Was ist "Zungenrede"?

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Christel
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Was ist "Zungenrede"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Zungenrede gibt es nicht nur pfingstlerischen Freikirchen, auch in der katholischen charismatischen Erneuerung hat sie ihren festen Platz:
http://erneuerung.de/
http://erneuerung.de/index.php/ce-was-ist-das
Auch das ist katholisch: https://www.youtube.com/watch?v=rR82YWOC7VY

Pro Zungenrede:

https://www.youtube.com/watch?v=545Zv0yOJTg

Sachlich-kritisch:
„Info: Zungenrede - Was ist das?“
https://www.youtube.com/watch?v=AOjhDXl3FNo

Ablehnend:
„Ist Zungenreden Biblisch?“ fragt Pastor Norbert Link von der „Kirche des Ewigen Gottes“: https://www.youtube.com/watch?v=VZEJV8Dx0bo
Interessant an dem Vortrag ist, dass der Mann zu Beginn gleich das Übersetzungsproblem anspricht. „Zunge“ ist ein anderes Wort für „Sprache“.

Doch dies ist alles mehr oder weniger bekannt.
Wirklich neu für mich und Anlass meines Beitrages ist ein Artikel im aktuellen Heft „Bibel und Kirche“ (3/2015 S. 148-155 http://www.bibelundkirche.de )

Unter dem Titel „Pfingsten. Von Gott in der Muttersprache reden“ bietet die evangelische Neutestamentlerin Prof. Dr. Luise Schottroff eine andere, verblüffend einfache und gut nachvollziehbare Lösung.

Sie beginnt mit dem göttlichen pneuma, „den göttlichen Geist, der Menschen neues Leben schenkt“ und nennt biblische Bilder, die sein Wirken verdeutlichen.

Unter der Überschrift „IN SPRACHEN REDEN“ schreibt sie weiter >>In beiden Texten (1Kor 14; Apg 2) bewirkt die Geistkraft, dass die messianischen Menschen ‚in Sprachen‘ reden (manche übersetzen: „in Zungen“)<<…
Sie fragt >>Was ist das eigentlich?<<
Dann führt sie kurz an, was die wissenschaftlichen Kommentare dazu erzählen, um schließlich diese Auslegetradition infrage zu stellen.

Ähnlich wie Norbert Link (siehe oben) kommt Luise Schottroff auf das Übersetzungsproblem zu sprechen. Das griechische Wort glossa kann sowohl mit „Zunge“ als auch mit „Sprache“ übersetzt werden. Sie schreibt u.a.:>>Erst durch die Bibelübersetzung von glossais lalein mit „Zungenrede“ entsteht die Vorstellung von einem Sprachenwunder oder auch die einer ekstatischen, nichtkognitiven Sprache.
Wenn ich mich an ein normales griechisches Lexikon halte, müsste ich also im Bibeltext übersetzen: in „Sprachen“ oder in „anderen Sprachen“ reden. Es wäre dabei klar, die Menschen benutzen eine andere Sprache, die gegenüber der Verkehrssprache Fremdsprache ist.<<

>>Es gab Menschen, die in ihren eigenen Sprachen redeten und nicht in der Verkehrssprache. In Jerusalem im 1.Jh. sind Aramäisch und Griechisch die Verkehrssprachen, in Korinth ist es Griechisch. Aber beide Städte sind voll von Menschen mit „Migrationshintergrund“. Sie bringen andere Muttersprachen mit und können sich nur unterschiedlich gut in den Verkehrssprachen verständlich machen.<<

>>In beiden Orten, Korinth und Jerusalem, geschah in den messianischen Gemeinden Vergleichbares: Menschen begannen in ihrer Muttersprache zu reden in einer Situation, in der das nicht üblich war, in der erwartet wurde, dass sie in der Verkehrssprache reden oder gar nicht.>>

Mehr: https://www.bibelwerk.de/shop/Zeitschri ... 16053.html
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
Christel
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Re: Was ist "Zungenrede"?

Ungelesener Beitrag von Christel »

Zungenrede ein religionsüberschreitendes Phänomen
Glossolalie (Zungenrede, Sprachengebet) ist ein universales, religionsüberschreitendes Phänomen, bei dem Laute und Silbenfolgen geäußert werden, die keiner Sprache angehören und für einen Außenstehenden von einer Fremdsprache nicht unterscheidbar sind. http://www.ezw-berlin.de/html/3_202.php
In der christlichen Kirche wird das sogenannte "Zungenreden" seit Jahrhunderten gepflegt, aber diese Ekstase-Technik geht viel weiter zurück. Interessanterweise werden von der christlichen Kirche Geister-kontakte abgelehnt und dämonisiert. Das "Zungenreden" wurde aber allgemein toleriert, weil man einen direkten Kontakt zum "Heiligen Geist" implizierte - ja es gilt sogar als sicherer Beweis der Anwesenheit des göttlichen Geistes.
Das Sprechen in fremden Zungen (Sprachen) leitet sich von der schamanischen Ekstase und dem ekstatischen Reden ab. Diese Techniken wurden schon im alten Griechenland, im Dionysos-Kult, bei einem orgiastischen Dienst des Dionysos Bakcheios, "der die Menschen rasend macht" zelebriert. Zu dem bakchischen Tanz gehören körperliche Bewegungen, wie das Schütteln und Umherschwingen des Hauptes. Der Wahnsinn, der hier erscheint, wird als ein "heiliger Wahnsinn" betrachtet, der durch göttliches Hinausversetzen aus den gewohnten Zuständen entsteht. Die "begeisterten" sind "rasende", "ekstatische", "enthusiastische" Menschen, die "in Gott" oder "von Gott ergriffen sind".
Dieses Phänomen ist bis heute überall auf der Welt zu finden und wird weltweit praktiziert - übrigens selbst in Deutschland! http://www.thalia.de/shopping/produkte/ ... reden.html
Im Dionysos-Kult kann ich mir das ganz gut vorstellen. Es ist schon möglich, dass Menschen, die Christen wurden ihre „Gewohnheiten“ innerhalb der christlichen Gemeinde weiterpflegten.

Aber zugegeben, die Erklärung „Reden in der Muttersprache" gefällt mir außerordentlich gut!
Vielleicht kam beides vor?
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ball123
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Re: Was ist "Zungenrede"?

Ungelesener Beitrag von ball123 »

Das klingt sehr gut und schön!







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Atheisius
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Re: Was ist "Zungenrede"?

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Aber zugegeben, die Erklärung „Reden in der Muttersprache" gefällt mir außerordentlich gut!
Soso, Zungenreden, das sinnlose Gestammele von in hypnotische Ekstase versetzte Personen soll also reden in der Muttersprache sein? Lächerlich. Und so eine Aussage wird noch im Jahr 2015 gemacht! Wo leben wir eigentlich? Hat es in Europa keine Aufklärung gegeben? Wer also irres unverständliches Zeug stammelt hat nach Ansicht der Religioten den "Göttlichen Geist" in sich. Ich fass es nicht!!
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
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