Der gehörnte Josef
Verfasst: Dienstag 24. Dezember 2013, 08:17
Zum Weihnachts-Artikel der ungeklärten Schwangerschaft und nicht erklärbaren Jungfrauengeburt Marias
viewtopic.php?f=10&t=3684
hier noch eine Bemerkung zum gehörnten Ehemann Josef:
(Gekürzt, nach: „Josef – der merkwürdig moderne, neue Mann“, von Alan Posener)
Im Christentum verehrt man die Jungfrau Maria, nicht aber ihren Mann Josef. Der jüdische Bauhandwerker spricht in den Mythen der Bibel kein einziges Wort. Ohne ihn könnten die Christen aber Weihnachten nicht feiern.
Josefsehe
Christen verehren Maria, die Mutter Jesu. Für Josef scheint oft eher Mitleid oder gar Spott übrig zu bleiben; so etwa, wenn man abschätzig von einer "Josefsehe" spricht: einer Ehe, die nicht vollzogen wird, weil der Mann zu alt oder zu schwach dazu ist oder wenn geschiedene Katholiken sich erneut verheiraten aber dann auf Sex verzichten sollen.
Die Ehe wird, wenn man sich die Story noch weiter ausmalen will, wie damals üblich, wahrscheinlich von den Eltern arrangiert worden und Maria höchstens 14 Jahre alt gewesen sein, vielleicht erst zwölf.
Wie aber "zeigte sich" die Schwangerschaft des Mädchens? War sie bereits für alle sichtbar? Oder hat die Verlobte des Bauhandwerkers ihm heimlich die Schwangerschaft gebeichtet? Wer von uns heutigen Männern würde in vergleichbarer Lage seiner Verlobten die Versicherung abnehmen, ihr Kind sei göttlicher Herkunft?
Auch Josef nimmt zunächst an, seine Braut sei fremdgegangen. Doch weil er "gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte", so der Mythenerzähler Matthäus, beschließt er, "sich in aller Stille von ihr zu trennen".
Dabei hätte Maria aber nach geltendem Recht gesteinigt werden müssen
Wenn Josef als "gerecht" bezeichnet wird, so bedeutet das: Er befolgt das Gesetz des Mose. Das aber schreibt vor:
"Wenn ein unberührtes Mädchen mit einem Mann verlobt ist und ein anderer Mann sich mit ihr hinlegt, dann sollt ihr beide steinigen, und sie sollen sterben. Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen."
Josef aber schreckt vor solch erbarmungsloser „Gerechtigkeit“ zurück. Er ist da nicht „gerecht“. Deshalb will er sich heimlich aus dem Staub machen. Man wird dann in ihm den Vater des Kindes vermuten. Die Verführte und Verlassene trifft aber nach jüdischem Recht keine Schuld. Denn Sex zwischen Verlobten ist zwar verpönt, gilt aber als Vollzug der Ehe und setzt die Frau in ihre ehelichen Rechte ein. So wird Josef, der Schuldlose, alle Schuld auf sich nehmen. Ein großes Vorbild für seinen Sohn Jesus.
Welcher Mann würde heute so handeln?
Doch Josefs Gewissen – oder ist es eher die Liebe zu seiner in Not geratenen Braut? – lässt ihm selbst diesen Ausweg nicht: "Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen, denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist."
Offenbar wird auch dem adoptierten Sohn Jesus diese fromme Lüge erzählt. Als der Zwölfjährige nach dem Pessachfest im Jerusalemer Tempel zurückbleibt, sagt Maria zu ihm: "Kind, wie konntest du uns das antun? Dein Vater und ich haben dich voll Angst gesucht!"
Das Christentum verdankt Josef viel
So wie Josef seine schwangere Braut zu sich nimmt, so wird sein Sohn geradezu berüchtigt dafür, dass er "gefallene" Frauen um sich sammelt. Ausgerechnet im Haus eines Pharisäers (wir würden heute sagen: eines strikten Anhängers der Scharia) lässt er sich von einer stadtbekannten "Sünderin" – vermutlich einer Ehebrecherin oder gar Prostituierten – die Füße waschen und erklärt dem schockierten Gastgeber: "Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie so viel Liebe gezeigt hat."
Gesetz des Alten und Gesetz des Neuen Bunds
Wenn manche Christen heute immer noch scharf unterscheiden zwischen dem Gesetz des Alten und dem Gesetz des Neuen Bunds, zwischen Mose und Jesus, zwischen einem Gesetz der Rache und einem Gesetz der Vergebung, dann unterschlagen sie den Juden Josef. Dann unterschlagen sie die Männer von Jerusalem, die beschämt von dannen schlichen, statt an der Ehebrecherin die Strafe zu vollziehen, und zwar "die Ältesten zuerst".
In der Weihnachtsgeschichte hat Josef eine stumme Rolle. In mittelalterlichen Darstellungen der Geburt Jesu sitzt Josef oft abseits, fast unbeteiligt. Es gibt nur wenige Bilder, die ihn mit dem Kind zeigen, das ihn Vater nannte. Mit dieser Vernachlässigung wird einem Mann Unrecht getan, der unsere Vorstellung davon, was ein guter Vater sein sollte, mehr geprägt hat als sonst irgendjemand in der Geschichte.
http://www.welt.de/debatte/kommentare/a ... -Mann.html
viewtopic.php?f=10&t=3684
hier noch eine Bemerkung zum gehörnten Ehemann Josef:
(Gekürzt, nach: „Josef – der merkwürdig moderne, neue Mann“, von Alan Posener)
Im Christentum verehrt man die Jungfrau Maria, nicht aber ihren Mann Josef. Der jüdische Bauhandwerker spricht in den Mythen der Bibel kein einziges Wort. Ohne ihn könnten die Christen aber Weihnachten nicht feiern.
Josefsehe
Christen verehren Maria, die Mutter Jesu. Für Josef scheint oft eher Mitleid oder gar Spott übrig zu bleiben; so etwa, wenn man abschätzig von einer "Josefsehe" spricht: einer Ehe, die nicht vollzogen wird, weil der Mann zu alt oder zu schwach dazu ist oder wenn geschiedene Katholiken sich erneut verheiraten aber dann auf Sex verzichten sollen.
Die Ehe wird, wenn man sich die Story noch weiter ausmalen will, wie damals üblich, wahrscheinlich von den Eltern arrangiert worden und Maria höchstens 14 Jahre alt gewesen sein, vielleicht erst zwölf.
Wie aber "zeigte sich" die Schwangerschaft des Mädchens? War sie bereits für alle sichtbar? Oder hat die Verlobte des Bauhandwerkers ihm heimlich die Schwangerschaft gebeichtet? Wer von uns heutigen Männern würde in vergleichbarer Lage seiner Verlobten die Versicherung abnehmen, ihr Kind sei göttlicher Herkunft?
Auch Josef nimmt zunächst an, seine Braut sei fremdgegangen. Doch weil er "gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte", so der Mythenerzähler Matthäus, beschließt er, "sich in aller Stille von ihr zu trennen".
Dabei hätte Maria aber nach geltendem Recht gesteinigt werden müssen
Wenn Josef als "gerecht" bezeichnet wird, so bedeutet das: Er befolgt das Gesetz des Mose. Das aber schreibt vor:
"Wenn ein unberührtes Mädchen mit einem Mann verlobt ist und ein anderer Mann sich mit ihr hinlegt, dann sollt ihr beide steinigen, und sie sollen sterben. Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen."
Josef aber schreckt vor solch erbarmungsloser „Gerechtigkeit“ zurück. Er ist da nicht „gerecht“. Deshalb will er sich heimlich aus dem Staub machen. Man wird dann in ihm den Vater des Kindes vermuten. Die Verführte und Verlassene trifft aber nach jüdischem Recht keine Schuld. Denn Sex zwischen Verlobten ist zwar verpönt, gilt aber als Vollzug der Ehe und setzt die Frau in ihre ehelichen Rechte ein. So wird Josef, der Schuldlose, alle Schuld auf sich nehmen. Ein großes Vorbild für seinen Sohn Jesus.
Welcher Mann würde heute so handeln?
Doch Josefs Gewissen – oder ist es eher die Liebe zu seiner in Not geratenen Braut? – lässt ihm selbst diesen Ausweg nicht: "Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen, denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist."
Offenbar wird auch dem adoptierten Sohn Jesus diese fromme Lüge erzählt. Als der Zwölfjährige nach dem Pessachfest im Jerusalemer Tempel zurückbleibt, sagt Maria zu ihm: "Kind, wie konntest du uns das antun? Dein Vater und ich haben dich voll Angst gesucht!"
Das Christentum verdankt Josef viel
So wie Josef seine schwangere Braut zu sich nimmt, so wird sein Sohn geradezu berüchtigt dafür, dass er "gefallene" Frauen um sich sammelt. Ausgerechnet im Haus eines Pharisäers (wir würden heute sagen: eines strikten Anhängers der Scharia) lässt er sich von einer stadtbekannten "Sünderin" – vermutlich einer Ehebrecherin oder gar Prostituierten – die Füße waschen und erklärt dem schockierten Gastgeber: "Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie so viel Liebe gezeigt hat."
Gesetz des Alten und Gesetz des Neuen Bunds
Wenn manche Christen heute immer noch scharf unterscheiden zwischen dem Gesetz des Alten und dem Gesetz des Neuen Bunds, zwischen Mose und Jesus, zwischen einem Gesetz der Rache und einem Gesetz der Vergebung, dann unterschlagen sie den Juden Josef. Dann unterschlagen sie die Männer von Jerusalem, die beschämt von dannen schlichen, statt an der Ehebrecherin die Strafe zu vollziehen, und zwar "die Ältesten zuerst".
In der Weihnachtsgeschichte hat Josef eine stumme Rolle. In mittelalterlichen Darstellungen der Geburt Jesu sitzt Josef oft abseits, fast unbeteiligt. Es gibt nur wenige Bilder, die ihn mit dem Kind zeigen, das ihn Vater nannte. Mit dieser Vernachlässigung wird einem Mann Unrecht getan, der unsere Vorstellung davon, was ein guter Vater sein sollte, mehr geprägt hat als sonst irgendjemand in der Geschichte.
http://www.welt.de/debatte/kommentare/a ... -Mann.html