Historisch-kritische Bibelauslegung

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Atheisius
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Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Atheisius hat geschrieben:
Was gilt eigentlich 1952 Jahre später? Wer setzt denn heute noch sein Leben auf diese Botschaft? Wohl nur noch ein paar übriggebliebene Bibelhörige (Wortgläubige). Also Typen, wie du sie hier verkörperst.
Ich habe diese Aussage über mich bereits mehrfach zurückgewiesen. Möglicherweise bist Du nicht in der Lage zu unterscheiden:
Denn unschwer zu erkennen, lege ich die Bibel historisch-kritisch aus, im Gegensatz zu Fundamentalisten. Es gibt Gruppen, die sich in Abgrenzung zu anderen als „bibeltreu“ bezeichnen, ich halte das für Unsinn! Zudem erfasst es nicht das Wesentliche, Christsein bedeutet an Jesus Christus zu glauben
Jesus Christus ist als „Christus“ nicht mehr der historische Jesus. Insoweit ist deine Aussage widersprüchlich. Christus entzieht sich einer historisch- kritischen Bibelauslegung.

Du sprichst von einer durch deine katholische Kirche zugelassenen historisch-kritischen Bibelauslegung.

Die katholische Kirche sagt zur historisch-kritischen Bibelauslegung:
Bei dieser Auslegung soll die Einheit der ganzen Heiligen Schrift beachtet werden, zusätzlich die Überlieferung der Gesamtkirche. Die maßgebende Beurteilung der Schriftauslegung bleibt dabei immer der Kirche, d.h. dem kirchlichen Lehramt, vorbehalten. Was die möglichen Ergebnisse der Auslegung betrifft, wurde durch die katholische Kirche ein Rahmen vorgegeben, indem etwa die Geschichtlichkeit der vier Evangelien „ohne Bedenken bejaht“ wurde; diese Evangelien überliefern zuverlässig, was Jesus „in seinem Leben unter den Menschen ... wirklich getan und gelehrt hat“
https://de.wikipedia.org/wiki/Historisc ... he_Methode

Darin unterscheidet sich deine „katholisch-historisch kritische Bibelauslegung“ von der zahlreicher anderer Theologen.

Die katholische Variante der historisch-kritischen Bibelauslegung ist eine Mogelpackung und verdient diesen Namen nicht.

An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert formulierte der Theologe Ernst Troeltsch in seinem Aufsatz „Über historische und dogmatische Methode in der Theologie“ (1898) drei Säulen auf denen die „historisch-kritische Methode“ der Bibelauslegung beruht:

1. Das erste Prinzip der Kritik erklärt den Menschen zur Gerichtsinstanz, vor der sich die Bibel verantworten muss.

2. Das zweite Prinzip der Analogie erklärt Wunder für unmöglich: Es könne auch damals nur das passiert sein, was sich heute in unserer Alltagserfahrung zuträgt.

3. Und schließlich das Prinzip der Korrelation: Jedes Geschehen muss aus einem innerweltlichen Geschehenszusammenhang heraus erklärbar sein. Es kann also nur das als wahr anerkannt werden, was sich unter natürlichen Bedingungen erklären lässt. Mit anderen Worten: Man schließt von vornherein aus, dass ein handelnder Gott aktiv in den Lauf der wirklichen Geschichte eingreift.

https://de.scribd.com/doc/30925656/Troe ... he-Methode

Mit der historisch kritischen Bibelauslegung entmythologisierte der Theologe Rudolf Bultmann die Evangelien des neuen Testaments. Er schrieb in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts unter anderem:
  • - Erledigt sind damit die Geschichten von der Himmelfahrt Christi
    - Erledigt ist damit durch die Kenntnis der Kräfte und Gesetze der Natur der Geister und Dämonenglaube
    - Die Wunder des neuen Testaments sind damit als Wunder erledigt.
1921 veröffentlicht Bultmann seine Geschichte der synoptischen Tradition, die bis heute als Standardwerk zur Exegese des Neuen Testaments gilt. Er liefert darin eine gründliche formgeschichtliche Analyse der synoptischen Evangelien, in der er versucht, einzelne Quellen zu identifizieren, die Eingang in die Evangelien gefunden haben. Ähnlich wie Martin Dibelius vertritt er dabei die Ansicht, dass auch die ältesten Schriftquellen, die auf diese Art rekonstruiert werden, aus einer vorliterarischen Überlieferungsphase hervorgegangen sind. Sie dürften daher nicht als objektive historische Berichte betrachtet werden, sondern seien bereits vom Glauben der Urgemeinde geprägt. Bultmann war der Ansicht, Paulus (und Johannes) hätten sich nicht für den Menschen Jesus bzw. für sein Erdenleben interessiert, sondern nur noch für den geglaubten Christus.

http://joachimstiller.de/download/philo ... ltmann.pdf
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
Christel
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Christel »

@
Die historisch-kritische Methode ist heutzutage als grundlegende Methode der Bibelauslegung in den evangelischen und in der katholischen Kirche anerkannt https://de.wikipedia.org/wiki/Historisc ... he_Methode
Und ganz selbstverständlich praktiziert, fließt es überall mit ein. Oder wer hat noch nicht von der Quellentheorie gehört? Wer weiß nicht, dass es wichtig ist auf die literarische Form zu achten und zu unterscheiden, ob es ein Gedicht, ein Gebet, ein Gleichnis, ein Brief… ist?

Ganz wichtig ist der „Sitz im Leben“: https://de.wikipedia.org/wiki/Sitz_im_Leben
Unter welchen Umständen wurde eine Aussage gemacht? In welchem soziologischen Zusammenhang steht sie?

@ Im Namen von Ernst Troeltsch und Rudolf Karl Bultmann interpretierst Du die historisch-kritische Methode und bekräftigst Deine Aussagen mit Links. Was auch immer die Theologen Ernst Troeltsch und Rudolf Karl Bultmann lehrten, sie blieben Christen bis zu ihrem Lebensende.
Schreibt man über die Entwicklungsgeschichte der „historisch-kritische Bibelauslegung“ kommt man an diesen Theologen nicht vorbei. Um die historisch-kritische Methode anwenden, muss man allerdings nicht Troeltsch und Bultmann studieren.

@ Ganz praktisch geht es darum diesen Methodenapparat anzuwenden, so wie bei jedem beliebigen historischen Text.

Die Methodenschritte werden hier genannt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Historisc ... en_Methode

@ Entstanden ist die historisch-kritische Bibelauslegung in Verbindung mit der historischen Jesusforschung. Hierbei ging es vorrangig um die Frage, was lässt sich über Jesus historisch belegen?
Ein Blickwinkel, der zur kurz greift, wenn es um Textinterpretation geht. Texte nennen in der Regel nicht nur historische Abläufe, sie nennen Typisches und verpacken es in verschiedene Formen, sie verwenden Symbole … - Siehe auch unter Hermeneutik: https://de.wikipedia.org/wiki/Hermeneutik

@ Morgen wird „Christi Himmelfahrt“ gefeiert.
Bekannt dazu ist, dass was Lukas in der Apostelgeschichte erzählt:
Als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.
Während sie unverwandt ihm nach zum Himmel emporschauten, standen plötzlich zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen
und sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen. (Apg. 1,9-11)4
Man kann bezweifeln, dass sich das genau so abgespielt hat. Man kann die Erzählung sogar ersatzlos aus der Bibel streichen. – Ändern würde sich deshalb nichts!

Denn die Erzählung in der Apostelgeschichte drückt nur das aus, was an vielen anderen Stellen des Neuen Testaments auf andere Weise und in anderer Form ausgedrückt wird, Jesus ist auferstanden, er ist erschienen und nun beim Vater (Gott).

Von Paulus ist diese urchristliche Überzeugung im Brief an die Philipper in Form eines Gedichtes überliefert (Phil. 2,5-11):
Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht:
Er war Gott gleich, /
hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein,
sondern er entäußerte sich /
und wurde wie ein Sklave /
und den Menschen gleich. /
Sein Leben war das eines Menschen;
er erniedrigte sich /
und war gehorsam bis zum Tod, /
bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat ihn Gott über alle erhöht /
und ihm den Namen verliehen, /
der größer ist als alle Namen,
damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde /
ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu
und jeder Mund bekennt: /
„Jesus Christus ist der Herr“ - /
zur Ehre Gottes, des Vaters.
Dieselbe Überzeugung findet sich bei Johannes in Form einer Rede Jesu:
Joh 14,12:
Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen und er wird noch größere vollbringen, denn ich gehe zum Vater.

Joh 14,28:
Ihr habt gehört, dass ich zu euch sagte: Ich gehe fort und komme wieder zu euch zurück. Wenn ihr mich lieb hättet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich.

Joh 16,10
Gerechtigkeit: dass ich zum Vater gehe und ihr mich nicht mehr seht;

Joh 16,28:
Vom Vater bin ich ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.
Und an vielen anderen Stellen…

Es geht um Grundsätzliches im Christentum:
Jesus war bei Gott, war Gott, ist Mensch geworden, hat uns Gott kundgetan, ist gestorben, auferstanden, erschienen und wieder zu Gott gegangen. Von dort her sendet er seinen Geist / Gottes Geist. Es kommt darauf an, wes Geistes Kind man ist.

Das alles lässt sich ganz sachlich und neutral analysieren!

Im Neuen Testament beschreiben die Christen des ersten Jahrhunderts ihre Überzeugung. Das ist ein historischer Fakt. – Ob diese Überzeugung richtig ist, lässt sich mit keiner Forschung restlos belegen, auch nicht widerlegen.

Es bleibt die Entscheidung jedes Einzelnen, ob er in diese Überzeugung der ersten Christen einstimmt: https://www.youtube.com/watch?v=Px6T5mUgYcg
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb
Was auch immer die Theologen Ernst Troeltsch und Rudolf Karl Bultmann lehrten, sie blieben Christen bis zu ihrem Lebensende.
Soso

Christ geblieben ist auch der Theologe Eugen Drewermann, obwohl er 2005 aus der katholischen Kirche ausgetreten ist.

https://de.wikipedia.org/wiki/Eugen_Drewermann

Christ geblieben ist auch Peter de Rosa, ehemaliger römisch-katholischer Priester und Jesuit. De Rosa studierte an der Gregorianischen Universität in Rom. 1970 unterzeichnete er gemeinsam mit rund 100 weiteren britischen, katholischen Priestern einen Offenen Brief gegen die päpstliche Enzyklika Humanae Vitae.

https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_de_Rosa

Christin geblieben ist auch Uta Ranke- Heinemann. 1969 habilitierte sie sich als erste Frau der Welt in katholischer Theologie (Hauptgutachter war Karl Rahner) und wurde darauf im Januar 1970 die erste Professorin in diesem Fach.

Sie lehnt die Interpretation der Kreuzigung Jesu als Erlösung in einem „siebenfachen negativen Glaubensbekenntnis“ ab:

1.Die Bibel ist nicht Gottes-, sondern Menschenwort.
2.Dass Gott in drei Personen existiert, ist menschlicher Fantasie entsprungen.
3.Jesus ist Mensch und nicht Gott.
4.Maria ist Jesu Mutter und nicht Gottesmutter.
5.Gott hat Himmel und Erde geschaffen, die Hölle haben die Menschen hinzuerfunden.
6.Es gibt weder Erbsünde noch Teufel.
7.Eine blutige Erlösung am Kreuz ist eine heidnische Menschenopferreligion nach religiösem Steinzeitmuster.

Ranke-Heinemann schreibt:
„Und so bin ich fortgegangen […] von dem Gott mit den blutigen Händen, der seinen einzigen Sohn für uns opferte […] und wandte mich ab von den Theologen […] ihrer Verstandesfeindlichkeit und ihren grausamen Märchen und glaubte ihnen nicht mehr […].
https://de.wikipedia.org/wiki/Uta_Ranke-Heinemann

Ich könnte hier noch etliche Theologen mehr aufführen, welche Christ geblieben sind obwohl sie keinen Glauben mehr hatten.

Christel schrieb:
Entstanden ist die historisch-kritische Bibelauslegung in Verbindung mit der historischen Jesusforschung. Hierbei ging es vorrangig um die Frage, was lässt sich über Jesus historisch belegen?
So ist es. Im Ergebnis der historisch-kritischen Bibelauslegung lässt sich über den historischen Jesus so gut wie nichts „belegen“. Jesus ist für das Christentum die zentrale Person. Über ihn sind viele Bücher zusammengeschrieben worden. Die meisten Jesus-Bücher sind jedoch nur von begrenztem Wert, da sie den "verkündeten" mit dem "geschichtlichen" Jesus gleichsetzen und sich zugleich weigern, die historisch-kritische Methode in vollem Umfang anzuwenden. Inzwischen ist sich die internationale kritische Forschung darüber einig, dass die meisten Worte Jesu nachträgliche Zuschreibungen und seine Taten Erfindungen sind.

Christel schrieb:
Morgen wird „Christi Himmelfahrt“ gefeiert.
Bekannt dazu ist, dass was Lukas in der Apostelgeschichte erzählt:
Als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.
Während sie unverwandt ihm nach zum Himmel emporschauten, standen plötzlich zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen
und sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen. (Apg. 1,9-11)4
Man kann bezweifeln, dass sich das genau so abgespielt hat. Man kann die Erzählung sogar ersatzlos aus der Bibel streichen. – Ändern würde sich deshalb nichts!
Was heißt, man kann das bezweifeln? Diese Story ist eine reine Erfindung. Nonsens. Spätestens mit Einführung der historisch-kritischen Bibelauslegung weiß man das.

Man kann nicht nur diese Story aus der Bibel streichen sondern auch viele andere dieser unsinnigen Mythen. Nicht nur die „leibliche Himmelfahrt“ sondern auch die Mär von der „Auferstehung“ aus dem Grab. Ändern würde sich deshalb nichts. Da hast du vollkommen Recht. Der historische Jesus ist für den katholischen Glauben unwichtig. Es wird an den von Paulus erfundenen Mythos des zum Christus erhobenen Menschen Jesus geglaubt.
Letztendlich ist es dabei egal ob es Jesus tatsächlich gegeben hat.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
Christel
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Christel »

Atheisius, ich habe bei den Theologen Ernst Troeltsch und Rudolf Karl Bultmann nachgelesen, dass sie Christen geblieben sind.

Die anderen Personen, die Du aufzählst, haben ihre je eigenen Probleme. Eugen Drewermann ist eher Psychoanalytiker als Theologe und ist ganz gewiss nicht an der historisch-kritischen Methode gescheitert.

Die historische Jesusforschung hat belegt, dass es sich bei Jesus um eine wirkliche historische Person handelt. Außerdem geht man davon aus, dass authentische Worte Jesu gesammelt und überliefert sind.
Siehe „Historische Jesusforschung“ den Begriff „Logienquelle“ https://de.wikipedia.org/wiki/Historisc ... sforschung
Siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Logienquelle_Q

Lukas der Verfasser des Evangeliums nach Lukas als auch der Apostelgeschichte schreibt einleitend zu seinem Evangelium:
Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat. Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren. Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest. (Lukas 1,1-4)
Er beschreibt sich nicht als Augenzeuge, sondern bringt Informationen aus zweiter oder dritter Hand. Das trifft auch auf die Apostelgeschichte zu in der Lukas Jesu Weg zum Vater mit den Worten beschreibt „Als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.“

War es genau so?

Historisch belegt ist eine Auseinandersetzung zwischen der christlichen Gemeinde von Jerusalem und Paulus über die Beschneidung.
Lukas berichte darüber in Apg 16,3:
Paulus wollte ihn als Begleiter mitnehmen und ließ ihn mit Rücksicht auf die Juden, die in jenen Gegenden wohnten, beschneiden; denn alle wussten, dass sein Vater ein Grieche war.
Auch Paulus, der dabei war, auf dessen Initiative das Apostelkonzil überhaupt erst standstand, berichtet davon im Brief an die Galater. Darin widerspricht er dem Bericht von Lukas (Gal 2,3):
Doch nicht einmal mein Begleiter Titus, der Grieche ist, wurde gezwungen, sich beschneiden zu lassen.
Die moderne Bibelwissenschaft sieht es in Übereinstimmung mit der Tradition als gesichert an, dass der Apostel Paulus von Tarsus der Autor des Galaterbriefs ist.[1] Der Galaterbrief ist dabei eine ausgezeichnete autobiographische Quelle, da Paulus hier über die wichtigsten Stationen auf seinem Weg als Christ berichtet. https://de.wikipedia.org/wiki/Brief_des ... ie_Galater
Das Apostelkonzil fand tatsächlich statt, allerdings nicht ganz so, wie es Lukas in der Apostelgeschichte beschreibt, Lukas glättet.

Du siehst, historisch lässt sich eine Menge feststellen!
Atheisius hat geschrieben:Der historische Jesus ist für den katholischen Glauben unwichtig.
Das sehe ich anders!

Du sprichst hier das Axiom (unbewiesene Annahme) des „Ostergrabens“ an, wonach man glaubte zwischen dem historischen Jesus und dem geglaubten Christus unterscheiden zu müssen und zwar dies schon bei den urchristlichen Dokumenten. – Man spricht dann viel von Gemeindebildung…
Ich denke, hier hielt die Spekulation in die Theologie Einzug.

Im Übrigen, waren die ersten Christen, dieselben Menschen die Jesus nachfolgten als er auf Erden weilte. Jesus wurde hingerichtet und seine Anhänger konnten sich glücklich schätzen, dass es sie nicht auch erwischt hatte.
Es bedurfte schon einer einschneidenden Erfahrung, die sie wiederzusammenführte, sie die Gefahr verdrängen ließ und sie veranlasste trotz Gefahr für das eigene Leben, Jesus als Auferstandenen zu bezeugen.
Ein „Ostergraben“? Ober vielleicht eher eine Osterbrücke.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Vornweg:
Der Glaube an die Himmelfahrt Jesu ist in Deutschland inzwischen so abwegig geworden, dass die Bezeichnung „Himmelfahrtstag“ durch die Bezeichnung „Herrentag“ ersetzt wird, wie eine Meldung der Zeitung „Welt“ zeigt:

http://www.welt.de/regionales/niedersac ... chsen.html

Im Sprachgebrauch hat sich aber doch „Vatertag“ durchgesetzt.
Christel schrieb:
Die historische Jesusforschung hat belegt, dass es sich bei Jesus um eine wirkliche historische Person handelt. Außerdem geht man davon aus, dass authentische Worte Jesu gesammelt und überliefert sind.
Ich will das ja auch nicht bestreiten. Allerdings hat die historisch-kritische Bibelforschung auch ergeben, dass man so gut wie nichts über diesen historischen Jesus weiß.
Albert Schweitzer schrieb: „Paulus ist der einzige Mensch im Urchristentum, den wir wirklich kennen“.
Von Jesus schweigt die zeitgenössische Geschichtsschreibung. Das berüchtigte Testimonium Flavianum ist nachgewiesenermaßen eine christliche Fälschung, durchgeführt von Bischof Eusebius. Dieses flavianische Zeugnis wurde zuerst im vierten Jahrhundert erwähnt und zwar von diesem Eusebius von Cäsarea, einem Bischof, Kirchenpolitiker und -historiker. Er hatte es angeblich, in einem Buch gefunden, das Josephus im Jahre 94 unter dem Titel "Jüdische Altertümer" geschrieben hat.

Die historisch-kritische Bibelforschung konnte nachweisen, dass sich im Neuen Testament zahlreiche Worte Jesu finden, welche ihm erst später in den Mund gelegt wurden und die dennoch in den christlichen Kirchen bis heute als Gottes Wort gelten. Die historisch-kritische Bibelforschung weist eine Vielfalt von unechten Jesusworten nach und zeigt deutlich, dass Jesus nach dem Kreuzestod schnell zum Mittelpunkt eines neuen Glaubens wurde. Christen haben von Beginn an von Jesus Antwort auf ihre Fragen erwartet und, wo kein geeignetes Jesus-Wort vorhanden war oder ein Ausspruch nicht mehr passte, haben sie Worte verändert oder gar erfunden.
Christel schrieb:

Atheisius hat geschrieben:
Der historische Jesus ist für den katholischen Glauben unwichtig.
Das sehe ich anders!
Das darfst du auch und du stehst dabei in einer Reihe mit vielen anderen Christen.

Die christliche Theologie interessiert sich nicht für den historischen Jesus. Bei keinem der Verfasser der im NT gesammelten Schriften lässt sich ein Interesse an historisch korrekten Informationen über den Menschen Jesus erkennen. Berücksichtigt man entsprechende Tendenzen in der damaligen Gesellschaft, so erscheint es als nicht sonderlich ungewöhnlich, dass sich die unterschiedlichen Schreiber stattdessen einem Mythos, dem Mythos vom Gottmenschen Christus, verschrieben. Die Transformation des Menschen Jesus zur Kunstfigur Christus beginnt bei Paulus. Paulus wird deshalb als der eigentliche Begründer des Christentums gesehen. Jesus war kein Religionsstifter.

Die Vertreter der jeweils tonangebenden Theologie haben über alle Zeiten hinweg bis in unsere Tage Zweifel an der Geschichtlichkeit Jesu nie zugelassen. Sie haben sich für den Menschen Jesus dennoch nicht interessiert.

Mit dem Theologen Martin Kähler (1835-1912) identifizieren sich auch heute noch viele christliche Theologen. Kähler hielt 1892 einen Vortrag mit dem Titel „Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche biblische Christus“

http://www.amazon.de/sogenannte-histori ... 3862800520

Darin sagt er:
"Der sogenannte historische Jesus ist für die Wissenschaft nach dem Maßstabe moderner Biografie ein unlösbares Problem; denn die vorhandenen Quellen reichen nicht aus und die ersetzende Kunst ist diesem Problem nicht gewachsen."
Er gibt an anderer Stelle mehr als deutlich zu erkennen, dass sich für ihn persönlich daraus jedoch kein Problem ergibt. Er bekennt:
"Ich sehe diese ganze »Leben-Jesu-Bewegung« für einen Holzweg an."
Kähler stellt dann seine Überzeugung bzw. seinen Glauben in typischer, ganz und gar unkritischer, Denkungsart und Sprache der Theologie dagegen:
"Der geschichtliche Christus ist der geglaubte und gepredigte Christus, das Fleisch gewordene Wort."
Und er setzt noch eins drauf:
"Der biblische und also auch der geschichtliche Christus ist der offenbarte Gott in seiner erlösenden Handlung."
Die Fantasie Kählers war damit durchaus noch nicht erschöpft. Ihren "Gipfel" erklomm sie dann mit der Feststellung:
"Christus als die Selbstoffenbarung Gottes ist nie zu trennen von der Geschichte, deren Gipfel er ist."
Das ist natürlich eine typische Glaubensmeinung aus dem theologischen Denk-Getto, aus einer Sphäre also, in der weder "gerader Menschenverstand" (Franz Overbeck) noch intellektuelle Redlichkeit eine wesentliche Rolle spielen.

Auch interessant zu wissen: Der Glaube braucht keinen historischen Jesus:
So wie die Quellenlage sich darstellt, ist es sinnlos, hinter dem „biblischen Christus“ einen (vielleicht ganz anderen) „historischen Jesus“ zu suchen. Selbst wenn es ihn gäbe, hätten wir keinen Zugang zu ihm. Wir brauchen ihn aber auch gar nicht. Denn der Jesus Christus, den die Christenheit seit Jahrhunderten kennt und braucht, ist der biblische Christus, der uns im Neuen Testament begegnet. Und der bedarf keiner historischen Beglaubigung. Er beglaubigt seine Vollmacht selbst, indem er Glauben weckt.
http://www.evangelischer-glaube.de/jesu ... che-jesus/
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
Claire Goll (1891 – 1977)
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Christel »

Gut, dann schauen wir uns mal die Fakten an:
Man weiß:
Jesus von Nazaret (aramäisch ישוע Jeschua oder Jeschu`, gräzisiert Ἰησοῦς; * zwischen 7 und 4 v. Chr., wahrscheinlich in Nazareth; † 30 oder 31 in Jerusalem) war ein jüdischer Wanderprediger. https://de.wikipedia.org/wiki/Jesus_von_Nazaret
Ich habe ein Büchlein vor mir, darin wird das Jahr 30 als Todesjahr Jesu genannt.
Im Jahr 33/34 wurde Paulus Christ.

Davor hat Paulus die Christen verfolgt. Die Rede ist von 2 bis maximal 4 Jahre nach Jesu Tod.

In dieser kurzen Zeit hatten sich die Jünger Jesu unter dem Schock der Kreuzigung zerstreut.
Sie kamen aber wieder zusammen, weil Jesus ihnen als erschien. Es war die Überzeugung, Jesus lebt, er ist Auferstanden, wodurch die Jünger Jesu erneut eine Gemeinschaft bildeten und sogar neue Anhänger gewannen.

Der Brief an die Galater gilt in der Forschung übereinstimmend als echt. Dort erzählt Paulus über die Ereignisse im Jahr 33/34 bis zum sog. Apostelkonzil.

Gal 1,15-2,2:
Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, mir in seiner Güte seinen Sohn offenbarte, damit ich ihn unter den Heiden verkündige, da zog ich keinen Menschen zu Rate; ich ging auch nicht sogleich nach Jerusalem hinauf zu denen, die vor mir Apostel
Drei Jahre später ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennen zu lernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm.
Von den anderen Aposteln habe ich keinen gesehen, nur Jakobus, den Bruder des Herrn.
Was ich euch hier schreibe - Gott weiß, dass ich nicht lüge.
Danach ging ich in das Gebiet von Syrien und Zilizien.
Den Gemeinden Christi in Judäa aber blieb ich persönlich unbekannt,
sie hörten nur: Er, der uns einst verfolgte, verkündigt jetzt den Glauben, den er früher vernichten wollte.
Und sie lobten Gott um meinetwillen.
Vierzehn Jahre später ging ich wieder nach Jerusalem hinauf, zusammen mit Barnabas; ich nahm auch Titus mit.
Paulus kennt den christlichen Glauben also zurzeit seiner Bekehrung bereits so gut, dass er nicht erst Unterricht nimmt, sondern sofort selbst die Initiative ergreift und missionarisch tätig wird.

Was er verkündet, daran erinnert er im ersten Brief an die Korinther. Der Brief gilt in der Forschung als echter Paulusbrief. Paulus sagt darin, dass er dies von den Christen übernommen hat. Indirekt sagt er, ihr könnt sie fragen: „die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen!“

1. Kor 15,1-11:
Ich erinnere euch, Brüder, an das Evangelium, das ich euch verkündet habe. Ihr habt es angenommen; es ist der Grund, auf dem ihr steht. Durch dieses Evangelium werdet ihr gerettet, wenn ihr an dem Wortlaut festhaltet, den ich euch verkündet habe. Oder habt ihr den Glauben vielleicht unüberlegt angenommen?
Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, und erschien dem Kephas, dann den Zwölf.
Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen.
Danach erschien er dem Jakobus, dann allen Aposteln.
Als Letztem von allen erschien er auch mir, dem Unerwarteten, der «Missgeburt».
Denn ich bin der geringste von den Aposteln; ich bin nicht wert, Apostel genannt zu werden, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe.
Doch durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin, und sein gnädiges Handeln an mir ist nicht ohne Wirkung geblieben. Mehr als sie alle habe ich mich abgemüht - nicht ich, sondern die Gnade Gottes zusammen mit mir.
Ob nun ich verkündige oder die anderen: das ist unsere Botschaft, und das ist der Glaube, den ihr angenommen habt.
Jesus war Jude. Er wurde unter dem Römer Pontius Pilatus gekreuzigt. Offensichtlich ist Jesus aber nicht nur mit den Römern angeeckt, sondern hatte Gegner im Judentum, die seine Hinrichtung vorantrieben.

Der Jude Paulus gibt seine Treue zum jüdischen Gesetz als Grund an, weshalb er die Christen verfolgte: „Ihr habt doch gehört, wie ich früher als gesetzestreuer Jude gelebt habe, und wisst, wie maßlos ich die Kirche Gottes verfolgte und zu vernichten suchte.“

Das Apostelkonzil tagte 15 bis 16 Jahre nach der Bekehrung von Paulus, also knapp 20 Jahre nach Jesu Hinrichtung:
"Die vierzehn Jahre sind im Anschluss an die drei Jahre vom 1,18 zu berechnen; da in solchen Fällen oft nicht das volle Kalenderjahr gezählt wird, handelt es sich um etwa 15 bis 16 Jahre nach der Bekehrung."(Kommentar zur Einheitsübersetzung)
Jesus war Jude, doch für den Juden Paulus waren das jüdische Gesetz und Jesu Botschaft nicht miteinander vereinbar. Letztlich entschieden die Jünger Jesu, also die Juden, die mit Jesu zusammen waren, für Paulus und gegen das jüdische Gesetz.

Man kann einwenden, dass die Texte der Evangelien erst in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts verfasst wurden, also erst nach dem Jahr 50. Allerdings ist sich die Forschung einig das dabei auf ältere Überlieferungen zurückgegriffen wurde, siehe „Logienquelle Q“ https://de.wikipedia.org/wiki/Logienquelle_Q
Sein Amt soll ein anderer erhalten!
Einer von den Männern, die die ganze Zeit mit uns zusammen waren, als Jesus, der Herr, bei uns ein und aus ging, angefangen von der Taufe durch Johannes bis zu dem Tag, an dem er von uns ging und (in den Himmel) aufgenommen wurde, - einer von diesen muss nun zusammen mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein. (Apg 1,20-22)
Maßgeblich auch hier das Leben Jesus zu kennen, ja dabei gewesen zu sein.

Es ist auch völlig klar, wie will ich denn eine persönliche Beziehung zu einer Person aufbauen, von der ich nichts weiß?
Das müssen nicht haarklein alle Fakten sein, jedes Wort… - Das funktioniert im wirklichen Leben gar nicht. (In der Antike schrieb man weniger als heute, kannte dafür aber mehr auswendig, im Wortlaut. – Aber ich muss Zeit mit der Person verbracht haben und ihr Wesen kennen.

Dem kirchenfernen, der eine dicke Bibel in der Hand hält, fällt es nicht auf. Der Besucher einer katholischen Messe kann feststellen, dass er bei allen Lesungen aus der Bibel sitzt. Wenn aber aus dem Leben Jesu berichtet wird, d.h. wenn aus den Evangelien gelesen wird, dann steht die Gemeinde auf.

Mir war immer Jesu Botschaft, vom Reich Gottes, sehr zentral. Damit ist keineswegs nur ein jenseitiges kommendes Reich gemeint. Man frage Papst Franziskus.

Die Theologie und die Kirche sind sowieso ein weites Feld.
Vielleicht übersieht manch "Bücherwurm", der nur Texte vor Augen hat, dass die ersten Christen Fischer und Handwerter waren und keine Dichter. Es gab sie, die ersten Christen bereits kurz nach Jesu Tod. Da war keine Zeit für Legendenbildung.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:

Man kann einwenden, dass die Texte der Evangelien erst in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts verfasst wurden, also erst nach dem Jahr 50. Allerdings ist sich die Forschung einig das dabei auf ältere Überlieferungen zurückgegriffen wurde, siehe „Logienquelle Q“
https://de.wikipedia.org/wiki/Logienquelle_Q
Nun, einig ist sich die Forschung dabei keineswegs, wie unter demselben Link nachgelesen werden kann:
Der Hypothesenbildung sind kaum Grenzen gesetzt, da Q oder Teile davon außerbiblisch als Text nicht greifbar ist. Spätestens um das Jahr 70 n. Chr. soll aber ein unbekannter Redaktor die „Endfassung“ der Logienquelle als einen Text niedergeschrieben haben. In der Quelle findet sich gemäß Rekonstruktion kein Passions- oder Auferstehungsbericht (wie im Thomasevangelium). Es handelt sich mit wenigen Ausnahmen (z.B. Q 7,1–10) um Worte und Aussprüche Jesu, der in der christlichen Quelle vor allem als Menschensohn verehrt wird.
Christel schrieb:
Dem kirchenfernen, der eine dicke Bibel in der Hand hält, fällt es nicht auf. Der Besucher einer katholischen Messe kann feststellen, dass er bei allen Lesungen aus der Bibel sitzt. Wenn aber aus dem Leben Jesu berichtet wird, d.h. wenn aus den Evangelien gelesen wird, dann steht die Gemeinde auf.
Ja. Und dann endet diese Lesung mit: „Wort des lebendigen Gottes" und die Gemeinde antwortet: „Dank sei Gott." Denn Katholiken sollen glauben, dass Gott selbst in der gottesdienstlichen Verkündigung der Heiligen Schrift zu ihnen spricht. Und es macht die Sache nicht glaubwürdiger, wenn dieser Unsinn im Stehen und nicht im Sitzen vom Pfaffen entgegen genommen wird.

In den Evangelien stehen etwa 260 Jesu Worte, Aussagen also, von denen behauptet wird, dass sie von Jesus stammen. Würden wir alle diese Texte als sicher überliefert zusammen nehmen, dann hätten wir natürlich einen ziemlich großen Textbestand, der uns als Meinung des historischen Jesus überliefert wäre. Derart unkritisch wird gewöhnlich in Bibelstunden oder in Predigten über das geredet, was Jesus gesagt haben soll. Ich höre das auch jeden Morgen im Radio, in der Morgenandacht meines Senders. Auch im Fernsehen kann man sich diesen Unsinn an jedem Samstagabend im "Wort zum Sonntag" anhören.

Die moderne Jesusforschung verfährt so nicht. Sie stellt in ihrer Texterforschung zu jedem einzelnen Jesustext kritisch die Echtheitsfrage: Stammt dieses Jesus-Logion (griechisch: Logion = Wort) wie der Fachmann das nennt, wirklich von Jesus, oder ist es in einem anderen Zusammenhang und damit in späterer Zeit entstanden? Die Jesus-Forschung wendet dabei an den biblischen Texten Echtheitsprüfungen an, wie sie bei allen alten historischen Texten wissenschaftlich üblich sind, etwa in der Altphilologie bei den Schriften Platons zur Frage nach den echten Sokrates-Dialogen.

Diese wissenschaftliche Arbeit speziell an den Texten der Evangelien des Neuen Testaments ist 1922 richtungweisend von Rudolf Bultmann begründet worden mit seiner Untersuchung über „Die Geschichte der synoptischen Tradition“, dem Standardwerk jedes evangelischen Theologiestudiums. Bultmann hat darin in akribischer Detailarbeit die Texte der drei Evangelien Markus, Matthäus, Lukas literarisch und formengeschichtlich analysiert und dabei ihre Entstehung aus unterschiedlichen Quellen nachgewiesen. Diese rein wissenschaftliche Arbeit hat mit dem christlichen Glauben überhaupt nichts zu tun. Sie ist für jeden, der sich mit seinem Verstand darum bemüht, in Methoden und Ergebnissen zwingend nachzuvollziehen und einsichtig.

Dabei ist ganz nüchtern festzustellen, dass von den 260 Jesusworten nur ein Bruchteil von Jesus selber stammt. Viele Texte sind Jesus von der Urgemeinde, von den ersten Christen also, in den Mund gelegt worden. Deshalb gibt es eine große Gruppe von sogenannten Jesusworten, die den historischen Jesu gar nicht zum Autor haben.

Bleibt etwas Echtes übrig? Um diese Frage streiten sich die Jesus-Wissenschaftler seit fast 100 Jahren – auch heute noch. Übe jedes einzelne Logion gibt es eine lange wissenschaftliche Diskussion und die jeweilige Einschätzung kann dabei von Fachmann zu Fachmann abweichen. Die Zahl der für echt angenommen Jesus-Logien schwankt deshalb von Forscher zu Forscher. Vielleicht sind 5 bis 15 Prozent echt, 10 bis 35 Texte also.

Ein solches Logion, das wirklich auf Jesus zurückgeht wird, „Verbum ipsissimum“ genannt, also ein ureigenes Wort, das Jesus selbst gesagt haben könnte. Ein allerletzter Beweis dafür fehlt. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr groß, dass sprachlich und gedanklich diese Texte von einer einzigen exponierten Person stammen, die aus dem historischen Kontext heraus nur Jesus von Nazareth gewesen sein kann.

Die Ich-bin-Reden im Johannesevangelium, die Jesus von sich in erster Person sagen lassen, er sei die Auferstehung, er sei das Licht der Welt, er sei der Weinstock usw., gehen mit Sicherheit nicht auf Jesus zurück, sondern sind ihm erst nachträglich in den Mund gelegt worden, um den Glauben einer späteren Generation von Christen auszudrücken. Ebenso verhält es sich mit den meisten Wundergeschichten die ihm nur deshalb angedichtet wurden um nach seinem Tod bzw. dem Humbug seiner vermeintlichen "Auferstehung" aus dem Grabe seine Bedeutung zu erhöhen.

Aus dem einfachen Wanderprediger Jesus, welcher vermutlich nicht lesen und schreiben konnte, wurde ja nach seiner Hinrichtung durch die Römer, durch die christliche Urgemeinde unter Anleitung des Apostels Paulus der göttliche Jesus Christus, der Gottessohn gemacht. Irgendwie musste das ja begründet werden.

Der Christ glaubt, dass er etwas weiß,
doch geht er auf sehr dünnem Eis.
Von Pfaffen früh aufs Kreuz gelegt,
der Christ sich eingeengt bewegt.

Der Wissenschaftler ständig irrt,
das klingt zunächst etwas verwirrt.
Doch wenn den Irrtum er erkennt,
man dieses einen Fortschritt nennt.

So kommt die Wissenschaft voran,
sie bleibt nicht steh‘n in Kanaan.
Der Pfaffe dreht sich nur im Kreis,
für „Gott“ fehlt jeglicher Beweis.


http://www.reimbibel.de
„Die Bibel ist eine Sammlung ehrbarer, aber auch dennoch primitiver Legenden, welche doch ganz schön kindisch sind. Keine Interpretation, wie feinsinnig sie auch sein mag, kann das (für mich) ändern.
……. Für mich ist die jüdische Religion wie jede andere der Innbegriff des kindischsten Aberglaubens“
Aus dem Brief von Albert Einstein vom 03.01.1954 an den Philosophen Eric Gutkind.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Christel »

Atheisius hat geschrieben:Bultmann hat darin in akribischer Detailarbeit die Texte der drei Evangelien Markus, Matthäus, Lukas literarisch und formengeschichtlich analysiert und dabei ihre Entstehung aus unterschiedlichen Quellen nachgewiesen. Diese rein wissenschaftliche Arbeit hat mit dem christlichen Glauben überhaupt nichts zu tun. Sie ist für jeden, der sich mit seinem Verstand darum bemüht, in Methoden und Ergebnissen zwingend nachzuvollziehen und einsichtig.
Richtig!
Aber nicht nur Bultmann, sondern generell der historisch-kritische Methodenapparat sowie die biblische Einleitungswissenschaft (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Biblische ... ssenschaft) sind rein wissenschaftlich. Darüber kann man gut ins Gespräch kommen, denn der Glaube spielt hier keine Rolle.
Erst im Nachhinein folgt die Entscheidung „Unsinn“ oder „Ich glaube.“

Man versucht die Entstehung der Evangelien zu rekonstruieren, dabei kam man darauf, dass Matthäus und Lukas, außer auf Markus, noch auf eine gemeinsame Spruchsammlung, die sogenannte „Logienquelle Q“ zurückgegriffen haben müssen.

Darin ist sich die Forschung einig.
Dabei spielt es keine Rolle, dass Q nicht greifbar ist, denn vieles ist nicht greifbar!

Man kann die gesamte Datierungsgeschichte der Evangelien hinterfragen. Eine Datumsangabe fehlt!

Am einfachsten lassen sich die Evangelien nach oben hin abgrenzen, denn sobald ein Text woanders erwähnt wird, steht fest, zu dieser Zeit hat der Text schon existiert.

Einigkeit besteht daher darin, dass die Evangelien alle im ersten Jahrhundert geschrieben wurden.
Doch wann genau, darin sind sich die Forscher nicht einig.

Als Abgrenzung nach unten wird immer wieder die „Zerstörung des Tempel im Jahr 70 n. Chr. durch die Römer“ in Betracht gezogen. Es gibt Stellen in den Evangelien, die darauf hindeuten, dass dies den Verfassern der Evangelien bekannt war.
Allerdings wurde der Tempel früher schon mal zerstört (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Jerusalemer_Tempel). Es gehörte nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, dass es wieder passieren könnte. Daher lassen sich Spekulationen / Prophezeiungen bezüglich des Tempels überhaupt nicht ausschließen.

Ein empfehlenswertes Buch, welches die explosive historische Situation zurzeit Jesu sehr gut zeigt, ist das Buch von Gerd Theißen „Der Schatten des Galiläers: Jesus und seine Zeit in erzählender Form“.
http://www.amazon.de/Schatten-Galil%C3% ... 3579064045
Siehe auch:
https://www.uni-due.de/~gev020/courses/ ... issen1.htm

Zudem ist das Buch durch die fiktive Rahmenhandlung spannend zu lesen.
Die Erzählung ist zwar frei erfunden, aber die vorkommenden historischen Personen, sowie die geschichtliche Situation werden exakt und richtig wiedergegeben.

Ein andermal mehr!

Am kommenden Wochenende feiern wir Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes!

Johannes schreibt in seinem Prolog über Jesus und die Seinen (Joh 1,11-13):
Er kam in sein Eigentum, / aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Allen aber, die ihn aufnahmen, / gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, /
allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, / nicht aus dem Willen des Fleisches, /
nicht aus dem Willen des Mannes, / sondern aus Gott geboren sind.
Es kommt nicht darauf an, möglichst viel auswendig zu können, exakt wiederzugeben…
Letztlich kommt es nur darauf an „Wes Geistes Kind man ist“.

In diesem Sinne
Wünsche ich ein frohes geistreiches Pfingstfest
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Zudem ist das Buch durch die fiktive Rahmenhandlung spannend zu lesen.
Die Erzählung ist zwar frei erfunden, aber die vorkommenden historischen Personen, sowie die geschichtliche Situation werden exakt und richtig wiedergegeben.
Wirklich?

In der Rezension eines Lesers bei Amazon über dieses Buch eines gläubigen Professor für Neues Testament an der Universität Heidelberg ist unter anderen zu lesen:
Tatsächlich kaum mehr als einen Schatten vermittelt uns Gerd Theißen im vorliegenden Buch. Dabei ist die Grundidee durchaus vielversprechend: Ein wohlhabender Kaufmannssohn gerät am Rande einer Demonstration zwischen die Fronten und wird von den Römern verhaftet.
Er wird vor Pontius Pilatus geführt, der als Bedingung für eine Freilassung eine Art Spionageauftrag verlangt. Unser junger "Held" soll sich auf die Spuren des Wanderpredigers Jesus machen um die Gefahr weiterer Aufstände auszuloten und Pilatus darüber zu berichten.
Für mich gelingt es dabei aber leider nie, eine Atmosphäre beim Leser zu erzeugen, die ein Gefühl von Zeitreise hinterlässt. Alles, auch die Gespräche mit Pilatus und sonstiger Menschen, die den Weg unseres "Spions wider Willen kreuzen wirkt nüchtern, sachlich und ohne größere Höhen und Tiefen und man hat ständig das Gefühl, alle Beteiligten würden nach Dienstschluß die Kostüme zur Seite legen und ins Auto steigen.

Unklar bleibt, für mich zumindest, welche Absicht Gerd Theißen beim Schreiben dieses Buches verfolgt.

Da begegnen wir Menschen, die ihre Toten begraben und mit dem Wort Jesu, dass die Toten ihre Toten begraben sollen, konfrontiert werden - dies aber ablehnen. Es wird der Eindruck eines mitleidlosen Fanatikers vermittelt, dem nur junge, leicht zu beeinflussende Menschen folgen.
Bei einer anderen Gelegenheit treffen wir an einer Zollstation auf eine Versammlung armer Gestalten, die offensichtlich Christentum im Zusammenhang mit der Erwartung reichlicher Speisungen durch einen neuchristlichen Zöllner sehen.

War es vielleicht so? Basiert Christentum auf einer Sekte für junge, leicht zu begeisternde Wirrköpfe und dem Zuspruch reichlich verpflegter Armer?

Mir schien es so, als ob der Autor diese Sichtweise zum Ausdruck bringen möchte, jedenfalls habe ich das so verstanden.

Ob das Christentum - wenn diese Sichtweise richtig wäre - dennoch zur Weltreligion hätte aufsteigen können, dafür habe ich nach dem Studium dieses Buches keine Antwort parat.
Christel schrieb:
Letztlich kommt es nur darauf an „Wes Geistes Kind man ist“.
So ist es

Selig die Arm sind im Geiste - denn ihrer ist das Himmelreich Mt 5,1-12, passt wohl noch am Besten zum "Fest des Heiligen Geistes"

Der Christ glaubt, dass er etwas weiß,
doch geht er auf sehr dünnem Eis.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

„Die Geschichte des guten Jesus habe ich nun so satt, dass ich sie von keinem, außer von ihm selbst, hören möchte.“

Johann Wolfgang von Goethe an Charlotte von Stein, 06.04.1782
Unklar bleibt das Heilsgeschehen,
keiner hat es selbst gesehen.
Nicht zu Lasten der Erzähler,
gehen Übersetzungsfehler.

Die die Evangelien schrieben
schrieben manchmal nach Belieben.
Groß war die Gerüchteküche,
falsch sind viele Jesussprüche.

Dieses kann man so erklären:
damals musste man sich wehren.
Anfangs war’s nur eine Sekte,
hinter welcher Paulus steckte.

http://www.reimbibel.de

Die Geschichtsschreiber Flavius Josephus und Tacitus wurden erst nach der angeblichen Kreuzigung Jesu geboren. Von Historikern, die zu Zeiten Jesus gelebt haben, sind keine Berichte über Jesus bekannt geworden.

Heinz-Werner Kubitza nennt Jesus die am meisten überschätzte Figur der Weltgeschichte.

„Der Christus der Kirche ist ein Geschöpf dieser Kirche selbst, nicht er hat die Kirche begründet, sondern die Kirche hat Christus begründet.“


Heinz-Werner Kubitza: „Der Jesuswahn. Wie die Christen sich ihren Gott erschufen. Die Entzauberung einer Weltreligion durch die wissenschaftliche Forschung.“ Marburg 2011, S. 233.
http://www.jesuswahn.de/
Zum Autor: Dr. Heinz-Werner Kubitza hat in Frankfurt, Tübingen, Bonn und Marburg evangelische Theologie studiert und dort auch promoviert. Schon im Studium hat er sich intensiv mit dem Problem des historischen Jesus beschäftigt und dabei theologisch quasi hinter die Kulissen geschaut. Daneben war er aber auch in verschiedenen Kirchengemeinden viele Jahre ehrenamtlich aktiv, und ist so auch mit der psychischen Gestimmtheit von Gläubigen bestens vertraut. Kubitza ist Fördermitglied der Giordano Bruno Stiftung, die sich für Aufklärung und eine humanistische Ethik einsetzt.
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Christel »

Die historische-kritische Methode bezieht unterschiedliche Wissenschaften in die Untersuchung der Texte ein. Dazu gehören auch die Geschichtswissenschaft und die Soziologie.
Die sozialgeschichtliche Exegese wendet die Methoden der Sozialgeschichte zur Rekonstruktion antiker Gesellschaftsverhältnisse an, aus denen heraus die biblischen Texte verstanden werden sollen. Sie überschneidet sich teils mit der kulturanthropologischen Exegese.

Bedeutende Vertreter sind Frank Crüsemann, Norman K. Gottwald, Richard A. Horsley, Rainer Kessler, Luise Schottroff, Milton Schwantes, Gerd Theißen. https://de.wikipedia.org/wiki/Biblische ... he_Exegese
Gerd Theißen:
Er fand international Beachtung; die meisten seiner Bücher wurden ins Englische übersetzt. Im Jahre 2002 wurde ihm von der British Academy die Burkitt-Medaille für biblische Studien verliehen.[1]

Sein Schwerpunkt liegt auf den Gebieten der Sozialgeschichte des Urchristentums, historischer Jesus, sowie in einer methodisch disziplinierten psychologischen Exegese. Er war einer der ersten, der mit soziologischen Methoden das Neue Testament studierte. https://de.wikipedia.org/wiki/Gerd_Thei%C3%9Fen
Was für die Hörer der Evangelien im ersten Jahrhundert selbstverständlich war, können heutige Leser nicht ohne weiteres wissen.
Gerd Theißen führt seine Leser anschaulich die soziale Situation zur Zeit Jesus vor Augen, die explosive Lage, jüdische Aufständische sowie das brutale Vorgehen der Römer.

Dabei geht er auch der Frage nach, was macht Jesus für die Römer gefährlich?
In seinem Jesus-Roman lässt Theißen Andreas sagen: "Mein Auftrag war es, herauszufinden, ob Jesus ein Sicherheitsrisiko war. Hier gab es keinen Zweifel: Er war ein Risiko. Jeder, der eher seinem Gewissen folgt als Vorschriften und Gesetzen, jeder, der die bestehende Verteilung von Macht und Besitz nicht für endgültig hält, jeder, der kleinen Leuten das Selbstbewusstsein von Fürsten verleiht, ist ein Sicherheitsrisiko." http://www.abendblatt.de/vermischtes/jo ... klich.html
Gerd Theißen
„Der Schatten des Galiläers“ auch als Hörbuch:
http://www.randomhouse.de/Hoerbuch-Down ... 390507.rhd
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Was für die Hörer der Evangelien im ersten Jahrhundert selbstverständlich war, können heutige Leser nicht ohne weiteres wissen.
Das halte ich allerdings für eine sehr abwegige Behauptung :D
Was die Hörer der Evangelien in den ersten Jahrhunderten glaubten ist hinreichend bekannt. Der Inhalt des Romans von Gerd Theißen hat mit einer wissenschaftlich historisch-kritischen Bibelforschung nicht das Geringste zu tun. Der Phantasie-Roman hat nicht mehr wissenschaftlichen Wert als zum Beispiel das Buch von Gustav Schwab "Die Sagen von Troja". http://www.amazon.de/Gustav-Schwab-Irrf ... B00B0MI0FY
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Christel »

Atheisius hat geschrieben:Das halte ich allerdings für eine sehr abwegige Behauptung :D
Wieso?
Hast Du Geschichte studiert, speziell die Geschichte der Antike in Zeit und Lebensraum Jesu?
Kennst Du dich mit den sozialen und revolutionären Verhältnissen zurzeit Jesu genau aus?
Oder weshalb hältst Du das Wissen von Prof. Dr. Theißen für verzichtbar?
http://www.uni-heidelberg.de/fakultaete ... issen.html

Bedenke, er ist keine „katholische Mogelpackung“, sondern evangelisch! :mrgreen:

Was stört Dich eigentlich?
Stört Dich die Form?
[Nebenbei:
Es gibt zahlreiche Autoren, die Archive aufsuchen, echt recherchieren und so echte Geschichte vermitteln, spannend erzählt mittels einer fiktiven Geschichte.
Zum Beispiel Sabine Ebert: http://www.sabine-ebert.de/]

Also, ich habe „Der Schatten des Galiläers“ von Gerd Theißen gelesen und habe mir zusätzlich das Hörbuch angehört. Du auch?
Ich halte beides für empfehlenswert. Es ist ja auch ein Klassiker!

Was ist nun mit der historisch-kritischen Methode? Bist Du für die Nutzung der Wissenschaften für die Bibelanalyse oder nicht? Oder ist die Sozialgeschichte, das Spezialgebiet von Gerd Theißen, für Dich keine Wissenschaft?
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

Ungelesener Beitrag von Atheisius »

Christel schrieb:
Also, ich habe „Der Schatten des Galiläers“ von Gerd Theißen gelesen und habe mir zusätzlich das Hörbuch angehört. Du auch?
Ich halte beides für empfehlenswert. Es ist ja auch ein Klassiker!
Na wie schön für dich. Ich hoffe du konntest dich bei der frommen Lektüre dieses fiktiven Romans richtig gut aufbauen! :mrgreen: Der Roman ist leider nur ein reines Glaubenszeugnis. Mit der historisch-kritischen Bibel-Exegese hat das nichts zu tun.

Christel schrieb:
Was ist nun mit der historisch-kritischen Methode? Bist Du für die Nutzung der Wissenschaften für die Bibelanalyse oder nicht? Oder ist die Sozialgeschichte, das Spezialgebiet von Gerd Theißen, für Dich keine Wissenschaft?
Sozialgeschichte ist sicher auch ein Aspekt in der historisch kritischen Bibelforschung, aber nicht der entscheidende. Was Gerd Theißen und seine Jesusbücher betrifft, da schließe ich mich den Ausführungen eines Hermann Detering an. Siehe ganz unten.

Die historisch-kritische Bibelforschung hat einige Merkwürdigkeiten, außer den offensichtlichen Widersprüchen in der Bibel selbst, um die auch die frommen Bibelforscher nicht drumherum kommen, festgestellt:


Merkwürdig ist, dass die jüdischen Wurzeln der „innerjüdischen Erneuerungsbewegung“ schon nach wenigen Jahren und Jahrzehnten bei einem ihrer erfolgreichsten Propagandisten Paulus vollkommen ausgeblendet wurden und er vom „Judaismus“ (Gal 1:13f) sprechen konnte, als handele es sich beim Christentum um eine ganz eigenständige und vom Judentum losgelöste Größe.

Merkwürdig ist, dass von der großen „Faszination“ des Charismatikers, Wundertäters und Dichters aus Nazareth schon wenige Jahre nach Tod und Auferstehung trotz des „kompetenten Kreises von Anhängerinnen und Anhängern“ so wenig zu spüren ist, dass er in den Briefen des Apostels Paulus keine Rolle mehr spielt und dieser außer Geburt, Tod und Auferstehung nichts mehr über ihn mitzuteilen weiß.

Merkwürdig ist, dass die Weitergabe der Erinnerung an den „Meister“ trotz des „religiös kompetenten Kreises von Anhängerinnen und Anhängern“ so schlecht funktionierte, dass die Evangelisten rund ein halbes Jahrhundert später nicht mehr in der Lage waren, ein stimmiges Bild des Menschen Jesus zu zeichnen, sondern sich statt dessen mit allerlei „Gemeindebildungen“, das heißt, mit Mythen und Legenden, behelfen mussten, die sie sich als Anleihen aus ihrer Umwelt beschafften.

Merkwürdig ist, dass die angebliche ungeheure Wirkung des apokalyptischen Predigers und Wunderheilers, der in Galiläa und Palästina große Menschenmassen in Bewegung gesetzt haben soll, so schnell verpufft war, dass es schon wenige Jahrzehnte nach Tod und Auferstehung niemand mehr gab, der sich noch recht auf ihn besinnen konnte. Denn statt der Erinnerung an den Menschen verkündet Paulus einen metaphysisch überhöhten Gottessohn; statt der Erinnerung an den Menschen bedienen sich die Verfasser der Evangelien bei der Darstellung des Lebens Jesu mythologischer Anleihen in einem solchen Umfang, dass es noch nicht einmal mit Hilfe moderner Methoden gelungen ist, das vermeintlich ursprüngliche und historische Bild des Mannes aus Nazareth aus dem mythologischen Geröll zu befreien

Für ihre Lieblingsidee sind heute Theologen bereit, geschichtliche Zusammenhänge zu konstruieren statt zu rekonstruieren. Ihre Schilderung des Übergangs „von der palästinensischen Jesusbewegung zur weltweiten urchristlichen Missionsbewegung“ bzw. zur „hellenistischen Kultbewegung“ ist historisch nicht nachvollziehbar.

In alle frühen christlichen Zeugnissen, ob Paulusbriefe oder Evangelien, lassen sich jüdische und hellenistische Elemente nicht voneinander trennen. Bei den angeblich rein innerjüdischen Ursprüngen des Christentums handelt es sich um eine Mär, die nicht durch Quellen belegt wird und nur mit Phantasie in die Texte hineingelesen werden kann. Alles Christliche ist von Anfang an immer auch umgeben und durchdrungen vom hellenistischen Geist des Apostels Paulus. Deswegen gilt Paulus als Begründer (Erfinder) des Christentums.
Die urchristliche Wunderüberlieferung ist als Dichtung keine Auswirkung des historischen Jesus, sondern der „historische Jesus“ ist als Wundertäter eine Auswirkung der urchristlichen Dichtung.
Hermann Detering
Hermann Detering, ….. studierte Germanistik, Altphilologie und Theologie in Berlin. Von 1982 bis 2009 arbeitete er dort als Pastor.
http://www.radikalkritik.de/ und http://hpd.de/artikel/10861

Hermann Detering schreibt über die modernen Jesusbücher und insbesondere Theißen:
Bei der Lektüre moderner Jesusbücher wundert man sich immer wieder darüber, wie modern und menschlich der Jesus ist, den die Forscher herausgefunden zu haben glauben, und wie gut er in unsere heutige Zeit hineinpaßt, mit seinem Eintreten für den ökumenischen Dreiklang von Frieden, Gerechtigkeit und Umwelt und – nicht zu vergessen: seinem weiten Herzen für die Frauen. Besonders das letzte Thema hat es den modernen Exegeten angetan, vielleicht auch, weil es offenbar kaum eine bessere Gelegenheit gibt, bei den FrauenbeauftragtInnen ihrer jeweiligen Universitäten zu punkten.

Es „menschelt“ viel in den Jesus-Büchern der „Historisch-Kritischen“. Wiederum erweist sich Theißen als Meister in der Darstellung des wahrhaft modernen, wahrhaft humanen Jesus. Eine seiner oft wiederholten Lieblingsideen ist die, daß sich Jesus durch den Gebrauch des Titels „Menschensohn“ als „Vertreter einer Human-Christologie“ erwiesen habe. Nach Theißen soll bereits aus Dan 7 hervorgehen, daß es Israels Bestimmung war „die tierischen Weltreiche durch ein humanes abzulösen.“ Dies zeige, daß „in der mythischen Symbolwelt … mit solchen Bildern eine Art ‚Humanismus’ zum Ausdruck gebracht werde“.
http://www.radikalkritik.de/Hist_n_J_fragen.htm
„Gott ist die aufs Lächerlichste vermenschlichte Erfindung der ganzen Menschheit. In den Jahrmilliarden, die unsere Erde alt ist, sollte sich Gott erst vor 4.000 Jahren den Juden und vor rund 2.000 Jahren den Christen offenbart haben, mit deutlicher Bevorzugung der weißen Rasse unter Vernachlässigung der Schwarzen, der Gelben und der Rothäute?
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Re: Historisch-kritische Bibelauslegung

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Atheisius, Du hast das Thema „Historisch-kritische Bibelauslegung“ eröffnet. Weshalb, bleibst Du nicht beim Thema?

Du hast mir sowie der katholischen Kirche vorgeworfen, wir würden die historisch-kritische Bibelauslegung nicht richtig betreiben…
Nun stellt sich heraus, dass du auch evangelische historisch-kritische Ausleger ablehnst.

Als Ersatz bietest Du mir Hermann Detering an, ein Mann dessen Thesen von der historisch-kritischen Forschung gar nicht anerkannt sind:
Er vertritt die in der Forschung nicht anerkannte These einer Unechtheit aller Paulusbriefe und die Nichthistorizität Jesu von Nazaret.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Detering
(Hervorhebung von mir]

Was nun?
Bist Du pro historisch-kritische Forschung, wie man zu Beginn des Themas von Dir annehmen musste?
Oder bist Du gegen historisch-kritische Forschung, wie man jetzt annehmen muss? Denn Du lehnst ja offensichtlich die Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung ab!

Ich denke, Du hast weder das Buch von Prof. Dr. Gerd Theißen gelesen, noch hast Du überhaupt eine Ahnung, was historisch-kritische Bibelforschung überhaupt ist.
„Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.“ Dietrich Bonhoeffer (Das Wunder der Osterbotschaft)
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