Es stimmt und es stimmt doch nicht!
Die meisten Menschen zogen ja nicht freiwillig in den Krieg.
Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt
„Allgemeine Kriegsbegeisterung ist eine Mär“
In dem Artikel steht u.a.:
Denn die Zahl der Intellektuellen, die 1914 in Deutschland in einen nationalistischen Kriegstaumel gerieten, war groß: Sie reichte von Schriftsteller Thomas Mann ("Krieg! Es war Reinigung, Befreiung, was wir empfanden") über Theaterkritiker Alfred Kerr (der im Angesicht der Feinde schrieb: "Hunde dringen in das Haus - Peitscht sie raus!") bis zum Jenaer Philosophieprofessor Ernst Haeckel (der ausgerechnet dem lange um Frieden bemühten Großbritannien "brutalen nationalen Egoismus" vorwarf).
Hans Peter Hanssen hatte von der herrschenden Kriegsbegeisterung gelesen und wunderte sich bei seiner Berlinfahrt Anfang August: "Das Gegenteil scheint der Fall zu sein ..." Das Gegenteil? Doch worüber berichtete die zeitgenössische Presse dann? Und wovon zeugten die Jubelfotos?
Die Reaktion der Bevölkerungsmehrheit auf den drohenden Krieg sah anders aus. In den Tagen vor Kriegsausbruch rief die SPD in Berlin zu Anti-Kriegs-Demonstrationen auf. Trotz offiziellen Verbots nahmen mehr als 100 000 Menschen an diesen Protestzügen teil - weit mehr als an den patriotischen Demonstrationen.
Bei der städtischen Arbeiterschaft, aber auch bei der ländlichen und bäuerlichen Bevölkerung (mehr dazu hier) herrschte kein patriotischer Überschwang, sondern Angst, Verzweiflung, ja Panik. Wer sollte die Familien ernähren, wenn die wichtigsten Verdiener in den Krieg ziehen mussten, wer die Ernte einfahren, wenn die männlichen Arbeitskräfte fehlten? Ein Pfarrer im Berliner Arbeiterviertel Moabit stellte Wehler zufolge fest, dass "die akademische Begeisterung, wie sie sich der Gebildete leisten kann" zu fehlen scheine. Drastischer beschrieb der junge Bremer Sozialdemokrat Wilhelm Eildermann dem Historiker Tillmann Bendikowski zufolge die Stimmung: "Alle haben das Gefühl: Es geht direkt zur Schlachtbank."
[Hervorhebung von mir.]
Mehr:
http://www.sueddeutsche.de/politik/erst ... -1.2075802
Für den heutigen überzogenen Nationalismus entscheidet sich hingegen jeder selbst, ganz frei!
Bei dem Argument, welches Du vorbringst, muss ich außerdem spontan an die Zeugen Jehovas denken, die das auch gern anführen und auf diese Weise für sich werben. Einige sind auch genau deshalb zu den Zeugen gegangen.
Bekannte von mir, ehemalige Zeugen Jehovas, noch immer kritisch zu den Kirchen eingestellt und sich daher als freie Christen verstehend, bringen diese Christenkritik als Kirchenkritik immer wieder gern vor.
Doch was denkst Du, was sie zurzeit selbst tun?
Es ist kaum zu glauben, die sitzen jetzt da und freuen sich auf die Schlacht von Harmagedon.
Sie sind auch für die Bewaffnung der Bevölkerung frei nach dem Motto „Deutsche wehrt Euch!“
Die Predigt des „Pastors einer evangelischen Freikirche“ die Du hier
viewtopic.php?f=9&t=4208&p=14592&hilit= ... 9af#p14592 angeführt hast, kannte ich von Ihnen bereits.
Sie wollten damit belegen, dass man als Christ Flüchtlingen
nicht zu helfen braucht. Helfen braucht man nur den echten Brüdern Christi, nicht den Feinden Gottes, so deren Meinung.
Das ist natürlich Unsinn! Weder die reale Situation…, noch das Alte Testament, auch nicht das Weltgericht im Neuen Testament und schon gar nicht Jesu Gebot der Feindesliebe bestätigen diese Haltung.
Einige (auch ehemalige) Zeugen Jehovas stimmten mir zu. Aber eben nicht diese Leute von denen ich eben berichtet habe. Meine Einwände wurden von ihnen ignoriert.
Wer andere Menschen kritisiert und ihnen die Schuld gibt, dass sie sich von den Machthabern im Namen Deutschlands in einen Krieg treiben ließen, der ist deshalb in seinem eigenen Handeln und Denken noch lange nicht friedliebend oder gar liebevoll.