…In diesem Sinn betrachtete Stoecker sich als „Begründer“ und „Vater der antisemitischen Bewegung“ http://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Stoecker
Tatsächlich gründete Stoecker nur die „Christlichsoziale Partei“ siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Christlich ... iserreich)
Die Partei war nicht sehr erfolgreich.

Stöcker ist nicht identisch mit der „Berliner Bewegung“:
Die „Berliner Bewegung“ ist als Gesamtphänomen noch kaum erforscht. Häufig wird sie unzutreffender Weise mit der Wirksamkeit Adolf Stoeckers identifiziert, der jedoch nur eine Persönlichkeit unter vielen anderen war. http://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Bewegung
Den deutschen Antisemitismus gab es bereits vor der „Berliner Bewegung“:
Die „Berliner Bewegung“ entstand aus dem erstarkenden deutschen Antisemitismus Ende der 1870er Jahre. Dabei handelt es sich nicht um eine Partei oder einen Verein, sondern um eine
http://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Bewegung
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Heinrich5
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Zitat Christel:
Die Partei war nicht sehr erfolgreich.
So?
Eine Partei, welche sich über ganz Deutschland ausbreiten konnte, war schon erfolgreich. Damit wird in der WIKIPEDIA zu recht ausgesagt, dass Stoecker maßgeblich zur Verbreitung des Antisemitismus in Politik, Kirche und Gesellschaft, vornehmlich aber im Protestantismus und in den konservativen Parteien beigetragen hat. Stoecker hat damit, „die Judenfrage aus dem literarischen Gebiet in die Volksversammlungen und damit in die politische Praxis eingeführt“.
Das nennst du „Nicht erfolgreich“? :roll:
Christel
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Christel »

Ist das ganz Deutschland?
Wahlerfolge

Politiker der CSP konnten bei den Reichstagswahlen im Kaiserreich folgende Wahlkreise gewinnen:
Siegen-Wittgenstein-Biedenkopf (Adolf Stoecker 1898, 1903 und 1907, Reinhard Mumm 1912)
Dillkreis-Oberwesterwaldkreis (Franz Behrens 1907 und 1912)
Wetzlar-Altenkirchen (Georg Burckhardt 1903, 1907 und 1912
http://de.wikipedia.org/wiki/Christlich ... iserreich)
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Heinrich5
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Re: Der Antisemitismus ist ein deutsches Produkt

Ungelesener Beitrag von Heinrich5 »

Das sind die Wahlkreise, in denen sie gewonnen haben. Deshalb waren sie aber doch über ganz Deutschland ausgebreitet, tätig und tatkräftig.
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