Ich hab Dir nicht widersprochen, sondern ergänzt!
Auch Navid Kermani ist
“Ein Mann mit Durchblick - ein Kenner des Islam also“
Insbesondere gefällt mir seine differenzierende Art, wie er sich ausdrückt und dass ich seine Argumente sehr gut nachvollziehen kann.
Auf Seite 105 in
„Wer ist Wir?“ schreibt er über den Koran und die islamische Theologie:
Man wußte, daß er die Sammlung der deutungsbedürftigen und vieldeutigen Offenbarungen ist, die der Prophet Mohammed im Verlaufe von dreiundzwanzig Jahren in spezifischen historischen Situationen empfangen hat; die islamische Theologie hat die Aussagen des Korans immer vor dem Hintergrund dieser Situationen gedeutet, denen sich ein eigener Zweig der Koranwissenschaft widmet, die Wissenschaft von den „Anlässen der Offenbarung“ (asbāb an-nuzūl). Das ist noch keine historisch-kritische Betrachtungsweise, bedeutet aber nichts anderes, als daß die islamische Theologie die Botschaft des Korans von Beginn an im Kontext ihrer Entstehung verstanden hat.
Seite 106f.:
Daß die übergeordnete Botschaft des Korans auf den Frieden zielt, wie die islamische Theologie stets befand, ist keine bloße Floskel für den Dialog der Religionen;
Seite 107 weiter unten schreibt er:
Nun bestehen Religionen nicht nur aus den Buchstaben, die Gott offenbart hat, sondern auch aus denen, die der Gläubige ignoriert. Bevor ich Islamwissenschaft studierte, wußte ich nichts von den Koranversen, die zur Gewalt aufrufen. Obwohl ich in einem religiösen Haus aufgewachsen bin, indem täglich gebetet wurde und wird,
Seite 108 zur Scharia:
Als ich mich vor einiger Zeit mit meiner Mutter darüber unterhielt, weil die Zeitung an jenem Tag von einer Steinigung im Iran berichtete, erfuhr ich, daß sie die Antworten, die sie mir als Kind gegeben hatte, selbst von ihrem Vater gehört hatte. Vater, was ist denn das für eine Religion, fragte sie als junges Mädchen meinen Großvater, daß sie Steinigungen vorsieht? Dann wurde Großvater zornig, nicht über seine Tochter, sondern über jene Mullahs, die schon damals die Steinigungen wieder einführen wollten. Diese drakonischen Strafen, jede einzelne von ihnen, sind dazu da, niemals voll zogen zu werden, sagte er erregt,
Weiter dazu auf S. 109
Als Islamwissenschaftler weiß ich, die Antwort weder historisch noch theologisch ganz einwandfrei ist. Aber sie ist für eine muslimische Erziehung mit Sicherheit typischer als die Fatwas muslimischer Fundamentalisten und westlicher Islamexperten, die den Islam zu einer Karikatur seiner selbst machen, wenn sie den Koran auf ein wörtlich anzuwendendes Gesetz reduzieren.